2015-09-18

Gemeinsames EU-Konzept für Klimagipfel - Kurz vor dem Durchbruch?

Die EU-Staaten haben sich auf eine gemeinsame Position für den Pariser Klimagipfel geeinigt. Ob sie ihren Ehrgeiz internationalisieren können, ist jedoch fraglich. Das aber fordert Europas Wirtschaft.


Die EU ist wild entschlossen, bei der Uno-Klimakonferenz in Paris Anfgang Dezember eine Vorreiterrolle einzunehmen. „Wir werden diejenigen sein, die die anderen Teilnehmer der Konferenz mitreißen können und wollen“, sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) nach einem Treffen mit ihren 27 europäischen Ressortkollegen. Diese haben sich am Freitag auf ein gemeinsames Verhandlungsmandat geeinigt. Damit können die europäischen Unterhändler auf der COP21-Konferenz nun auf einen starken internationalen Rahmen zur Begrenzung der Erderwärmung drängen.

Der Übereinkunft zufolge, verpflichtet sich die EU, die Treibhausgasemissionen bis 2030 im Vergleich zum Jahr 1990 um 40 Prozent zu verringern und die Reduktion alle fünf Jahre zu überprüfen. „Aber nicht, um hinter Vereinbarungen zurückzufallen“, wie Ministerin Hendricks betonte, sondern, um den „eigenen Ehrgeiz“ noch ausweiten zu können, wenn es der technologische Fortschritt erlaube.

Auf die Frage, ob der Pariser Gipfel angesichts der unterschiedlichen internationalen Interessen denn nicht zum Scheitern verurteilt sei, antwortete Hendricks: „Wenn wir davon ausgingen, könnten wir das Politikmachen ja gleich einstellen.“

Der vorerst letzte Klimagipfel in Kopenhagen war im Jahr 2009 auch gescheitert, weil es keinen zuvor weitgehend ausverhandelten Vertragstext gab. Das soll in diesem Jahr anders sein. Wenn COP21 beginnt, soll ein abgestimmter Text im Wesentlichen stehen.

Die Gespräche der Staatengemeinschaft laufen derzeit auf Hochtouren. Die Zeit drängt. Mitte Oktober wollen sich die Staaten in Paris erneut zu einer Vorbereitungskonferenz treffen – wohl zum letzten Mal vor dem Dezember-Gipfel, der ein neues globales Klima-Abkommen als Nachfolge-Papier des Kyoto-Protokolls verabschieden soll, dessen Ziel die CO2-Reduktion von 2008 bis 2012 war.

Bislang haben nur rund 60 Teilnehmerstaaten dargelegt, was sie in den nächsten Jahren für den Klimaschutz tun wollen. Klar ist aber schon heute, dass es schwerlich reichen wird, um die Erderwärmung bei dem bisher stets anvisierten Wunschziel von plus zwei Grad Celsius zu stabilisieren.

„In der Summe werden die bisher bekannten Bemühungen den Anstieg der globalen Erderwärmung nur auf drei Grad Celsius begrenzen“, warnt Jo Leinen, Klimaexperte der Sozialdemokraten im Europaparlament. In Paris geht es also auch darum Staaten dazu zu bewegen, mehr für den Klimaschutz zu tun.

„Europa kann die Erderwärmung nicht allein stoppen“

Weite Teile der europäischen Wirtschaft warnen die europäische Politik allerdings immer wieder davor, den Bogen zu überspannen und die Unternehmen mit immer neuen und überambitionierten Klimazielen zu überfordern. „Wir brauchen ein weltweit wirklich ausgewogenes Spielfeld für unsere Industrie“, kommentierte Markus Beyrer, Generaldirektor des Europäischen Industrieverbands Business-Europe, dem auch der BDI angehört, den Beschluss der Umweltminister.

Darauf müssten Europas Verhandler in Paris massiv drängen. „Es muss einen deutlichen Appell an jene Volkswirtschaften geben, die für ein hohes Maß an CO2-Ausstsoß verantwortlich sind“, sagte Beyrer: „Europa kann die Erderwärmung nicht allein stoppen.“ Bis 2050 strebt die EU Emissionsreduktionen um 80 bis 95 Prozent an.

Auch die Skeptiker tragen den ehrgeizigen Kompromiss mit

Die Beschlüsse der EU-Umweltminister vom Freitag verweisen auf die Erklärung der großen Industrienationen beim G7-Gipfel vom Juni in Deutschland. Dort wurde die „Dekarbonisierung der Weltwirtschaft im Laufe des Jahrhunderts“ beschlossen. Deutsches Ziel ist es, bis 2100 die Emissionen des Treibhausgases CO2 auf null herunterzufahren. EU-Umweltkommissar Miguel Arias Canete sprach nach dem Treffen der Minister von einer „fairen Vereinbarung“, bei der aus der EU alle Staaten an Bord seien. Auch ursprünglich skeptisch und zurückhaltend agierende Staaten wie Polen, Tschechien, Ungarn und die Slowakei tragen den ehrgeizigen Kompromiss nun offenbar mit.

Weltweit sind die USA und China die größten Umweltverschmutzer. Sie stehen einem rechtsverbindlichen Klimaschutzziel auf internationaler Ebene ablehnend gegenüber. Stattdessen drängen die Amerikaner auf ein System, bei dem die Regierungen ihre eigenen Zusagen zur Reduktion der Erderwärmung vorbringen.

Länder wie China und Indien unterstützen ein solches System, während die Europäer deutlich ambitionierter sind. Letzterer verpflichten sich zudem, arme Länder beim Kampf gegen den Klimawandel künftig noch stärker zu unterstützen. Allein im Jahr 2013 haben die EU und ihre Mitgliedstaten zusammen rund 9,5 Milliarden Euro an Finanzhilfen und Darlehen bereitgestellt, um Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern zu fördern.

Wissenschaftlichen Schätzungen zufolge wird die weltweite durchschnittliche Oberflächentemperatur im Jahr 2100 um 3,7 bis 4,8 Grad Celsius höher liegen, als im Zeitraum 1850 bis 1900, wobei der derzeit gemessene Anstieg 0,85 Grad Celsius beträgt. Im vergangenen Jahr sind die weltweiten CO2-Emissionen trotz anhaltenden Wirtschaftswachstums erstmals nicht gestiegen.

Quelle: Handelsblatt Online

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