gefunden auf StillnessintheStorm, geschrieben von Gary Z McGee, übersetzt von Antares
Suche nach dem nächstliegenden Spiegel. Schaue wirklich genau hinein. Dort, in diesem legendär makelbehafteten Menschen versteckt, der auf dich zurück starrt, befindet sich der grossartigste Lehrer, den dir überhaupt nicht bekannt ist.
„Ganz allein einen Bergpfad zu finden, gibt ein grösseres Gefühl der Kraft, als einen Weg zu gehen, der dir gezeigt wird.“ ~Karen Horney
Ja. Du bist es selbst. Und ja, du wirst es niemals wirklich wissen.
Die berühmte Inschrift im Tempel von Delphi, „erkenne dich selbst“, ist letztendlich unerreichbar. Doch das bedeutet nicht, dass du nicht versuchen solltest, dies zu erzielen. Erleuchtung ist ebenfalls unerreichbar, doch liegt nichts falsches darin, danach zu streben. Die Vervollkommnung des Selbst ist noch immer gesund, unabhängig davon, dass du niemals perfekt sein wirst. Der Ausspruch von Sokrates bleibt gültig: „Das nicht überprüfte Leben ist nicht lebenswert.“
Dein eigenes Lebens zu überprüfen wird stets mit der Interpretation des eigenen Lebens beginnen. Daher obliegt es somit dir, deine Interpretation dessen mit der Realität auszurichten. Leichter gesagt als getan. Weil die Überprüfung des Selbst eine knifflige Angelegenheit ist. Das Selbst ist ein schwer nachvollziehbares Mysterium. Da sind den ganzen Weg hinauf Masken, die die Illusionen den ganzen Weg hinab ausmachen.
Der kniffligste Teil ist, dass nur du diese Masken und Illusionen erleben kannst. Niemand sonst kann sie für dich erleben. Sie sind subjektiv. Deine Erfahrung mit ihnen wird immer im Vordergrund stehen, wenn es um irgendeine Interpretation derer geht. Nicht einmal der beste Psychiater der Welt kann über sie so gut Bescheid wissen wie du.
Das ist das, was die Selbstüberprüfung und die daraus resultierende Selbstverwirklichung so bedeutsam macht. Therapeuten können bestenfalls als Wegweiser agieren. Ein Therapeut führt dich ohnehin auf den Pfad der Selbsttherapie. Daher könntest du genauso gut diesen Versuch selbst unternehmen, damit zu beginnen. Ein Therapeut ist dafür geeignet, dich auf Kurs zu halten und zu verhindern, dass du feststeckst, doch es gibt nichts, was aussagt, dass du keine Strategien erlernen könntest, dies selbst zu tun.
Es gibt nichts, was aussagt, dass du nicht dein eigener grösster Lehrer sein kannst. Der Autodidakt in dir ruft dich.
LERNE DEINE EIGENE NATUR KENNEN, INDEM DU ETWAS ÜBER MUTTER NATUR LERNST:
„Es gibt eine Stimme, die keine Worte nutzt. Höre ihr zu.“ ~Rumi
Die machtvollste Weise, der „Stimme zuzuhören, die keine Worte nutzt“, ist durch Einsamkeit und Meditation. Entfernt von den Fängen der Zivilisation, wo der Nicht-Geist frei ist, dich daran zu erinnern, dass du zuerst eine Kraft der Natur bist und in zweiter Linie ein Mensch.
Dies ist vielleicht die mächtigste Strategie, um deinem Selbst etwas über dich selbst beizubringen. Einsamkeit und Meditation lehren einen bestimmten Geschmack von Demut, der dich über dein eigenes Ego (Codependence) und in die Verbundenheit mit allen Dingen in Kontakt bringt (Interdependenz). Es lehrt dich, dich selbst nicht zu ernst zu nehmen. Wenn du nicht du selbst wirst, wirst du zu allem. Du bist frei, Interdependenz zu erleben trotz kulturell konditionierter Mitabhängigkeit.
Der Natur zu erlauben, dein Lehrer zu werden, schneidet das uninitiierte Ego aus der Gleichung heraus und schleicht dann das initiierte Ego herein, das die Seele als Werkzeug für einen erhöhten Bewusstseinszustand benutzt. Durch diesen erhöhten Zustand kann die tiefe Erkenntnis, dass alles mit allem anderen wechselseitig verbunden ist, durchdringen.
