Die industrielle Landwirtschaft verdrängt lokale bäuerliche Praktiken rund um die Erde. Wo früher kleine, vielfältige, bäuerliche Selbstversorger-Systeme für Ernährungssouveränität gesorgt haben, regieren heute multinationale Konzerne über große, einheitliche Monokulturen. Viele verschiedene Organisationen von Bauern, Züchtern, Essern und Aktivisten kämpfen für das Recht der Bevölkerung, ihre Ernährung und Landwirtschaft selbst zu bestimmen.
„Ernährungssouveränität ist das Recht der Völker auf gesunde und kulturell angepasste Nahrung, nachhaltig und unter Achtung der Umwelt hergestellt. Sie ist das Recht auf Schutz vor schädlicher Ernährung. Sie ist das Recht der Bevölkerung, ihre Ernährung und Landwirtschaft selbst zu bestimmen. Ernährungssouveränität stellt die Menschen, die Lebensmittel erzeugen, verteilen und konsumieren, ins Zentrum der Nahrungsmittelsysteme, nicht die Interessen der Märkte und der transnationalen Konzerne“, heißt es im Manifest des ersten internationalen Forums für Ernährungssouveränität, dass im Jahr 2007 auf Mali stattfand. 500 Menschen aus aller Welt diskutierten dort über die notwendige Veränderung und die mögliche Gestaltung des Agrar- und Ernährungssystems.
Der Begriff Ernährungssouveränität wurde 1996 ursprünglich von „La Via Campesina“ geprägt, einem weltweiten Zusammenschluss von Kleinbauern- und Landarbeiterorganisationen. Ausgelöst durch die zunehmende Globalisierung im Agrarbereich und den sich verschlechternden Bedingungen für Bauern und Bäuerinnen weltweit kam es zu einem Zusammenschluss, um sich gemeinsam für die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Kleinbauern und Landarbeiter durch fairere Handelsbedingungen, größere soziale Gerechtigkeit und die Durchsetzung einer nachhaltigen Wirtschaftsweise stark zu machen. Diese Forderung wird inzwischen von einer Vielzahl von Bauernvereinigungen und NGOs unterstützt.
Ernährungssouveränität ist kein fest definierter Begriff, sondern beinhaltet eine Reihe von politischen Forderungen, um den lokalen, nationalen und internationalen Ursachen und Effekten von Ernährungsunsicherheit angesichts von weltweit 850 Millionen hungernden Menschen entgegenzuwirken. Die häufigsten Forderungen sind:
- Vorrang der lokalen Produktion
- Zugang zu Ressourcen (Wasser, Boden)
- Zugang zu Saatgut aus samenfesten Sorten
- Recht auf Nahrung
- Stärkung der Kleinbauern
- Rechte der Verbraucher stärken
- Schutz vor billigen Lebensmittelimporten
- Landwirtschaftliche Preise an Produktionskosten ausrichten
- Förderung nachhaltiger Landwirtschaft
- Das Recht auf Nahrung
Das Recht auf Nahrung wurde bereits 1948 in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen (UN) verankert. Die UN verstand darunter das Recht, einen regulären, ständigen und freien Zugang zu Nahrung zu haben, entweder direkt oder über ausreichende finanzielle Mittel. Nun hat sich aber im Lauf der Jahrzehnte gezeigt, dass das Recht des freien Zugangs zu Nahrung allein nicht ausreicht, um die Bevölkerung ausreichend zu ernähren. Zu oft wird das Recht auf Nahrung dadurch verletzt, dass an erster Stelle der Profit und nicht der Mensch steht. Hier setzt das Konzept der Ernährungssouveränität an, in dem danach gefragt wird, wo die Nahrungsmittel herkommen, wer sie produziert und unter welchen Bedingungen sie hergestellt werden.
Ackerbau und Pflanzenzucht
Als vor etwa 10.000 Jahren die ersten Menschen mit dem Ackerbau und der Pflanzenzüchtung begannen, sich sesshaft zu machen, lag die Züchtung und die Produktion der Nahrung ausschließlich bei den Bauern und den privaten Selbstversorgern. Die Bauern beobachteten, selektierten, nahmen Saatgut, probierten aus und lernten kontinuierlich aus ihren Ernteergebnissen. Ganz natürlich und sorgfältig sammelten und säten sie die Pflanzen, die gut schmeckten, satt machten, vielfältig verwendbar oder gut lagerbar waren. Manche Getreidepflanzen erwiesen sich als tolerant gegenüber Nässe, andere überstanden eine Krankheit gut. Innerhalb der letzten 10.000 Jahre ließen abertausende züchtende Hände, verschiedene Ackerbautechniken, unterschiedliche Ernährungsgewohnheiten und Klimazonen einen unvorstellbaren Reichtum an lokalen Sorten mit unzähligen Variationen entstehen.
