Andreas von Rétyi
Jetzt dürfte es endlich amtlich sein: Direkt unter der Oberfläche des Roten Planeten existiert Wasser in flüssiger Form! Trotz verschiedentlicher Hinweise und Meldungen vermuteten Wissenschaftler bislang, dass Mars zu kalt und trocken für flüssiges Wasser sei, doch die aktuellen Funde belegen das glatte Gegenteil.
Manchmal kann das vielfache Hin und Her wissenschaftlicher Theorien und Ansichten recht ermüdend sein. Für den eher Unbeteiligten, der sich weit lieber des viel zitierten gesunden Menschenverstandes bedient, scheint der Prozess umständlich und oft widersprüchlich.
Die wissenschaftliche Beweisführung kann gelegentlich übertrieben wirken, manche Neuigkeit als längst bekannt erscheinen. Und manchmal ist es auch tatsächlich so. Der Meinungsstreit wird bei fundamentalen Fragen ohnehin oft erbittert geführt. Natürlich bleibt ständig die Hoffnung, mit der Zeit mehr Klarheit zu erzielen, wesentliche Schritte weiterzukommen, und doch geht es zumeist nur in Mini-Schritten vorwärts.
Die Diskussion um Marswasser wird auch nicht erst seit gestern geführt. So lieferte beispielsweise die Phoenix-Landesonde der NASA bereits Hinweise auf Wassertropfen an der Oberfläche des Planeten. Jetzt aber gibt es laut Aussagen von Planetenforschern doch einen wesentlichen Durchbruch zu dieser Frage. Dabei müssen viele Experten nun wohl Irrtümer eingestehen. Kurz gesagt: Der Curiosity-Rover, der seit Anfang August 2012 auf dem Mars unterwegs ist, stieß bei seinen Erkundungen im rund 150 Kilometer großen Gale-Krater auf flüssiges Wasser, direkt in den obersten Bodenschichten.
Professor Andrew Coates, Leiter der Abteilung für Planetenwissenschaften am Mullard Space Science Laboratory des University College London, erläutert die Sachlage kurz und bündig: »Soweit gingen alle Hinweise in die Richtung, dass jegliches Wasser in Form von Permafrost vorliegen würde. Es ist jetzt das erste Mal, dass wir nun Beweise für flüssiges Wasser dort haben.« Und zwar permanent.
Immerhin haben allerdings schon im Jahr 2010 Forscher der Universität Münster an sich ändernden Erosionsrinnen des Russell-Kraters offenbar nachweisen können, dass zumindest im Marsfrühling tatsächlich Wasser an der Oberfläche existiert.
In der Diskussion steht allerdings auch Trockeneis als Verursacher jener Rinnen. Die aktuellen Daten decken ihrerseits ein volles Marsjahr ab und liefern sehr direkte Befunde zum »Wasserproblem«.
Offenbar haben die meisten Forscher bislang eine wichtige Zutat im Marsboden außer Acht gelassen oder zumindest unterschätzt – Salz. Der Boden wird durch eine salzige Brühe feucht gehalten. Das Salz setzt den Gefrierpunkt herab. Bei Anwesenheit des leicht löslichen, auch von Curiosity nachgewiesenen Calciumperchlorat bleibt Wasser noch bei Temperaturen um minus 70 Grad Celsius flüssig.
Das Salz nimmt außerdem zusätzliche Feuchtigkeit aus der Marsatmosphäre auf. Der Boden ist porös, das Wasser sickert dadurch in tiefere Schichten hinein. »Wenn Sie einen Graben ausheben würden, könnten Sie sehen, dass das Bodenmaterial an der Basis etwas dunkler ist«, so erläutert der Kopenhagener Wissenschaftler Morten Bo Madsen, der den Roten Planeten bereits seit vielen Jahren erforscht.
»Mit der Zeit«, so fügt er hinzu, »können sich andere Salze ebenfalls im Boden lösen und sich nun, da sie verflüssigt vorliegen, weiterbewegen und andernorts unter der Oberfläche ausfallen.«
Die aktuellen Funde belegen, dass flüssiges Wasser sozusagen griffbereit direkt unter der Oberfläche existiert. Nun ist Wasser bekanntlich die entscheidende Komponente, wenn es um biologisches Leben geht, so wie wir es von der Erde her kennen. Was bedeutet die Entdeckung aber nun für Leben auf dem Mars, vor allem in oberflächennahen Schichten? Wird diese Option für die Wissenschaftler jetzt wahrscheinlicher?
Das diesbezügliche Credo dürfte allgemein weiterhin lauten: Vor Jahrmilliarden ja, später dann mit hoher Wahrscheinlichkeit allerdings: nein, trotz der interessanten, aber eben kontroversen Experimente der Viking-Lander.
