Die Megalithen vom Kaukasus führen auch innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft zu vielen Spekulationen. Die Russen bezeichnen die megalithischen Bauwerke als Dolmen und rücken sie in die Richtung Grabstätte, doch Beweise gibt es dafür nicht, dass sie jemals für Beerdigungen genutzt wurden. Die Archäologen datieren ihr Alter auf 4.000 bis 6.000 Jahre, basierend auf Keramikfunde sowie menschliche Überreste in der Nähe. Es gibt jedoch keine Garantie dafür, dass diese Datie-rungsgrundlage zuverlässig wäre, schließlich können diese Artefakte auch erst sehr viel später da hinterlassen worden sein.
Es gibt zwar Zehntausende von Dolmen auf der ganzen Welt, insbesondere in Europa, doch die kaukasischen Dolmen stellen eine besondere Art der prähistorischen Architektur dar, denn sie wurden aus präzise bearbeiteten, außergewöhnlichen Stein-blöcken gebaut. Die Steine wurden beispielsweise in 90-Grad-Winkel geformt, die scheinbar als Ecken gedacht waren und alle sind mit einem runden oder quadratischen Ausschnitt in der Mitte versehen - wobei die runden Löcher am häufigsten vorzu-finden sind. Passende »Stein-Stöpsel« lagen fast jedem dieser Bauten bei, wahrscheinlich, um diese Ausschnitte zu versperren oder zu verschließen.
Die Megalithen werden in der Regel immer von großen Steinmauern umgeben, die teilweise über einen Meter hoch sind. Innerhalb dieser Anlagen wurden Keramik aus der Bronze- und Eisenzeit gefunden sowie menschliche Überreste, Bronze-werkzeuge und Schmuck aus Silber, Gold und Edelsteinen. Rund 3.000 dieser Megalithen sind im westlichen Kaukasus bekannt, und es werden immer wieder neue entdeckt. Das Durch-schnittsgewicht der einzelnen Blöcke beträgt 15 bis 30 Tonnen, doch gibt es nicht die geringste Spur von einem Steinbruch im gesamten westlichen Kaukasus. Ein weiteres Rätsel ist, wie man diese schweren Steinblöcke an Ort und Stelle transportiert hat.
Die Megalithbauten sind beeindruckend. Die meisten riesigen Steinplatten der Dolmen sind mit speziell gefertigten Nuten miteinander verbunden und derart exakt bearbeitet, dass es unmöglich ist, eine Messerklinge zwischen den Platten zu stecken. Im Jahr 2007 wurde beschlossen, in Gelendzhik einen Dolmen aus den Steinen zerstörter Platten zu rekonstruieren. Für die Durchführung der Arbeiten und Montage wurde unter anderem hochpräzises Elektrowerkzeug benutzt. Doch trotz der Hilfe modernster Technik waren die Bauherren nicht in der Lage, die gleiche Präzision zu erreichen, wie Jahrtausende zuvor die vermeintlichen Erbauer aus der Bronzezeit.
Wer waren also diese Leute, die solche Präzision in ihren Konstruktionen erreichten? Laut der Archäologen lebten die Menschen aus der Bronzezeit in Lehmhütten, hatten keine Kenntnis von Eisen oder der Töpferscheibe und bearbeiteten ihr Ackerland mit primitiven Hacken. Und doch errichteten sie Bauwerke, die selbst moderne Standards überfordern.
Die Einheimischen kennen die Antwort aus ihren Mythen und Legenden. Die besagen, dass sich einst Zwerge und Riesen in jener Gegend niedergelassen haben. Die Zwerge waren so winzig, dass sie zum Reiten Hasen verwendeten. Sie lebten mit den Riesen in friedlicher Eintracht und bekamen von ihren großen Freunden diese Megalithbauten als Wohnstätten gebaut, damit sie Schutz vor schlechtem Wetter hatten. Allerdings erhielten die Riesen von den Zwergen keine Gegenleistung für ihre Güte. Um sie dennoch bei Laune und wohlwollend zu halten, gaben die Zwerge ihnen bewusst-seinsverändernde Kräuter. Dadurch begannen die Riesen, ihren Verstand zu verlieren und entfesselten einen schweren Krieg und blutiges Gemetzel, was zum Massensterben der Zwerge und Riesen führte - nur ihre Steinhäuser erinnern noch an sie.
© Fernando Calvo, Fotos: BigStockPhoto
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