2016-03-25

Karfreitag – die unbewusste Kreuzigung


Kreuzigung ist Auferstehung

Wissen wir, was wir zu Ostern feiern? Religiöse Feiertage enthalten eine Weisheit, die jeder durch innere Einkehr entdecken kann. Die Entdeckung, was Ostern im Kern bedeutet, ist mir durch „The Work of Byron Katie“ geschehen, denn diese Methode ist viel mehr als nur ein Konfliktlösungs-Programm. Durch sie offenbart sich, was ich wirklich und in Wahrheit bin: Liebe, die universell, göttlich, heilig und daher ewig ist. Es ist dasselbe, was du bist.

Wir alle haben sowohl durch Wort und Schrift als auch durch schön oder schmerzlich interpretierte Ereignisse Gedanken erworben, die zur persönlichen Geschichte werden. Diese persönliche Körper-Identität ist die Ur-Sache für den Glauben an eine Trennung von „Gott und der Welt“, für all unsere Ur-Teile und den daran gekoppelten Schmerz, der an der Wurzel eines jeden Menschen sitzt.

Der Trennungsgedanke „Ich“ ist in diesem Fall (Sündenfall, menschliche Unwissenheit) nicht als ­Illusion erkannt. In diesem Zustand ist der Mensch blind und unbewusst in Bezug auf die Wahrheit, die Einssein oder Liebe ist. Das ist unbewusster Selbst-Verrat (an der Liebe, die ICH wirklich, in Wahrheit, BIN). Sie ist in diesem Fall permanent „gekreuzigt“, nicht gesehen, und das tut weh. So ist das menschliche Leben im Kreislauf der persönlichen Geschichte von Angst und Kummer besetzt, was durch Kompen­sations-Mechanismen wie Verliebt­sein, Streben nach Erfolg, Reichtum, Wunscherfüllung, sexuelle oder orale Befriedigung usw. nicht immer wahrgenommen wird.

Die Not dahinter ist auch der Grund, warum wir gern und sehr oft mit Gewalt danach streben. Die Kreuzigung, auf die der Kummer-Tag Karfreitag hinweist, ist also kein äußeres Ereignis. Es findet hier und jetzt in jedem Menschen statt, der bislang nicht in der Liebe wach ist. Was bleibt, ist die Angst-Aggression, die sich immer gegen den eigenen Körper richtet. Wird das nicht an-erkannt, kristallisiert Angst zu Hass und dann wundern wir uns, warum es so viel Hass, Gewalt und Gräueltaten auf der Welt gibt.

Angst, die sich als Verletzt-Sein, Wut, Traurigkeit äußert, ist nicht real!
All das ist stets ein Weck- oder ­Umkehrsignal.


Mythos Personifizierung

Die christliche Geschichte ist nichts anderes als die nach außen gerichtete Personifizierung unserer kindlich erworbenen Urteile, die sich zwischen Gut und Böse, Richtig, Falsch, Positiv, Negativ, Gott und Mensch usw. bewegen. Im Zustand der Personifizierung „Ich“ und der daran gekoppelten Körper-Identifikation entsteht im jeweiligen Menschen die Vorstellung von raum-zeitlichen Ereignissen.

Die Verurteilung (Hinrichtung) der durch Jesus verkörperten Liebe gehört dazu. Ein äußeres Geschehen ist stets die Projektion des inneren, so dass wir uns darin erkennen können. Das ist das wirksame Spiegelprinzip des Lebens, das ewiges, vollkommenes, unsterbliches Bewusstsein ist. So symbolisieren die heiligen Tage an Ostern das unbewusste Kreuzigungs-Ereignis in uns. Wer also das Grab des verstorbenen Jesus Christus auf der Erde sucht, möge sich selbst anschauen. Vielleicht bemerkt er, dass es der eigene Körper ist, der zum Grab der ewigen, göttlichen Liebe geworden ist.

Gründonnerstag

Durch die Umkehrung aller schmerzlichen Projektionen erscheint das Bewusstsein, dass ich nicht getrennt bin – und damit stirbt die Körperidentifikation. Was ICH BIN, Liebe, EINS, vollkommenes Bewusstsein, erwacht. DAS ist innerhalb des Körpers wahrnehmbar. Diese Wahrnehmung ist ein freudiges, dankbares Ereignis, ein „Heils-Ereignis“. So symbolisiert der Gründonnerstag die Danksagung an den eigenen Körper.

