Rotationsachse des Mondes könnte sich um 5,5 Grad verschoben haben
Verrutschte Pole: Forscher haben Hinweise darauf entdeckt, dass sich die Rotationsachse des Mondes einst verschoben hat. Demnach verursachte vor rund 3,5 Milliarden Jahren eine Wärmeanomalie eine Unwucht, die zur Polwanderung führte. Als Folge wurden die Ur-Pole des Erdtrabanten um 5,5 Grad versetzt. Dieses Szenario könnte erklären, warum die meisten Eisdepots auf dem Mond heute nicht wie erwartet genau an den Polen liegen, so die Forscher im Fachmagazin "Nature".
Rätselhafter Eis-Versatz
Aus Messdaten des Neutronenspektrometers der Raumsonde Lunar Prospector ergibt sich, dass die größte Häufung der Eisdepots auf rund 85 Grad nördlicher und südlicher Breite liegen. Sie sind zudem bei beiden Polen genau entgegengesetzt verschoben und liegen sich dadurch um genau 180 Grad gegenüber.
Eine physikalische Simulation ergab, dass die Eis-Ablagerungen nur an den kältesten Orten des Mondes entstanden sein können - und damit an den geografischen Polen. Das aber bedeutet: Die lunaren Pole müssen ursprünglich dort gelegen haben, wo noch heute die Eisdepots liegen. "Unser Paläopol liegt auf 84,5°N, 138°O im Norden und bei 84,5°S, 318°O im Süden", berichten Siegler und seine Kollegen. Die heutigen geografischen Pole des Mondes sind demgegenüber um rund 5,5 Grad verschoben.
Noch heute ist die Kruste im Oceanus Procellarum wärmer und enthält besonders viel Thorium (hier dargestellt) und andere hitzeerzeugende Elemente.
Hitzestau im Oceanus Procellarum
Weil dort besonders viele hitzeerzeugende radioaktive Elemente in der Mondkruste vorkommen, blieb diese 3.200 Quadratkilometer große Senke länger warm. Gleichzeitig sank dadurch in diesem Gebiet die Dichte des Gesteins. "Die radiogene Erhitzung in dieser Region veränderte die Dichtestruktur des Mondes und sein Trägheitsmoment", erklären Siegler und seine Kollegen. Noch heute enthält die Kruste im Ozean der Stürme mehr Thorium, Kalium und andere radioaktive Elemente als anderswo.
Dieses Szenario liefert damit eine mögliche Erklärung für den antipodischen Versatz der lunaren Eisdepots. Sollte sich die urzeitliche Polwanderung des Mondes bestätigen, ergibt sich daraus aber noch eine weitere Schlussfolgerung: Wenn die Wassereisablagerungen tatsächlich ehemalige polare Eiskappen sind, dann könnten sie noch aus der Frühzeit des Sonnensystems stammen. Eine Beprobung ihrer Eigenschaften wäre entsprechend spannend.
Lage der lunaren Rotationsachse früher (grün) und heute - es könnte einen Versatz von rund 5,5 Grad gegeben haben.
Die Polarregionen des Mondes gehören zu den kältesten Bereichen des gesamten Sonnensystems. Weil der Mond keine Jahreszeiten hat, liegen einige Krater dort dauerhaft im Schatten und sind gleichzeitig der eisigen Kälte des Weltraums ungeschützt ausgesetzt. In diesen Kratern konnten sich daher Wassereis-Ablagerungen bilden, die teilweise sogar mehrere Meter dick sind.
Die Polarregionen des Mondes gehören zu den kältesten Bereichen des gesamten Sonnensystems. Weil der Mond keine Jahreszeiten hat, liegen einige Krater dort dauerhaft im Schatten und sind gleichzeitig der eisigen Kälte des Weltraums ungeschützt ausgesetzt. In diesen Kratern konnten sich daher Wassereis-Ablagerungen bilden, die teilweise sogar mehrere Meter dick sind.
Rätselhafter Eis-Versatz
Doch die Verteilung dieser Eisdepots ist seltsam, wie Matthew Siegler vom Planetary Science Institute in Tucson und seine Kollegen festgestellt haben: Die meisten dieser Wassereis-Ablagerungen liegen nicht direkt an den Polen des Mondes, sondern leicht davon versetzt. "Die räumliche Verteilung dieser Ablagerungen entspricht nicht derjenigen, die man anhand der heutigen Temperaturverteilung erwarten würde", erklärt Siegler.
