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2016-01-16

Weiteres Rätsel um fernen Stern KIC 8462852 – Doch Hinweise auf den Bau einer künstliche Struktur?

     Diese Aufnahme des Keck-Observatory zeigt KIC 8462852 im Vergleich 
     zu seinem Begleitstern Copyright/Quelle: Boyajian et al.

Baton Rouge (USA) – Im vergangenen Herbst sorgten Beobachtungen des rund 1485 Lichtjahre entfernten Sterns „KIC 8462852“ für Aufsehen, wies der Stern doch eine bislang einzigartige Lichtkurve auf, wie sie u.a. mit der zuvor berechneten Lichtsignatur einer gewaltigen künstlichen Struktur um den Stern übereinstimmte. Schnell fanden Astronomen jedoch auch einen astronomischen Erklärungsansatz für das merkwürdige Lichtmuster und vermuten seither, dass es sich nicht um ein außerirdisches Konstrukt, sondern um eine Ansammlung von Kometentrümmern handelt. Auch verlief die Suche nach unterschiedlichen intelligenten Signalen aus Richtung des Sterns bislang ergebnislos. Jetzt hat ein US-Astronom allerdings neue Analysen des Lichtmusters des Sterns über noch längere Zeiträume vorgelegt, wie sie nicht nur erneut einzigartig und gänzlich untypisch sind, sondern auch die Kometentrümmer-Theorie stark in Zweifel ziehen.

Wie Professor Bradley E. Schaefer vom Lehrstuhl für Physik und Astronomie an der Louisiana State University in einem vorab auf ArXiv.org veröffentlichten Artikel berichtet, hat auch er die Lichtkurve von KIC 8462852 untersucht. Nun jedoch nicht nur wie bislang auf der Grundlage der Beobachtungsdaten des Weltraumteleskops „Keppler“ über einen Zeitraum von 750 bzw. 1500 Tagen, sondern seit den ersten astrofotografischen Aufnahmen des Sterns im Jahre 1890 bis in die späten 1980er Jahre.

Bei seiner Auswertung von astrofotografischen Platten im Archiv der Harvard University stellte der Astronom einen noch ungewöhnlicheren kontinuierlichen Helligkeitsrückgang im Licht des Sterns innerhalb dieser rund 100 Jahre, und einen stetigen Helligkeitsrückgang von durchschnittlich 0.165+/-0.013 Magnituden pro Jahrhundert fest.


Die Lichtkurve (DASCH) von „KIC 8462852“ von 1890-1989 zeigt die stetige Abschwächung des Sternenlichts. Copyright/Quelle: Bradley E. Schaefer

„Eine solche über ein Jahrhundert andauernde Abschwächung bzw. Abdimmung im Licht eines Hauptklassensterns vom Typ F ist ein bislang noch nie zuvor beobachteter Vorgang“, so Schaefer, „und das, obwohl diese Sterne schon wirklich intensiv beobachtet wurden. (…) Gemeinsam mit der von Kepler gemessenen Lichtkurve stellen die Harvard-Fotoplatten also einen weiteren Beweis dafür dar, dass rund um ‚KIC 8462852‘ tatsächlich etwas ungewöhnliches vorgeht.“

Sowohl das jahrhundertlange Abschwächen als auch die von Kepler gemessenen, jeweils nur einen Tag langen Abdimmungen sind für den Astronomen zwei extreme Enden eines Spektrums von Abschwächungsereignissen, wie sie wohl am ehesten durch einen einzigen physikalischen Mechanismus erzeugt bzw. erklärt werden können: „Bei diesem Mechanismus scheint es sich nicht um ein isoliertes katastrophales Ereignis im vergangene Jahrhundert zu handeln, sondern es muss ein andauernder Prozess mit fortwährenden Auswirkungen sein.“


Zwei bislang einzigartige, periodisch wiederkehrende Abdunklungen im Lichtmuster des Sterns „KIC 8462852“. Copyright/Quelle: Boyajian et al.

Besonders interessant werden Schaefers Analysen, wenn man sie der bislang von Kritikern der Erklärung von Kepler gemessenen Abdimmungen als Folge einer intelligenten Mega-Struktur favorisierten Erklärung des Lichtmusters als das Ergebnis von Kometentrümmern gegenüberstellt: „Im Kontext zu den bisherigen Modellen der Abdunklung des Sterns durch Staub und Trümmer bedarf es, um auch den ein Jahrhundert anhaltenden Abschwächungstrend auf diese Weise zu erklären zu können, der 104 bis 107-fachen Masse an besagtem Staub und Trümmern, wie jene, die für die stärkste von Kepler beobachtete Abschwächung (von mehr als 20 Prozent) verantwortlich wären.

Im Kontext der Erklärung dieser Abdimmung durch eine ganze ungewöhnliche Kometenfamilie, bräuchte es statt der geschätzten rund 36 großen Kometen dann schätzungsweise 648.000 riesige Kometen von jeweils rund 200 Kilometern Durchmesser, die alle geradezu orchestriert im Laufe des vergangenen Jahrhunderts vor dem Stern hätten vorüberziehen müssen.“ (Im Vergleich zu diesen gewaltigen Kometen misst der größte im Sonnensystem bekannte Komet, der Schweifstern Hale-Bopp, eine Größe von rund 60 Kilometern. Die Masse entspricht in etwa der gesamten Masse innerhalb der Herkunftsregion von Kometen, dem sog. Kuiper-Gürtel unseres Sonnensystems.)

