Von Asha Kloss
Gemeinschaften werden von einer ganzen Reihe von Menschen als Familienersatz angesehen, der sie versorgen und den Schmerz des Alleinseins übertünchen soll. Doch eine Gemeinschaft kann nur wirklich funktionieren, wenn die einzelnen Mitglieder ihrer Einzigartigkeit nicht nur als bedürftige oder trotzige Kinder Raum geben, sondern in ihre ureigene Kraft kommen und mit ihren Fähigkeiten und Talenten die Gemeinschaft als bewusste, reife Erwachsene unterstützen. Dann erst können sich die einzelnen Mitglieder wirklich der Frage widmen, wie Gemeinschaften mehr Bewusstheit und Liebe in die Gesellschaft bringen können und zur Wachstumsgemeinschaft werden.
Wir leben in einer Zeit, in der die Entwicklung eines spirituellen Bewusstseins eine bedeutende Rolle für die weitere Evolution der Menschheit einnimmt. Gemeinschaften mit ökologischer und spiritueller Ausrichtung können dabei im Kleinen ein Beispiel sein für eine friedvolle, nachhaltige und verantwortungsbewusste Gesellschaft. Um dieses Ziel zu erreichen, sind Prozesse für Persönlichkeitsentwicklung und spirituelles Wachstum, Rituale, Kunst, Feiern und Meditationen in den bestehenden Gemeinschaften heute nicht mehr wegzudenken. Nicht nur in Wachstumsgemeinschaften und in der großen Zahl von Bürgerinitiativen und NGOs zeigt sich, wie tief die Werte basisdemokratischer Bewegungen der 70er und 80er Jahre bereits im Bewusstsein der Menschen verankert sind.
Selbst viele innovative Wirtschaftsunternehmen entscheiden heute mit flachen Hierarchien unter Beteiligung ihrer Mitarbeiter. Aus den Ursprüngen der linken Kommunen-Bewegung der 60er Jahre stammten in Westdeutschland die ersten Bewegungen hin zu hierarchiefreien Strukturen, in denen „alle Chef“ sind. Gemäß diesem Ansatz sollte alles für jeden transparent sein und jeder sollte mitbestimmen können. Die Einforderung des Gleichheitsprinzips fußte auf dem Jahrhunderte langen gesellschaftlich überlieferten Missbrauch von Macht durch Autoritäten. Über 200 Jahre liegen mittlerweile die Rufe nach „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ aus der Französischen Revolution zurück.
Wir haben Schritte in Richtung dieser Ideale gemacht, aber sind dort noch lange nicht angekommen. Da es in unserer repräsentativen Demokratie noch immer zu wenig direkte Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Bürger gibt, sind Gemeinschaften, welche die Einübung demokratischer Prozesse vorantreiben und damit Vorreiter für eine Veränderung der Gesellschaft sein können, besonders wichtig. Es gilt dabei aber auch zu verstehen, dass die Ideale der 68er nicht unbedingt auf heutige Gemeinschaften übertragbar sind, da sich der Zeitgeist verändert hat. Besonders die Sorge um Transparenz und die alte Angst vor hierarchischer Leitung ist in heutigen Gemeinschaften ein überholtes Relikt, das überprüft werden sollte.
Entwicklung von der „Regierung aller“ hin zu „Soziokratie“
Vor allem der Anspruch, alle Entscheidungen gemeinsam zu treffen, hat in der Praxis gerade größere Gemeinschaften überfordert, weil durch die langen kommunikativen Prozesse wenig Zeit für anderes bleibt. Deshalb werden heute oftmals soziokratische Modelle angewendet. Hier werden statt hierarchischer Strukturen „von oben nach unten“ zu verschiedenen Arbeitsfeldern kleinere Kreise gebildet, in denen die Verantwortlichen entsprechend ihrer Kompetenzen und Interessen gemeinsam Lösungen für bestimmte Themen entwickeln. In der Soziokratie werden Konsensentscheidungen innerhalb von Untergruppen getroffen. Aufgaben können so an kleinere Kreise delegiert werden, die sich wieder in übergeordneten Kreisen austauschen und vernetzen können.
So können Qualifizierungen, Erfahrungen, Talente und Neigungen besser gebündelt und zum Vorteil aller genutzt werden. Die Anwendung von Soziokratie beruht auf dem Vertrauen in die Kompetenz meiner Mitmenschen, die für bestimmte Arbeitsbereiche gewählt und denen darum Entscheidungsbefugnisse zugesprochen werden.
