2015-10-12

Angriff auf den Geist: WikiLeaks enthüllt nächste Reihe von TPP-Dokumenten

In Berlin demonstrierten 250.000 Menschen gegen das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP. Sie wollen keine Diktatur der Konzerne. Was genau hinter TTIP steckt weiss keiner so genau. WikiLeaks hat 100.000 Euro gesammelt, um somit per Kopfgeld jemanden zu motivieren Verhandlungsstandpunkte über das TTIP-Abkommen zu übermitteln. Zum Schwesterabkommen im Pazifik – kurz TPP – landeteten wieder Verhandlungsdokumente auf dem Server.


Die neusten Dokumente sind seit diesem Wochenende zugänglich. Es ist schon viel Material auf dem Server der Transparenz-Aktivisten über das TTIP-Schwesterabkomen einzusehen. Alleine schon die Fülle an geschriebenen Material ist für den normalen Bürger kaum noch nachvollziehbar, weswegen auch die rechtlichen Analysen zu den Dokumenten ebenfalls in englischer Sprache zugänglich sind. Contra Magazin berichtete in den letzten Monaten über die neusten Leaks zum transpazifischen Freihandelsabkommen.
Wie der Name zeigt, hat TPP keinen Bezug zu Europa, aber aus den Dokumenten geht hervor, was man über TTIP befürchtet. Schlagworte wie Konzerndiktatur, Wirtschafts-NATO und überstaatliche Gerichte prägen die Schlagenzeilen über das Abkommen. Nicht umsonst gehen immer mehr Menschen in Europa gegen TTIP und CETA auf die Straße. "In der Allianz der TTIP-Gegner schreiten Gewerkschaften und Umweltverbände Seite an Seite mit Nationalisten vom rechten Rand.", pauschalisiert der Spiegel und betont als stramm transatlantisches Propaganda-Blatt die eher negativ konnotierten Gruppen.
Politische Unterstützung erhielt WikiLeaks auch von Griechenlands Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis für das Kopfgeld von insgesamt 100.000 US-Dollar, welches WikiLeaks in kürzester Zeit zusammen hatte. Ob eine solche Auslobung moralisch richtig ist, soll jeder selbst entscheiden. Dabei sollte man beachten, dass Whistleblower wie Chelsea Manning oder Edward Snowden ihr Wissen ohne solche Expektanzen preisgegeben haben.

Und was Snowden WikiLeaks und prominenten Journalisten wie Glenn Greenwald zugänglich machte, ist nur ein Bruchteil von dem, was wirklich vorliegt. Snowden handelte als It-Experte verständlich, indem er sich mit WikiLeaks absprach, weil ein einzelner Mensch mit dieser Aufbereitung von Material schier überfordert wäre.

Fraglich ist aber hier die Kooperation mit großen Medienkonzernen, die WikiLeaks und Greenwald eingegangen sind, welche nicht unbedingt dafür bekannt sind, sonderlich neutral zu sein. Aus wettbewerblicher Sicht gewinnen hier zu oft die großen westlichen Unternehmen. Stichwort wettbewerblich: Die Süddeutsche Zeitung ist im Rechercheverbund mit den öffentlich-rechtlichen Sendern und wird somit auch staatlich bevorzugt, während andere investigative Unternehmen ums Überleben kämpfen.

Fest steht, dass die USA versuchen wollen, Staaten wie Russland, China und Indien so gut es geht zu isolieren. Deswegen wollen die Amerikaner mit Freihandelsabkommen weltweit Staaten im Handelskrieg für sich gewinnen. TTIP, TPP und TISA sind die drei Säulen, die Amerika hierfür nutzt. Generell ist ein Handelskrieg auch besser als ein Krieg mit Soldaten und Panzern. Aber will die Mehrheit der Bürger einen solchen Handelskrieg? Jedenfalls will die Mehrheit keinen internationalen Vertrag, der anscheinend nur weltweite Großkonzerne wie Monsanto, Coca-Cola, Sony oder Pfitzer Vorteile bringt.

In den neusten Leaks geht es um das „geistige Eigentum“ also wie man mit nicht-greifbaren Dingen Profit schlägt. Ebenso sieht man die nicht mehr existente Netzneutralität in Gefahr. Anstatt diese zurückzuerobern wird sie noch mehr eingeschränkt oder gar ausgeschlossen. Ebenso soll die Herstellung von Generika durch den Patentwahn noch mehr erschwert werden. Medizin gibt es dann nur noch für Reiche. So in etwa der Tenor aus Sicht der Verbraucher, Arbeiter und Kleinunternehmer.
Abgesehen davon, aus welcher Sichtweise man die neusten Leaks betrachtet: Was hier besprochen und niedergeschrieben wird ist zunächst graue Theorie, wo die Schwierigkeiten ganz wahrscheinlich in der Umsetzung kommen werden. Alle Abkommen müssten auch durchsetzbar gemacht werden, wo die Probleme wohl schon bei der staatlichen Umsetzung vorprogrammiert sind und durch ein Konglomerat von weiteren Papieren diskutiert wird.

Was allerdings eher selten in der Freihandelsdebatte erwähnt wird ist die Tatsache, dass kurz nach dem Ende des Kalten Krieges ein ähnliches Abkommen am Widerstand von Frankreich scheiterte. Nach derzeitigem Stand der Dinge sollen die Freihandelsabkommen dann scheitern, wenn sich ein Staat dagegen stellt. Auf EU-Ebene könnte deswegen schon diskutiert werden, wer den „transatlantischen Buhmann“ in den nächsten Jahren spielen soll.

Über den oberen Link kann man die aktuellen Dokumente abrufen und herunterladen. Zudem sind verschiedene Gutachten nach ozeanischem Recht über die Folgen des Verhandlungen abrufbar. Spannend bleibt die Frage, wann WikiLeaks das erste Dokument zu TTIP veröffentlichen wird.
Wie oben bereits angedeutet ist es wohl möglich, dass wieder mal diverse Mainstream-Medien den ersten Zugriff auf die Informationen erhalten. Wir wissen es nicht.
Von Christian Saarländer
Quelle: http://www.contra-magazin.com/2015/10/angriff-auf-den-geist-wikileaks-enthuellt-naechste-reihe-von-tpp-dokumenten/

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