Als vor etwa 10.000 Jahren die ersten Menschen mit dem Ackerbau und der Pflanzenzüchtung begannen, sich sesshaft zu machen, lag die Züchtung und die Produktion der Nahrung ausschließlich bei den Bauern und den privaten Selbstversorgern. Die Bauern beobachteten, selektierten, nahmen Saatgut, probierten aus und lernten kontinuierlich aus ihren Ernteergebnissen. Ganz natürlich und sorgfältig sammelten und säten sie die Pflanzen, die gut schmeckten, satt machten, vielfältig verwendbar oder gut lagerbar waren. Manche Getreidepflanzen erwiesen sich als tolerant gegenüber Nässe, andere überstanden eine Krankheit gut. Innerhalb der letzten 10.000 Jahre ließen abertausende züchtende Hände, verschiedene Ackerbautechniken, unterschiedliche Ernährungsgewohnheiten und Klimazonen einen unvorstellbaren Reichtum an lokalen Sorten mit unzähligen Variationen entstehen.
Verlust der Kulturpflanzenvielfalt
Innerhalb von wenigen Jahrzehnten setzte das globale industrielle Agrarsystem mit ihrer Vereinheitlichung der Landwirtschaft dieser Kulturpflanzenvielfalt ein Ende. Von den weltweit etwa 250.000 bekannten Pflanzenarten, von denen rund 50.000 Arten zur Ernährung benutzt wurden, decken heute nur noch 30 Arten 95 Prozent der Nahrungsenergie ab. Schätzungen zufolge sind weltweit in den vergangenen 100 Jahren rund 75 Prozent der Kulturpflanzenvielfalt verloren gegangen. In Deutschland und den USA sind es sogar 90 Prozent. Zwar werden weltweit noch etwa 7000 Pflanzenarten angebaut, doch immer mehr Saatgutkonzerne übernehmen die Züchtung von Saatgut und konzentrieren sich auf Sorten, die eine sehr enge genetische Basis haben und hohe Erträge abwerfen. Bei den drei großen Arten Weizen, Mais und Reis, die zusammen 60 Prozent der weltweiten Nahrungsmittelenergie liefern, liegt die Züchtung und Produktion schon zum größten Teil bei global agierenden Konzernen.
Ernährungssouveränität in Gefahr
In Deutschland arbeiten nur noch zwei Prozent der Menschen in der Landwirtschaft. Möglich geworden ist dies durch die Mechanisierung der bäuerlichen Arbeit, die große Erleichterungen mit sich gebracht hat. Doch wie die industrielle Landwirtschaft sich bis heute entwickelt hat, ist sie eher ein Alptraum als eine Arbeitserleichterung. Zusammengefasst kann man sagen, dass das grundlegende Prinzip des industriellen Agrarsystems die Ausbeutung des Menschen und eine übernutzte Umwelt ist. Die Böden werden durch den Gebrauch von Pestiziden vergiftet, die Pflanzenvielfalt durch Monokulturen dezimiert und das Saatgut durch die Züchtung von Hybriden (Inzuchtlinien, die kein Saatgut produzieren) und Genmanipulation monopolisiert. So bestimmen immer weniger Bauern und immer mehr große multinationale Konzerne darüber, welche Sorten gezüchtet, angebaut und geerntet werden.
Das industrielle Agrarsystem
Wie schaut es mit dem Hauptargument des industriellen Agrarsystems aus, nämlich das nur so die überbevölkerte Welt ernährt werden kann? Seit der Einführung der industriellen Landwirtschaft in den 70er Jahren ist zwar mehr Ertrag pro Fläche erwirtschaftet worden, doch auf Kosten der Umwelt und der Menschen. Auf lange Sicht kann die Landwirtschaft nur Erträge bringen, wenn sie Grund- und Oberflächenwasser sauber und die Böden fruchtbar hält. Wenn sie die Atmosphäre mit so wenig Klimagasen wie möglich belastet und eine Vielfalt an Arten, Sorten und Ökosystemen nutzt und erhält. Die industrielle Landwirtschaft nutzt zwar 70 Prozent der globalen landwirtschaftlichen Ressourcen, produziert aber nur 30 Prozent der weltweit verfügbaren Lebensmittel.
