2015-08-18

Hochsensibilität ist keine Krankheit – vom Fluch zum Segen

Im tiefsten Herzen ist jeder Mensch hochsensibel. Hochsensibilität ist schließlich nur ein Begriff, der die Qualität beschreibt, die unserer sich in der Welt manifestierenden, geistigen Essenz zu eigen ist. Menschen, die sich selbst als hochsensibel erfahren, scheinen jedoch umfassender verschmolzen mit ihrer Essenz als andere Menschen. Dadurch kann das Göttliche durch sie klarer und kraftvoller in Erscheinung treten und wirken. Zudem verfügen sie meist über einen geschärften Blick für das Wesentliche. Aus höherer Sicht betrachtet, ist Hochsensibilität also ein Segen und mitnichten ein Fluch. Daher ist es von größter Bedeutung, die eigene Hochsensibilität als Geschenk und als Chance zu betrachten und nicht als „Krankheit“ oder „psychische Störung“.

Liberation © Julia Shashkina Flickr.com
Hochsensibilität und Angst

Angst ist ein Zeichen von Intelligenz, denn Angst hilft uns, Gefahren rechtzeitig zu erkennen und abzuwenden. Doch gerade besonders sensible Menschen (HSP = Highly Sensitive Person) leiden häufig an einem Zuviel an Angst. Meist sind sie sich dessen durchaus bewusst und dennoch nicht in der Lage, die Angst „in den Griff zu bekommen“. Statt dessen fühlen sie sich oft von ihrer Angst regiert und entwickeln Strategien zur Angstvermeidung.

Hierzu zählt u. a. die Entwicklung von Abwehrstrategien wie etwa die Vermeidung angstauslösender Situationen, die Einnahme angst-abwehrender Haltungen (Abwehrmechanismen) oder der Konsum psychotroper Substanzen (Suchtentwicklung). Auch körperliche Blockaden, die mit einem flachen Atem im Zusammenhang stehen, können auftreten. Der Betroffene engt seinen Radius durch die beschriebenen Reaktionen beträchtlich ein und verhindert damit auch bedeutsame und für die eigene Entwicklung hilfreiche Erfahrungen. Aus diesen Gründen ist es für Hochsensible besonders wichtig, positive Sichtweisen zu stärken und die Akzeptanz für das eigene So-Sein zu erhöhen.

Das bedeutet, dass Hochsensible nicht lernen sollten, sich besser anzupassen, was ohnehin vergeblich wäre, sondern es geht für sie darum, ihr Leben bewusst so zu gestalten, dass es der Freisetzung ihres Potentials dient und ihre vielfältigen Fähigkeiten zutage fördert. Dabei können Hochsensible auch lernen, mit ihrer Angst ganz entspannt umzugehen. Dies geschieht, indem sie ihre Angst als normalen Bestandteil ihrer hochsensiblen Veranlagung betrachten und sie annehmen, anstatt sie zu bekämpfen. Diese Akzeptanz führt zu einer allmählichen Auflösung neurotischer Verhaltensmuster und zu zunehmender Gelassenheit. In dieser Gelassenheit können dann angenehme wie unangenehme Emotionen ihren Raum finden, ohne den Betreffenden zu überwältigen oder zu regieren.

Hochsensible müssen lernen, Grenzen zu setzen

Hochsensibilität wird von Nicht-Hochsensiblen meist verkannt oder falsch gedeutet. Der Hochsensible selbst hingegen nimmt in der Regel durchaus wahr, wie er sich von der Flut der auf ihn einströmenden Reize (innere wie äußere) überschwemmt fühlt und darauf mit innerer Erstarrung, Fluchtverhalten, Wut, Verletzlichkeit usw. reagiert. Außenstehenden hingegen erscheinen solche Reaktionen mitunter bizarr oder gar übertrieben. Sie sind für sie nicht nachvollziehbar, da ihnen die entsprechende Erfahrung fehlt. Sie wissen einfach nicht, wie bedrohlich und massiv die scheinbar „harmlosen Reize“ auf einen Hochsensiblen wirken können. Der Hochsensible nimmt dieselben Reize eben viel stärker und umfassender wahr. Dies gilt für Unangenehmes ebenso wie für Angenehmes. Daher fühlt sich der Hochsensible mit der Verarbeitung von Reizen oft überfordert. Das trifft insbesondere dann zu, wenn er noch nicht gelernt hat, zu sich selbst zu stehen und entsprechende Grenzen zu setzen.

