Der rätselhafte Komplex der Steintempel auf dem Göbekli Tepe in der Türkei, der am Ende der letzten Eiszeit erbaut wurde, ist eine der größten Herausforderungen für die Archäologie des 21. Jahrhunderts.
Er ist über 7.000 Jahre älter als die Cheops-Pyramide und Stonehenge. Seine seltsamen Gebäude und Ringe von T-förmigen Monolithen, die aus 10 bis 15 Tonnen schweren Steinen erbaut wurden, weisen eine Komplexität und künstlerische Leistung auf, die bis zum Aufstieg der großen Zivilisationen der alten Welt - Sumer, Ägypten und Babylonien - unerreicht blieben. Das vorliegende Meisterwerk von Andrew Collins bildet den Höhepunkt seiner fast 20-jährigen Forschung über die Ursprünge der Neolithischen Revolution.
Göbekli Tepe ist jedem bekannt, der sich für alte Mysterien interessiert. Die Anlage, die als ältester Steintempel der Welt gepriesen wird, besteht aus mehreren megalithischen Strukturen mit Kreisen aus schön behauenen T-förmigen Säulen. Der Fundort liegt auf einem Bergrücken im Südosten der Türkei, nur 13 Kilometer von der antiken Stadt Urfa in der Nähe des traditionellen Garten Eden entfernt. Hier, unter einem künstlich angelegten bauchigen Hügel, der eine Fläche von etwa 300 mal 200 Metern bedeckt, lagen 10 000 Jahre lang seine Geheimnisse verborgen. Als Göbekli Tepe errichtet wurde, waren Ackerbau und Viehzucht noch kaum bekannt, und durch die fruchtbare Landschaft Südwestasiens zogen, so heißt es, primitive Jäger und Sammler, deren ganze Existenz sich ums tagtägliche Überleben drehte.
Was ist also Göbekli Tepe? Wer hat ihn erschaffen, und warum? Vordringlicher noch ist die Frage: Warum verschütteten die Erbauer ihre Konstruktion schließlich?
Dies sind die Fragen, die ich in dem Buch Göbekli Tepe: Die Geburt der Götter stelle. Ich biete darin triftige Beweise dafür, dass die Mythen um die Wächter des Buchs Henoch und die Legenden um die mesopotamischen Anunnaki die Erinnerungen an die Göbekli-Erbauer und ihre Rolle bei der Entstehung der Zivilisation sind. Ich glaube auch, dass Göbekli Tepe von einer Jäger-Sammler-Bevölkerung konstruiert wurde, die noch die dräuende Katastrophe fürchtete, die fast die Welt zerstört hätte – einen Kometeneinschlag, von dem die Wissenschaft heute weiß, dass er vor rund 12 900 Jahren stattfand und der noch jahrhundertelang verheerende Nachbeben zur Folge hatte.
Menschliche Mischwesen
Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass jene, die einen Plan ersannen, um der Angst vor einer weiteren Katastrophe (diese Angst nannte die Visionärin und Schriftstellerin Barbara Hand Clow so passend »Katastrophobie«) zu begegnen, aus der indigenen Bevölkerung kamen. Vielmehr scheint der Plan von Mitgliedern einer fremden Kultur gesponnen worden zu sein, die aus Schamanen, Kriegern, Jägern und Steinwerkzeugmachern bestand, die immense Macht und Charisma besaßen. Ihre Territorien, in denen sie mit verschiedenen Feuersteinen sowie mit als Rötel verwendetem Hämatit handelten, erstreckten sich von den Karpaten im Westen bis in die russische Steppe im Osten. Noch unglaublicher scheint ihr Äußeres gewesen zu sein. Anatomische Zeugnisse weisen darauf hin, dass sie von auffälliger Statur waren: hoch gewachsen, mit extrem lang gezogenen Köpfen, hohen Wangenknochen, langen Gesichtern, markanten Unterkiefern und ausgeprägten Augenbrauenwulsten. Manche sehen in ihnen Mischwesen zwischen Neandertalern und Menschen. Wer waren diese Leute?
Aufstieg der Swiderien-Menschen
Die Antwort lautet: die Swiderien-Menschen. Deren Bergbauanlagen in der polnischen Woiwodschaft Świętokrzyskie (Heiligkreuz) gehören zu den weltweit ältesten Zeugnissen organisierter Bergbauaktivitäten. Diese fortschrittliche Gesellschaft, die zur Zeit des Kometeneinschlags von 10 900 v. Chr. in Mittel- und Osteuropa lebte, legte den Grundstein für zahlreiche bedeutende spätere mittelsteinzeitliche Kulturen, die im Norden nach Norwegen, Finnland und Schweden reichten, im Süden bis in die Kaukasischen Berge und im Osten bis zur oberen Wolga in Zentralrussland.
Ihre sehr fortschrittliche Kultur – unter anderem hatten sie ausgeklügeltes Steinwerkzeug – ging auf ihre Ahnen, die östlichen Gravettien-Völker, zurück, deren Kultur zwischen 30 000 und 19 000 v. Chr. in der heutigen Tschechischen Republik und weiter im Osten auf der Osteuropäischen Ebene blühte.
Meines Erachtens machten sich um 10 000 v. Chr. Swiderien-Gruppen von der Osteuropäischen Ebene auf den Weg gen Süden ins östliche Anatolien. Dort gewannen sie die Kontrolle über den regionalen Handel mit dem schwarzen vulkanischen Glas, bekannt als »Obsidian«, etwa im Bingöl-Gebirge im armenischen Hochland und am Nemrut Dağ, einem erloschenen Vulkan in der Nähe des Van-Sees, des größten Binnensees der Türkei. Dadurch kamen sie in Kontakt mit den Gemeinden, die später – um 9500 bis 9000 v. Chr. – für den Bau von Göbekli Tepe verantwortlich waren.
