Die Liebe ist die Lösung aller Probleme. Die Liebe ist der Schlüssel zu allen Türen der menschlichen Seele. Die Liebe ist die Kraft aller schöpferischen Kräfte in der Natur. Die Liebe ist eine Wissenschaft, die man noch nicht genügend erforscht hat. Derjenige, der weiß und lieben kann, der ist mächtig. (Omraam Mikhael Aivanhov)
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2018-02-27
Weiblichkeit und Schamanismus
Weiblicher Schamanismus: Frauen waren schon immer Heilende und Wissende – eine schamanische Spurensuche in Vergangenheit und Gegenwart
von Petra Hinze.
Schamanische Arbeit wird überall auf der Welt praktiziert – oft in einer langen Übertragungslinie. Schamanismus ist gelebtes Erfahrungswissen über die Kräfte der Natur, über die Einheit des Ganzen, über die Wechselwirkungen und die Anbindung zu jeder Zeit. Es ist das Wissen, dass alles beseelt ist, dass wir ein Teil von etwas Größerem sind, dass unser Handeln immer direkte Wirkung hat. Der Begriff Schamanismus ist indes ein erschaffenes Konstrukt, um die vielen Heilwissenden und Praktizierenden auf der Welt unter einem Dach zu vereinen. Denn das, was sich dahinter verbirgt, hat sich überall unterschiedlich entwickelt – von Ort zu Ort, von Berg zu Tal, von Wüste zu Steppe, von Kontinent zu Kontinent.
Dabei sind die Gemeinsamkeiten größer als die Unterschiede: Im Mittelpunkt der Arbeit stehen Erhalt oder Wiederherstellung der kosmischen Harmonie mit Zeremonien, Ritualen, mit Gebeten und Gaben, mit oder ohne Pflanzen. Die Arbeit ist lebendiger Austausch und Gespräch zwischen Himmel und Erde. Dieses Wissen ist ein großer Schatz, der nicht nur zur Zeit unserer Ahnen wirkte, sondern auch heute noch wirkt. In unseren Breiten wurden allerdings viele seiner Wurzeln abgeschnitten und das Wissen verfiel. Vieles, was uns von unseren Ursprüngen entfremdet, ist im Laufe der Zeit so selbstverständlich geworden, dass es uns nicht weiter auffällt. Beispielsweise feiern wir heute nur mehr die christlichen Feiertage und nicht mehr die Jahreskreisfeste. Weihnachten hat aus diesem Blickwinkel betrachtet weniger damit zu tun, die Geburt von Jesus zu feiern (deren genaues Datum man gar nicht wissen kann), als die Wintersonnenwende am 21. Dezember vergessen zu machen – ein aus der Sicht der christlichen Kirche durchaus sinnvolles Vorgehen.
Trotzdem ist manches von dem alten Wissen in unseren Gesten und Handlungen bis in die heutige Zeit erhalten geblieben. Zum Beispiel im Bereich der Totensymbolik: Auch heute noch öffnen viele Menschen die Fenster, um die Seele des Verstorbenen aus dem Haus zu lassen und ihr eine ungehinderte Reise ins Jenseits zu ermöglichen. Solche Rituale und ihre Symbolik – die Sprache der Seele – kommen mehr und mehr in unser Bewusstsein zurück. Denn die Seele sucht nach dem Sinn des Lebens und möchte Teil des Ganzen sein. In diesem Sinne möchte auch Spiritualität neu erfunden werden – angepasst an die heutige Zeit.
Frauen als Heilende und Wissende
Schamanen kommunizieren mit den Kräften der Natur und bewegen Energien. Diese Tätigkeit üben Männer und Frauen aus. Unser europäisches Fundament im Schamanismus ist jedoch das der weisen Frau. Weise Frauen genossen in vorchristlicher Zeit viel Anerkennung und Respekt. Sie waren die Zauberinnen, die Hexen, die Heilerinnen, die Seherinnen, die Beraterinnen ihrer Sippe, ihrer Gemeinschaft, ihres Volkes. Ihr Wissen wurde geschätzt. Heilkunst ist Frauen in die Wiege gelegt. Sie wussten um die Zyklen der Natur und führten Rituale zur Ehrung der großen Göttin durch, um in Verbindung und in Harmonie mit den natürlichen Kräften zu sein. In den Sippen pflegten sie die Familien und konnten sich dadurch im Laufe der Zeit einen immensen Wissensschatz über die Wirkung von Pflanzen aneignen.
Sie wussten um die Anwendung von Kräutern, stellten Elixiere und Salben her und kannten Zaubersprüche, um die Wirkung der Pflanzenkräfte zu erhöhen. Manche waren Seherinnen, deren Rat vielfach eingeholt wurde. Alte Geschichten erzählen, dass sie vor der Trance ihre Lieder im „Zauberton“ sangen und dann davon-„flogen“. Der 30 April, die Walpurgisnacht – die Nacht der Hexen – ist eine Erinnerung an diese Zeit. Hexen waren die „Zaunreiterinnen“, Grenzgängerinnen, die zwischen dem Dies- und Jenseits wechseln konnten. Man sagte ihnen nach, dass ihre Seelen durch den Kamin in die Geistwelt fliegen konnten.