Der hat seine Aufgabe erfüllt und kann gehen. Die Farbe Grün weist darauf hin, dass durch den Tod der Illusion, ein Körper zu sein, neue, junge Lebenstriebe hervorkommen, nämlich die der sich offenbarenden Liebe. Um in der Klarheit des wahren Seins zu erwachen, muss der Körper hier und jetzt jedoch nicht sterben. Was durch die Umkehrungen schmerzlicher Glaubenssätze (wahre Kreuzigung) stirbt, ist die Körperidentifikation und damit die Trennungs-Angst!

Judas

Das Ur-Teil „Ich“ ist der menschliche Grundglaubenssatz, an dem der ursächliche menschliche Trennungs-Schmerz klebt. Darin enthalten sind unsere persönlichen Urteile, die normalerweise nicht als Glaubenssätze erkannt sind. Durch diesen unbewussten Selbstverrat (der Liebe) ist jeder Mensch Judas.

Festhaltend an den eigenen, nicht überprüften Überzeugungen, ver-ur-teilt er permanent sich selbst und andere. Hier trennen wir auch zwischen Täter und Opfer. So macht sich der Mensch, der sich nicht im Anderen erkennt, ewig schuldig und sucht Schuldige im Außen. Die Schuld in Bezug auf die Wahrheit in sich selbst ist nicht getilgt. Er ist nicht erwachsen, nicht in der Wahrheit des Seins erwacht.

Wer glaubt, was er denkt, befindet sich bereits im Krieg.

Karsamstag – die Hölle der Schuld

Nach traditioneller christlicher Vorstellung ist der Karsamstag der Tag der Höllenfahrt Christi, bei der Jesus in der Nacht nach seiner Kreuzigung in die Unterwelt hinabgestiegen sei und dort im Limbus, dem „Schoß Abrahams“, die Seelen der Gerechten seit Adam befreit habe (Wikipedia).

Der Samstag symbolisiert das Herabsteigen in die Tiefe der Hölle, die die Anhaftung an schmerzlichen Grundglaubenssätzen und damit am Körperlichen erzeugt. Wer die Hölle der persönlichen Überzeugungen erkennt, also erkennt, dass es die eigenen eingeprägten, nicht überprüften Gedanken sind, durch die wir immer wieder uns selbst und andere verletzen und durch die wir uns auch immer wieder schuldig machen und Schuld auf andere projizieren, bei dem geschieht Loslassen, weil es weh tut!

Das Heils-Ereignis der ­Erlösung vom Leiden ist gleichermaßen die ­Erlösung von Schuld und Scham. Diese Auferstehung in der Wahrheit des Seins, die Liebe ist, ist an das Loslassen der Körperidentität gekoppelt. Mit dem Verstand kann man diesen Schritt nicht erfassen, nur durch die bewusste Umkehr selbst erfahren. Das heißt auch, niemand kann für einen anderen durch die Hölle gehen oder die Schuld (Last) des anderen auf sich nehmen. Die Hölle des Glaubenssatzes „Ich“ existiert in jedem selbst und jeder muss selbst in sich, „in die Unterwelt“, die tiefes Unbewusstsein ist, hinabsteigen, um das selbst zu erkennen.

Klare Selbsterkenntnis befreit. Die Hölle kann dabei nicht übersprungen werden. Sie existiert bereits. Durch ihre Erkenntnis kehrt sie sich um in den „Himmel auf Erden“ (Kreuzigung). Jedes Ich verbrennt in der „Feuerzunge“, der Wahrheit, wenn sich der Mensch zum Schmerz bekennt, also nichts mehr tut, um sich davon abzulenken, weil er ihn nicht fühlen will, und wenn er nichts mehr tut, um die nach außen projizierten Ungerechtigkeiten im Außen zu bekämpfen.