Vor allem der Anspruch, alle Entscheidungen gemeinsam zu treffen, hat in der Praxis gerade größere Gemeinschaften überfordert, weil durch die langen kommunikativen Prozesse wenig Zeit für anderes bleibt. Deshalb werden heute oftmals soziokratische Modelle angewendet. Hier werden statt hierarchischer Strukturen „von oben nach unten“ zu verschiedenen Arbeitsfeldern kleinere Kreise gebildet, in denen die Verantwortlichen entsprechend ihrer Kompetenzen und Interessen gemeinsam Lösungen für bestimmte Themen entwickeln. In der Soziokratie werden Konsensentscheidungen innerhalb von Untergruppen getroffen. Aufgaben können so an kleinere Kreise delegiert werden, die sich wieder in übergeordneten Kreisen austauschen und vernetzen können.
So können Qualifizierungen, Erfahrungen, Talente und Neigungen besser gebündelt und zum Vorteil aller genutzt werden. Die Anwendung von Soziokratie beruht auf dem Vertrauen in die Kompetenz meiner Mitmenschen, die für bestimmte Arbeitsbereiche gewählt und denen darum Entscheidungsbefugnisse zugesprochen werden.
Konsensentscheidungen mit Hilfe der höheren spirituellen Wahrheit
Statt durch die Mehrheit der Gruppe wird bei Konsensentscheidungen im Dialog eine Lösung gefunden, die auch die Meinung der Minderheiten mit einschließt. Aus meiner Erfahrung in Aloha am See favorisiere ich Konsensentscheidungen sehr, weil damit ausgesprochen weise und kreative Entscheidungen getroffen werden können, die alle Standpunkte berücksichtigen und dementsprechend von der gesamten Gruppe getragen werden. Jedoch sollte in der Praxis darauf geachtet werden, dass es nicht nur ein scheinbarer Konsens ist, bei dem in Wirklichkeit die Wortführer entscheiden.
Dann geben nur wieder die Überzeugungsstärksten den Ton an und weniger Ambitionierte laufen einfach mit. Ranjita, die Begründerin von Aloha am See, lehrt in der von ihr entwickelten verbindenden Kommunikation ein Verfahren, wie Entscheidungen innerhalb von Gruppen effektiv getroffen werden können. Sie nennt den Prozess „die höhere spirituelle Wahrheit finden“. Man kann sich vorstellen, dass über der Gruppe eine Art holographische Wolke schwebt, etwa wie die „Cloud“, in der man heute Fotos und Daten ablegt. In dieser Wolke ist die höhere spirituelle Wahrheit zu finden. In der Praxis funktioniert das so, dass in einer Runde mit dem Kiwa-Stab (Redestab) zuerst alle ihre Argumente auf den Tisch bringen. Jede Meinung wird wertgeschätzt und als wichtiger Beitrag für das Gesamtbild aufgefasst. Es wird weder diskutiert noch gestritten. Die unterschiedlichen Meinungen werden als Ergänzung und Bereicherung begriffen in dem Vertrauen, dass es am Ende eine optimale Lösung gibt.
Wenn alles gesagt ist, tritt Stille ein. Während einer Meditation verbindet sich nun die Gruppe mit der für alle zugänglichen höheren spirituellen Wahrheit. Überraschend „fällt“ eine für das Gesamte gute Lösung ins Feld des Bewusstseins. Wenn auch nur einer diese Information „runterlädt“, erkennen alle anderen, dass das die beste Lösung des Problems ist. Alle aus der Gruppe erkennen es klar, wenn die spirituelle Wahrheit gefunden wurde. Eine Art Aha-Erlebnis verbindet dann die Teilnehmer. Zusätzlich zu der Tatsache, dass dadurch trennende Auseinandersetzungen vermieden werden, fühlen sich alle danach mehr verbunden als zuvor. Das Schöne an diesem Verfahren ist auch, dass man gleichzeitig üben kann, ein Stück zurückzutreten, seine Egofixierungen loszulassen, und dass sich kreative Wege ohne Rechthaberei „wie von selbst“ einstellen. Insofern fördert dieser Prozess gleichzeitig das spirituelle Wachstum.