In diesem erhöhten Zustand des Verschmelzens mit der Natur öffnet sich dein drittes Auge, dein Kronenchakra blüht in voller Aufregung auf, und deine Einheit mit allen Dingen gelangt zu grösster Bedeutung. Du bist plötzlich jenseits deines Weges. Du bist frei zu lernen, was du lernen musst. Du bist frei, zu werden, was du werden musst.
DIE HEILUNG DER SCHMERZEN LIEGT IN DEN SCHMERZEN:
„Die Ärzte studieren Medizin. Die Lehrer studieren Bildung. Die Heiler studieren die Dunkelheit.“ ~ Mark Lundy
So wie du dein grösster Lehrer bist, bist du auch dein grösster Heiler. Erkenne dich selbst und heile dich selbst, das sind reziproke Eigenschaften. Das lehrt Mutter Natur dir zuerst. Der Schmerz lehrt dich das danach.
Schmerzen sind unvermeidlich. Sie sind Teil des Lebens. Die Vermeidung von Schmerzen verursacht nur noch mehr Schmerzen. Das Ignorieren oder Unterdrücken von Schmerzen verursacht nur unnötiges Leiden. Obwohl der Schmerz unvermeidlich ist, ist unnötiges Leiden vermeidbar.
Solange du in der Lage bist, aus dem Schmerz zu lernen, kann dies ein Sprungbrett sein. Aus dieser Perspektive betrachtet, kann Schmerz eine Einweihung in die Weisheit (eine heilige Wunde) und eine Blütezeit in Eudaimonia sein. Was wirklich sehr angenehm sein kann.
Wachstum ist schmerzhaft (ich meine: Übung und Ausdauertraining). Veränderung ist noch schmerzhafter (dich meine: die Pubertät und die Wechseljahre). Doch festzustecken ist wohl der grösste Schmerz von allen (dich meine: das unnötige Leiden eines ungesunden und unauthentischen Lebens).
Der Schmerz ist ein Führer, ein mächtiger Lehrer. Und wenn du die Fähigkeit erlangen kannst, die Wegweiser zu erkennen und die Lektionen zu lernen, die der Schmerz bietet, wirst du geschickter darin sein, dich anzupassen und eher zu einer gesünderen Version von dir selbst hin wachsen.
THE DAEMONIC AND THE DEMONIC (ETWA: DER HALBGOTT UND DER DÄMON)
„Wir müssen lernen, kreativ mit dem ‚Halbgott‘ (in uns) zu leben oder von ihm gewaltsam verschlungen zu werden. Wir werden unser eigenes Schicksal entscheiden. Lasst uns klug wählen.“ ~Stephen Diamond
Der Halbgott (daemonic) ist das verborgene Genie in dir: deine latente Kreativität. Das Dämonische (demonic) ist der verborgene Schatten in dir: deine unterdrückte Dunkelheit. Ignoriere sie – auf eigene Gefahr.
(Anmerkg d. Ü.: Offensichtlich wird hier ein Wortspiel verwendet, das die englischen Wörter daemonic und demoniceinsetzt.)
Der Halbgott (daemon) beherbergt lebenswichtiges Wissen und tiefes Numen (etwa ‚Göttlicher Wille‘). Es ist dein genialer Loci, deine inspirierende Kraft, dein begleitender Spirit, deine führende Kraft. Es ist der quintessentielle Lehrer in dir.
Er wohnt im Feuer deiner Leidenschaften, in deiner Liebe und deinem Zorn, in deiner Sehnsucht und deiner Eifersucht, in deinem Glück und deiner Traurigkeit. Wenn du mit deiner kulturellen Konditionierung konform gehst und seine Präsenz ignorierst oder unterdrückst, werden sich diese Leidenschaften letztendlich von einer Halbgott- (daemonic) Leidenschaft in eine dämonische (demonic) Wut verwandeln, mit potenziell verheerenden Folgen.
Darin erkennen wir die Bedeutung dessen, sich mit dem Schatten zu versöhnen. Du tust dies, indem du dir die Dunkelheit bewusst machst, indem du deinen tiefsten Wunden Aufmerksamkeit zollst. Neugierig auf deine tiefen Wunden zu werden bedeutet, sie mit deiner Aufmerksamkeit zu ehren. Wenn du in der Lage bist, deine Wunden zu ehren, dann wirst du wahrscheinlicher deine Dämonen (demons) versöhnen.