Ritualer Zweck
Alles weist darauf hin, dass die Swiderien-Menschen im Besitz einer fortschrittlichen Kosmologie waren, die sie zum Teil ihren Vettern, den Solutréen-Völkern Mittel- und Westeuropas, verdankten, die wiederum mit den Gravettien-Menschen verwandt waren. Sie glaubten an einen Weltenbaum, der die Himmelswelt trug, in die man über den Großen Graben – die von Sternenstaub und Trümmern verursachte Gabelung bzw. den Spalt in der Milchstraße – gelangte, entsprechend der Position am Nordsternhimmel, wo die Sterne des Sternbilds Cygnus, des himmlischen Schwans (auch »Nördliches Kreuz« genannt), beheimatet sind. Die Swiderien-Menschen glaubten auch, dass Vögel den Sternenflug symbolisierten und dass die Schamanen so ins Himmelreich gelangten. Der in Europa am häufigsten mit diesem Glauben assoziierte Vogel war der Schwan, in Südwestasien war es der Geier, in der frühen Steinzeit Sinnbild des Todes und der Transformation. Beide Vögel werden in der Cygnus-Konstellation identifiziert.
In dieser Gestalt konnten die Schamanen also in die Himmelswelt gelangen und der übernatürlichen Kreatur entgegentreten, die für Katastrophen wie den Kometeneinschlag von 10 000 v. Chr. – der heute von der Wissenschaft als »YDB-Impakt« (Younger Dryas Boundary Impact) bezeichnet wird, der die Jüngere Dryaszeit auslöste – verantwortlich gemacht wurde. Dieser kosmische Trickster (Gauner) nahm die Gestalt eines Himmelsfuchses oder -wolfes an, der an den Innenseiten der Säulen von Göbekli Tepe immer wieder als springender Fuchs dargestellt ist und der als Fenriswolf auch für Ragnarök, eine große Katastrophe in der nordischen Mythologie, verantwortlich gemacht wird. In ganz Europa bis nach Südwestasien hinein existieren Geschichten von übernatürlichen Füchsen und Wölfen, die die Himmelssäule, die das Himmelszelt trägt, zu attackieren versuchten – wäre es ihnen geglückt, hätte dies das Ende der Welt bedeutet.
Irgendjemand erkannte wohl, dass nur durch die Beschwichtigung der Menschen, die die immense Macht des kosmischen Tricksters fürchteten, die Stabilität der Welt wiederhergestellt werden konnte. Und wenn immer diese übernatürliche Kreatur in Gestalt eines Kometen – in Form eines sichtbaren Himmelsfuchses oder -wolfs – am Himmel erschien, war es die Aufgabe der Schamanen, in die Himmelswelt einzutreten und sich der unheilvollen Kraft zu stellen. Diese Motivation sehe ich auch hinter der Errichtung des Göbekli Tepe.
Mutterschoßkammern
Doch es gab offensichtlich andere Gründe für den Bau von Göbekli Tepe. Seine Steinkreisanlagen dienten sehr wahrscheinlich als »Schoßkammern«, in denen die Schamanen in einen Urzustand kamen, ähnlich dem Zustand vor der Geburt, sobald sie zwischen den beiden zentralen Säulen hindurchgetreten waren. Diese riesigen Monolithen, die teilweise fünfeinhalb Meter hoch und bis zu 15 Tonnen schwer waren, dienten als Tor in unsichtbare Reiche – sie waren »Star Gates« im wahrsten Sinn des Wortes. Und ihr Ziel: Deneb, der hellste Stern des Sternbilds Cygnus, der den Anfang des Großen Grabens der Milchstraße markiert – diese Rolle spielte Deneb bereits 16 000 bis 14 000 v. Chr. Damals galt Deneb als Polarstern (der Stern, der in der jeweiligen Epoche dem Himmelspol am nächsten war). Als er diese Rolle um 14 000 v. Chr. aufgrund der Präzession – des langsamen Eierns der Erdachse während eines Kegelumlaufs, das sind durchschnittlich 26 000 Jahre – eingebüßt hatte, übernahm sie ein weiterer Cygnus-Stern, Delta Cygni, der sie bis ca. 13 000 v. Chr. inne hatte.
Danach fungierte Wega im Sternbild Lyra (die himmlische Leier) als Polarstern. Als Wega um 11 000 v. Chr. aus dem himmlischen Pol heraustrat, sollte für mehrere Tausend Jahre kein anderer heller Stern diese Rolle übernehmen. Das bedeutete, dass es zur Bauzeit von Göbekli Tepe, etwa 9500–9000 v. Chr., keinen Polarstern gab. Aus diesem Grund behielten Deneb und der Große Graben der Milchstraße ihre Bedeutung als wichtigster Einlassort in die Himmelswelt und wichtigstes Ziel der Schamanen. Aufrecht aufgestellte Steine in zwei bedeutenden Göbekli-Tepe-Anlagen hatten in den nordnordwestlichen Abschnitten der Mauern große Öffnungen, durch die jede Nacht Deneb zu sehen war. Dies ist ein weiteres Zeichen dafür, wie wichtig dieser Stern den Göbekli-Erbauern war, der den Schamanen den genauen Weg in die Himmelswelt wies.
Kosmisches Know-how
Wo immer man in Göbekli Tepe hinschaut, erkennt man, dass die Erbauer ein Gespür für die Verbindung mit dem Kosmos hatten. Es gibt zahlreiche beeindruckende Hinweise darauf, dass diese 11 000 Jahre alten Tempel den Einfluss der Himmelsmächte widerspiegeln – von den seltsamen Glyphen und Ideogrammen an den Steinen, darunter Symbolen, die den Buchstaben C und H ähneln, bis zu den in Zwölfereinheiten eingeteilten Steinen in jeder Anlage. Die H-Glyphen beziehen sich wohl auf die Reise des Schamanen von dieser Welt ins Jenseits, während die C-Glyphen sehr wahrscheinlich schmale Mondsicheln sind, die den Übergang von einem Mondzyklus in den nächsten symbolisieren. Selbst das Design der Anlagen scheint kosmische Bedeutung zu haben. Alle Konstruktionen sind ovoid und haben ein Längen-Breiten-Verhältnis von fünf zu vier. Diese Zahlen lassen darauf schließen, dass die Erbauer profunde Kenntnisse über die kosmischen Zyklen hatten – bislang dachte man, sie seien erst in der Zeit Platons verstanden worden.