Für den Astronomen sprechen sowohl die Wahrscheinlichkeit als auch das naturwissenschaftliche Prinzip von „Ockhams Rasiermesser“ (wonach angesichts mehrerer möglicher Erklärungen für ein und denselben Sachverhalt die einfachste Theorie allen anderen vorzuziehen ist) gegen die Vorstellung, dass gleich zwei bislang noch nie anhand eines Sternentyps beobachtete Mechanismen auch auf gleich zwei noch nie zuvor anhand anderer Sterne beobachteten, jedoch sich von einander unterscheidenden Mechanismen beruhen, die sich zudem beide durch das Abschwächen des Sterns von maximal bis zu 20 Prozent abzeichnen.

„Ich selbst sehe keine Möglichkeit, wie so etwas wie 648.000 Riesen-Kometen um einen Stern herum existieren könnten und noch weniger, wie diese Kometenansammlung innerhalb des vergangenen Jahrhunderts derart orchestrierte Umlaufbahnen haben könnten, um die Merkmale des 100 Jahre andauernde Abschwächen der Helligkeit von KIC 8462852 zu erklären. Deshalb sehe ich in diesem Vorgang auch ein starkes Argument gegen die Hypothese, dass die von Kepler registrierten Abdunklungs- bzw. Transitereignisse von einer Kometen-Familie erklärt werden können.

GreWi-Kommentar:
Nachdem bislang zunächst technische Fehler ausgeschlossen werden konnten und von zahlreichen natürlichen bzw. astrophysikalischen Erklärungsansätzen nur die Kometen-Familie-Hypothese übrig geblieben war – diese aber den Analysen der historischen und kontinuierlichen Abschwächung des Sternenlichts von KIC 8462852 nicht stand hält, sind wir derzeit wieder – selbst unter Anwendung von Ockahms Rasiermesser – wieder bei eine künstlichen, um den Stern herum konstruierten gewaltigen Struktur, die auf diese Weise sicherlich nur von einer hochentwickelten Zivilisation erbaut worden sein könnte.

Es könnte sich hierbei also um den ersten handfeste Hinweis auf eine Dyson-Sphäre handeln, die sich (während des Beobachtungszeitraums) im Bau befindet bzw. befand: Konstanter Baufortschritt, konstante Abdimmung.

Allerdings gilt es zum einen zu bedenken, dass alle Beobachtungsdaten auf Lichtsignalen basieren, die knapp 1500 Jahre lang zu uns unterwegs waren.

Zum anderen verweist auch „Ockhams Rasiermesser“ nur so lange auf eine gewaltige künstliche Struktur (etwa eine Dyson-Sphäre bzw. einen Dyson-Schwarm, siehe folgende Hintergrundinfo), bis nicht ein anderer, bislang noch unbekannte, natürlich-astrophysikalischer Erklärungsansatz gefunden wird.

Hinzu sollte angemerkt werden, dass Prof. Bradley E. Schaefer selbst die Ergebnisse seiner Analysen nicht als Beweis dafür darstellt, dass die Abschwächung auf den Bau einer künstlichen Struktur hindeutet. Er selbst beschränkt sich lediglich auf die Dokumentation und Diskussion der Fakten.

Hintergrund:
Die realistischste und am ehesten Dysons ursprünglichen Vorstellungen entsprechende Form (des Einsatzes einer – zumindest teilweisen – künstlichen Ummantelung eines Sterns, etwa zur direkten und großskaligen Energiegewinnung) ist der Dyson-Schwarm.


Grafische Illustration eines sogenannten Dyson-Schwarms Copyright: GFDL/BY-SA-3.0/via Wikimedia Commons

Er besteht aus einer großen Zahl unabhängiger Kollektoren die den Stern umkreisen. Sie könnten sich in Größe und Form unterscheiden und gegebenenfalls eigenständige Habitate bilden. Es wurde eine Vielzahl von Vorschlägen für mögliche Verteilungsmuster gemacht, jeder mit seinen eigenen Vorzügen und Nachteilen. Zum Beispiel nutzt ein Dyson-Schwarm in Scheibenform die kinetische Energie seines Rohmaterials am besten aus, das vorwiegend aus Asteroiden besteht, die nahe der Ebene der Ekliptik in ungefähr der gleichen Umlaufrichtung kreisen. In jedem Fall würden einige Kollektoren einen Teil ihres Umlaufs im Schatten anderer verbringen und somit die Effizienz des Schwarms etwas herabsetzen. Das Verhältnis des Erdbahnradius von 149.600.000 km zum Sonnendurchmesser von 1.392.700 km beträgt rund 107,4. Das bedeutet, dass beim Erdbahnradius der Kernschatten eines als kreisscheibenförmig angenommenen Solarkollektors rund 107,4-mal so lang wie der Durchmesser des Solarkollektors ist. In einer Entfernung vom 1074-fachen des Durchmessers des Solarkollektors kann daher die maximale Abschattung nur noch 1 % betragen, weil, von dort aus gesehen, der scheinbare Durchmesser des Solarkollektors 10-mal kleiner ist als der scheinbare Durchmesser der Sonne. (Quelle: Wikipedia)

– Ein ausführliches Podcast-Interview mit Prof. Bradley E. Schaefer zu seiner hier vorgestellten Analyse finden Sie HIER

Quelle: http://www.grenzwissenschaft-aktuell.de/weiteres-raetsel-um-kic-8462852-stern20160116/#sthash.Yf2XVlEZ.dpuf

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