Das ähnelt stark dem, was wir unter dem Begriff „schamanischer Flug“ kennen, die uralte Szene, in der sich die Seele vom Körper löst und auf Reisen geht. Als Tierwesen – in Gestalt von Eule, Katze, Fuchs – schweifte das Bewusstsein dieser Frauen durch die Lande, während ihr Körper zu Hause in Trance verblieb. Flugsalben – spezielle Salben, in die Kräuter eingearbeitet wurden, welche das Bewusstsein veränderten – oder die direkte Einnahme psychoaktiver Kräuter waren ihre Unterstützung. Auch im Bereich der Rechtsprechung waren Frauen gefragt: In England gab es noch im frühen Mittelalter weibliche Clan-Oberhäupter, die als Gesetzgeberinnen matriarchales Recht ausübten und vollstreckten. Die Magna Carta von Chester nannte sie „indices de wich“: Hexenrichterinnen.
Weiblicher Schamanismus
Schamaninnen hat es schon in der Steinzeit gegeben. Heute leben wir allerdings fast weltweit in patriarchalen Strukturen. Das hat Spuren hinterlassen. Vielleicht stimmt es, dass die männlichen „Nachfolger“ die Kleidung der weiblichen Vorfahrinnen übernommen haben, weshalb manche Schamanen eher weibliche wirkende Gewänder tragen. Aber haben sie deshalb auch alle ihre Aufgaben übernommen? Sicher nicht. Denn naturgemäß gibt es Bereiche, zu denen die männlichen Schamanen wenig oder gar keinen Zugang hatten. Zum Beispiel zum Allerweiblichsten: der Menstruation. Menstruation bedeutet übersetzt Mondwechsel. Die Worte Men (Mond) und Mensis (Monat) gehören im Sanskrit zur Ur-Silbe Ma. Der Zyklus der Gebärmutter war das Maß der Frau. Die ersten Kalender waren Mondkalender. Kein Wunder, denn die Menstruationsenergie ist eine große Kraft, die gerade darum aber auch nicht überall gewollt war.
Frauen wurden während dieser Zeit – teilweise durchaus zum Schutz der Frau – von einigen Praktiken ausgeschlossen, wie beispielsweise Schwitzhütten- oder Heilzeremonien. Sachliche Gründe dafür waren, dass der Menstruationsprozess, bei dem die Energien im weiblichen Körper besonders in Bewegung sind, allein schon wie eine eigene innere Schwitzhütte wirkt und einen tiefen Reinigungsprozess initiiert, der ungehindert stattfinden sollte. Manche Schamanen hatten aber vielleicht auch Bedenken, dass diese Naturkraft der Frau ihre eigene Balance stört. Umgekehrt können Frauen ihre Mondzeit als Quelle von Stärke und spiritueller Kraft sehen. Immer häufiger drücken sie dies auch heute wieder in Ritualen und Zusammenkünften aus. Sitzen viele Frauen – zum Beispiel in Frauenkreisen – an einem Ort zusammen, sind sie häufig “blutsverbunden”, ihre Blutung findet nahezu gleichzeitig statt. Das Blut wurde in frühen Zeiten nicht als etwas „Schmutziges“ wahrgenommen, das entsorgt werden muss, sondern es stand als wichtiges Opfergut, als Gabe zur Verfügung.
Welches Opfer könnte heiliger sein als das, das dem eigenen Körper entspringt? In frühen Kulturen wird die Gebärmutter auch nicht auf ihre Rolle als Fortpflanzungsorgan reduziert, sondern als das gesehen, was sie ebenfalls ist: ein Instrument der Wahrnehmung. Natürlich kann man an den Magen denken, wenn jemand etwas „aus dem Bauch heraus“ entscheidet, aber die sinnvollere Kandidatin sitzt einige Zentimeter tiefer. In alten Büchern wird beschrieben, dass sie das zweite „dritte Auge“ ist. Verbindet eine Frau sich mit der Gebärmutter, entsteht ein eigenes Kraftfeld und die Wahrnehmung wird geschärft. Nicht umsonst wird die Gebärmutter oft mit Augen dargestellt.
Schwangerschaft und Geburtsrituale
Frauen unterstützten sich seit jeher gegenseitig bei der Geburt. Das englische Wort für Geburtshilfe, „midwifery“, ist vom angelsächsischen „med-wyf“ abgeleitet, das „weise Frrau“ oder „Zauberin“ bedeutet. Auch diese Heilkunst lag also in den Händen der weisen Frau en. Priesterinnen, die mit der Geburt und ihren Geheimnissen vertraut waren, dienten der großen Mutter. Im vorchristlichen Rom gab es die Obstetrix, die die Entbindung begleitete, die Nutrix-Nährerin, die den Milchfluss der Mutter förderte und ihr Stilltechniken beibrachte, und die Ceraria, eine Priesterin der Ceres, die mit Geburtsritualen beauftragt war. Hebammen unterstützten die Frauen in ihrer Eigenbestimmung, sie führten sie in die Geheimnisse der Sexualität und Geburtenkontrolle ein.