Aus Messdaten des Neutronenspektrometers der Raumsonde Lunar Prospector ergibt sich, dass die größte Häufung der Eisdepots auf rund 85 Grad nördlicher und südlicher Breite liegen. Sie sind zudem bei beiden Polen genau entgegengesetzt verschoben und liegen sich dadurch um genau 180 Grad gegenüber.
© James Tuttle Keane
Wassereis-Vorkommen (hellere Flächen), heutige Pole des Mondes und die mögliche Position der Paläopole.
Pole um gut fünf Grad verschoben
Wassereis-Vorkommen (hellere Flächen), heutige Pole des Mondes und die mögliche Position der Paläopole.
Pole um gut fünf Grad verschoben
Nach Ansicht der Forscher kommt für diese gegenläufige Verschiebung nur eine Erklärung in Frage: eine echte Polwanderung. "Das spricht dafür, dass der Mond sich irgendwann in der Vergangenheit neu orientiert hat", sagt Koautor Richard Miller von der University of Alabama. Die Rotationsachse des Mondes und damit auch seine geografischen Pole müssen sich verschoben haben. "Das klingt verrückt, aber als wir weitere Daten und Modelle analysierten, bestätigten sie dies", so Miller.
Eine physikalische Simulation ergab, dass die Eis-Ablagerungen nur an den kältesten Orten des Mondes entstanden sein können - und damit an den geografischen Polen. Das aber bedeutet: Die lunaren Pole müssen ursprünglich dort gelegen haben, wo noch heute die Eisdepots liegen. "Unser Paläopol liegt auf 84,5°N, 138°O im Norden und bei 84,5°S, 318°O im Süden", berichten Siegler und seine Kollegen. Die heutigen geografischen Pole des Mondes sind demgegenüber um rund 5,5 Grad verschoben.
Noch heute ist die Kruste im Oceanus Procellarum wärmer und enthält besonders viel Thorium (hier dargestellt) und andere hitzeerzeugende Elemente.
Hitzestau im Oceanus Procellarum
Was aber könnte diese Polwanderung ausgelöst haben? Der Auslöser waren wahrscheinlich Ereignisse, die vor rund 3,5 Milliarden Jahren stattfanden, wie die Forscher erklären. Damals war die Mondkruste bereits erkaltet und erstarrt. Doch im gewaltigen Becken des Ozeans der Stürme (Oceanus Procellarum) brodelte es noch.
Weil dort besonders viele hitzeerzeugende radioaktive Elemente in der Mondkruste vorkommen, blieb diese 3.200 Quadratkilometer große Senke länger warm. Gleichzeitig sank dadurch in diesem Gebiet die Dichte des Gesteins. "Die radiogene Erhitzung in dieser Region veränderte die Dichtestruktur des Mondes und sein Trägheitsmoment", erklären Siegler und seine Kollegen. Noch heute enthält die Kruste im Ozean der Stürme mehr Thorium, Kalium und andere radioaktive Elemente als anderswo.
Ausgleich der Unwucht
Genau das aber könnte nach Ansicht der Forscher die Polwanderung ausgelöst haben. Um diese Unwucht auszugleichen, verschob sich die lunare Rotationsachse ein wenig. Dadurch aber veränderten die geografischen Pole ihre Position auf der Mondoberfläche. Ihre Berechnungen ergaben, dass schon ein Wärme-Überschuss von 105 Kelvin im Oceanus Procellarum ausgereicht hätte, um die Verschiebung um gut fünf Grad auszulösen.
Dieses Szenario liefert damit eine mögliche Erklärung für den antipodischen Versatz der lunaren Eisdepots. Sollte sich die urzeitliche Polwanderung des Mondes bestätigen, ergibt sich daraus aber noch eine weitere Schlussfolgerung: Wenn die Wassereisablagerungen tatsächlich ehemalige polare Eiskappen sind, dann könnten sie noch aus der Frühzeit des Sonnensystems stammen. Eine Beprobung ihrer Eigenschaften wäre entsprechend spannend.
(Nature, 2016; doi: 10.1038/nature17166)
(Nature, 24.03.2016 - NPO)
Quelle: http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-19997-2016-03-24.html
(Nature, 24.03.2016 - NPO)
Quelle: http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-19997-2016-03-24.html
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