2015-06-17

Die Liebe kommt und die Liebe geht...

von Sabrina Fox
Manchmal gänzlich unbemerkt. So, wie man seine Hausschlüssel verlieren kann, hat man plötzlich die Liebe verloren. Es mag eine kleine Geste sein, die das Ende erklärt und doch ganz laut und mit einem dicken Ausrufezeichen in unserem Herzen steht. Vielleicht ist es die Hand, die unsere halten will, und uns dabei auffällt, dass sie nicht mehr passt. Da mag es die Berührung sein, von der wir früher nicht genug bekommen konnten und die uns auf einmal unangenehm ist. Banale Dinge stören uns am Partner plötzlich: Das Halten der Gabel. Die zum hundertsten Mal erzählte Begebenheit. Die Art die Serviette umständlich zu falten. Alle diese Gesten teilen uns mit, dass wir uns innerlich entfernt haben.

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Manchmal geht die Liebe in steten Schritten. Wir merken selbst, wie wir uns zurückziehen. Wir fangen an uns zu fragen, ob wir uns vielleicht doch den Falschen, die Falsche ausgesucht haben. In unserer Fantasie finden wir uns in fremden Armen wieder. Im richtigen Leben beobachten wir aufmerksam mögliche andere Partner … wie wäre denn der? Wie die?

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Doch wie konnte das sein, das wir uns entliebt haben? Wir liebten uns doch so?

Die Verliebtheit – laut Verhaltensforschern – kann höchstens zwei Jahre anhalten. Ab dann wird es Liebe – oder eben nicht. Verliebt sein bedeutet, dass man die Schwächen des Anderen nicht einmal sieht. Er oder sie sind einfach perfekt. Dann kommt die Phase, in der wir die Schwächen des Anderen erkennen und es kann passieren, dass sie uns nach einer Weile gehörig auf die Nerven gehen und wir das, was einmal so aufregend begann, schnellstens beenden wollen. Liebe entsteht wohl erst dann, wenn man den Anderen trotz und mit seinen Schwächen lieben kann.

Je mehr Erfahrungen wir in Liebesdingen haben – und hoffentlich etwas daraus gelernt haben – desto leichter wird es uns fallen, eine wahrhaftige Beziehung aufzubauen. Wir werden ehrlicher. Offener. Sagen wirklich, wie wir uns fühlen. Wir zeigen uns, wie wir sind – und nicht, wie wir gesehen werden wollen - denn endlich wollen wir für unser wahres Selbst geliebt werden. Wir teilen nicht mehr in „deine Schuld“ und „meine Schuld“ ein und wir haben gelernt Verantwortung für unser eigenes Verhalten zu übernehmen. Jeder hat seine Eigenständigkeit behalten und immerwährendes Zusammensein und für uns kein Zeichen großer Liebe mehr. Der Prinz mit dem Pferd ist mitsamt der schlafenden Prinzessin eindeutig im Land der Märchen verschwunden. Zusammen mit Ken und Barbie.

Am Anfang jeder Beziehung zeigen wir dem Anderen, wie wir behandelt werden wollen. Das erfährt er durch unser Benehmen und durch das, was wir zulassen. Erst später fällt uns auf, dass mir vielleicht falsche Signale gesetzt haben. Und dann fangen wir an zurück zu rudern und unsere Sätze beginnen mit: „Ich habe mir das lange genug angeschaut, aber jetzt kann ich nicht mehr.“ Der Andere ist überrascht. Wieso? Wir haben doch eindeutige Zeichen gegeben, was wir zu ertragen bereit sind. Klar, am Anfang wollten wir ja großzügig sein: „Na ja, er ist zwar ein bisschen unverlässlich, aber dafür ist er ja so süß!“ und schon zeigten wir dem anderen damit, dass wir seine Unverlässlichkeit akzeptieren.

„Nun ja, sie ist gelegentlich leicht hysterisch, aber mir ist keine Sekunde mit ihr langweilig.“ Und damit zeigen wir, dass „hysterisch“ und „unverlässlich“ kein Problem für uns ist. Das kann es aber werden.

Wir ziehen unsere Partner auf gleichem Niveau an. Wir ziehen an, was wir bewundern („Ich liebe seine Zielstrebigkeit, ich dagegen bin schon von einer Speisekarte mit mehr als drei Gerichten überfordert“) oder was uns vertraut ist („Sie ist sehr temperamentvoll, das war meine Mutter auch.“) Doch das was uns am Anfang angezogen hat ist genau das, was uns später stören wird. Seine vorher so geliebte Zielstrebigkeit, wird in unseren Augen nach einer Weile Sturheit. Aus dem bewunderten Temperament wird plötzlich Hysterie und Drama. Es ist gut, uns immer wieder daran zu erinnern, warum wir uns am Anfang in diese Person verliebt haben. Wir wollten etwas von der Qualität des Anderen abhaben, wie er etwas von unseren Talenten abhaben wollte. Wenn wir erkennen können, dass wir daraus etwas gewinnen, bleiben wir großzügiger. Keiner von uns ist perfekt. Und wenn wir einen zielstrebigen Mann haben wollen, dann kommt mit diesem Talent eben auch ein gelegentliches Überfahren werden. Wenn wir eine temperamentvolle Frau haben wollen, dann gibt es häufiger Drama. Wünschen wir uns etwas anderes, müssen wir uns für etwas anderes entscheiden. Aber wollen wir das wirklich? Wäre uns eine weniger temperamentvolle Frau nicht zu langweilig? Würden wir einen weniger zielstrebigen Mann nicht auch vielleicht weniger bewundern?