Das industrielle Agrarsystem hat sich im Laufe der Zeit immer mehr davon entfernt, zum Nutzen der Menschheit zu produzieren. Das liegt daran, dass immer weniger Menschen davon profitieren (Börsenspekulanten, multinationale Agrarkonzerne und große Supermarktketten) und immer mehr Menschen von der Selbstbestimmung der Züchtung und des Anbaus ausgeschlossen werden. Supermarktketten vertreiben in Europa 80 Prozent aller Lebensmittel und beeinflussen mit ihrer Macht die gesamte Nahrungsmittelkette von der Produktion über die Verarbeitung bis hin zur Verteilung. Weltweit nimmt der Vertragsanbau immer weiter zu, bei dem die Verarbeitungsindustrie den Bauern von der Sortenauswahl bis zur Ernte nahezu jeden Arbeitsschritt vorschreibt und den Großteil der Gewinne einstreicht.
Wenn wir weiterhin auf die industrielle Agrarwirtschaft setzen, werden wir große Probleme mit der Wassernutzung bekommen. 70 Prozent des global verfügbaren Süßwassers wird in der Landwirtschaft genutzt. Ein großer Teil des mineralischen Düngers wird aus den Böden ausgewaschen und gelangt in Grundwasser und Flüsse. Durch die hohen Phosphat- und Stickstoffeinträge ins Meer gelten beispielsweise 70.000 Quadratkilometer der Ostseeböden als biologisch tot.
23 Prozent aller Agrarböden weltweit gelten heute als degradiert, das heißt sie leiden unter Erosion, Nährstoffverlust, Verdichtung und Versalzung. Gleichzeitig steigt der Bedarf an Flächen für den Anbau von Agrarsprit und Futtermitteln, sodass weltweit Wälder und Wiesen in Monokulturen umgewandelt werden, die Soja und Palmöl anbauen. Insgesamt ist das industrielle Agrarsystem für über 40 Prozent der Klimagas-Emissionen weltweit verantwortlich.
Dazu kommt, dass die Nahrungsmittel durch die krankheitsanfällige Züchtung von Hybriden zunehmend ungesund und geschmacklos produziert werden und immer mehr Rückstände von Pflanzenschutzmitteln enthalten. Jährlich erleiden drei bis fünf Millionen Bauern und Landarbeiter Vergiftungen durch Pflanzenschutzmittel, davon enden jährlich rund 200.000 tödlich. Laut WHO sterben weltweit etwa 420.000 Menschen pro Jahr an Infektionen durch verseuchte Lebensmittel.
Derzeit werden zwar so viele Lebensmittel produziert, dass bis zu doppelt so viele Menschen ernährt werden könnten, wie heute auf der Erde leben, doch landet weniger als die Hälfte direkt auf den Tellern. Bis zu 50 Prozent der Lebensmittel werden weggeworfen, weil sie der Norm nicht entsprechen, der Rest wird als Futtermittel oder für Treibstoffe verwendet.
Das heutige Agrarsystem treibt viele Menschen vom Land in die Stadt, weil sie arbeitslos werden oder von den Hungerlöhnen nicht mehr leben können. Viele Menschen aus südlicheren Ländern treibt es auch in den industrialisierten Norden, wo deren billige Arbeitskraft für das Funktionieren der hiesigen Landwirtschaft dringend gebraucht wird. Landflucht gibt es auch in Deutschland. Agrarsubventionen machen Produkte aus den Agrarfabriken so billig, dass kleinere bäuerliche Betriebe keine Chance haben. Nach Angaben des statistischen Bundesamtes sind seit 1971 etwa 72 Prozent der Höfe in Deutschland aufgegeben worden.
Wer die Saat hat, hat die Macht
Im frühen 20. Jahrhundert wurden erste Ansätze des Sortenschutzes entwickelt und in den 1960er Jahren die erste internationale Vereinigung zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (UPOV) gegründet. Den Züchtern wurden exklusive Rechte eingeräumt, wenn ihre Sorten bestimmte Eigenschaften hatten und besonders wertvoll für die landwirtschaftliche Produktion waren. Die damaligen Regeln sahen noch Ausnahmen für Bauern und Züchter vor, mittlerweile sind die immer mehr eingeschränkt worden. Auch das Patentrecht wird heute auf Pflanzenzüchtungen angewandt und sichert den Züchtern Monopole und alleinige Verwertungsrechte. Mittlerweile dominieren zehn Konzerne mehr als 70 Prozent des globalen Saatgutmarktes.