Wenn Swiderien-Gruppen die schamanische Elite waren, die für Göbekli Tepe verantwortlich zeichnete, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das kosmische Know-how, das in der Konstruktion verschlüsselt ist, zumindest teilweise von hochentwickelten Individuen stammte, die von Natur aus Neandertaler-Homo-sapiens-Mischwesen mit auffälliger äußerer Erscheinung waren. Diese Leute waren sehr wahrscheinlich das Produkt der Interaktionen zwischen Neandertalern und anatomisch modernen Menschen am Anfang des jungpaläolithischen Zeitalters, etwa 40 000 bis 30 000 v. Chr. Dies ist eine sehr spannende Erkenntnis, die uns sagt, dass wir das dynamische Potenzial der Kreuzung in den prägenden Jahren der Menschheitsgeschichte wohl unterschätzt haben.
Endgültige Aufgabe des Ortes
Im Laufe von etwa 1500 Jahren wurden innerhalb des nach und nach wachsenden Hügels Göbekli Tepe mindestens 20 große Anlagen errichtet. Alte Anlagen wurden regelmäßig stillgelegt, entweiht und zugeschüttet, sozusagen am Ende ihrer Gebrauchsdauer »getötet«. Neue Strukturen ersetzten sie, doch im Lauf der Zeit wurden sie immer kleiner, bis die zellenähnlichen Bauten schließlich nur noch so groß wie ein Familien-Whirlpool und die Säulen nur noch eineinhalb Meter hoch waren. Irgendwie hatte die Welt sich verändert, und der Drang, riesige Steintempel mit gewaltigen Zwillingsmonolithen im Zentrum zu errichten, war Vergangenheit.
Irgendwann um 8000 v. Chr. wurden die übrig gebliebenen Anlagen mit herangeschaffter Erde, Splitt und Abfällen zugeschüttet, und die Stätte wurde den Elementen überlassen. Es blieb nur ein gewaltiger, bauchiger Hügel, der zum perfekten Zeugnis der Tatsache wurde, dass die Steinkreise ursprünglich nicht nur als Sternentore in eine andere Welt, sondern auch als Mutterschoß-ähnliche Kammern galten, wo die Seelen der Schamanen – oder die Geister der Toten – im wahrsten Sinn zur Quelle der Schöpfung reisen konnten, die irgendwo im Bereich des Sternbilds Cygnus zu finden war. An diese Vorstellung erinnert auch dunkel der Name »Göbekli Tepe«, türkisch für »bauchiger Hügel« oder »Nabelhügel«.
Schlangenköpfige Menschen
Auch nachdem der Göbekli Tepe verlassen worden war, bestand die Erinnerung daran und an die herrschende Elite hinter seiner Errichtung unter den Halaf- und Obed-Völkern weiter, die in der zweiten Hälfte der Jungsteinzeit, etwa 6000 bis 4100 v. Chr., lebten. Wie ihre Vorfahren kontrollierten sie den überaus wichtigen Obsidianhandel, beispielsweise in den Bingöl-Bergen und am Nemrut Dağ in der Nähe des Van-Sees. Ihre Anführer, die wohl aus besonderen Familiengruppen stammten, deformierten absichtlich ihre schon von Natur aus lang gezogenen Köpfe, um damit ihren gesellschaftlichen Status anzuzeigen, wohl aber auch, um das vermeintliche Aussehen großer Ahnen nachzuahmen, die anscheinend extrem lange Köpfe und Gesichter hatten. Die Vermutung liegt nahe, dass die schlangen- oder reptilienköpfigen Tonfiguren, die man in mehreren Obed-Gräbern fand, jene großen Vorfahren repräsentierten.
Der Aufstieg der Anunnaki
Die Oberschichten der Halaf und Obed waren vermutlich die Vorgänger der Gottkönige, die die ersten Stadtstaaten auf der mesopotamischen Ebene regierten, aus denen sich die ersten Zivilisationen von Sumer, Akkad, Assyrien und Babylon entwickelten. Ihre Schreiber erzählten in Keilschrifttexten von der mythischen Geschichte ihrer Dynastien, in der die Gründer der neolithischen Revolution »Anunnaki«, Götter des Himmels und der Erde, genannt werden. Ihre Geburtsstätte soll Duku gewesen sein, ein urzeitlicher Hügel auf dem Gipfel eines Weltenbergs namens »Kharsag« oder »Hursag«, der heute sowohl mit dem Göbekli Tepe als auch mit dem Bingöl-Berg gleichgesetzt wird. Dort sollen die Anunnaki der Menschheit erstmals Schafe und Getreide übergeben haben. Dies kennzeichnet mit großer Wahrscheinlichkeit den Anfang der Viehzucht und des Ackerbaus in der Zeit der neolithischen Revolution, die um 9000 bis 8000 v. Chr. in der Region um Göbekli Tepe stattfand. Zuweilen werden die Anunnaki mit Schlangen assoziiert, was sich im schlangenähnlichen Aussehen von Göbekli Tepes herrschender Elite sowie im Erscheinungsbild der späteren Halaf- und Obed-Kulturen widerspiegelt.