Unsere Partner fallen in bestimmte Muster, die sich nur dann ändern, wenn wir uns ändern. Verändere ich mich, ziehe ich andere Partner an. „Brauche“ ich jemanden, um glücklich zu sein – das heißt, ich bin eigentlich unzufrieden und unglücklich – werde ich einen Partner anziehen, der mich ebenfalls „braucht“. Nach einer Weile stellen beide fest, dass der Andere uns aber nicht glücklich macht. Im Gegenteil: Jetzt sind wir beide unglücklich und auch noch unzufrieden, denn der Partner hat versagt. Wir natürlich auch, aber das wollen wir uns nicht eingestehen. Eine Freundin von mir sagte mal: „Auf einem lahmen Gaul reitet sich schlecht.“ Um liebevoll miteinander umzugehen, müssen wir erst unsere spirituellen und emotionalen Hausaufgaben machen. Haben wir sie nicht gemacht, so finden wir das sehr schnell heraus, denn: Der Andere nervt. Das bedeutet: Um in einer Partnerschaft langfristig glücklich zu sein, müssen wir erst einmal in uns selbst glücklich sein.

Jesus sagte: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Und das tun wir häufig auch: Wir lieben uns selbst nicht und wir lieben unsere Nachbarn nicht. Wie ist es möglich eine liebende Beziehung mit jemand Anderem zu haben, wenn wir nicht einmal eine mit uns selbst haben können?

Das größte Geschenk, das Gott uns auf diese Reise mitgegeben hat, ist die Möglichkeit uns zu verändern. Wir haben Tendenzen, doch die lassen sich in jedem Fall abmildern, häufig auch dramatisch verändern. Natürlich nur dann, wenn wir es wollen, und nicht aus Faulheit dem Anderen ein: „So bin ich nun mal!“ entgegen schleudern. So sind wir, weil wir nichts verändern wollen. Und wenn wir uns ein anderes Leben, eine innigere Beziehungen wünschen, dann werden wir an uns etwas verändern müssen. Sonst bleibt es so, wie es ist.

Wir leben in einer Zeit, in der nicht nur die Mode, sondern auch die Partner schneller wechseln. Ist es gut, ist es schlecht? Die Antwort hängt von den Informationen ab, die wir bisher über Partnerschaften gesammelt haben. Schwüre und Versprechen, religiöse Bedenken, Leichtfertigkeit oder Klarheit, in unserem Herzen wie in unserem Kopf haben wir uns unsere Vorstellungen von Partnerschaften zurechtgelegt. Suchen wir nach dem einen Partner, der unser Leben begleitet oder glauben wir, dass es mehrere Partner in unserem Leben geben kann? Und, muss er perfekt sein?

Ich glaube nicht an den „perfekten Mann“ oder die „perfekte Frau“. Niemand von uns ist perfekt. Dahinter liegt natürlich der Wunsch einen Partner zu haben, mit der man nie Probleme und Herausforderungen hat. Dann müssen wir uns selbst heiraten. Eine Frau in San Franzisco hat das sogar mal getan. Ich nehme an, sie ist immer noch verheiratet.

Manchmal fragen wir uns, ob unsere Beziehung zu Ende ist. Wenn wir zögern, ist sie es nicht. Eine Beziehung ist im Idealfall erst dann zu Ende wenn beide in Frieden auseinander gehen können. Alles vorher ist noch ungelöstes Drama. Häufig sind eine Ehetherapie und ehrliche Gespräche miteinander äußerst nützlich. Freunde können ein gutes Gespräch begleiten und die Ehrlichkeit in einer Beziehung unterstützen.

Wir haben jede Menge Rituale eine Beziehung zu beginnen, aber keine sie zu beenden. Häufig sind wir noch in der „Schuld-Frage“ verloren, so dass wir die Geschenke - die Lehren - die uns diese Beziehung gebracht hat, noch nicht würdigen können. Wir trauern auch um die Zukunft, die wir uns schon ausgemalt hatten, aber die jetzt nicht mehr stattfinden wird. Als mein früher Mann und ich uns trennten, haben wir gemeinsam unsere Eheringe abgezogen und uns gegenseitig für die erlebte Zeit bedankt. Wir waren beide zu Tränen gerührt und haben uns noch lange im Arm gehalten. Es ist uns gelungen nach der Ehe eine Freundschaft zu gestalten. Wir haben viel voneinander gelernt. Wir haben aber auch gelernt, was wir anders machen wollen.

Vielleicht sollten wir jeden neuen Partner ganz anders begrüßen: „Ach, wie schön dich zu treffen. Ich bin ja gespannt, was ich von dir lernen werde.“

Über die Autorin:

© Jorinde Gersina Sabrina Fox beschäftigt sich seit über zwanzig Jahren mit ganzheitlichen Themen. Sie ist Autorin von mittlerweile dreizehn Büchern, beliebte Rednerin und erfahrener Coach. Mit ihrer Mischung aus Wärme und Humor, Mitgefühl und Klarheit gelingt es ihr Leser wie Zuhörer zu inspirieren. Ihre berufliche Laufbahn begann sie als Fotoredakteurin und arbeitete später als Fernsehmoderatorin für die ARD, das ZDF und SAT1. Sie absolvierte Ausbildungen als klinische Hypnosetherapeutin, Mediatorin, Konflikt-Coach und studierte Bildhauerei und Gesang. Sie lebte sechzehn Jahre in Kalifornien und ist seit 2005 wieder in München. Ihre Bücher haben eine Gesamtauflage von einer Million. Ihr neuestes Buch „Kein fliegender Wechsel – Jede Frau wird älter, fragt sich nur wie“ ist im Herbst 2014 erschienen.

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