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2025-12-01

Klaus Praschak: Der Resonanzraum, der sich nicht erzwingen lässt


Es spielt keine große Rolle, ob man Recht hat, oder ob man aus einem erweiterten Bewusstsein heraus spricht. Wenn das, was man sagt, nicht in das bestehende Weltbild eines Menschen passt, prallt es an seiner inneren Grenze ab. Jeder Mensch lebt in einem Gefüge aus Überzeugungen, Prägungen und Erfahrungen, das für ihn wie ein Schutzraum funktioniert. Dieses innere System zu hinterfragen würde bedeuten, sich selbst infrage zu stellen und das bedroht seine Identität.

Darum hört ein Mensch nicht das, was wir wirklich sagen, sondern das, was er hören kann, ohne sich selbst zu verlieren. Für viele ist das Neue, das Andere, das Herausfordernde nicht zugänglich. Nicht, weil sie stur oder geistig verschlossen wären, sondern weil ihr Bewusstsein sich gerade an einem anderen Punkt befindet. Sie verteidigen nicht ihre Meinung, sondern verteidigen ihr inneres Gleichgewicht.

Nur diejenigen, deren Erfahrungen unserer eigenen Entwicklung nahe stehen, können wir tatsächlich erreichen. Menschen, die eine ähnliche Tiefe berührt haben, die ähnliche Fragen gestellt oder ähnliche Erschütterungen erlebt haben. Bei ihnen gibt es einen Resonanzraum, der sich nicht erzwingen lässt. Alles andere verpufft.

Es gibt deshalb Momente, in denen man erkennt, dass die meisten Menschen nicht wirklich erreichbar sind ,zumindest nicht dort, wo man selbst gerade steht. Bewusstsein wächst nicht durch Überzeugung, sondern durch Erfahrung und Erfahrung lässt sich nicht übertragen. Manchmal bedeutet Reife deshalb, loszulassen und die Erwartung zu verlieren, verstanden zu werden, und gleichzeitig offen zu bleiben für jene wenigen, die fühlen können, wovon man spricht. Gerade diese stille Akzeptanz macht Gespräche klarer, Verbindungen echter und den eigenen Weg leichter. Denn Erkennen verlangen wir niemandem ab, sondern wir teilen es nur. Und wer bereit ist, hört es. Der Sinn von Spiritualität liegt darin, den Menschen wieder aus einem verhärteten, isolierten Individualismus in eine lebendige Verbundenheit zurückzuführen. Nicht Verbundenheit im theoretischen oder esoterischen Sinn, sondern eine, die man im Herzen als Resonanz zwischen Seele und Welt, zwischen Mensch und Mensch spürt, denn ohne Resonanz verkümmert das Innere, so wie eine Pflanze eingeht, wenn sie nur noch künstliches Licht erhält. Ein Herz, das sich verschließt, wird hart und ein hartes Herz verliert den Bezug zum Lebendigen. Wenn wir nur noch durch Geräte miteinander kommunizieren, wenn Begegnung durch Funktion ersetzt wird und Wärme durch Effizienz, dann gewöhnen wir uns an ein System, das zwar technisch leistungsfähig ist, aber seelisch verhungert. Eine Welt, die ausschließlich digital vermittelt ist, schafft Kontakt, aber nicht automatisch Beziehung. Sie bietet Information, aber nicht unbedingt Menschlichkeit.

Wer glaubt, Spiritualität sei nur ein innerer Reinigungsprozess, eine rein persönliche Suche nach Frieden oder Selbsterkenntnis, übersieht die zweite Hälfte des Weges. Denn inneres Wachstum ohne äußere Resonanz bleibt unvollständig. Es ist wie mit einem Schuh zu laufen, man kommt voran, aber nicht wirklich stabil. Erst im Austausch, im Spiegel des Anderen, in der gegenseitigen Berührung entsteht jener neue Geist, der Licht trägt und Wärme verbreitet. Spirituelle Entwicklung ist deshalb immer beides, ein Weg nach innen und ein Weg nach außen. Ein Erwachen zum eigenen Wesen und gleichzeitig ein Wiederöffnen für das Gegenüber. Eine innere Klärung, die sich im Zwischenmenschlichen zeigt. Nur dort, wo Herz und Herz einander erkennen, kann etwas entstehen, das größer ist als das einzelne Ich und stärker als jede Maschine. Spiritualität ist kein Rückzug aus der Welt, sondern eine Rückkehr in eine Welt, die wieder beseelt werden möchte. Und genau dazu braucht es Resonanz und das nicht als sentimentales Gefühl, sondern als das grundlegende Prinzip, durch das Leben auf allen Ebenen lebendig bleibt. Eine neue Liebe kann sich schwer verbreiten, wenn sie ausschließlich durch Maschinen transportiert wird. Denn Maschinen können Worte weiterreichen, aber keine Wärme. Sie können Informationen kopieren, aber nicht das innere Feuer, aus dem echte Liebe entsteht. Liebe breitet sich im Kontakt von Wesen zu Wesen aus, durch Blicke, durch Gesten, durch Präsenz, durch den Mut, sich berühren zu lassen. Wenn Liebe nur digital übertragen wird, bleibt sie wie ein Duft, der in einem geschlossenen Glas steckt. Die Essenz ist da, aber niemand riecht sie wirklich. Worte allein, selbst schöne, tiefgehende oder poetische, erreichen nur die Oberfläche, wenn kein lebendiger Raum da ist, in dem sie nachklingen dürfen. Maschinen können uns verbinden, aber sie können uns nicht verbundener machen. Sie können Brücken bauen, aber nicht darüber gehen. Die Bewegung darüber ist immer menschlich. Eine neue Liebe verbreitet sich dann, wenn Menschen wieder anfangen, sich gegenseitig zu fühlen, nicht nur zu lesen; sich wahrzunehmen, nicht nur anzuschauen; einander zu begegnen, nicht nur zu kommunizieren. Die Maschine ist ein Werkzeug, aber Liebe ist ein Wesen.

Und ein Werkzeug kann die Welt nicht, im Sinne von Menschlichkeit, verwandeln, aber ein Mensch, der es bewusst benutzt, kann es. Es ist nicht die Aufgabe eines Gott – Menschen, Liebe durch Maschinen zu verbreiten, sondern sie dort einzusetzen, wo diese Liebe Brücken baut, ohne die Quelle ersetzen zu wollen, denn die Quelle bleibt immer das Herz.

Klaus Praschak

Bild: printerest.de danke

Quelle: Klaus Praschak

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