Während so mancher schon beim Binden einer Krawatte an seine Grenzen stößt, sind Knoten doch ein essenzieller Bestandteil unseres Alltags. So wissen nicht nur Seefahrer und Bergsteiger ihre vielseitigen Einsatzmöglichkeiten zu schätzen, auch sämtliche Textilien basieren auf dem gezielten Verknoten bzw. Verweben einzelner Fäden. Wissenschaftlern der Universität Manchester ist nun ein wichtiger Schritt gelungen, die bestehenden Konzepte der Knotentheorie auch auf der Nanoebene anzuwenden. Sie haben eine Struktur mit acht Kreuzungen und einer Gesamtlänge von nur 20 Nanometern geschaffen – und damit den bisher komplexesten molekularen Knoten geknüpft.
Dabei bezieht sich die Nomenklatur der Knotentheorie nicht auf herkömmliche Knoten, wie wir sie etwa zum Binden unserer Schuhe benutzen, sondern auf geschlossene Schleifen. Ein Knoten im mathematischen Sinn hat keine freien Enden und kann nicht aufgemacht werden. Eine der wichtigsten Fragestellungen der Knotentheorie ist vielmehr, ob sich eine verwickelte Schleife in eine andere überführen lässt, ohne sie zu zerschneiden – also ob zwei Knoten äquivalent sind.
Dazu werden Knoten gemäß der minimalen Anzahl ihrer Überkreuzungen klassifiziert. Für den aktuellen Fall, einen Knoten mit acht Kreuzungen, gibt es 21 verschiedene Varianten – eine Zahl, die mit zunehmender Anzahl von Kreuzungen stark ansteigt. „Zurzeit sind in der Mathematik etwa sechs Milliarden verschiedene Arten von Knoten bekannt“, erklärt David Leigh, einer der Autoren der aktuellen Studie. „Insofern erschien es uns geradezu verrückt, dass bisher nur drei davon gezielt auf molekularer Ebene hergestellt werden konnten. Zumal sie ja auch in der Biologie, in der DNA und in verschiedenen Proteinen, eine wichtige Rolle spielen.“
Zur Herstellung des Knotens haben die Wissenschaftler zunächst einen geeigneten Molekülstrang entworfen, in dessen Mitte sich eine spezielle chemische Verbindung befindet, die an Eisenatome koppelt. In Lösung und unter geeigneten Bedingungen organisieren sich je vier dieser Stränge und vier Eisenatome von selbst zu einer symmetrischen Struktur mit acht freien Enden. In einem weiteren Schritt, wiederum in einem Lösungsmittel, verbinden sich die freien Enden der Molekülstränge und bilden eine einzelne, verknotete Schleife. Schließlich entfernten die Forscher mithilfe eines weiteren Lösungsmittels das Eisen und der Knoten, bestehend aus 192 Atomen, war fertig „geknüpft“.
Zur Analyse sowohl des fertigen Knotens als auch der Zwischenschritte nutzen die Forscher Kernspinresonanzspektroskopie (NMR). So zeigen etwa NMR-Spektren nach dem ersten Synthetisierungsschritt, dass sich alle vier Molekülstränge in der gleichen, symmetrischen Umgebung befinden – was nur bei einer zyklischen Anordnung möglich ist. Das Fehlen der Signale der Olefine am Ende der Stränge wiederum zeigte die erfolgreiche Verbindung der Ketten nach dem zweiten Schritt an. Darüber hinaus war es an diesem Punkt möglich, Kristalle aus dem Material zu erzeugen und mit Hilfe von Röntgenbeugung die Topologie und die vierzählige Symmetrie zu bestätigen. Nach dem Entfernen der Eisenatome lieferten verbreiterte NMR-Peaks schließlich Hinweise auf die enge Verknüpfung der fertigen Schleife.
Wie die Wissenschaftler betonen, gehen sie davon aus, dass ihre Methode in Zukunft die Herstellung von verschiedenen, noch komplexeren Knoten ermöglichen wird. „Außerdem ist das Binden von Knoten ein ähnlicher Prozess wie Weben“, so Leigh. Somit sollte es ihm zufolge mit ähnlichen Methoden auch möglich sein, Polymerketten zu verweben und damit neuartige Materialien zu erschaffen, die fester, leichter und flexibler sind – so wie die Textilien in unserem Alltag.
Einen wichtigen Schritt in diese Richtung hat eine Forschergruppe um Omar Yaghi von der Universität von Kalifornien, Berkely bereits vor einem Jahr gesetzt. Ihnen ist es gelungen, spiralenförmige Molekülketten zu einem elastischen, dreidimensionalen Netzwerk zu verweben. Als „Webstuhl“ benutzten sie dabei allerdings Kupfer- an Stelle von Eisenatomen. Diese konnten sie nachträglich entfernten, ohne die Struktur des Gewebes zu verändern und so die Elastizität verzehnfachen. Da es sich dabei um einen reversiblen Prozess handelt, konnten sie die Kupferatome auch wieder einfügen und der Struktur ihre ursprüngliche Steifigkeit zurückgeben.
Eine weiteres mögliches Anwendungsgebiet für molekulare Knoten ist die Katalyse von chemischen Reaktionen. „Molekulare Knoten nehmen eine andere räumliche Struktur ein als unverknotete Moleküle, was ihre physikalischen Eigenschaften verändert“, erklärt Steffen Woltering, ebenfalls Autor der aktuellen Studie. Dies mache sie zu Erfolg versprechenden Werkzeugen in der Nanotechnologie, da sie Aufgaben erledigen könnten, die mit konventionellen Molekülen nicht zu bewältigen sind. So könnten sie sich zum Beispiel um andere Strukturen wickeln und deren Reaktivität beeinflussen.
Originalveröffentlichung:
J. J. Donan et al.: Braiding a molecular knot with eight crossings, Science, online 12. Januar 2017; DOI: 10.1126/science.aal1619
Leigh Group an der School of Chemistry, University of Manchester
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