Klaus Praschak: Raum der Ewigkeit 1

Es gab eine Zeit, in der es mich wütend machte, wenn mich Menschen in eine Schublade steckten, denn ich wollte kein Leben aus der Begrenzung anderer fristen. Ich kämpfte dagegen an und musste fühlen, wie es ist, ein Kampf gegen Windmühlen zu führen, der mich letztendlich vollkommen erschöpfte. Gegen das Schubladendenken anderer können wir nichts tun, denn jeder ordnet die Welt nach seinem Selbstbild, doch irgendwann kommt für jeden der Tag, an dem sich der graue Vorhang hebt und man erkennt das „Ich Bin“ vollkommen anders ist, als man es sich je hätte erträumen können. Versteckt hinter den vielen Programmen, die wir täglich abspulen, steht der Göttliche Kern
des Menschen, der nichts anderes als Liebe, Mitgefühl und Sanftheit kennt.

Ein Mangel an Liebe bedeutet immer zu leiden, also fixiere ich mich nicht mehr auf die äußere kalte Welt, die mich überfordert und traurig stimmt. Durch die Macht der Liebe erschaffe ich mir einen Ort der Ewigkeit in meiner Seele, der genauso real ist, wie die Welt da draußen. Nun bin ich kein Freund der Individualisierung, die zwar den Vorteil hat, das wir uns, isoliert von der Gesellschaft, mit unserem Selbst – und der Entfaltung unseres eigenen Lebens beschäftigen, jedoch besteht hierbei die Gefahr unsere Mitmenschen zu instrumentalisieren. Der andere wird gesehen als jemand der mir nutzt oder schadet – so will man andere zur eigenen Selbstverwirklichung benutzen. In einer Athmosphäre des Brauchens und Haben – Wollens können keine tieferen Beziehungen wachsen und irgendwie ist es doch paradox, wenn man bedenkt, dass es aufgrund der Technik und Moblität zu keiner anderen Zeit soviel Freiheit und Möglichkeiten gab sich zu begegnen. Trotz der vielfältigen Möglichkeiten der menschlichen Begegnung hat sich die Liebesfähigkeit zurückentwickelt. Es ist die menschliche Liebe füreinander, die unsere Herzen öffnet um die Geheimnisse der göttlichen Liebe zu verstehen. Heute stehen wir zwischen der Notwendigkeit der seelischen Entwicklung und der Versuchung des Egoismus. 

Eine grundlegende Eigenschaft des wahren Menschen ist seine natürliche Offenheit, sein weiter himmelsgleicher Geist und mit dieser natürlichen Offenheit sollten wir wieder zueinander finden um das langersehnte Erwachen vollziehen zu können. Es gibt nur das „Eine Bewusstsein“, in das wir hinein erwachen können, jedoch das was aufsteigen will in eine höhere Dimension, ist das spirituelle Ego. Eine Selbstliebe im niedrigen Selbst, die wir als Egoismus bezechnen, ist dem Naturell des Schöpfers entgegengesetzt. Ein unterentwickelter Mensch hält den Egoimus keinesfalls für eine negative Eigenschaft und benutzt ihn öffentlich, grenzenlos und ohne jede Scham. Ein weiter entwickelter Mensch empfindet den Egoismus als Gräuel, sodass er ihn in sich nicht mehr dulden kann um ein Leben auf Kosten anderen zu genießen.

In ihm erwacht der Funke der Liebe zum Nächsten, welches eine Eigenschaft des Christus in ihm ist. Egoismus ist das Wesen des Leidens, der Schatten welcher uns von den Eigenschaften des Schöpfers unterscheidet. Für einen Schüler des Lichtes ist es unerlässlich die Niederträchtigkeit dieser falschen Eigenliebe zu erkennen. Auf dem Pfad der Gnade müssen wir nicht auf Lebenserfahrungen warten, die von außen an uns herandringen, denn jeder Stoss der uns zur Veränderung antreibt verursacht Leid, Kummer und Schmerz. Wenn wir begreifen, wie sehr das Vorhandensein der Egoschatten uns daran hindert, die Geschenke des Schöpfers zu spüren, erreicht uns eine behagliche Empfindung, die uns mit dem Schöpfer synchronieriert. Das Leiden welches ein Mensch verspürt ereilt ihn dann, wenn er für sich empfängt, was eingemeißelt in ihn ist. Das gilt es gut zu verstehen.

Durch das Erwachen in das mystische Bewusstsein entwickeln wir unsere Christusfähigkeit, wir nehmen Wohnung in Christus, Christus nimmt Wohnung in uns. Das Eintreten Christi in das Innere eines jeden Menschen, wird zu seiner fortwährenden Inkarnation und er entwickelt sich zum Schöpfungshandelnden im Sinne Gottes.

Erst wenn wir unsere Aufmerksamkeit von den bekannten Dingen lösen und beginnen uns für das Unbekannte zu interessieren machen wir Fortschritte. Wenn wir glauben alles um uns bricht zusammen und wir vor einem Scherbenhaufen stehen, den wir nicht mehr zusammensetzen können, ist die Zeit gekommen, in der die natürliche Wärme der Zärtlichkeit, die Wärme der Empathie und Güte nur darauf warten, von uns aufgedeckt und willkommen geheißen zu werden. Das ist die große Chance, unseren schützenden Kokkon zu verlassen und zu begreifen, das wir nie allein waren.

 
Trotz all der Schläfrigkeit, die uns umgibt und uns selbst oft befällt, ist es an der Zeit den Christus, der in jeden Menschen verborgen ist, aufzuwecken. Öffnet das innere Auge und lernt ihn wiederzuerkennen, er ist in uns. Viel zu lange Zeit waren wir wie Fische im Meer, die den Ozean suchten.

Wir gehen nicht zu Jesus, wir kommen zu ihm. Wir kommen zu ihm, denn durch ihn kommen wir nach Hause ( Ich bin die Tür....) Unser ursprunggebendes Daheim ist die Dreifaltigkeit Gottes, in dem drei eins sind, dort, wo das Sein wechselseitige Beziehungen - ein Prozess unaufhörlichen Gebens und Empfangens ist. Das eine und einzige Sein teilt sich uns aus der Tiefe seiner selbst heraus mit, als Ursprungsquelle ( Vater ), als Gefäß dessen grundlegende Eigenschaft es ist aufzunehmen ( Sohn ), und als ständiger Fluss des Werdens , der die unterschiedlichsten Seinsweisen in ihrer Vielfalt enstehen lässt ( Geist ). In der Mitte zwischen der Quelle und dem Meer ist der Raum der Geschöpflichkeit, ein Prozess, den ich den „Pfad der Gnade“ nenne, in dem wir uns bewusst werden, dass wir in ihm sind, uns in ihm bewegen und leben. Wenn ich von Umkehr spreche, so meine ich das Zurückfließen in Gott, anstatt einer in sich gekrümmten , an sich selbst Gefallen findenden Ich – Bezogenheit. Wir nehmen die Tiefe der äußeren Welt entsprechend dem Raum wahr, den wir in unserem inneren bewohnen, denn wir sehen die Wirklichkeit nicht so wie sie ist, sondern vielmehr so, wie wir sind. Der je größeren Tiefe entspricht nicht eine größe Entfernung von den Dingen oder eine größere Abkapselung in sich selbst, sondern sie erweitert vielmehr die Fähigkeit, die Tiefendimensionen wahrzunehmen, was uns umgibt.

Klaus Praschak-
Bild: Printerest.de danke

Quelle: Klaus Praschak