Emotional erwachsen werden
Um egofreie Entscheidungen für die Gruppe zu finden und friedvoll miteinander in Gemeinschaft leben zu können, ist ein erwachsenes Miteinander erforderlich, in dem jeder für seine eigenen Gedanken und Gefühle, Worte und Taten Verantwortung übernimmt. Gerade in spirituellen Gemeinschaften, in denen es ja um Bewusstseinsarbeit und damit auch um Ehrlichkeit und Wahrheit geht, mit der es sich zu zeigen gilt, werden allerdings auch die Schatten deutlicher spürbar als in der Normalgesellschaft. In einer bewussten Gemeinschaft kann man sich darum schlecht verstecken – wenn Licht ins Dunkel fällt, werden eben auch die hintersten Ecken erhellt. Manchmal kann es schmerzhaft sein, wenn bestimmte Ego-Identitäten immer wieder durch die anderen getriggert werden. Statt sich in Projektionen und Beschuldigungen zu verlieren, kann man lernen, seine Schatten zu integrieren, um „heil“, also ganz, zu werden.
Ich möchte anmerken, dass Gemeinschaft kein Therapieersatz sein kann. Wir haben das Glück, dass es in unserer Zeit enorm viel psychologisches Wissen und viele wertvolle Methoden gibt, um an sich zu arbeiten. Idealerweise sollte Schattenarbeit schon vor dem Eintritt in eine Gemeinschaft begonnen haben – zum Beispiel in Gruppen zur Persönlichkeitsentwicklung, durch holotropes Atmen, schamanische Arbeit, dynamische Meditation oder andere kathartische Prozesse, die auch in vielen Selbsterfahrungsgruppen angeboten werden. Diese Persönlichkeitsarbeit wird in der esoterischen Szene heute leider oft vernachlässigt. Bevor jemand für sich beansprucht, spirituell zu „erwachen“, sollte einige Energie darauf verwendet werden, emotional „er-wachsen“ zu werden.
Viele Gemeinschaften bieten als Vorbereitung für das Leben an ihrem Ort mehrwöchige Gemeinschaftskurse an. Auch bei uns gibt es ein neuntägiges Bewusstseins- und Kommunikationstraining, das vor oder während der Probezeit absolviert werden muss. Als Eintrittsbedingung für eine spirituelle Gemeinschaft dient diese Anforderung sowohl dem Selbstschutz des Neuankömmlings als auch dem Schutz der Gemeinschaft, weil man sonst wegen der eigenen unverarbeiteten Emotionen (Wut, Angst etc.) sich selbst oder andere ungewollt verletzen würde. Erst wenn alle wertschätzend und kooperativ miteinander umgehen, kann das Potential der Gruppe für die Umsetzung gesamtförderlicher Projekte genutzt werden, statt sich in internen Auseinandersetzungen aufzureiben.
Um egofreie Entscheidungen für die Gruppe zu finden und friedvoll miteinander in Gemeinschaft leben zu können, ist ein erwachsenes Miteinander erforderlich, in dem jeder für seine eigenen Gedanken und Gefühle, Worte und Taten Verantwortung übernimmt. Gerade in spirituellen Gemeinschaften, in denen es ja um Bewusstseinsarbeit und damit auch um Ehrlichkeit und Wahrheit geht, mit der es sich zu zeigen gilt, werden allerdings auch die Schatten deutlicher spürbar als in der Normalgesellschaft. In einer bewussten Gemeinschaft kann man sich darum schlecht verstecken – wenn Licht ins Dunkel fällt, werden eben auch die hintersten Ecken erhellt. Manchmal kann es schmerzhaft sein, wenn bestimmte Ego-Identitäten immer wieder durch die anderen getriggert werden. Statt sich in Projektionen und Beschuldigungen zu verlieren, kann man lernen, seine Schatten zu integrieren, um „heil“, also ganz, zu werden.
Ich möchte anmerken, dass Gemeinschaft kein Therapieersatz sein kann. Wir haben das Glück, dass es in unserer Zeit enorm viel psychologisches Wissen und viele wertvolle Methoden gibt, um an sich zu arbeiten. Idealerweise sollte Schattenarbeit schon vor dem Eintritt in eine Gemeinschaft begonnen haben – zum Beispiel in Gruppen zur Persönlichkeitsentwicklung, durch holotropes Atmen, schamanische Arbeit, dynamische Meditation oder andere kathartische Prozesse, die auch in vielen Selbsterfahrungsgruppen angeboten werden. Diese Persönlichkeitsarbeit wird in der esoterischen Szene heute leider oft vernachlässigt. Bevor jemand für sich beansprucht, spirituell zu „erwachen“, sollte einige Energie darauf verwendet werden, emotional „er-wachsen“ zu werden.