Das Aufkommen der Wächter
Kommen wir nun zum Einfluss, den Göbekli Tepe auf die frühesten semitischen Völker im Norden Mesopotamiens hatte. Deren mündliche Überlieferungen sollten eines Tages von den ersten Israeliten ins Land Kanaan getragen werden und fanden Einlass in religiöse Werke wie das Buch Henoch und das Buch der Riesen. In den sogenannten Henochischen Texten werden die wichtigsten Triebkräfte hinter der Errichtung von Göbekli Tepe und der nachfolgenden neolithischen Revolution als menschliche Engel geschildert, die »Wächter« genannt wurden und sehr groß waren, Mäntel aus Federn trugen und Gesichter wie Nattern (das heißt besonders lange Gesichter) hatten. Manchmal werden sie sogar als Schlangen beschrieben (tatsächlich wird ein Wächter als die Schlange benannt, die Eva im Garten Eden verführte). 200 Wächter sollen zu den Menschen herabgestiegen und sterbliche Ehefrauen genommen haben, die riesige Nachkommen gebaren, die wiederum »Nephilim« genannt wurden.
Laut dem Buch Henoch vertrauten die menschlichen Engel ihren Frauen die geheimen Künste des Himmels an, von denen viele den Neuerungen entsprachen, die im Zuge der neolithischen Revolution in Südwestasien erstmals aufkamen. Sind die Wächter eine Erinnerung an das Erscheinen von Swiderien-Gruppen im Südosten Anatoliens, deren auffälliges Äußeres zur anschaulichen Schilderung der Wächter in der Henochischen Literatur passt? Falls dem so ist, kann man dann annehmen, dass das seltsame Aussehen sowohl der Wächter als auch der Anunnaki mit ihren schlangenähnlichen Gesichtern zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass sie Neandertaler-Homo-sapiens-Mischwesen waren? Waren sie die wahren Begründer der Zivilisation?
Die Paradiesflüsse
Eine weitere Erinnerung an diese entscheidende Epoche in der Entwicklung der Menschheit ist vermutlich in den Geschichten um Adam und Eva im Garten Eden erhalten. Laut dem Buch Genesis lag dieser Garten an der Quelle der vier Paradiesflüsse. Drei davon sind leicht zu identifizieren: Euphrat, Tigris und Aras (»Gihon« in der Bibel), die alle im östlichen Anatolien entspringen. Die Quellen von Euphrat und Aras lagen sogar in der Nähe des Bingöl-Bergs, eines der wichtigsten Obsidian-Fundorte und nur 325 Kilometer von Göbekli Tepe entfernt.
Die lokale Tradition beteuert zudem, dass auch der vierte Paradiesfluss, Pischon, im Bingöl-Gebirge entsprang, während antike Schreiber davon berichten, dass auch die wahre Quelle des Tigris in diesem Gebiet lag. In Armenien heißt es zudem, dass der Bingöl-Berg Wohnort der Götter und der Gipfel der Welt sei, von dem vier große Flüsse ausgehen, die das Wasser des Lebens an jeden Platz der Welt brächten. Alles deutet darauf hin, dass der Bingöl-Berg nicht nur »Geburtsort« der Anunnaki war, sondern auch der Paradiesberg und laut dem Buch Henoch Heimat der Wächter.
Adams Offenbarungen
Gnostische Schriften wie etwa die verschiedenen Texte, die 1945 in einer Höhle bei Nag Hammadi in Ägypten gefunden wurden, sprechen immer wieder von den sogenannten Offenbarungen des Adam, die er vor seinem Tod seinem Sohn Seth verkündete. Seth soll sie entweder in Buchform oder auf Tafeln oder Stelen aufgeschrieben haben. Die Texte wurden in oder auf einem heiligen Berg in der Nähe des irdischen Paradieses versteckt und überstanden so möglicherweise eine spätere Katastrophe mit Feuersbrünsten und Überschwemmungen (sehr wahrscheinlich der Kometeneinschlag in der Jüngeren Dryaszeit). Der Berg, manchmal »Charaxio«, manchmal auch »Seir« genannt, wird in frühchristlichen Überlieferungen mit dem Ort in Verbindung gebracht, an dem nach der Vertreibung des ersten Paares aus dem Paradies Adams Nachkommen lebten.
Was also sind Adams Offenbarungen, und wo könnten sie heute zu finden sein? Entsprachen sie derselben Geisteshaltung, mit der Göbekli Tepe errichtet wurde, um die Katastrophobie der indigenen Bevölkerung in der Region angesichts des drohenden Kometeneinschlags zu beschwichtigen? War diese Information an die hiesigen Jäger und Sammler von Swiderien-Menschen herangetragen worden, deren lang gezogene Köpfe und lange Ahnenfolge mit ihren Ursprüngen als Neandertaler-Homo-sapiens-Mischwesen assoziiert wurden? Waren ihre Taten zu den Geschichten der menschlichen Engel namens »Wächter« im Buch Henoch und der Anunnaki-Götter der mesopotamischen Legenden mythologisiert worden?
Werden wir wieder zu Engeln
Wo genau lag Charaxio oder der Berg Seir, in oder auf dem die Bücher des Seth mit den Offenbarungen Adams auf ihre Entdeckung warten? Dies ist die Frage, der ich im zweiten Teil von Göbekli Tepe: Die Geburt der Götter nachgehe. Sie resultiert in der Entdeckung eines verlassenen armenischen Klosters im östlichen Taurusgebirge, das den legendären Schauplatz des Garten Eden überblickt. Vor seiner Zerstörung zur Zeit des Völkermords an den Armeniern im Jahr 1915 bewahrten hier die Mönche archaische Überlieferungen bezüglich des Gartens Eden und eine heilige Reliquie von unschätzbarem religiösem Wert. Bestätigungen, dass sich die heilige Reliquie in diesem Kloster befand (das im 7. Jahrhundert ein besonderes Nicht-Angriffs-Dekret, unterschrieben vom Propheten Mohammed persönlich, erhalten hatte), weisen darauf hin, wie Adams schlussendliche Offenbarung lauten könnte: die Art und Weise, wie wir als Sterbliche ins Paradies zurückkehren und selbst wieder wie einstmals engelgleich werden. Es ist eine Geschichte der Entdeckungen, die ich Ihnen erzählen möchte.