Es geht also nicht darum, sich selbst oder die Welt zu verbessern, Schuldige zu suchen oder sich selbst als Schuldigen zu bekennen, um den ewig gebeugten Sünder zu spielen, auch nicht darum, um Erlösung zu bitten („Vater unser“). Schuld und Vergebung sind Konzepte von Menschen, die personi­fiziert sind, die Verantwortung abgeben und daher als hilflose Opfer zurückbleiben.

Triduum Sacrum

Das Leidenstriduum (die drei Tage – lat. „triduum“ – Donnerstag bis Samstag) und das Auferstehungstriduum (Samstag bis Montag) ist durch die Umkehr zu mir selbst in EINS gekehrt. Heilige Tage symbolisieren stets die Umkehr, wo sich die Anhaftung und damit die Körperidentifikation löst und das Bewusstsein der göttlichen Liebe „aufsteigt“. 

Es ist quasi eine Liebes-Geburt.

Hier und jetzt besitzt Liebe eine Verkörperung durch den jeweiligen Menschen. In meiner Erfahrung sind die das Leiden symbolisierenden „Tage“ nicht vom Leiden besetzt. Kreuzigung ist Auferstehung. Schon die Bezeichnung heilig deutet auf einen heilsamen (= himmlischen) Prozess hin. Die Erkenntnis, was unüberprüfte Gedanken im eigenen Körper anrichten, ist zwar zunächst schockierend, doch zugleich heilsam.

Dass am dritten Tag des Auferstehungstriduums, dem Ostermontag, Jesus wiedererkannt wird, weist darauf hin, dass der eigene Körper durchaus noch lebt. Die Kreuzigung des Schmerzes infolge der Umkehr bringt ihn natürlich nicht um! Ich habe mich selbst in Liebe erkannt und mein Körper ist nun, da er durch Liebe spannungsfrei ist, natürlich immer noch hier und ein Ausdruck der Liebe. Ist die Liebe in einem selbst wach, wird sie auch im Anderen erkannt („Brot brechen“). In diesem Moment existiert der Andere nicht (mehr) als Person: „Jesus verschwindet vor ihren Augen.“

Dreieinigkeit- Heilige Tage – alles ist in EINS gekehrt

Heilige Tage sind keine zeitlichen Abläufe. Die Zahl Drei symbolisiert in mir den EINEN Zustand des Einsseins von Vater (= Gott im Sinne der existierenden inneren Liebe), dem „Sohn“ als dem scheinbar davon getrennten Menschen und dem „Heiligen Geist“, der Liebe ist, und der auf denjenigen Menschen „herabkommt“, der den Willen zur Umkehr aufbringt (Schüler, Jünger). Es ist Sterben, Geburt und Taufe in einem. Die Herabkunft wird dem Pfingstsonntag zugeordnet.

Die Umkehr – Christus erwacht im Menschen

Die bewusste Überprüfung schmerzlicher Grundüberzeugungen ist in der Welt als „The Work of Byron Katie“ bekannt geworden. Die einfache, intelligente Innenschau mit Hilfe von vier Fragen und einer Umkehrung weckt das Bewusstsein der Liebe, die klares Einssein ist. Die Trennung offenbart sich als Illusion.

Das ist der heilige, heilsame Moment des Erwachens in der Wirklichkeit. Das Heils-Ereignis der Umkehr hat mich von allen körperlichen Beschwerden erlöst, weil es nichts mehr gibt, über das ich mich beschweren kann. Ist der Geist klar, ist auch der Körper klar und rein. Denn der Körper folgt dem Denken. Er hat keine eigenen Bedürfnisse. Das ist eine der Offenbarungen, die an das Gewahrsein der inneren Liebe gekoppelt ist.

Offenbarungen geschehen, wenn der Trennungsgedanke und damit der gedankliche Schmerz durch tiefe Selbsterkenntnis aufgelöst ist. Weil sich beispielsweise der Grundglaubenssatz “Es könnte etwas Schlimmes passieren“ als reiner Gedanke offenbart (spontane Interpretation eines Ereignisses), ist die Angst vor Bedrohung aufgelöst, was die wachsenden Feuerzungen am Pfingstsonntag repräsentieren.

