Zwei Phänomene tauchen immer im
Zusammenhang mit unheilvollen Entwicklungen in der deutschen Historie
auf und scheinen zwangsläufig in verheerende Katastrophen zu münden.
„Ängst essen Seele“
Es lassen sich unzählige Synonym-Entwicklungen auch in der gesamten Weltgeschichte finden, bei denen im ersten Schritt der Veränderung des Kollektivbewusstseins die Angst überhand nimmt und im zweiten Schritt die Gier ohne das Regulativ der Moral die Anerkennung in der Weise gewinnt, dass sie ungezügelt Besitz ergreifen kann vom menschlichen Bewusstsein.
„Gier frisst Hirn“
Die Machtergreifung der Nazis und die propagandistische Manipulation des deutschen Kollektivbewusstseins durch einen verblendeten Agitator konnte nur gelingen auf der Grundlage eines weit verbreiteten Angst-Zustandes in der Bevölkerung, der vor allem von der einseitigen Schuldzuweisung für den Ersten Weltkrieg und deren Folgen herrührte. Damit wurde allerdings die romantische Seele verkauft für den schnöden Mammon einer kurzen und neidischen Faszination, aber auf Kosten einer langen und tiefen Verachtung. Um die eigene Seele zu überhören, bedarf es einer tiefen Demütigung und einer subjektiven Perspektivlosigkeit. Diese beiden Gemütszustände gepaart mit einem kräftigen Schuss gesellschaftlicher Resignation ergeben einen vergifteten Cocktail, der jedem Übel Tür und Tor öffnet.
Die makabere Bewunderung des Deutschen Reichs für dessen absolutistische Gesellschaftsform durch Teile des Auslands weckte bei einem Großteil der deutschen Bevölkerung die blinde Gier nach dem befriedigenden Gefühl der Anerkennung oder zumindest des ehrlichen Respekts. Dies führte zwangsläufig zu einem Zustand der äußeren Abhängigkeit des Bewusstseins, in dem sich die verdrängten Ängste bei den meisten erfolgreich weiter unterdrücken ließen. Schleichend und unausweichlich schlug nun aber im gemeinsamen Unterbewusstsein der Stolz auf die wiedergewonnene Stärke um in zunehmende Zweifel und letzten Endes in eine Art von blendender Wut über einen Verrat, den man in der verschwörerischen Verweigerung einer weltgemeinschaftlichen Anerkennung witterte. Die opportunistische Protektionspolitik der damals einflussreichsten Staaten als Folge der Weltwirtschaftskrise erduldete erst die Umsetzung der riskanten Aggressionspolitik Hitlers, und glaubte die auserwählten Deutschen bald in den vertrauensvollsten Zustand der Schicksalsergebenheit.
Die unmenschliche Wirkung der verblendeten Militär-Macht kennen wir alle. Dermaßene Denkbarrieren können nur durch die vollkommene Einseitigkeit allgegenwärtiger Bedrohungsszenarien aufgebaut werden. Dies führt wiederum zu einer derartigen Verachtung gegenüber der anders empfindenden und denkenden Außen-Welt, die letztendlich ein gegenseitiges Verständnis selbst unter Familien-Mitgliedern oder besten Freunden unmöglich macht. Die Angst ist das stärkste Instrument, um eine gemeinschaftliche Organisation dazu zu verleiten, individual-ideologische Ziele zu verfolgen.
Heute stehen wir wieder vor einer Katastrophe unannehmbaren Ausmaßes. Es spüren und sehen immer mehr Menschen die Signale und Muster der Abwärts-Spirale, in der wir uns befinden. Man ist erst offen genug, das Richtige für sich denken und fühlen zu können, wenn man ein Bewusstseins-Zustand erreicht, der von lähmenden Minderwertigkeits-Komplexen und ideologischen Denk-Reflexen befreit ist. Um danach auch den richtigen Weg im sozialen Umfeld und der Außen-Welt gehen zu können, muss man noch den Mut aufbringen, an die eigene gestalterische Wirkung zu glauben. Die systemische Transformation zum Guten im Menschen bedarf nur einer offenen Spiegelung vom Innen nach außen und von außen nach innen.
Die unterbewusste Machtergreifung der zu kurz gesprungenen Idee des shareholder values und die damit einhergehende neoliberalistische Gehirnwäsche des Kollektivbewusstseins durch verblendete Machtmenschen und opportunistische Nutznießer des Systems konnte nur gedeihen in einem Substrat aus instrumentalisierten Verlust-Ängsten im Schuldgeld-System. Dadurch wurde aber die soziale Marktwirtschaft privatisiert für den schnöden Mammon einer kurzfristigen Erholung und der langfristigen Folge einer tiefen Spaltung. Um eine soziale Gesellschaft zu verkaufen, bedarf es einer sozial-demokratischen Orientierungslosigkeit und einer materiellen Verlustangst.
Diese beiden Gemütszustände, gepaart mit einem Schuss naiven Gutglaubens, ergeben einen toxischen Cocktail, der die Schleusen der Matrix schließt und nicht mehr öffnet. Das erhebende Gefühl der kurzen und falsche Bewunderung der einseitigen deutschen Export-Wirtschaft weckt wieder bei vielen die Gier nach gemeinschaftlicher und geo-politischer Anerkennung wie Gestaltungs-Macht und führt oft so weit, dass die verdrängten Abstiegs-Ängste in der Bevölkerung den respektlosen Umgang mit souveränen Nationalstaaten und demokratisch gewählten Volksvertretern rechtfertigen. Zudem kippt im deutschen Mainstream die welt-offene Stimmung, ob des global-wirtschaftlichen Erfolgs oder der weltweiten Beliebtheitswerte, und mündet bei vielen in pure Wut auf die europäische Gemeinschaft, gespeist aus dem Verdacht der gemeinschaftlichen Ausnutzung und des drohenden Verlusts der erwirtschafteten Leistung heraus. Weite Teile des Auslands wiederum hegen ein zunehmendes Unverständnis gegenüber der alternativlosen neoliberalen Austeritätspolitik Deutschlands. Sobald dies öffentlich geäußert wird, scheint es in den Augen vieler Deutscher als Motiv nur Neid und Missgunst zu geben. Offenheit & Nachsicht ist von Verratenen nicht zu erwarten, denn der Geduld sind Schuldner nicht mehr wert.
Die zerstörerische Wirkung verblendeter Wirtschafts- und Handelskräfte können wir schon heute in fast allen Bereichen der Gesellschaften und Gegenden der Welt beobachten. Es droht die totale Vernichtung des real-produktiven Wirtschaftens und des ehrlichen Handels weltweit, wenn die einflussreichsten Staaten getrieben von der Gier nach dem absoluten Sieg weiter versuchen Monopoly mitzuspielen. Die verblendeten Regierenden sehen oder wollen einfach das Offensichtliche nicht sehen. Denn mit einem hatte Karl Marx recht: Bei diesem Spiel steht der Gewinner schon vorher fest. Es gewinnt immer das Kapital! Die meisten Regierungen haben sich verhängnisvoller Weise ihrem scheinbaren Schicksal ergeben. Aus der vermeintlichen Abhängigkeit von gierigen Finanzmarkt-Akteuren und verblendeten Regulierungs-Institutionen heraus lassen die Parteien sich treiben auf dem gehebelten Prozess- und Mechanismus-Ozean des kummulierten Finanzsystems.
Die allgemeine Richtungsänderung in der Abwärts-Spirale bedarf des Tributs von jedem Einzelnen..
Quelle: http://www.neopresse.com/gesellschaft/anotherview/kommentar-die-systemische-verblendung-der-gesellschaft/
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