Quelle: http://info.kopp-verlag.de/neue-weltbilder/verbotene-archaeologie/andrew-collins/goebekli-tepe-die-geburt-der-goetter.html
Göbekli Tepe ist jedem bekannt, der sich für alte Mysterien interessiert. Die Anlage, die als ältester Steintempel der Welt gepriesen wird, besteht aus mehreren megalithischen Strukturen mit Kreisen aus schön behauenen T-förmigen Säulen. Der Fundort liegt auf einem Bergrücken im Südosten der Türkei, nur 13 Kilometer von der antiken Stadt Urfa in der Nähe des traditionellen Garten Eden entfernt. Hier, unter einem künstlich angelegten bauchigen Hügel, der eine Fläche von etwa 300 mal 200 Metern bedeckt, lagen 10 000 Jahre lang seine Geheimnisse verborgen. Als Göbekli Tepe errichtet wurde, waren Ackerbau und Viehzucht noch kaum bekannt, und durch die fruchtbare Landschaft Südwestasiens zogen, so heißt es, primitive Jäger und Sammler, deren ganze Existenz sich ums tagtägliche Überleben drehte.
Was ist also Göbekli Tepe? Wer hat ihn erschaffen, und warum? Vordringlicher noch ist die Frage: Warum verschütteten die Erbauer ihre Konstruktion schließlich?
Dies sind die Fragen, die ich in dem Buch Göbekli Tepe: Die Geburt der Götter stelle. Ich biete darin triftige Beweise dafür, dass die Mythen um die Wächter des Buchs Henoch und die Legenden um die mesopotamischen Anunnaki die Erinnerungen an die Göbekli-Erbauer und ihre Rolle bei der Entstehung der Zivilisation sind. Ich glaube auch, dass Göbekli Tepe von einer Jäger-Sammler-Bevölkerung konstruiert wurde, die noch die dräuende Katastrophe fürchtete, die fast die Welt zerstört hätte – einen Kometeneinschlag, von dem die Wissenschaft heute weiß, dass er vor rund 12 900 Jahren stattfand und der noch jahrhundertelang verheerende Nachbeben zur Folge hatte.
Menschliche Mischwesen
Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass jene, die einen Plan ersannen, um der Angst vor einer weiteren Katastrophe (diese Angst nannte die Visionärin und Schriftstellerin Barbara Hand Clow so passend »Katastrophobie«) zu begegnen, aus der indigenen Bevölkerung kamen. Vielmehr scheint der Plan von Mitgliedern einer fremden Kultur gesponnen worden zu sein, die aus Schamanen, Kriegern, Jägern und Steinwerkzeugmachern bestand, die immense Macht und Charisma besaßen. Ihre Territorien, in denen sie mit verschiedenen Feuersteinen sowie mit als Rötel verwendetem Hämatit handelten, erstreckten sich von den Karpaten im Westen bis in die russische Steppe im Osten. Noch unglaublicher scheint ihr Äußeres gewesen zu sein. Anatomische Zeugnisse weisen darauf hin, dass sie von auffälliger Statur waren: hoch gewachsen, mit extrem lang gezogenen Köpfen, hohen Wangenknochen, langen Gesichtern, markanten Unterkiefern und ausgeprägten Augenbrauenwulsten. Manche sehen in ihnen Mischwesen zwischen Neandertalern und Menschen. Wer waren diese Leute?
Aufstieg der Swiderien-Menschen
Die Antwort lautet: die Swiderien-Menschen. Deren Bergbauanlagen in der polnischen Woiwodschaft Świętokrzyskie (Heiligkreuz) gehören zu den weltweit ältesten Zeugnissen organisierter Bergbauaktivitäten. Diese fortschrittliche Gesellschaft, die zur Zeit des Kometeneinschlags von 10 900 v. Chr. in Mittel- und Osteuropa lebte, legte den Grundstein für zahlreiche bedeutende spätere mittelsteinzeitliche Kulturen, die im Norden nach Norwegen, Finnland und Schweden reichten, im Süden bis in die Kaukasischen Berge und im Osten bis zur oberen Wolga in Zentralrussland.
Ihre sehr fortschrittliche Kultur – unter anderem hatten sie ausgeklügeltes Steinwerkzeug – ging auf ihre Ahnen, die östlichen Gravettien-Völker, zurück, deren Kultur zwischen 30 000 und 19 000 v. Chr. in der heutigen Tschechischen Republik und weiter im Osten auf der Osteuropäischen Ebene blühte.
Meines Erachtens machten sich um 10 000 v. Chr. Swiderien-Gruppen von der Osteuropäischen Ebene auf den Weg gen Süden ins östliche Anatolien. Dort gewannen sie die Kontrolle über den regionalen Handel mit dem schwarzen vulkanischen Glas, bekannt als »Obsidian«, etwa im Bingöl-Gebirge im armenischen Hochland und am Nemrut Dağ, einem erloschenen Vulkan in der Nähe des Van-Sees, des größten Binnensees der Türkei. Dadurch kamen sie in Kontakt mit den Gemeinden, die später – um 9500 bis 9000 v. Chr. – für den Bau von Göbekli Tepe verantwortlich waren.