Christus ist der kristallklare Kern eines jeden Menschen, der Licht oder Liebe ist. Es gibt weder einen Erlöser (Heiler, Helfer) noch ein schreckliches Ereignis außerhalb von mir. Das ist sowohl therapeutischer als auch religiöser Unsinn. Es ist der ungeteilte, heilige Wille nach innen einzukehren, der Erlösung vom Leiden bringt. Jeder selbst ist dafür zuständig.

„Und wäre Jesus 1000 mal in Bethlehem geboren und nicht in dir, 
   so wärst du doch verloren.“  Angelus Silesius

Das Osteroktav

Das von der früheren katholischen Kirche gefeierte Osteroktav (die acht Tage von Ostersonntag bis zum Weißen Sonntag) weist durch diesen Zeitraum – die Oktav-Zahl repräsentiert die Frequenz, die das ewige Leben besitzt – auf die Heiligkeit (Unschuld) des In-Liebe-Seins hin, das im Menschen als ewiges, göttliches Bewusstsein lebendig ist. Durch die Umkehr baut sich im jeweiligen Menschen ein neues, friedliches Leben auf (ohne die gewalttätige Anhaftung am Ich). Frieden ist kein kollektives Geschehen. Es geschieht nur im einzelnen Menschen, der für die Umkehr bereit ist.

Das Königreich

In seinem Herzen ist Judas ein König. Er ist dasselbe wie Christus. Je nachdem, welche Wahl der einzelne Mensch trifft, lebt er als Judas oder als Christus. Folgt er seinen im Gehirn eingeprägten, bislang nicht überprüften Überzeugungen, ist er von Kummer, Angst, Zweifel, Verzweiflung gesteuert und damit gewalttätig.

Es ist der Weg des ewigen Leidens, der gewalttätige Weg auf Erden. Folgt er dem Wegweiser der Umkehr, ist der Mensch königlich reich, beseelt durch innere Liebe. Was „geopfert“ wird, ist die persönliche Grundüberzeugung und damit die Ich-Identifikation, weil Schmerz daran klebt. Das ist, was Jesus am Kreuz symbolisiert. Hingabe. Der Mensch, vom „heiligen Geist“ der Liebe beseelt, ist wahrlich ein König. ICH BIN König und reich zugleich. Das „Reich“ existiert in jedem Menschen. Es ist durch die Anhaftung am Denken und damit durch die Körperfixierung verdeckt.



Das Oster-Ei und die nach innen ­gerichtete Suche

So symbolisiert wohl auch das Kinderspiel Ostereier zu verstecken und zu suchen die Möglichkeit der UnterSuchung von Gedanken, die uns Kummer bereiten, um das zu entdecken, was tief in uns versteckt und was uns am wertvollsten ist: Liebe. Das Ei enthält die perfekte Symbolik. Wenn die Schale der Unwissenheit aufbricht, offenbart sich das gesamte Universum. Das ICH BIN (lat. unus, versus = in EINS gekehrt, sum = ICH BIN). Das Ei also als ein Symbol der Unsterblichkeit der Liebe, die Einssein ist und die sich immer jetzt durch die Umkehr nach innen dem Menschen offenbart.

Kehr um – sei frei (von der Identifikation mit dem Ich)

Die bewusste Integration aller Denkweisen, worauf das Enneagramm-Symbol hinweist – und was durch „The Work of Byron Katie“ einfach realisierbar ist – , ist gleichzusetzen mit der Kreuzigung der persönlichen Identifikation. Was stirbt, ist der Trennungs-Gedanke „Ich“, und was wirklich und wahr ist, erscheint rein und klar als das Bewusstsein der ewigen, unsterblichen Liebe im Menschen. 

Es ist hier und jetzt immer da. Es wartet auf dich.

Es gibt niemanden, der außerhalb von mir gekreuzigt wird, und es gibt niemanden, der aufersteht. Es gibt keinen Erlöser außerhalb von mir. Wie auch das Enneagramm ist die Kreuzigung ein Symbol der Umkehr. Sie tilgt den ganz persönlichen Sündenfall ins Ich. Die Umkehr enthält die Offenbarung, was der physische Tod wirklich ist. Es ist ein süßer Tod.

In diesem Sinne allen ein fröhliches und friedliches Osterfest.


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