Viele Gemeinschaften bieten als Vorbereitung für das Leben an ihrem Ort mehrwöchige Gemeinschaftskurse an. Auch bei uns gibt es ein neuntägiges Bewusstseins- und Kommunikationstraining, das vor oder während der Probezeit absolviert werden muss. Als Eintrittsbedingung für eine spirituelle Gemeinschaft dient diese Anforderung sowohl dem Selbstschutz des Neuankömmlings als auch dem Schutz der Gemeinschaft, weil man sonst wegen der eigenen unverarbeiteten Emotionen (Wut, Angst etc.) sich selbst oder andere ungewollt verletzen würde. Erst wenn alle wertschätzend und kooperativ miteinander umgehen, kann das Potential der Gruppe für die Umsetzung gesamtförderlicher Projekte genutzt werden, statt sich in internen Auseinandersetzungen aufzureiben.
Alle sind gleich? Gemeinschaft in der Vielfalt
Aus meiner Sicht geht es beim Zusammenleben in Gemeinschaft nicht um Gleichheit, sondern ganz im Gegenteil um Individualität. Wir alle sind hier auf der Erde mit unserer persönlichen Landkarte mit einem individuellen Seelenplan, der zum Beispiel in unserem Horoskop zu erkennen ist. Die individuellen Begabungen des Einzelnen können in Lebensgemeinschaften besonders entfaltet und zum Wohle aller eingebracht werden. Wenn sich die Qualitäten der einzelnen Mitglieder ergänzen, wachsen das Potential und die Kraft der Gruppe. Durch Rituale der Dankbarkeit und Wertschätzung kann die Vielfalt und die Schönheit der Unterschiede immer wieder ins Bewusstsein gebracht werden.
Das Leben in Gemeinschaft bietet eine enorme Möglichkeit, um persönlich und spirituell zu wachsen. Die spirituelle Gemeinschaft – die Sangha, wie sie im Buddhismus genannt wird – ermöglicht das Praktizieren verschiedener Wege und Verwirklichungen der geistigen Lehren. Sie ist ein Zufluchtsort, wo Suchende inspiriert und unterstützt werden können. So kann eine Gemeinschaft ein Schutzraum sein, um auch außergewöhnliche Bewusstseinszustände – wie mystische oder transpersonale Erfahrungen – zu integrieren. Wenn man sich beispielsweise nach einer Herzöffnung während eines spirituellen Retreats mit einem erweiterten Bewusstsein und großer Sensibilität wieder in seinen urbanen Alltag hineinbegeben muss, landet man häufig hart auf dem „Asphalt“ grober zwischenmenschlicher Umgangsformen und nervig flirrender städtischer Umtriebigkeit.
Hingegen ermöglicht das gemeinschaftliche Leben in der Natur, umgeben von Gleichgesinnten, länger in der Bewusstseinserweiterung zu bleiben und das zu genießen. Spirituelle Gemeinschaften können so wunderbar als Katalysator der Transformation dienen – besonders, wenn Menschen gemeinsam die liebevolle Vision einer Herzensgemeinschaft verwirklichen wollen. Diese zeigt sich in oft magischer Weise als Häufung synchronistischer Ereignisse im Hier und Jetzt.
Das nächste Aloha Basistraining mit verbindender Kommunikation für Singles, Paare und Gemeinschaften findet vom 19. bis 28. April 2018 in Aloha am See statt.
ÜBER DIE AUTORIN: Ashakura ist Heilpraktikerin für Body-Enlightenment und Hypno-Therapeutin in Berlin und Wusterwitz. Sie hat mit Ranjita (Dr. Heide-Maria Koubenec) die spirituelle Gemeinschaft Aloha am See – Zentrum für Lebensfreude gegründet und leitet dort den Seminarbetrieb.
Infos zur Gemeinschaft Aloha am See – Zentrum für Lebensfreude unter aloha-am-see.de
Infos zu Body-Enlightenment® unter www.body-enlightenment.de/
Quelle: https://www.sein.de/von-der-kommune-zur-spirituellen-wachstumsgemeinschaft/
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