Ritualer Zweck
Alles weist darauf hin, dass die Swiderien-Menschen im Besitz einer fortschrittlichen Kosmologie waren, die sie zum Teil ihren Vettern, den Solutréen-Völkern Mittel- und Westeuropas, verdankten, die wiederum mit den Gravettien-Menschen verwandt waren. Sie glaubten an einen Weltenbaum, der die Himmelswelt trug, in die man über den Großen Graben – die von Sternenstaub und Trümmern verursachte Gabelung bzw. den Spalt in der Milchstraße – gelangte, entsprechend der Position am Nordsternhimmel, wo die Sterne des Sternbilds Cygnus, des himmlischen Schwans (auch »Nördliches Kreuz« genannt), beheimatet sind. Die Swiderien-Menschen glaubten auch, dass Vögel den Sternenflug symbolisierten und dass die Schamanen so ins Himmelreich gelangten. Der in Europa am häufigsten mit diesem Glauben assoziierte Vogel war der Schwan, in Südwestasien war es der Geier, in der frühen Steinzeit Sinnbild des Todes und der Transformation. Beide Vögel werden in der Cygnus-Konstellation identifiziert.
In dieser Gestalt konnten die Schamanen also in die Himmelswelt gelangen und der übernatürlichen Kreatur entgegentreten, die für Katastrophen wie den Kometeneinschlag von 10 000 v. Chr. – der heute von der Wissenschaft als »YDB-Impakt« (Younger Dryas Boundary Impact) bezeichnet wird, der die Jüngere Dryaszeit auslöste – verantwortlich gemacht wurde. Dieser kosmische Trickster (Gauner) nahm die Gestalt eines Himmelsfuchses oder -wolfes an, der an den Innenseiten der Säulen von Göbekli Tepe immer wieder als springender Fuchs dargestellt ist und der als Fenriswolf auch für Ragnarök, eine große Katastrophe in der nordischen Mythologie, verantwortlich gemacht wird. In ganz Europa bis nach Südwestasien hinein existieren Geschichten von übernatürlichen Füchsen und Wölfen, die die Himmelssäule, die das Himmelszelt trägt, zu attackieren versuchten – wäre es ihnen geglückt, hätte dies das Ende der Welt bedeutet.
Irgendjemand erkannte wohl, dass nur durch die Beschwichtigung der Menschen, die die immense Macht des kosmischen Tricksters fürchteten, die Stabilität der Welt wiederhergestellt werden konnte. Und wenn immer diese übernatürliche Kreatur in Gestalt eines Kometen – in Form eines sichtbaren Himmelsfuchses oder -wolfs – am Himmel erschien, war es die Aufgabe der Schamanen, in die Himmelswelt einzutreten und sich der unheilvollen Kraft zu stellen. Diese Motivation sehe ich auch hinter der Errichtung des Göbekli Tepe.
Mutterschoßkammern
Doch es gab offensichtlich andere Gründe für den Bau von Göbekli Tepe. Seine Steinkreisanlagen dienten sehr wahrscheinlich als »Schoßkammern«, in denen die Schamanen in einen Urzustand kamen, ähnlich dem Zustand vor der Geburt, sobald sie zwischen den beiden zentralen Säulen hindurchgetreten waren. Diese riesigen Monolithen, die teilweise fünfeinhalb Meter hoch und bis zu 15 Tonnen schwer waren, dienten als Tor in unsichtbare Reiche – sie waren »Star Gates« im wahrsten Sinn des Wortes. Und ihr Ziel: Deneb, der hellste Stern des Sternbilds Cygnus, der den Anfang des Großen Grabens der Milchstraße markiert – diese Rolle spielte Deneb bereits 16 000 bis 14 000 v. Chr. Damals galt Deneb als Polarstern (der Stern, der in der jeweiligen Epoche dem Himmelspol am nächsten war). Als er diese Rolle um 14 000 v. Chr. aufgrund der Präzession – des langsamen Eierns der Erdachse während eines Kegelumlaufs, das sind durchschnittlich 26 000 Jahre – eingebüßt hatte, übernahm sie ein weiterer Cygnus-Stern, Delta Cygni, der sie bis ca. 13 000 v. Chr. inne hatte.
Danach fungierte Wega im Sternbild Lyra (die himmlische Leier) als Polarstern. Als Wega um 11 000 v. Chr. aus dem himmlischen Pol heraustrat, sollte für mehrere Tausend Jahre kein anderer heller Stern diese Rolle übernehmen. Das bedeutete, dass es zur Bauzeit von Göbekli Tepe, etwa 9500–9000 v. Chr., keinen Polarstern gab. Aus diesem Grund behielten Deneb und der Große Graben der Milchstraße ihre Bedeutung als wichtigster Einlassort in die Himmelswelt und wichtigstes Ziel der Schamanen. Aufrecht aufgestellte Steine in zwei bedeutenden Göbekli-Tepe-Anlagen hatten in den nordnordwestlichen Abschnitten der Mauern große Öffnungen, durch die jede Nacht Deneb zu sehen war. Dies ist ein weiteres Zeichen dafür, wie wichtig dieser Stern den Göbekli-Erbauern war, der den Schamanen den genauen Weg in die Himmelswelt wies.
Kosmisches Know-how
Wo immer man in Göbekli Tepe hinschaut, erkennt man, dass die Erbauer ein Gespür für die Verbindung mit dem Kosmos hatten. Es gibt zahlreiche beeindruckende Hinweise darauf, dass diese 11 000 Jahre alten Tempel den Einfluss der Himmelsmächte widerspiegeln – von den seltsamen Glyphen und Ideogrammen an den Steinen, darunter Symbolen, die den Buchstaben C und H ähneln, bis zu den in Zwölfereinheiten eingeteilten Steinen in jeder Anlage. Die H-Glyphen beziehen sich wohl auf die Reise des Schamanen von dieser Welt ins Jenseits, während die C-Glyphen sehr wahrscheinlich schmale Mondsicheln sind, die den Übergang von einem Mondzyklus in den nächsten symbolisieren. Selbst das Design der Anlagen scheint kosmische Bedeutung zu haben. Alle Konstruktionen sind ovoid und haben ein Längen-Breiten-Verhältnis von fünf zu vier. Diese Zahlen lassen darauf schließen, dass die Erbauer profunde Kenntnisse über die kosmischen Zyklen hatten – bislang dachte man, sie seien erst in der Zeit Platons verstanden worden.