Die Forscher betonen schon jetzt, dass Wasser eben nur eine wesentliche Komponente darstelle, während andere Voraussetzungen auf dem Roten Planeten nicht gegeben seien. Diese Welt sei sehr lebensfeindlich. Viele Merkmale weisen auf eine entfernte Epoche hin, zu der Mars große Mengen flüssigen Wassers an seiner Oberfläche aufwies, es muss Flüsse, Seen und sogar Meere gegeben haben.
Doch veränderte sich die rote Welt bereits vor rund vier Jahrmilliarden radikal. Der Planet büßte sein Magnetfeld ein, die Atmosphäre erodierte, die Oberfläche trocknete aus, so die vorherrschende Ansicht.
Wie extrem aber darf eine Umgebung sein, um Leben zu beherbergen? Auf der Erde wurden zahlreiche Extremophile gefunden – Mikroben, die unter schier unmöglichen Bedingungen gedeihen, sei es bei sehr hohen Temperaturen oder Druck, sei es in für Menschen tödlichen chemischen Verbindungen oder aber bei relativ hoher radioaktiver Strahlung.
Selbst »weltraumtaugliche« Organismen wurden entdeckt. Morten Madsen hierzu: »Es gibt Organismen auf der Erde, Halophile, die in salzigem Ambiente überleben können, aber wenn es auch sehr kalt und trocken ist, gibt es Probleme. Die Strahlung auf dem Mars macht den Laden dann dicht – die Umgebung dort ist wirklich sehr feindlich.«
Die kosmische Strahlung dringt nach gegenwärtigen Erkenntnissen rund einen Meter tief in den Marsboden ein und würde selbst die widerstandsfähigsten Organismen töten, die auf der Erde bekannt sind. Doch ob hier das letzte Wort schon gesprochen ist, dürfte sich erst noch erweisen.
Jedes Marsleben müsste nach Ansicht von Fachleuten wohl tief im Boden anzutreffen sein. Vielleicht werden etliche Wissenschaftler auch hier ihre bisherigen Ansichten revidieren müssen, wenn die Natur sie in Zukunft möglicherweise einmal mehr eines Besseren belehrt.
Über die Entdeckung des Marswassers berichten die Forscher jetzt im renommierten wissenschaftlichen Fachblatt Nature.
Quelle: http://info.kopp-verlag.de/neue-weltbilder/neue-wissenschaften/andreas-von-r-tyi/wasser-mars-ch-curiosity-rover-findet-fluessiges-wasser.html
Jetzt dürfte es endlich amtlich sein: Direkt unter der Oberfläche des Roten Planeten existiert Wasser in flüssiger Form! Trotz verschiedentlicher Hinweise und Meldungen vermuteten Wissenschaftler bislang, dass Mars zu kalt und trocken für flüssiges Wasser sei, doch die aktuellen Funde belegen das glatte Gegenteil.
Die wissenschaftliche Beweisführung kann gelegentlich übertrieben wirken, manche Neuigkeit als längst bekannt erscheinen. Und manchmal ist es auch tatsächlich so. Der Meinungsstreit wird bei fundamentalen Fragen ohnehin oft erbittert geführt. Natürlich bleibt ständig die Hoffnung, mit der Zeit mehr Klarheit zu erzielen, wesentliche Schritte weiterzukommen, und doch geht es zumeist nur in Mini-Schritten vorwärts.
Die Diskussion um Marswasser wird auch nicht erst seit gestern geführt. So lieferte beispielsweise die Phoenix-Landesonde der NASA bereits Hinweise auf Wassertropfen an der Oberfläche des Planeten. Jetzt aber gibt es laut Aussagen von Planetenforschern doch einen wesentlichen Durchbruch zu dieser Frage. Dabei müssen viele Experten nun wohl Irrtümer eingestehen. Kurz gesagt: Der Curiosity-Rover, der seit Anfang August 2012 auf dem Mars unterwegs ist, stieß bei seinen Erkundungen im rund 150 Kilometer großen Gale-Krater auf flüssiges Wasser, direkt in den obersten Bodenschichten.
Professor Andrew Coates, Leiter der Abteilung für Planetenwissenschaften am Mullard Space Science Laboratory des University College London, erläutert die Sachlage kurz und bündig: »Soweit gingen alle Hinweise in die Richtung, dass jegliches Wasser in Form von Permafrost vorliegen würde. Es ist jetzt das erste Mal, dass wir nun Beweise für flüssiges Wasser dort haben.« Und zwar permanent.
Immerhin haben allerdings schon im Jahr 2010 Forscher der Universität Münster an sich ändernden Erosionsrinnen des Russell-Kraters offenbar nachweisen können, dass zumindest im Marsfrühling tatsächlich Wasser an der Oberfläche existiert.
