2016-08-25

Unser Nachbarstern hat einen Erdzwilling - Proxima Centauri besitzt einen Planeten in der habitablen Zone


Eine zweite Erde? Astronomen haben einen erdähnlichen Planeten direkt vor unserer kosmischen Haustür entdeckt: bei unserem Nachbarstern Proxima Centauri. Der potenzielle Erdzwilling liegt nur rund vier Lichtjahre von uns entfernt. Zudem ist der Planet kaum größer als die Erde und kreist genau in der habitablen Zone seines Sterns. Dort könnten daher Wasser und lebensfreundliche Bedingungen existieren, wie die Forscher im Fachmagazin "Nature" berichten.

Der Rote Zwerg Proxima Centauri ist der nächste Nachbar der Sonne. Entsprechend intensiv haben Astronomen bei ihm und dem nahegelegenen Doppelstern Alpha Centauri nach möglichen Planeten gesucht. Aber lange vergeblich. Die Transitmethode fand keine verräterischen Helligkeitsschwankungen und ein vermeintlich planetenanzeigendes Taumeln von Alpha Centauri B erwies sich im Nachhinein als Irrtum.


Verräterisches Taumeln

Doch jetzt sind Guillem Anglada-Escudé von der Queen Mary University of London und seine Kollegen doch noch fündig geworden – bei Proxima Centauri. Für ihre Studie hatten sie Daten zur Radialgeschwindigkeit des Sterns ausgewertet. Gibt es einen Planeten, beeinflusst seine Schwerkraft die Bewegung des Sterns – und das zeigt sich als leichte, regelmäßig hin- und herschwankende Verschiebung im Lichtspektrum des Sterns.

Erste verräterische Schwankungen fanden die Astromomen bereits 2013 in den Messdaten des HARPS-Spektrografen am 3,6-Meter-Teleskop des La Silla-Observatoriums in Chile. Sie sprachen für ein Taumeln des Sterns im Takt von 11,2 Tagen. Doch die Aussagekraft dieser Daten allein reichte nicht aus, um sicher auf einen Planeten zu schließen. Deshalb überprüften die Forscher dies im März 2016 durch weitere Beobachtungen über 54 Nächte hinweg.

Unser Nachbar hat eine Supererde!

Das Ergebnis bestätigt nun die Vermutungen: Proxima Centauri besitzt einen Planeten – und die Menschheit hat damit eine extrasolare Welt sozusagen direkt vor der Haustür. Die Messdaten verraten, dass der Planet Proxima Centauri b die rund 1,3-fache Erdmasse besitzt. Er ist damit höchstwahrscheinlich ein erdähnlicher Planet.

Proxima Centauri b umkreist seinen Stern sehr nah: Er benötigt nur 11,2 Tage für einen Umlauf und bewegt sich dabei in einem Abstand nur rund sieben Millionen Kilometern vom Stern. Das entspricht 0,05 astronomischen Einheiten oder fünf Prozent der Entfernung Sonne-Erde. In unserem Sonnensystem wäre ein solcher Planet eine heiße Glutwelt. 


Mitten in der habitablen Zone

Doch der Rote Zwerg Proxima Centauri ist viel leichter und leuchtschwächer als unsere Sonne - entsprechend weniger Wärme sendet er ins All hinaus. Deshalb liegt die habitable Zone bei ihm enger am Stern als im Sonnensystem. Und genau in dieser Zone liegt nach Angaben der Forscher der neuentdeckte Erdzwilling Proxima Centauri b.

Die Temperatur auf dieser Supererde könnte daher mild genug sein, um flüssiges Wasser und damit potenziell Leben zu ermöglichen. Sollte sich dies bestätigen, wäre Proxima Centauri b nicht nur unser nächster Nachbar unter den Exoplaneten, sondern auch eine mögliche zweite Erde in halbwegs erreichbarer Entfernung. Sie wäre damit ein vielversprechendes Ziel für eine künftige erste interstellare Weltraummission.

Wie lebensfreundlich ist der Planet wirklich?

Ob Proxima Centauri b wirklich lebensfreundlich ist, steht aber noch nicht fest. Denn bei so sternennahen Planeten beeinflussen noch andere Faktoren ihre Umweltbedingungen. "Die häufigsten Argumente dagegen sind eine gebundene Rotation, starke stellare Magnetfelder, starke Flares und eine hohe Intensität von UV- und Röntgenstrahlung", erklären die Forscher.

So ist der Planet Proxima Centauri b wegen seiner großen Nähe zum Stern wahrscheinlich einer 400-facher höheren Röntgenstrahlung ausgesetzt als die Erde. Zudem wendet die Supererde dem Stern wahrscheinlich immer die gleiche Seite zu – wie der Mond der Erde. Dadurch könnte die Tagseite von Proxima Centauri b sehr heiß sein, die Nachtseite aber eisig kalt. Das alles wären eher ungünstige Voraussetzungen für Leben auf Proxima Centauri b.

Noch aber wissen die Astronomen nicht, wie lebensfreundlich Proxima Centauri b wirklich ist – und ob es auf ihm vielleicht sogar Leben gibt. Diese Informationen sollen weitere Beobachtungen mit auflösungsstarken Teleskopen liefern. Bis Gewissheit besteht, könnte es nach Schätzungen der Astronomen jedoch Jahrzehnte dauern. Ungeachtet dessen ist Proxima Centauri b vermutlich der erste extrasolare Planet, den eine irdische Raumsonde in ferner Zukunft ansteuern wird. 

(Nature, 20916; doi: 10.1038/nature19106)
(Nature/ Max-Planck-Institut für Astronomie, 25.08.2016 - NPO)

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