Das "US Army Corp of Engineers (USACE)" ließ erklären, dass es Pläne für "alternative Routen" in Auftrag geben werde, die eine räumliche Verlegung des Projekt ermöglichen sollen. Es ist wohl nicht zu vermessen, in diesem Zusammenhang von einem großen Sieg der nordamerikanischen "First Nations" im Kampf um ihre heiligen Stätten, eine intakte Umwelt und kulturelle Anerkennung zu sprechen.
Seit Monaten protestieren Angehörige der Standing Rock Sioux gegen die Verlegung der "Dakota Access Pipeline" unter einem aufgestauten Abschnitt des Missouri-Flusses, der am Rande des ihnen zugedachten Reservats "Standing Rock Reservation Lakota Inyan Woslata" nahe dem Ort Cannon Ball vorbeiführt.
Die Sprecherin der Armee-Einrichtung erklärte nun, dass diese "Nutzungsrechte für eine Verlegung der Dakota Access Pipeline unter dem Lake Oahe" in North Dakota nicht erteilt werden".
Das 3,7 Milliarden US-Dollar teure "Dakota Access Pipeline Project" sah vor, Rohöl von tausenden Fracking-Bohrstellen in North Dakota nach Illinois zu leiten. Diese nicht mit den Ureinwohnern abgestimmte Absicht führte im weiteren Verlauf zur größten Protestbewegung der nordamerikanischen First Nations seit etwa 100 Jahren.
Aktuell liegt keine Stellungnahme der Betreiberfirma "Energy Transfer Partners" zur jüngst ergangenen Entscheidung vor. Noch vor wenigen Tagen ließ diese jedoch über ihren CEO Kelcy Warren verlautbaren, dass sie nicht beabsichtige, über eine alternative Route nachzudenken. Über die ursprüngliche Route sollten täglich etwa 550.000 Barrel Fracking-Öls von den entsprechenden Feldern in North Dakota aus in den US-Bundesstaat Illinois transportiert werden. Stattdessen warf der Konzern der Regierung von US-Präsident Barack Obama "politischen Aktionismus" vor.
Ein Demonstrant während der Behandlung nach dem Einsatz von Pfefferspray durch Einsatzkräfte.
Dieser Einschätzung stimmte auch Craig Stevens von der "Midwest Alliance for Infrastructure Now" (MAIN) in einer Erklärung zu. Dieser sprach von einer "rein politischen Entscheidung und einem Schlag ins Gesicht des gesunden Menschenverstands und des Rechts". Stevens ergänzte:
Es ist leider nicht überraschend, dass der Präsident erneut seine Macht dazu einsetzt, um sein Erbe bei der extremen Linken zu sichern. Aufgrund der Tatsache, dass Trump das Amt des US-Präsidenten übernehmen wird, sind wir hoffnungsvoll, dass dies nicht das letzte Wort sein wird, was die Dakota Access Pipeline angeht.
In der Tat dürfte der designierte US-Präsident nicht erfreut über die aktuelle Entscheidung sein, hat er doch auch selbst bis zu einer Million US-Dollar in die Pipeline-Betreiberfirma investiert. Weitere 500.000 US-Dollar stellte Trump dem Unternehmen "Phillips 66" zur Verfügung, das nach Fertigstellung der Pipeline einen Anteil von 25 Prozent am Dakota Access Projekt erhalten wird.
Kelcy Warren, der Vorstandsvorsitzende von Energy Transfer Partners, investierte im Gegenzug etwa 160.000 US-Dollar in Trumps Wahlkampf. Nach seiner Wahl zum US-Präsidenten hatte dieser erklärt, dass er für eine Fertigstellung des Projekts in seiner ursprünglichen Form sei, da dies im Interesse aller Amerikaner sei. Offensichtlich hatte er dabei jedoch nicht an die amerikanischen Ureinwohner gedacht.
Donald Trumps Parteikollege und Gouverneur von North Dakota, Jack Dalrymple, zeigte sich derweil verbittert über die Entscheidung des USACE. Diese sei ein "schwerwiegender Fehler" und würde die "gefährliche Situation" der bei eisigen Temeperaturen ausharrenden Aktivisten weiter fortsetzen.
"Arvol Looking Horse", spirituelles Oberhaupt der Lakota, Dakota and Nakota Sioux Nations.
Auch der Republikaner und Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, äußerte sich erbost über die jüngste Entscheidung und sprach über den Kurznachrichtendienst Twitter von einer "staatsdirigistischen Entscheidung der schlimmsten Sorte".