In der Diskussion steht allerdings auch Trockeneis als Verursacher jener Rinnen. Die aktuellen Daten decken ihrerseits ein volles Marsjahr ab und liefern sehr direkte Befunde zum »Wasserproblem«.
Offenbar haben die meisten Forscher bislang eine wichtige Zutat im Marsboden außer Acht gelassen oder zumindest unterschätzt – Salz. Der Boden wird durch eine salzige Brühe feucht gehalten. Das Salz setzt den Gefrierpunkt herab. Bei Anwesenheit des leicht löslichen, auch von Curiosity nachgewiesenen Calciumperchlorat bleibt Wasser noch bei Temperaturen um minus 70 Grad Celsius flüssig.
Das Salz nimmt außerdem zusätzliche Feuchtigkeit aus der Marsatmosphäre auf. Der Boden ist porös, das Wasser sickert dadurch in tiefere Schichten hinein. »Wenn Sie einen Graben ausheben würden, könnten Sie sehen, dass das Bodenmaterial an der Basis etwas dunkler ist«, so erläutert der Kopenhagener Wissenschaftler Morten Bo Madsen, der den Roten Planeten bereits seit vielen Jahren erforscht.
»Mit der Zeit«, so fügt er hinzu, »können sich andere Salze ebenfalls im Boden lösen und sich nun, da sie verflüssigt vorliegen, weiterbewegen und andernorts unter der Oberfläche ausfallen.«
Die aktuellen Funde belegen, dass flüssiges Wasser sozusagen griffbereit direkt unter der Oberfläche existiert. Nun ist Wasser bekanntlich die entscheidende Komponente, wenn es um biologisches Leben geht, so wie wir es von der Erde her kennen. Was bedeutet die Entdeckung aber nun für Leben auf dem Mars, vor allem in oberflächennahen Schichten? Wird diese Option für die Wissenschaftler jetzt wahrscheinlicher?
Das diesbezügliche Credo dürfte allgemein weiterhin lauten: Vor Jahrmilliarden ja, später dann mit hoher Wahrscheinlichkeit allerdings: nein, trotz der interessanten, aber eben kontroversen Experimente der Viking-Lander.
Die Forscher betonen schon jetzt, dass Wasser eben nur eine wesentliche Komponente darstelle, während andere Voraussetzungen auf dem Roten Planeten nicht gegeben seien. Diese Welt sei sehr lebensfeindlich. Viele Merkmale weisen auf eine entfernte Epoche hin, zu der Mars große Mengen flüssigen Wassers an seiner Oberfläche aufwies, es muss Flüsse, Seen und sogar Meere gegeben haben.
Doch veränderte sich die rote Welt bereits vor rund vier Jahrmilliarden radikal. Der Planet büßte sein Magnetfeld ein, die Atmosphäre erodierte, die Oberfläche trocknete aus, so die vorherrschende Ansicht.
Wie extrem aber darf eine Umgebung sein, um Leben zu beherbergen? Auf der Erde wurden zahlreiche Extremophile gefunden – Mikroben, die unter schier unmöglichen Bedingungen gedeihen, sei es bei sehr hohen Temperaturen oder Druck, sei es in für Menschen tödlichen chemischen Verbindungen oder aber bei relativ hoher radioaktiver Strahlung.
Selbst »weltraumtaugliche« Organismen wurden entdeckt. Morten Madsen hierzu: »Es gibt Organismen auf der Erde, Halophile, die in salzigem Ambiente überleben können, aber wenn es auch sehr kalt und trocken ist, gibt es Probleme. Die Strahlung auf dem Mars macht den Laden dann dicht – die Umgebung dort ist wirklich sehr feindlich.«
Die kosmische Strahlung dringt nach gegenwärtigen Erkenntnissen rund einen Meter tief in den Marsboden ein und würde selbst die widerstandsfähigsten Organismen töten, die auf der Erde bekannt sind. Doch ob hier das letzte Wort schon gesprochen ist, dürfte sich erst noch erweisen.
Jedes Marsleben müsste nach Ansicht von Fachleuten wohl tief im Boden anzutreffen sein. Vielleicht werden etliche Wissenschaftler auch hier ihre bisherigen Ansichten revidieren müssen, wenn die Natur sie in Zukunft möglicherweise einmal mehr eines Besseren belehrt.
Über die Entdeckung des Marswassers berichten die Forscher jetzt im renommierten wissenschaftlichen Fachblatt Nature.
Quelle: http://info.kopp-verlag.de/neue-weltbilder/neue-wissenschaften/andreas-von-r-tyi/wasser-mars-ch-curiosity-rover-findet-fluessiges-wasser.html
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