Wie lässt sich Ernährungssouveränität verwirklichen?
„Bäuerliche Landwirtschaft kann angesichts des Bevölkerungswachstums die Welt nicht ernähren.“ Ist dieses Dogma der Wissenschaft und der Politik richtig? Die zahlreichen Initiativen rund um die Ernährungssouveränität kommen zu einem anderen Ergebnis. Zunächst einmal fragen sie sich: Wer ernährt die Welt denn jetzt? In großen Teilen der Welt ist es nämlich nach wie vor die kleinbäuerliche Landwirtschaft, die die Welt ernährt. 2,6 Milliarden Menschen leben hauptsächlich von landwirtschaftlichen Tätigkeiten. 85 Prozent der etwa 525 Millionen Bauernhöfe weltweit bewirtschaften weniger als zwei Hektar Land. Die Bäuerinnen und Bauern auf diesen Klein- und Kleinstbetrieben bauen den größten Teil aller weltweit produzierten Lebensmittel an. Dabei bestreiten die Initiativen nicht, dass die Produktivität der Landwirtschaft in vielen Regionen gesteigert werden müsste.
Irmi Salzer ist Kleinbäuerin und arbeitet bei der ÖBV (Österreichsche Berg- und Kleinbäuerinnen Vereinigung). Sie glaubt, dass kleine, auf Vielfalt setzende Betriebe weitaus produktiver arbeiten als große Farmen mit Monokulturen: „Der herkömmliche Produktivitätsbegriff, der nur auf den Ertrag einer einzelnen Kultur oder die Produktionsleistung pro Arbeits- oder Kapitaleinheit abzielt, lässt nämlich wesentliche Faktoren außer Acht. Zieht man Effizienz- und Produktivitätskriterien heran, die alle eingesetzten Produktionsfaktoren berücksichtigen (d. h. neben Arbeitskraft und Kapital auch Energie, Dünger und Wasser) und die zudem den Gesamtertrag des Betriebsanalysieren, dann schneiden kleine Betriebe in der Mehrzahl der Fälle besser ab als große. Dies rührt daher, dass Kleinbäuerinnen und -bauern dazu tendieren, das meiste aus ihrem Land zu machen, dass sie also Zwischen- und Mischkulturen anbauen, ihre Fruchtfolgen optimieren und jeden Winkel ausnützen.“
Damit Kleinbäuerinnen und -bauern die Welt ernähren und ihre vielfältigen gesellschaftlichen Leistungen erbringen können, braucht es nach Meinung der Initiativen rund um die Ernährungssouveränität einen grundlegenden Paradigmenwechsel. Lebensmittel werden seit Jahrhunderten auf internationalen Märkten gehandelt, dass sie jedoch als Rohstoff wie jeder andere gelten, kennzeichnet die Entwicklung der letzten 15 Jahre. Insbesondere ab dem Inkrafttreten des WTO-Abkommens über die Landwirtschaft 1995 wurden zahlreiche Staaten, die ihre Bevölkerungen zuvor selbst ernähren konnten, gezwungen, ihre Handelsschranken abzubauen. Als US-amerikanische und europäische Produkte mithilfe von Exportförderungen und anderen Subventionen zu Dumpingpreisen auf die geöffneten Märkte strömten, verloren hunderttausende Bäuerinnen und Bauern ihre Existenzgrundlage. Wenn es nach Irmi Salzer geht, ist eine Abkehr vom neoliberalen Dogma des Freihandels die Voraussetzung für das Überleben der bäuerlichen Landwirtschaft weltweit. Für sie und ihre Mitstreiter bedarf es einer grundlegenden Umorientierung der weltweiten Agrar-, Handels- und Entwicklungspolitik, weg von der „heiligen Kuh Weltmarkt“ und hin zur Gewährleistung des Menschenrechts auf Nahrung und zu Ernährungssouveränität.
