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2015-09-03

„Nature“-Informations-Embargo: Neuste Aufnahmen der „Ceres-Lichter“ kurz vor der Veröffentlichung

Los Angeles (USA) – Seit den ersten Aufnahmen des Zwergplaneten Ceres mit dem Weltraumteleskop „Hubble“ sorgt ein heller Fleck für kontroverse Diskussionen darüber, um was es sich dabei genau handelt. Seit derzeit die NASA-Raumsonde „Dawn“ Ceres umrundet ist klar, dass es sich nicht um einen großen Fleck, sondern um eine Struktur aus mehreren offenbar stark reflektierenden Flecken im Innern eines Kraters auf Ceres handelt (s. Abb.). Was hier jedoch reflektiert ist trotz immer besser werdender Aufnahmen immer noch unklar. Seit knapp zwei Wochen befindet sich die Sonde nun auf ihrer bislang tiefsten Umlaufbahn, nur noch rund 1.470 Kilometer über der Planetenoberfläche und täglich werden neue Aufnahmen aus dieser Distanz veröffentlichen. Auf neue Aufnahmen der „hellen Flecken“ wartet man bislang jedoch vergebens. Tatsächlich gibt es dafür einen Grund. Die Bilder werden derzeit noch zurückgehalten.


In einem Interview mit dem wissenschaftlichen Leiter der DAWN-Mission, Christopher Russell von der University of California in Los Angeles erfuhr die US-Journalistin Linda Moulton-Howe (Earthfiles.com) nun den Grund dafür, dass bislang noch keine neuen Aufnahmen der auch als „Ceres-Lichter“ bekannten hellen Flecken im sogenannten Occator-Krater veröffentlicht wurden: Die Bilder, deren Auswertung und Deutung unterliegen derzeit noch einem sogenannten Informations-Embargo (Sperrfrist) durch die Fachzeitschrift „Nature“, in der die Aufnahmen mitsamt den ersten Analyseergebnissen bald veröffentlicht werden sollen.

Auf die Frage, warum bislang noch keine neuen Fotos der hellen Flecken veröffentlicht wurden, erläutert Russel gegenüber Moulton-Howe: „Nun, wir haben diese Bilder schon vorliegen und wir wollten diese auch schon veröffentlichen, als wir darüber informiert wurden, dass einer der Hauptuntersucher zu diesen Aufnahmen bereits einen ersten Fachartikel zur Publikation in „Nature“ eingereicht hatte. In einem solchen Fall fordern die Fachjournale jedoch, dass sie die Erstpublikation inne haben und bestehen auf einem (Informations-)Embargo bis zur Veröffentlichung der jeweiligen Ausgabe. In dem Artikel geht es um eine Interpretation der hellen Flecken.“

Trotz dieser Sperrfrist erläutert Russel schon vorab gegenüber Moulton-Howe einige Informationen, die sich aus den neuen Aufnahmen der „hellen Flecken“ ableiten lassen: „Zunächst sieht es so aus, als bestünden diese Flecken aus einer ziemlich dicken staubartigen Schicht eines weißen Pulvers. Dieses (Pulver) bedeckt das jeweilige Gelände ziemlich gleichmäßig, glatt und folgt dabei dem Geländeverlauf. Irgendetwas scheint dieses Pulver in dieser Region – möglicherweise sogar schon vor recht langer Zeit – auszustoßen. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass dieser Prozess auch derzeit abläuft, aber dennoch scheint es sich um eine wirklich dicke Schicht dieses weißen Pulvers zu handeln.“

Da sich die Helligkeit des hellen Flecks bzw. der hellen Flecken im Krater seit den Hubble-Aufnahmen von 2004 nicht mehr verändert hat, geht der Forscher davon aus, dass sich die Oberflächenbeschaffenheit zumindest dieser Region seit den mehr als zehn Jahren nicht mehr stark verändert hat. „Es ist also etwas helles, das seit mindestens einem Jahrzehnt seine Helligkeit nicht eingebüsst hat. Es scheint sich also nicht um Eis an der Oberfläche zu handeln. Zwar kann es darunter natürlich Eis geben, aber was wir auf den Aufnahmen sehen, ist eine Art Pulver, wie man es eher in Wüsten erwarten würde. In irdischen Trockenseen gibt es manchmal sehr helle Sand- und Staubablagerungen – etwas in derart. Ceres hat einen Albedo (Reflexionswert) von 0,04 bis 0,08 und dieses helle Material hat einen Albedowert von 50 Prozent. Es ist also wirklich sehr viel heller als das umgebende Gelände.