Es geht weniger darum, dass du weniger leiden wirst, sondern dass du besser leiden wirst. Du wirst gesünder werden in den Weisen, wie du leidest. Und mit dem Dämon (demon) als deinem diamantbesetzten Verbündeten fügst du deiner Lehre/ deinem Lernen einen Strahl von Heftigkeit hinzu, der revolutionär sein kann.
HABE FÜR DEINE EIGENE FEHLBARKEIT EINEN GUTEN SINN FÜR HUMOR:
„Das Leben bewegt sich in Schwankungen. Leben ist Schwingung. Die Frage ist: Wie willst du das interpretieren? Ist es Zittern, Zittern, Zittern, Zittern; oder ist es Lachen, Lachen, Lachen, Lachen?“ ~Alan Watts
Lachen ist die beste Medizin. Es ist Salbe für die Seele. Lachen reduziert Schmerzen, fördert tiefe soziale Bindungen, begünstigt die Vernetzung des Gehirns, wirkt als wirksames Antidepressivum und schützt das Herz. Neben all diesen wissenschaftlichen Vorteilen ist Lachen geradeheraus ein Genuss.
Es geschieht normalerweise, wenn man Spass hat. Doch es ist auch ein wichtiges Instrument, das angesichts von Tragödie, Fehlbarkeit und Vergänglichkeit eingesetzt werden kann.
Nichts ist mächtiger und ermutigender als Lachen angesichts dessen, was dich zerstören will. Erlaube deinem Humor zu strahlen, während deine Seele unter dem schweren Gewicht des kosmischen Nihilismus bricht. Erlaube ihm durch die Risse des Auseinanderfallens zu brennen und komme erneut zusammen. Wie Charlie Chaplin sagte: „Lächle, obwohl dein Herz schmerzt.“
Umarme die Tatsache, dass du ein stolpernder nackter Affe bist, der über dein kaum entwickeltes Gehirn tastet. Du bist ein ängstliches Säugetier mit einer sterblichen Spule. Du bist ein unersättliches Biest mit einer unwahrscheinlichen Reichweite. Du magst dir vorstellen, dass du ein reifes, entwickeltes Wesen bist, das über niederen tierischen Instinkten steht, doch das bist du nicht.
Wenn es darauf ankommt, repräsentierst du eine lächerlich junge Spezies, die versucht, sich auf einem extrem alten Planeten zu entwickeln, der durch ein unergründlich altes Universum eilt. Im grossen Blick auf die Dinge bist du ein Mitglied eines nicht weiter wissenden Babys einer Spezies.
Einen guten Sinn für Humor zu haben, umarmt die eigene Fehlbarkeit. Es akzeptiert, dass du anfällig für Fehler bist; dass du unvollkommen bist und immer sein wirst. Es injiziert ein wenig Demut in deine menschlich voreingenommene Disposition.
Das Selbst zu meistern bedeutet, Demut und Humor zu meistern. Es umarmt die Absurdität in einem heroischen Sinne. Man ist durch einen guten Sinn für Humor sowohl gedemütigt als auch ermächtigt. Das „Gold“ des Schattens und das „geheime Elixier“ werden dann leichter ausgegraben und anderen zugänglich gemacht, trotz der absurden Erfahrung, ein Wesen zu sein, das zwischen Geist und Fleisch, Sterblichkeit und Ewigkeit, Tragödie und Komödie hin- und hergerissen ist.
Wenn, wie Karl Frei sagte, „Haltung der Unterschied zwischen Tortur und Abenteuer ist“, dann ist ein guter Sinn für Humor die ideale Haltung, da dein eigener grösster Lehrer auf das grösste Abenteuer geht, das du je erleben wirst: die Reise des Helden.
Über den Autor
Gary Z McGee, ein ehemaliger Navy Intelligence Specialist, der Philosoph wurde, ist der Autor von Birthday Suit of Godund The Looking Glass Man. Seine Werke sind inspiriert von den grossen Philosophen der Zeit und seinem hellwachen Blick auf die moderne Welt.
Dieser Artikel (You Are the Greatest Teacher You Will Never Know) wurde ursprünglich für The Mind Unleashed geschrieben und wird hier mit Erlaubnis veröffentlicht. Er kann frei mit der richtigen Attributierung und der Autorenbiographie erneut gepostet werden.
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