Ignoriert man seine Konstitution,
übergeht man infolge dessen auch die eigenen Grundbedürfnisse
Highly Sensitive Person: Missverständnisse aufklären


Missverständnisse zwischen Hochsensiblen und weniger Sensiblen lassen sich wohl nur durch eine klare Kommunikation verringern. Dazu müssen Hochsensible lernen, zu ihrer Konstitution zu stehen, anstatt sich selbst zu verleugnen und sich an die Forderungen des Umfelds anzupassen. Eine Konstitution lässt sich schließlich nicht ausradieren. Sie ist da und sie wirkt. Und sie fordert, dass man ihr entspricht, ihre Grenzen und Möglichkeiten wahrnimmt und sie achtet, so dass sich vorhandene Potentiale auf stimmige Weise entfalten können.

Den Grundbedürfnissen gerecht werden

Ignoriert man seine Konstitution, übergeht man infolge dessen auch die eigenen Grundbedürfnisse. Hierzu zählt bei Hochsensiblen ganz besonders die Erfahrung von Tiefe und Wesentlichkeit. Für viele Hochsensible ist es zudem wichtig, kreative Ausdrucksmöglichkeiten zu Erforschen. Außerdem verfügen sehr viele Hochsensible über eine ausgeprägte, spirituelle Ader. Sie befassen sich gerne mit dem Sinn an sich. Sie wollen den Dingen auf den Grund gehen, die Dinge in ihrer Vielschichtigkeit erforschen und in der eigenen Seelentiefe erfahren, „was die Welt im Innersten zusammenhält“ (Goethe).

Dies alles sind wunderbare Bedürfnisse. Sie zu erfüllen und ihnen zu entsprechen hat Vorbildcharakter und oberste Priorität, denn diese Bedürfnisse führen uns zu einer optimalen Nutzung unserer Ressourcen und unserer kostbaren Lebenszeit.

Hochsensibel – der authentische Weg

Ist uns Hochsensiblen der Wert unseres So-Seins erst einmal bewusst geworden, dann können wir uns auch aus dem Schatten befreien, der durch unsere eigene Selbstverleugnung auf uns zurück geworfen wird. Dann können wir ins Licht treten und anderen dabei helfen, ihre Selbstverleugnung ebenfalls zu beenden. Indem wir die Wahrheit nicht mehr verleugnen und nicht mehr dulden, was zur Verschleierung der Wahrheit führt, entscheiden wir uns für den authentischen Weg.

Als Hochsensibler hast du schon von Natur aus
einen guten Zugang zum Wesentlichen
und spürst, worauf es ankommt.
Du brauchst daher bloß nach innen zu horchen.

Transparente Kommunikation

Was Hochsensible benötigen, um sich frei zu entfalten, ist vor allem eine offene Kommunikation. Diese sollte zum Ausdruck bringen, was wesentlich ist und zu innerem Wachstum und Gedeihen führt. Diese transparente Kommunikation sollte dann mehr und mehr in die Strukturen unserer Gesellschaft und Institutionen integriert werden. Für eine solche Transformation ist vor allem eines nötig: Die mutige Entscheidung eines Jeden, auch im kleinsten Bereich – ob Familie, Freunde, Nachbarn, Verein oder Beruf – Raum für diese Transformation zu schaffen.

Überlasse dich der inneren Kraft

Als Hochsensibler hast du schon von Natur aus einen guten Zugang zum Wesentlichen und spürst, worauf es ankommt. Du brauchst daher bloß nach innen zu horchen. Trete zurück und übergebe deiner inneren Stimme die Führung. Deine innere Stimme sucht nicht erst nach Antworten, bevor sie spricht und wirkt. Sie spricht und wirkt unmittelbar und ihr Wirken selbst enthält bereits alle Antworten und allen Sinn. Überlasse dich also getrost dieser inneren Kraft. Vertraue ihr mehr als deinem Verstand. Dies ist das Geschenk deiner Konstitution als Hochsensibler. Zolle dem Wertschätzung, denn es ist eine göttliche Gabe. Indem du sie mit anderen teilst, heilst du dich selbst und die Welt.

Quelle: https://www.sein.de/hochsensibilitaet-ist-keine-krankheit-vom-fluch-zum-segen/

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