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2017-04-20

Russische UN-Experten legen OPCW Beweise vor: "Giftgasangriff in Idlib war inszeniert"


Russland hat der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) Beweise dafür vorgelegt, dass die angebliche Giftgasattacke in der syrischen Provinz Idlib Anfang April inszeniert wurde. Die Art und Weise, wie zurzeit die Ermittlungen laufen, wurde von russischen Experten mehrfach kritisiert.

Michail Uljanow, Ressortleiter für Non-Proliferation und Rüstungskontrolle im Außenministerium der Russischen Föderation, zeigte in der Sitzung des Exekutivrates der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) in Den Haag Fotos, die am Ort des Vorfalls vom 4. April im syrischen Idlib gemacht wurden. Die OPCW verkündete am Mittwoch ihren bisherigen Erkenntnisstand zu den Ereignissen jenes Tages.

Die Fotos sollen veranschaulichen, dass es im Narrativ hinsichtlich der angeblichen Anwendung von C-Waffen durch die syrische Armee viele Unstimmigkeiten gebe.

Die Fotos waren zumindest in dem Sinne wichtig, dass sie auf den Inszenierungscharakter der angeblich auf frischer Tat im Zuge der Ereignisse vom 4. April aufgenommenen Videos hindeuten, die wir auf YouTube gesehen haben", sagte der russische OPCW-Botschafter Alexander Schulgin.

Bilder angezweifelt

Die Bilder zeigten demnach, dass verletzte Kinder erweiterte Pupillen hatten, was jedoch der Version eines Einsatzes von Sarin widerspricht: Die Verwendung dieses Giftstoffs verengt eher die Pupillen.

Der Trichter, der sich angeblich nach dem Bomben- oder Raketenangriff der syrischen Armee gebildet habe, sehe auf den von Russland vorgelegten Fotos eher wie eine Explosionsspur auf der Erde aus, so der russische Botschafter weiter.

Am Vortag hatte Russlands Premierminister Dmitri Medwedew die Giftgasattacke in der syrischen Provinz Idlib von Anfang April als eine große und gut geplante Provokation bezeichnet, die der US-Regierung in die Hände spielte. Auch der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte zuvor mitgeteilt, dass es immer mehr Hinweise darauf gebe, dass der Zwischenfall inszeniert worden sei.

Angriff ohne Ermittlung

Syrische Oppositionskämpfer hatten Anfang April rund 80 Tote und 200 Verletzte nach einer angeblichen Giftgas-Attacke in der Stadt Chan Scheichun in der nordwestlichen Provinz Idlib gemeldet und die syrischen Regierungstruppen dafür verantwortlich gemacht. Die syrische Armee wies diese Vorwürfe zurück.

Die USA hatten als Reaktion auf den mutmaßlichen Giftgasangriff in der Nacht auf den 7. April von Schiffen der US Navy im Mittelmeer aus 59 Tomahawk-Raketen auf den syrischen Militärflugplatz Schairat abgefeuert. US-Präsident Donald Trump hatte den Militärschlag angeordnet, ohne irgendwelche Beweise vorzulegen oder auch nur eine Untersuchung durchzuführen, ob Damaskus tatsächlich Schuld an den Ereignissen in Idlib trägt. Moskau bezeichnete den Angriff als einen Verstoß gegen das Völkerrecht.

Sämtliche der syrischen Regierung zugängliche C-Waffenvorräte waren zwischen 2014 und 2016 unter internationaler Aufsicht und Kontrolle durch die OPCW sichergestellt und vernichtet worden. Für die chemische Entwaffnung Syriens bekam die OPCW sogar den Nobelpreis.

Keine Inspekteure vor Ort

Die Nachrichtenagentur Sputnik sprach mit dem Ex-Mitglied der UN-Kommission zu Bio- und Chemiewaffen, Igor Nikulin, über die ersten Ergebnisse der OPCW-Sitzung. Dieser kritisierte eine voreingenommene und unprofessionelle Herangehensweise der Organisation.

Es sieht danach aus, als ob die OPCW auf jeden Fall Regierungskräften die Schuld geben wollen", so der Experte.

Sie hätten aus der Ferne Sarin an drei Verstorbenen identifiziert. Analysen vor Ort machten sie aber nicht. Das sei wie die Diagnose eines Arztes, der den Kranken zuvor nicht gesehen hat.

Dann sollte die Organisation für das Verbot chemischer Waffen aber auch ihre Unterschrift unter dem Dokument zurückziehen, in dem sie bestätigt, dass Assad die gesamten syrischen Chemiewaffen an die UN-Inspekteure übergeben hatte. Sie müssen auch den Nobelpreis zurückgeben, denn es würde dann heißen, dass sie ihre Aufgabe nicht erfüllt hätte", bemängelte der Experte eine, wie er meint, fehlende Objektivität der Ermittlungen.

Ähnlich argumentierte auch der russische EU-Botschafter Wladimir Tschizhow in einem BBC-Interview im Rahmen des Programms Hard-Talk.

Es interessiert mich, warum Ermittler noch nicht vor Ort sind, obwohl bereits zwei Wochen vergangen sind. Die syrische Regierung hat sie eingeladen, den Flughafen zu untersuchen, der Ziel des US-Angriffes war. Die bewaffneten Kräfte am Ort der mutmaßlichen Attacke haben die Sicherheit der Ermittler garantiert.

Was eine unparteiische Untersuchung ausmacht

Michail Uljanow, der Russland bei der OPCW-Sitzung in Den Haag vertreten hatte, hat trotz seiner Kritik noch Hoffnung, dass eine ernsthafte Untersuchung der chemischen Attacke in Chan Scheichun noch möglich ist. Voraussetzung dafür wäre jedoch ein wirkliches Interesse aufseiten der USA.

Für eine seriöse Untersuchung seien drei Voraussetzungen unabdingbar, so Uljanow. Die Ermittlungen sollen unmittelbar vor Ort in Chan Scheichun und auf der Luftwaffenbais Schairat stattfinden; man sollte sicherstellen, dass die Ermittler aus verschiedenen geografischen Regionen kommen; man darf sich nicht nur auf Internetbilder und Angaben der oppositionellen Kräfte stützen.

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