Jetzt hoffen die Forscher anhand der Auswertung der Spektrometermessungen genaue Rückschlüsse auf die Zusammensetzung des weißen Pulvers ziehen zu können. Bislang, so erläutert Russel, sei dies noch nicht möglich gewesen, da es bei dem ersten Analyseversuch zu technischen Störungen des Instruments gekommen sei. „Jetzt aber liegen mir die Daten den VIR-Spektrometres sowie ein Bericht über alle Daten zu den hellen Flecken vor.“

„Da mir bislang keine Informationen darüber vorliegen, dass es sich bei den hellen Flecken um Eis handelt, gehe ich einmal davon aus, dass es sich um irgendeine Form von Salzen handelt. In den neuen Daten habe ich bislang dazu jedoch noch keine genauen Informationen gefunden. Bislang sind die hellen Flecken also immer noch unidentifiziert.“

Auf die Frage, um was es sich statt Eis handeln könnte, wenn doch zuvor nachgewiesen wurde, dass von diesen Flecken offenbar eine Art Dunst auszugehen scheint erläutert Russel:

„Diese Deutung wird bislang immer noch kontrovers diskutiert. Zwar stammt diese Deutung, dass es sich um Dunst handelt, von einem unserer eigenen Teammitglieder, aber andere Kollegen stellen diese Auslegung derzeit in Frage und vermuten, dass es sich lediglich um gestreutes Licht oder etwas ähnliches handelt. (…) Tatsächlich sehen die Bilder, die im Juli veröffentlicht wurden, aber auch für mich ganz nach einer Art Wolke aus. Aber sie stammen nicht von einem ‚meiner‘ Instrumente. Derzeit handelt es sich auch hier noch um eine Sache, zu der wir auch innerhalb des Dawn-Teams noch nicht zu einem übereinstimmenden Schluss gekommen sind. (…) Es könnte auch sein, dass das pulvrige Material, aus dem die hellen Flecken zu bestehen scheinen, irgendwie auch über der Oberfläche schwebt. In einem solchen Fall wäre dies zugleich ein Beweis für eine wie auch immer geartete Atmosphäre, die dann offenbar dicht genug wäre, kleine Partikel aus Salz oder was auch immer in der Luft zu halten. Zugleich gibt es aber andere Aufnahmen, die von der Nachtseite des Zwergplaneten Richtung Sonne weisen, die keinerlei Hinweise auf eine nennenswerte Atmosphäre geben. Derzeit liegen uns also noch keine belastbaren Hin- und Beweise für eine Atmosphäre vor.“

Animierter Überflug über Ceres, darunter auch über den Occator-Krater mit den hellen Flecken. Die Animation basiert noch auf früheren Aufnahmen aus 4.400 Kilometern Distanz.


Russel erläutert weiter einen möglichen Prozess für die Entstehung der hellen Flecken: „Egal was da möglicherweise aus dem Boden an die Oberfläche kam, es kam in einer beachtlichen Menge hervor. Vermuten wir einmal, dass es eine Art von Flüssigkeit war. Im Ceres-Untergrund muss es irgendwo Wasser geben. Wenn man also die Oberfläche ansticht – etwa mittels eines Meteoriteneinschlags – so könnte sich so etwas einen Weg an die Oberfläche gebahnt, hier darüberliegendes Eis aufgeschmolzen, sich dann über die Oberfläche versprüht haben und dann selbst wieder gemeinsam mit dem Wasser gefroren sein. Dieses Wasser ist dann vielleicht (mangels Atmosphäre) wieder verschwunden /verdunstet und hat beispielsweise Salze und ein klein wenig Schnee darauf hinterlassen. Selbst im Vakuum des Weltraums wären diese Rückstände wieder auf die Oberfläche zurückgefallen, da es in diesem Fall ja auch keine Atmosphäre gäbe, mit der die Partikel verwehen könnten.“

Auf die Frage, warum sich die hellen Flecken derart stark im Occator-Krater in der nördlichen Hemisphäre konzentrieren, erläutert Russel: „Derzeit studieren wir die gesamte Ceres-Oberfläche und wie es scheint, unterscheidet sich Occator von den meisten der anderen Krater. Er besitzt eine bestimmte Größe, Form und bestimmte Arten von Kraterwänden (die wir so nur selten sehen). Die Wände könnten deutlich steiler und seine Form deutlich unregelmäßiger sein – sind es aber nicht. Zudem erhebt er sich auch deutlich höher über die Oberfläche als die meisten anderen Krater.“

Das Original-Interview finden Sie HIER

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