Irmi Salzer ist Kleinbäuerin und arbeitet bei der ÖBV (Österreichsche Berg- und Kleinbäuerinnen Vereinigung). Sie glaubt, dass kleine, auf Vielfalt setzende Betriebe weitaus produktiver arbeiten als große Farmen mit Monokulturen: „Der herkömmliche Produktivitätsbegriff, der nur auf den Ertrag einer einzelnen Kultur oder die Produktionsleistung pro Arbeits- oder Kapitaleinheit abzielt, lässt nämlich wesentliche Faktoren außer Acht. Zieht man Effizienz- und Produktivitätskriterien heran, die alle eingesetzten Produktionsfaktoren berücksichtigen (d. h. neben Arbeitskraft und Kapital auch Energie, Dünger und Wasser) und die zudem den Gesamtertrag des Betriebsanalysieren, dann schneiden kleine Betriebe in der Mehrzahl der Fälle besser ab als große. Dies rührt daher, dass Kleinbäuerinnen und -bauern dazu tendieren, das meiste aus ihrem Land zu machen, dass sie also Zwischen- und Mischkulturen anbauen, ihre Fruchtfolgen optimieren und jeden Winkel ausnützen.“
Damit Kleinbäuerinnen und -bauern die Welt ernähren und ihre vielfältigen gesellschaftlichen Leistungen erbringen können, braucht es nach Meinung der Initiativen rund um die Ernährungssouveränität einen grundlegenden Paradigmenwechsel. Lebensmittel werden seit Jahrhunderten auf internationalen Märkten gehandelt, dass sie jedoch als Rohstoff wie jeder andere gelten, kennzeichnet die Entwicklung der letzten 15 Jahre. Insbesondere ab dem Inkrafttreten des WTO-Abkommens über die Landwirtschaft 1995 wurden zahlreiche Staaten, die ihre Bevölkerungen zuvor selbst ernähren konnten, gezwungen, ihre Handelsschranken abzubauen. Als US-amerikanische und europäische Produkte mithilfe von Exportförderungen und anderen Subventionen zu Dumpingpreisen auf die geöffneten Märkte strömten, verloren hunderttausende Bäuerinnen und Bauern ihre Existenzgrundlage. Wenn es nach Irmi Salzer geht, ist eine Abkehr vom neoliberalen Dogma des Freihandels die Voraussetzung für das Überleben der bäuerlichen Landwirtschaft weltweit. Für sie und ihre Mitstreiter bedarf es einer grundlegenden Umorientierung der weltweiten Agrar-, Handels- und Entwicklungspolitik, weg von der „heiligen Kuh Weltmarkt“ und hin zur Gewährleistung des Menschenrechts auf Nahrung und zu Ernährungssouveränität.
Ernährungssouveränität ist Saatgutsouveränität
Wie könnte eine zukünftige Ernährungssouveränität, die auch die Selbstbestimmung über das Saatgut mit einschließt, aussehen? Für die Erprobung von Alternativen braucht es Strukturen, die nicht auf Profit ausgerichtet werden. Entscheidend für einen vielfältigen, möglichst regionalen Anbau sind vier Dinge: Fruchtbare Böden, gute samenfeste Sorten, viel Wissen über Saatgut und Zucht und eine große Biodiversität. Alle vier Faktoren werden von dem dominierenden Zucht- und Landwirtschaftsbetrieb erdrosselt, durch hochgradige Arbeitsteilung eingedampft und im Wettbewerb um die effizienteste Lebensmittelproduktion wegoptimiert. Da Saatgut eine Grundlage für Ernährung ist, ist Saatgutsouveränität eine Grundlage von Ernährungssouveränität. Ohne eigenes bäuerliches Saatgut kann es keine nachhaltige Landwirtschaft geben, und ohne nachhaltige Landwirtschaft kann man keine Ernährungssouveränität aufbauen. Saatgut- und Ernährungssouveränität bedeuten, dass Menschen vor Ort je nach Umweltbedingungen und Bedürfnissen über ihre Agrar- und Saatgutsysteme entscheiden, ohne dass ihnen Konzerne und staatliche Stellen das vorschreiben wollen.
Literaturtipp:
Anja Banzhaf: Saatgut – wer die Saat hat, hat das Sagen
oekom 2016, 272 Seiten, 19,95 €
Webtipps:
www.viacampesina.org (Infos zu kleinbäuerlichen Kämpfen weltweit)
www.nutzpflanzenvielfalt.de (Infos zu Saatgut, Tauschbörsen, Saatgutfesten)
Literaturtipp:
Anja Banzhaf: Saatgut – wer die Saat hat, hat das Sagen
oekom 2016, 272 Seiten, 19,95 €
Webtipps:
www.viacampesina.org (Infos zu kleinbäuerlichen Kämpfen weltweit)
www.nutzpflanzenvielfalt.de (Infos zu Saatgut, Tauschbörsen, Saatgutfesten)
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