Grafische Darstellung der Entwicklungsgeschichte des Universums, so wie wir sie derzeit verstehen: Das Universum begann mit dem Urknall zu expandieren, doch etwa 10 Milliarden Jahre später beschleunigte sich die Expansion auf mysteriöse Weise, was durch ein theoretisches Phänomen namens Dunkle Energie erklärt wird. Copyright: NASA
Christchurch (Neuseeland) – Die sogenannte Dunkle Energie, eine bislang noch nicht nachgewiesene unbekannte Kraft, soll unter anderem dafür verantwortlich sein, dass unser Universum sich ausdehnt. Nun behauptet eine neue Studie, dass es die Dunkle Energie – trotz der kosmischen Expansion – gar nicht gibt.
Seit rund 100 Jahren geht die Physik-Lehrmeinung allgemein davon aus, dass sich das Universum in alle Richtungen gleichmäßig ausdehnt. Das verwendete Konzept der „Dunklen Energie“ dient dabei als Platzhalter für jene unbekannten physikalischen Phänomene, die für den Prozess dieser Ausdehnung bislang noch nicht verstanden sind. Entsprechend nicht unumstritten ist demnach auch das Konzept der Dunklen Energie als Treiber der Ausdehnung unseres Universums.
Studie stellt bisheriges Konzept infrage
Ein Team von Physikern und Astronominnen um Professor David Wiltshire von der Universität Canterbury im neuseeländischen Christchurch stellt diesen Status quo nun mit einem Artikel im Fachjornal „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society Letters“ (DOI: 10.1093/mnrasl/slae112) einmal mehr infrage.
Grundlage der Untersuchungen sind verbesserte Analysen der Lichtkurven von Supernova-Ereignissen, also ferne Sternenexplosionen. Deren Ergebnisse zeigen nun, dass sich das Universum offenbar nicht, wie bislang gedacht, homogen und gleichmäßig, sondern in einer vielfältigeren, „klumpigeren“ Weise ausdehnt.
Ein Team von Physikern und Astronominnen um Professor David Wiltshire von der Universität Canterbury im neuseeländischen Christchurch stellt diesen Status quo nun mit einem Artikel im Fachjornal „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society Letters“ (DOI: 10.1093/mnrasl/slae112) einmal mehr infrage.
Grundlage der Untersuchungen sind verbesserte Analysen der Lichtkurven von Supernova-Ereignissen, also ferne Sternenexplosionen. Deren Ergebnisse zeigen nun, dass sich das Universum offenbar nicht, wie bislang gedacht, homogen und gleichmäßig, sondern in einer vielfältigeren, „klumpigeren“ Weise ausdehnt.
Keine Dunkle Energie notwendig
Somit stützen diese neuen Ergebnisse vielmehr das sogenannte „Timescape-Modell“ der kosmischen Expansion, laut dem keine Dunkle Energie notwendig ist, da die Unterschiede im gestreckten Licht nicht auf ein beschleunigtes Universum zurückzuführen sind, sondern auf die Art und Weise, wie Zeit und Entfernungen kalibriert werden.
„Das Modell berücksichtigt, dass die Gravitation die Zeit verlangsamt, sodass eine ideale Uhr im leeren Raum schneller läuft als innerhalb einer Galaxie“, erläutert die Pressemitteilung des Fachjournals. „Eine Uhr in der Milchstraße würde demnach etwa 35 % langsamer ticken als dieselbe Uhr in großen kosmischen Leerräumen. Dadurch wären in den Leerräumen Milliarden Jahre mehr vergangen, was wiederum mehr Raumexpansion ermöglichen würde. Dies ließe es so erscheinen, als würde sich die Expansion beschleunigen, wenn solche riesigen, leeren Räume die Dominanz im Universum übernehmen.“
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Demnach zeigen die Ergebnisse, dass keine Dunkle Energie benötigt wird, um zu erklären, warum sich das Universum scheinbar mit beschleunigter Geschwindigkeit ausdehnt. Die Autoren und Autorinnen der Studie bezeichnen denn auch das Konzept der Dunklen Energie als „eine Fehlinterpretation von Variationen in der kinetischen Energie der Expansion, die in einem Universum, das so klumpig ist wie unseres, nicht einheitlich ist.“
Laut Wiltshire liefere die Forschung überzeugende Beweise, die einige der zentralen Fragen zu den Eigenheiten eines expandierenden Kosmos klären könnten. „Mit neuen Daten könnte das größte Rätsel des Universums bis zum Ende des Jahrzehnts gelöst werden“, zeigt sich der Wissenschaftler zuversichtlich.
