Glasgow (Großbritannien) – Die Mythen und Legenden indigener Völker berichten von den sagenhaftesten Vorkommnissen – und werden nicht zuletzt deswegen von Historikern gerne entweder ins Reich des Aberglaubens, der Fantasie oder des wissenschaftlichen Unverstandes verbannt. Geologen haben nun einen Vulkansubruch als Kern einer Legende der Aborigines identifiziert, die einmal mehr anschaulich zeigt, dass auch alte Mythen und Legenden auf Tatsachen beruhen können. Diese Erkenntnis wird nicht nur aus grenzwissenschaftlicher Sicht immer wieder interessante Fragen auf.
Wie das Team um Dr. Benjamin Cohen von der University of Glasgow und Kollegen australischer Universitäten aktuell im Fachjournal „Quaternary Geochronology“ (DOI: 0.1016/j.quageo.2017.01.003) berichtet, haben sie vulkanisches Gestein im Nordosten Australiens und damit den letzten Ausbruch des Kinrara-Vulkans in Queensland mit Hilfe der sog. Argon-Argon Geochronologie vor rund 7.000 Jahren datiert, dessen 55 kilometerlanger Gesteinsfluss noch heute die Landschaft prägt.
Dabei sind sie auf eine Verbindung der Ausbruchszeit mit einer der Legenden des lokalen Aboriginee-Stammes der Gugu Badhun gestoßen, die – das zeigten frühere Untersuchungen – schon seit etwa 230 Generationen weitergegeben wird und damit älter ist als die ersten Schriftlichen Aufzeichnungen der Menschheit aus Ägypten und Mesopotamien.
„Wenn die Menschen heute an Australien denken, dann denken sie meist nicht mehr an Vulkane“, erläutert Cohen. „Dennoch sind diese hier noch weit mehr verbreitet als die meisten Menschen ahnen. So gibt es alleine in North Queensland mehr als 400 Vulkanschlote, die während der vergangenen Millionen von Jahren ausgebrochen sind. Der Kinrara ist davon einer der jüngsten.“
Die zu einem, nach geologischen Maßstab, derart jungen Ausbruch passenden Legende fanden die Forscher im Sagen- und Legendenschatz der Gugu Badhun, die erstmals in den 1970er Jahren aufgezeichnet worden war und schon damals bei einigen Forschern Assoziationen mit einem Vulkanausbruch weckten.
Damals schilderte der Stammesälteste, dass es zu Entstehung einer großen Grube gekommen sei, während derer es den Anschein hatte, als stünde die Erde entlang der Flussläufe in Flammen, und dass Menschen, die in damit einhergehende Staubwolken gegangen seien, in diesen für immer verschwunden und gestorben seien.
„Diese Geschichten sind glaubhafte Darstellungen einer vulkanischen Eruption: Der Kinrara hat einen auffälligen Krater, der vulkanische Asche und Lavafontänen erzeugte“, so Cohen. „Die Lava aus dem Vulkan floß 55 Kilometer flussabwärts durch das Flussbett und –Tal. Das muss damals tatsächlich genau so ausgesehen haben, als ob die Erde brennen würde.
Der Ausbruch des Kinrara reiht sich in die wachsenden Liste geologischer Ereignisse ein, die offenbar Eingang in die Legenden und Traditionen der australischen Ureinwohner fanden und zu denen auch der Meeresspiegelanstieg vor rund 10.000 Jahren und weitere vulkanische Aktivitäten zählen.“
Für die Wissenschaftler um Cohen ist die Untersuchung des Kinrara ein „faszinierender Schritt, nicht nur zu einem besseren Verständnis der jüngsten Vulkanaktivitäten in Australien, sondern auch der Geschichte und Traditionn der Aborigines“.
Hintergrund: Welche Fakten verbergen sich in den Legenden der Aborigines?