Es gab Rituale, um das Kind den Kräften – Mutter Erde, Vater Himmel, den Himmelsrichtungen und Elementen – vorzustellen und deren Schutz zu erwirken. Die Frauen wussten auch, welche Kräuter der Verhütung dienten, der Befreiung von einer Schwangerschaft und der Schmerzlinderung während einer Geburt. Das Pflanzenwissen dieser Zeit ist leider zum großen Teil unwiederbringlich verloren gegangen. Das mittelalterliche Christentum distanzierte sich von den Hebammen und eine regelrechte Feindschaft entbrannte. Das Ergebnis ist bekannt. Manche Zauberformeln und Zaubereien wurden christianisiert beibehalten. Heidnische Feiern wurden christlich überlagert, wie das Beispiel Ostern zeigt, das früher eine Feier für die Göttin Ostara war, die Göttin der Morgenröte und Fruchtbarkeit. So ist zumindest ein Fundament erhalten geblieben, auf dem junge Generationen wieder aufbauen.
Rituale im Heim und am Herd
Rituale begleiten uns durchs ganze Leben, auch wenn uns selten bewusst ist, dass wir gerade ein Ritual durchführen. Am häufigsten begegnen wir ihnen heute im Umfeld der Religion. In vergangenen Zeiten waren Rituale auch in den eigenen vier Wänden allgegenwärtig. Im Mittelpunkt stand – selbstverständlich – die Frau, die Hüterin von Heim und Herdfeuer. Das Feuer wurde wie ein Schatz geehrt und mit Gaben – wie Butter oder Kräutern – gefüttert. Das Anrichten des Essens war nicht nur simples Kochen, es wurde magisch zubereitet. Das Essen wurde besprochen und mit Summtönen begleitet; auch war wichtig, in welche Richtung gerührt wurde. Rechtsherum war aufbauend und heilend, linksherum war Energie wegnehmend, blockierend oder sogar zerstörend. Auch Färben, Spinnen, Nähen, die Herstellung der Kleidung lag immer in Frauenhand. Saat, Ernte, Aufbereiten der Pflanzenfasern – Frauen wussten um den geeigneten Wachstumszauber in Form von Sprüchen oder Tänzen. Auch zu den Spinnstuben hatte nicht jeder Zutritt. Hier wurden das alte Wissen ausgetauscht, Märchen und Gesänge weitergegeben, gemeinsam gesungen.
Schamanisches Frauenwissen in unserer Zeit
Die Feuer sind verschwunden, stattdessen steht ein Elektroherd in unserem Heim. Aber schamanische Praktiken erfahren eine beachtliche Wiederbelebung. Fast wäre es zu spät gewesen und das Wissen ein- für allemal verloren gegangen. In manchen Dörfern gibt es noch eine Besprecherin oder Kräuterfrau, der über Generationen hinweg das Wissen meist mündlich übertragen wurde. Mittlerweile findet sie wieder Interessierte, an die sie es weitergeben kann. Mann und Frau machen sich wieder auf die Suche nach ihrer Kraft. Viele Frauen durfte ich auf diesem Weg begleiten. In meiner Arbeit hat es sich unter anderem als besonders heilsam erweisen, sich der Gebärmutter zuzuwenden. Hier sind viele Verletzungen aus alten Zeiten gespeichert, die unbewusst weitergegeben werden können.
Dieser weibliche Weg braucht allerdings Zeit und Mut, da die Energie der Frau in der Tiefe ruht. Zeremonien, Heilreisen und Naturarbeit in einem geschützten Rahmen ermöglichen die innere Entwicklung.
Meine Arbeit richte ich nach Natur- und Lebensrhythmen aus. Ich biete Jahreskreisfeste an und führe Rituale für Lebensabschnitte durch. Für mich ist die Ganzheit wichtig, die allumfassende Betrachtung der Person, die zu mir kommt. Die Sprache der Seele hat viele Formen. Und doch steckt dahinter stets die Suche nach der Einheit, um die Harmonie des Ganzen herzustellen. Das ist bei Frau und Mann so. Es zeigt sich nur eben manchmal anders.
Termine:
2.-4.3.18: Alchemilla Frauennaturheiltage
6.3.18: Start Frauenkreis
4.5.18: Start Jahreskurs „Schamanisches Heilwissen“
1.-3.6.18 „Die Kraft der Gebärmutter“
15.-17.6.18 „Die Sprache der Natur“ – Exkursion Elbsandsteingebirge
Literatur:
Barbara G. Walker:
Das geheime Wissen der Frauen, dtv 1995
Wolf Dieter Storl: Ur-Medizin, AT Verlag 2015
ÜBER DIE AUTORIN:
Die Autorin Petra Hinze ist Gesundheitspraktikerin und Schamanin. Seit mehreren Jahren widmet sie sich der weiblichen Spiritualität. Sie initiert Projekte für Mädchen im Wandel. Sie bietet Einzelsitzungen, Abend & Jahreskurse, Rituale und Reisen an.
http://www.petra-hinze.de/
Quelle: https://www.sein.de/weiblichkeit-und-schamanismus/
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