Wenn Swiderien-Gruppen die schamanische Elite waren, die für Göbekli Tepe verantwortlich zeichnete, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das kosmische Know-how, das in der Konstruktion verschlüsselt ist, zumindest teilweise von hochentwickelten Individuen stammte, die von Natur aus Neandertaler-Homo-sapiens-Mischwesen mit auffälliger äußerer Erscheinung waren. Diese Leute waren sehr wahrscheinlich das Produkt der Interaktionen zwischen Neandertalern und anatomisch modernen Menschen am Anfang des jungpaläolithischen Zeitalters, etwa 40 000 bis 30 000 v. Chr. Dies ist eine sehr spannende Erkenntnis, die uns sagt, dass wir das dynamische Potenzial der Kreuzung in den prägenden Jahren der Menschheitsgeschichte wohl unterschätzt haben.
Endgültige Aufgabe des Ortes
Im Laufe von etwa 1500 Jahren wurden innerhalb des nach und nach wachsenden Hügels Göbekli Tepe mindestens 20 große Anlagen errichtet. Alte Anlagen wurden regelmäßig stillgelegt, entweiht und zugeschüttet, sozusagen am Ende ihrer Gebrauchsdauer »getötet«. Neue Strukturen ersetzten sie, doch im Lauf der Zeit wurden sie immer kleiner, bis die zellenähnlichen Bauten schließlich nur noch so groß wie ein Familien-Whirlpool und die Säulen nur noch eineinhalb Meter hoch waren. Irgendwie hatte die Welt sich verändert, und der Drang, riesige Steintempel mit gewaltigen Zwillingsmonolithen im Zentrum zu errichten, war Vergangenheit.
Irgendwann um 8000 v. Chr. wurden die übrig gebliebenen Anlagen mit herangeschaffter Erde, Splitt und Abfällen zugeschüttet, und die Stätte wurde den Elementen überlassen. Es blieb nur ein gewaltiger, bauchiger Hügel, der zum perfekten Zeugnis der Tatsache wurde, dass die Steinkreise ursprünglich nicht nur als Sternentore in eine andere Welt, sondern auch als Mutterschoß-ähnliche Kammern galten, wo die Seelen der Schamanen – oder die Geister der Toten – im wahrsten Sinn zur Quelle der Schöpfung reisen konnten, die irgendwo im Bereich des Sternbilds Cygnus zu finden war. An diese Vorstellung erinnert auch dunkel der Name »Göbekli Tepe«, türkisch für »bauchiger Hügel« oder »Nabelhügel«.
Schlangenköpfige Menschen
Auch nachdem der Göbekli Tepe verlassen worden war, bestand die Erinnerung daran und an die herrschende Elite hinter seiner Errichtung unter den Halaf- und Obed-Völkern weiter, die in der zweiten Hälfte der Jungsteinzeit, etwa 6000 bis 4100 v. Chr., lebten. Wie ihre Vorfahren kontrollierten sie den überaus wichtigen Obsidianhandel, beispielsweise in den Bingöl-Bergen und am Nemrut Dağ in der Nähe des Van-Sees. Ihre Anführer, die wohl aus besonderen Familiengruppen stammten, deformierten absichtlich ihre schon von Natur aus lang gezogenen Köpfe, um damit ihren gesellschaftlichen Status anzuzeigen, wohl aber auch, um das vermeintliche Aussehen großer Ahnen nachzuahmen, die anscheinend extrem lange Köpfe und Gesichter hatten. Die Vermutung liegt nahe, dass die schlangen- oder reptilienköpfigen Tonfiguren, die man in mehreren Obed-Gräbern fand, jene großen Vorfahren repräsentierten.
Der Aufstieg der Anunnaki
Die Oberschichten der Halaf und Obed waren vermutlich die Vorgänger der Gottkönige, die die ersten Stadtstaaten auf der mesopotamischen Ebene regierten, aus denen sich die ersten Zivilisationen von Sumer, Akkad, Assyrien und Babylon entwickelten. Ihre Schreiber erzählten in Keilschrifttexten von der mythischen Geschichte ihrer Dynastien, in der die Gründer der neolithischen Revolution »Anunnaki«, Götter des Himmels und der Erde, genannt werden. Ihre Geburtsstätte soll Duku gewesen sein, ein urzeitlicher Hügel auf dem Gipfel eines Weltenbergs namens »Kharsag« oder »Hursag«, der heute sowohl mit dem Göbekli Tepe als auch mit dem Bingöl-Berg gleichgesetzt wird. Dort sollen die Anunnaki der Menschheit erstmals Schafe und Getreide übergeben haben. Dies kennzeichnet mit großer Wahrscheinlichkeit den Anfang der Viehzucht und des Ackerbaus in der Zeit der neolithischen Revolution, die um 9000 bis 8000 v. Chr. in der Region um Göbekli Tepe stattfand. Zuweilen werden die Anunnaki mit Schlangen assoziiert, was sich im schlangenähnlichen Aussehen von Göbekli Tepes herrschender Elite sowie im Erscheinungsbild der späteren Halaf- und Obed-Kulturen widerspiegelt.
Das Aufkommen der Wächter
Kommen wir nun zum Einfluss, den Göbekli Tepe auf die frühesten semitischen Völker im Norden Mesopotamiens hatte. Deren mündliche Überlieferungen sollten eines Tages von den ersten Israeliten ins Land Kanaan getragen werden und fanden Einlass in religiöse Werke wie das Buch Henoch und das Buch der Riesen. In den sogenannten Henochischen Texten werden die wichtigsten Triebkräfte hinter der Errichtung von Göbekli Tepe und der nachfolgenden neolithischen Revolution als menschliche Engel geschildert, die »Wächter« genannt wurden und sehr groß waren, Mäntel aus Federn trugen und Gesichter wie Nattern (das heißt besonders lange Gesichter) hatten. Manchmal werden sie sogar als Schlangen beschrieben (tatsächlich wird ein Wächter als die Schlange benannt, die Eva im Garten Eden verführte). 200 Wächter sollen zu den Menschen herabgestiegen und sterbliche Ehefrauen genommen haben, die riesige Nachkommen gebaren, die wiederum »Nephilim« genannt wurden.