Dunkle Energie und das Standardmodell
Dunkle Energie wird allgemein als eine schwache Anti-Schwerkraft angesehen, die unabhängig von Materie wirkt und etwa zwei Drittel der Massendichte des Universums ausmacht. Das Standardmodell der Kosmologie, Lambda Cold Dark Matter (ΛCDM), benötigt dunkle Energie, um die beobachtete Beschleunigung der kosmischen Expansion zu erklären.
Diese Schlussfolgerung basiert auf Messungen der Entfernungen zu Supernova-Explosionen in weit entfernten Galaxien, die weiter entfernt erscheinen, als sie es sein sollten, wenn die Expansion des Universums nicht beschleunigt wäre.
Widersprüche und neue Ansätze
Die aktuelle Expansionsrate des Universums wird jedoch zunehmend durch neue Beobachtungen infrage gestellt.
Hubble-Spannung: Beweise aus dem Nachglühen des Urknalls, der kosmischen Hintergrundstrahlung (CMB), zeigen, dass die Expansion des frühen Universums nicht mit der heutigen Expansion übereinstimmt.
Neue Daten von DESI: Die Analyse hochpräziser Daten durch das „Dark Energy Spectroscopic Instrument“ (DESI) ergab, dass das ΛCDM-Modell nicht so gut passt wie Modelle, bei denen sich dunkle Energie im Laufe der Zeit verändert.
Beide Anomalien lassen sich schwer mit Modellen erklären, die auf der vereinfachten kosmischen Expansionsgleichung von Alexander Friedmann basieren (Friedmann-Gleichungen), die vor 100 Jahren entwickelt wurde. Diese Gleichung geht davon aus, dass das Universum im Durchschnitt gleichmäßig expandiert, als ob alle kosmischen Strukturen zu einer formlosen Suppe vermischt wären. In Wirklichkeit enthält das heutige Universum jedoch ein komplexes kosmisches Netzwerk aus Galaxienhaufen, die riesige Leerräume umgeben.
„Wir haben jetzt so viele Daten, dass wir im 21. Jahrhundert endlich die Frage beantworten können: Wie und warum entsteht ein einfaches Expansionsgesetz aus dieser Komplexität? Ein einfaches Expansionsgesetz, das mit Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie übereinstimmt, muss nicht der Friedmann-Gleichung folgen.“
Zukünftige Forschung
Weitere Erkenntnisse erhoffen sich die Forschenden unter anderem von der 2023 gestarteten Satellitenmission „Euclid“ der Europäischen Weltraumorganisation (ESA, …GreWi berichtete), anhand deren Daten es möglich sein wird, die Friedmann-Gleichung vom Timescape-Alternativmodell zu unterscheiden. Dazu werden jedoch mindestens weitere 1.000 unabhängige qualitativ hochwertige Supernova-Beobachtungen benötigt.
Zuletzt wurde das „Timescape-Modell“ 2017 getestet, wobei die Analyse ergab, dass es nur geringfügig besser passte als das ΛCDM-Modell. Das Christchurch-Team arbeitete daher eng mit dem Pantheon+-Team zusammen, das einen Katalog von 1.535 Supernovae erstellt hatte.
„Die neuen Daten liefern nun sehr starke Beweise für das Timescape-Modell und könnten auch eine überzeugende Lösung für die Hubble-Spannung und andere Anomalien im Zusammenhang mit der Expansion des Universums darstellen.“
Weitere Beobachtungen von Euclid und dem „Nancy Grace Roman Space Telescope“ werden benötigt, um die Unterstützung für das Timescape-Modell zu stärken.
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Recherchequelle: Royal Astronomical Society
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