2024-08-13

Mars-Seismometer liefert Beweise für riesige Wassermengen im Tiefenuntergrund des Mars



Ein grafischer Querschnitt durch das Marsinnere unterhalb des NASA-InSight-Landers zeigt, dass die oberen 5 Kilometer der Kruste trocken zu sein scheinen (Illu.). In einer Tiefe von 11,5 bis 20 Kilometern unter der Oberfläche gibt es jedoch eine Zone aus zerklüftetem Gestein, die mit flüssigem Wasser gefüllt ist – sogar mehr Wasser als jenes Volumen, das für die hypothetischen alten Mars-Ozeane vorgeschlagen wurde. Copyright/Quelle: James Tuttle Keane und Aaron Rodriquez, Scripps Institution of Oceanography

Berkeley (USA) – Mit der Sonde Mars InSight haben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen wochenlang in den Marsuntergrund gehorcht, um mehr über das Innere des Roten Planeten zu erfahren. Anhand der Daten haben US-Forscher nun gewaltige Wassermengen in bis zu 20 Kilometern tiefe entdeckt. Diese könnten die gesamte Planetenoberfläche mit einem bis zu zwei Kilometer tiefen Ozean bedecken. Die Forscher spekulieren schon jetzt auch über Leben in diesen Gewässern.

Wie Assistenzprofessoren Vashan Wright und Matthias Morzfeld vom Scripps Institution of Oceanography an der University of California in San Diego gemeinsam mit Professor Michael Manga von der University of California Berkeley aktuell im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences” (PNAS; DOI: 10.1073/pnas.240998312) berichten, haben sie anhand der von „InSight“ ermittelnten seismischen Daten Beweise für ein gewaltiges Reservoir an flüssigem Grundwasser kilometertief im Untergrund des Mars entdeckt.

Während das Wasser, das in kleinsten Rissen und Spalten in 11,5 bis 20 Kilometer Tiefe gespeichert ist, derzeit noch deutlich außerhalb der Reichweite möglicher Bohrungen liegt – selbst auf der Erde sind Bohrungen bis in einem Tiefe von nur einem Kilometer extrem aufwendig – liefert die Entdeckung jedoch endlich eine Antwort auf die Frage, wohin die Ozeane an Oberflächenwasser des Mars verschwunden sind, als der Planeten vor rund drei Milliarden Jahren zusehends begann, auszutrocknen.

„Ein Verständnis des Wasserkreislaufs auf dem Mars ist entscheidend für das Verständnis der Entwicklung des Klimas, der Oberfläche und des Inneren des Planeten“, erläutert Assistenzprofessor Vashan Wright. „Ein hierfür nützlicher Ausgangspunkt ist es, herauszufinden, wo sich das Wasser befindet und wie viel davon vorhanden ist.“

Für ihre Arbeit nutzten die Wissenschaftler ein mathematisches Modell aus der Gesteinsphysik, das identisch mit den auf der Erde verwendeten Modellen ist, um unterirdische Gundwasserleiter und Ölfelder zu kartieren.

Hintergrund
Als Grundwasserleiter (Aquifer) bezeichnen Geologen geologische Schichten oder Formationen aus durchlässigem Gestein, Sand, Kies oder anderem Material, die Wasser speichern und leiten können. Ein solcher Grundwasserleiter kann große Mengen Wasser enthalten, die grundsätzlich durch Brunnen oder natürliche Quellen gefördert werden können.

Anhand dieser Modelle kamen die Forscher zu dem Schluss, dass die seismischen Daten der Insight-Mission am besten durch eine tiefe Schicht von zerklüftetem magmatischem Gestein erklärt werden, das mit flüssigem Wasser gesättigt ist. Magmatische Gesteine sind abgekühltes, heißes Magma, wie der Granit der Sierra Nevada.

„Die Feststellung, dass es ein großes Reservoir mit flüssigem Wasser gibt, eröffnet uns einen Einblick in das Klima der Vergangenheit oder das zukünftige Klima des Mars“, erläutert Professor Manga „Zudem ist Wasser für Leben, zumindest wie wir es kennen, unerlässlich. Ich sehe keinen Grund, warum [das unterirdische Reservoir] nicht eine bewohnbare Umgebung sein sollte. Schließlich ist dies auch auf der Erde der Fall: In tiefen Minen gibt es Leben, am Meeresgrund gibt es Leben. Wir haben zwar noch keinen Beweis für Leben auf dem Mars gefunden, aber zumindest haben wir einen Ort identifiziert, der grundsätzlich in der Lage sein sollte, Leben zu erhalten.“

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Nicht nur für das Autoren-Trio der neuen Studie gibt es auf der Marsoberfläche noch heute zahlreiche Beweise wie Flusskanäle, Deltas und Seesedimente sowie durch Wasser verändertes Gestein, die die Theorie stützen, dass einst Wasser auf der Oberfläche des Planeten floss. Diese feuchte Periode endete jedoch vor mehr als 3 Milliarden Jahren, nachdem Mars seine Atmosphäre verlor. Da die gewaltigen polaren Eiskappen des Mars nicht die gesamte Menge des verlorenen Mars-Wassers erklären können, suchten schon zahlreiche und unterschiedliche Missionen nach Antworten auf die Frage, was mit diesem Wasser geschehen ist sowie. Auch wann das Wasser verschwand und ob Leben auf dem Planeten existiert oder existierte, ist seit langem Inhalt teils heftiger wissenschaftlicher Debatten.

Nachdem zuvor einige Forscher darüber spekuliert hatten, dass ein Großteil des Mars-Wassers nach und nach ins All entwichen ist, legen die nun vorgestellten neuen Erkenntnisse daraufhin, dass das Wasser stattdessen in die Kruste des Planeten eingesickert ist.

Hintergrund
Der Insight-Lander erkundete von 2018 bis 2022 die Planetenkruste, den Mantel, den Kern und die Atmosphäre des Mars. Während dieser Zeit zeichnete die Sonde wertvolle Informationen über das Marsinnere auf: „Die Mission hat meine Erwartungen bei weitem übertroffen,“ sagt Manga. „Anhand aller seismischen Daten, die Insight gesammelt hat, konnte man die Dicke der Kruste, die Tiefe des Kerns, die Zusammensetzung des Kerns und sogar ein wenig über die Temperatur im Mantel herausfinden.“


Inisght-Selfie am 10. Missionstag auf dem Mars.
Copyright: NASA/JPL-Caltech

In einer früheren Studie konnten Mars-Forschende bereits zeigen, dass der obere Untergrund bzw. die Kruste bis in eine Tiefe von fünf Kilometern mit wenigen Ausnahmen kein Wassereis enthält. Laut Manga und Kollegen könnte dies bedeuten, dass es nur wenig zugängliches Grundwasser in Form von Eis jenseits der Polarregionen gibt. „Unsere Studie untersuchte nun die tiefere Planetenkruste und schlussfolgert, dass es hier global sogar mehr Wasser gibt, als bisherige Modelle für die einstigen Marsozeane angenommen hatten.

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Recherchequelle: PNAS, UC Berkeley

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