Laut dem Buch Henoch vertrauten die menschlichen Engel ihren Frauen die geheimen Künste des Himmels an, von denen viele den Neuerungen entsprachen, die im Zuge der neolithischen Revolution in Südwestasien erstmals aufkamen. Sind die Wächter eine Erinnerung an das Erscheinen von Swiderien-Gruppen im Südosten Anatoliens, deren auffälliges Äußeres zur anschaulichen Schilderung der Wächter in der Henochischen Literatur passt? Falls dem so ist, kann man dann annehmen, dass das seltsame Aussehen sowohl der Wächter als auch der Anunnaki mit ihren schlangenähnlichen Gesichtern zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass sie Neandertaler-Homo-sapiens-Mischwesen waren? Waren sie die wahren Begründer der Zivilisation?
Die Paradiesflüsse
Eine weitere Erinnerung an diese entscheidende Epoche in der Entwicklung der Menschheit ist vermutlich in den Geschichten um Adam und Eva im Garten Eden erhalten. Laut dem Buch Genesis lag dieser Garten an der Quelle der vier Paradiesflüsse. Drei davon sind leicht zu identifizieren: Euphrat, Tigris und Aras (»Gihon« in der Bibel), die alle im östlichen Anatolien entspringen. Die Quellen von Euphrat und Aras lagen sogar in der Nähe des Bingöl-Bergs, eines der wichtigsten Obsidian-Fundorte und nur 325 Kilometer von Göbekli Tepe entfernt.
Die lokale Tradition beteuert zudem, dass auch der vierte Paradiesfluss, Pischon, im Bingöl-Gebirge entsprang, während antike Schreiber davon berichten, dass auch die wahre Quelle des Tigris in diesem Gebiet lag. In Armenien heißt es zudem, dass der Bingöl-Berg Wohnort der Götter und der Gipfel der Welt sei, von dem vier große Flüsse ausgehen, die das Wasser des Lebens an jeden Platz der Welt brächten. Alles deutet darauf hin, dass der Bingöl-Berg nicht nur »Geburtsort« der Anunnaki war, sondern auch der Paradiesberg und laut dem Buch Henoch Heimat der Wächter.
Adams Offenbarungen
Gnostische Schriften wie etwa die verschiedenen Texte, die 1945 in einer Höhle bei Nag Hammadi in Ägypten gefunden wurden, sprechen immer wieder von den sogenannten Offenbarungen des Adam, die er vor seinem Tod seinem Sohn Seth verkündete. Seth soll sie entweder in Buchform oder auf Tafeln oder Stelen aufgeschrieben haben. Die Texte wurden in oder auf einem heiligen Berg in der Nähe des irdischen Paradieses versteckt und überstanden so möglicherweise eine spätere Katastrophe mit Feuersbrünsten und Überschwemmungen (sehr wahrscheinlich der Kometeneinschlag in der Jüngeren Dryaszeit). Der Berg, manchmal »Charaxio«, manchmal auch »Seir« genannt, wird in frühchristlichen Überlieferungen mit dem Ort in Verbindung gebracht, an dem nach der Vertreibung des ersten Paares aus dem Paradies Adams Nachkommen lebten.
Was also sind Adams Offenbarungen, und wo könnten sie heute zu finden sein? Entsprachen sie derselben Geisteshaltung, mit der Göbekli Tepe errichtet wurde, um die Katastrophobie der indigenen Bevölkerung in der Region angesichts des drohenden Kometeneinschlags zu beschwichtigen? War diese Information an die hiesigen Jäger und Sammler von Swiderien-Menschen herangetragen worden, deren lang gezogene Köpfe und lange Ahnenfolge mit ihren Ursprüngen als Neandertaler-Homo-sapiens-Mischwesen assoziiert wurden? Waren ihre Taten zu den Geschichten der menschlichen Engel namens »Wächter« im Buch Henoch und der Anunnaki-Götter der mesopotamischen Legenden mythologisiert worden?
Werden wir wieder zu Engeln
Wo genau lag Charaxio oder der Berg Seir, in oder auf dem die Bücher des Seth mit den Offenbarungen Adams auf ihre Entdeckung warten? Dies ist die Frage, der ich im zweiten Teil von Göbekli Tepe: Die Geburt der Götter nachgehe. Sie resultiert in der Entdeckung eines verlassenen armenischen Klosters im östlichen Taurusgebirge, das den legendären Schauplatz des Garten Eden überblickt. Vor seiner Zerstörung zur Zeit des Völkermords an den Armeniern im Jahr 1915 bewahrten hier die Mönche archaische Überlieferungen bezüglich des Gartens Eden und eine heilige Reliquie von unschätzbarem religiösem Wert. Bestätigungen, dass sich die heilige Reliquie in diesem Kloster befand (das im 7. Jahrhundert ein besonderes Nicht-Angriffs-Dekret, unterschrieben vom Propheten Mohammed persönlich, erhalten hatte), weisen darauf hin, wie Adams schlussendliche Offenbarung lauten könnte: die Art und Weise, wie wir als Sterbliche ins Paradies zurückkehren und selbst wieder wie einstmals engelgleich werden. Es ist eine Geschichte der Entdeckungen, die ich Ihnen erzählen möchte.
Quelle: http://info.kopp-verlag.de/neue-weltbilder/verbotene-archaeologie/andrew-collins/goebekli-tepe-die-geburt-der-goetter.html
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