Akzeptiert man den offenkundigen Wahrheitsgehalt und die erstaunlich genau Beschreibung der geologischen Vorgänge und Eigenschaften des Ausbruchs des Kinrara vor rund 7.000 Jahren in den ebenso alten Legenden und Mythen der Aborigines, so erscheinen – gerade auch im grenzwissenschaftlichen Kontext – auch andere Erzählungen der australischen Ureinwohner von Interesse.
Hier nur ein anschauliches Beispiel von vielen:
Die Erzählung über die Initiation zum „Weisen Mann hohen Grades“ – sozusagen den Schamanen oder Medizinmännern der Aborigines – wurde zur Jahrhundertwende von den Anthropologen Spencer und Gillen aufgezeichnet und in dem Buch „The Northern Tribes of Central Australia“ im Jahre 1904 veröffentlicht, und berichtet von der Initiation des Aborigines Kurkutji in einer Höhle durch zwei Geistwesen, Mundadji und Munkaninji:
„Mundadji schnitt ihn mittendurch auf, nahm alle seine Eingeweide heraus und tauschte sie gegen seine eigenen aus. Zur gleichen Zeit tat er aber auch noch eine Anzahl heiliger Steine in seinen Körper mit hinzu. Nachdem das alles vorüber war, trat der jüngste Geist Munkaninji, zu ihm, erweckte ihn wieder zum Leben und sagte ihm, dass der von nun an ein Medizinmann sei und zeigte ihm, wie man Knochen und andere Formen schwarzen Zaubers entfernt. Dann nahm er ihn mit sich in den Himmel und später wieder zurück zur Erde in die Nähe seiner Siedlung, wo er schon seine Verwandten um ihn trauern hörte, da sie glaubten, dass er tot sei. Lange Zeit verblieb er in einem mehr oder weniger benommenen Zustand, erholte sich jedoch zusehends und seine Verwandten wussten, dass er nun zu einem Medizinmann gemacht worden war. Immer dann, wenn er (Kranke) opperierte, stand ihm Mukaninji – unsichtbar für alle Gewöhnlichen – bei und wachte über seine Handgriffe.“
Die Erzählung über die Initiation zum „Weisen Mann hohen Grades“ – sozusagen den Schamanen oder Medizinmännern der Aborigines – wurde zur Jahrhundertwende von den Anthropologen Spencer und Gillen aufgezeichnet und in dem Buch „The Northern Tribes of Central Australia“ im Jahre 1904 veröffentlicht, und berichtet von der Initiation des Aborigines Kurkutji in einer Höhle durch zwei Geistwesen, Mundadji und Munkaninji:
„Mundadji schnitt ihn mittendurch auf, nahm alle seine Eingeweide heraus und tauschte sie gegen seine eigenen aus. Zur gleichen Zeit tat er aber auch noch eine Anzahl heiliger Steine in seinen Körper mit hinzu. Nachdem das alles vorüber war, trat der jüngste Geist Munkaninji, zu ihm, erweckte ihn wieder zum Leben und sagte ihm, dass der von nun an ein Medizinmann sei und zeigte ihm, wie man Knochen und andere Formen schwarzen Zaubers entfernt. Dann nahm er ihn mit sich in den Himmel und später wieder zurück zur Erde in die Nähe seiner Siedlung, wo er schon seine Verwandten um ihn trauern hörte, da sie glaubten, dass er tot sei. Lange Zeit verblieb er in einem mehr oder weniger benommenen Zustand, erholte sich jedoch zusehends und seine Verwandten wussten, dass er nun zu einem Medizinmann gemacht worden war. Immer dann, wenn er (Kranke) opperierte, stand ihm Mukaninji – unsichtbar für alle Gewöhnlichen – bei und wachte über seine Handgriffe.“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Bei Kommentaren bitten wir auf Formulierungen mit Absolutheitsanspruch zu verzichten sowie auf abwertende und verletzende Äußerungen zu Inhalten, Autoren und zu anderen Kommentatoren.
Daher bitte nur von Liebe erschaffene Kommentare. Danke von Herzen, mit Respekt für jede EIGENE Meinung.