Zunächst hatte der republikanische Gouverneur Jack Dalrymple angedroht, dass Camp der etwa 5000 Aktivsten "bis zum 5. Dezember räumen" zu lassen. Ein Sprecher des Indigenous Environmental Network sprach daraufhin von einer "widerwärtigen Fortsetzung von 500 Jahren der Kolonisierung und systematischen Unterdrückung".
Das USACE hatte den Aktivisten nach den anhaltenden Protesten und angesichts der zunehmenden Eskalation der Konflikte zwischen Demonstranten und Polizeieinheiten in einem nächsten Schritt ein Ultimatum gestellt, das am 5. Dezember, also just am Tag der heutigen Entscheidung, ausgelaufen wäre. In einem Schreiben an die Standing Rock Sioux hatte der Distrikt-Kommandeur, John W. Henderson, unmissverständlich zu verstehen gegeben:
Ich schließe den Abschnitt des durch das USACE verwalteten Staatseigentums nördlich des Cannonball River für jeglichen öffentlichen Gebrauch zum 5. Dezember 2016. Diese Entscheidung ist notwendig, um die Öffentlichkeit vor den gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Protestlern und Sicherheitskräften zu schützen und um Tod, Krankheit oder gravierende Verletzungen der Bewohner der Lager aufgrund der extremen Bedingungen des Winters in North Dakota zu schützen.
Als dazu ermächtigte oberste Genehmigungsbehörde hatte das USACE das entsprechende Areal kurzum zu einem Armeegelände im Bundesbesitz erklärt. Daraufhin entschlossen sich etwa 2000 Veteranen der US-Armee, das Anliegen der Standing Rock Sioux aktiv zu verteidigen, was wohl auch die Armee schließlich mit dazu bewogen haben dürfte, sich vom Saulus zum Paulus zu wandeln.
US-Veteranen schließen sich den Protesten an.
Obama wiederum hatte sich seit November für die Ausarbeitung einer Alternativ-Route eingesetzt, doch bislang den nötigen Nachdruck vermissen lassen. Dieser entstand nun wohl, neben der zunehmenden internationalen Aufmerksamkeit, auch durch den öffentlichkeitswirksamen Einsatz der US-Veteranen.
Das Oberhaupt der Standing Rock Sioux, Dave Achambault II erklärte nun, dass das Volk der Sioux und alle Ureinwohner der US-Regierung unter Barack Obama "auf ewig" dankbar sein werde und der "Lauf der Geschichte" korrigiert worden sei.
Das US Army Corps of Engineers ist eine Einrichtung der US-Armee, die aus etwa 650 Soldaten und 34.600 Zivilisten besteht. Auch wenn dessen Haupttätigkeit im Bereich des Bauingenieurswesens für staatliche Auftraggeber liegt, gehen seine Kompetenzen weit darüber hinaus. So besteht ein Teil seiner Aufgaben auch im Schutz und Ausbau der Bundes-Wasserwege und in weiteren Umweltbereichen. So ist es etwa auch verantwortlich für das "Formerly Used Defense Sites Program (FUDS)".
Das Programm beinhaltet auch die Reinigung kontaminierten Geländes, das ehemals im Besitz der US-Armee stand oder von dieser gemietet oder gepachtet wurde. Die Zahl der Besitztümer, die unter das FUDS-Programm fallen, beläuft sich landesweit auf 10.000 "potentielle" Grundstücke. Allerdings soll mit 7.300 Grundstücken die große Mehrheit unter ihnen keine Säuberung aufgrund von Umweltschäden benötigen.
Das USACE verfügt ebenfalls über ein "Tribal Nations Program". Im entsprechenden Programm heißt es, dass ein Hauptanliegen der Agentur darin besteht, sich "mit Stämmen zu konsultieren, die durch Programme oder Politiken des USACE betroffen sein könnten" und des Weiteren "mit Stämmen im Bereich von Projekten im Bereich der Wasserressourcen zu kooperieren".
In den Grundlagen des Programms heißt es weiter, dass die Vereinigten Staaten bereits "seit langer Zeit den souveränen Status der indianischen Stämme anerkennen".
No comments:
Post a Comment
Bei Kommentaren bitten wir auf Formulierungen mit Absolutheitsanspruch zu verzichten sowie auf abwertende und verletzende Äußerungen zu Inhalten, Autoren und zu anderen Kommentatoren.
Daher bitte nur von Liebe erschaffene Kommentare. Danke von Herzen, mit Respekt für jede EIGENE Meinung.