Man könnte sagen, alltagstaugliche Spiritualität und Mystik sind zwei Seiten derselben Wahrheit – nur in unterschiedlicher Tiefe und Ausrichtung.
Alltagstaugliche Spiritualität richtet sich darauf, wie wir jeden Tag bewusster, liebevoller und achtsamer leben können. Einige praktische Formen sind Meditation am Morgen, Atemübungen, Dankbarkeitstagebuch, bewusstes Essen, liebevolle Kommunikation. Mit dem Ziel mehr innere Ruhe, Ausgeglichenheit, mehr Lebensqualität im Hier und Jetzt. Sie ist wie ein sanftes Licht, das den Alltag heller und freundlicher macht.
Mystik sucht die direkte Verbindung mit dem Göttlichen, mit der Quelle, mit dem innersten Geheimnis des Lebens. Sie ist weniger an Praktikabilität gebunden, sondern an das Erleben des Transzendenten. Ausdrucksformen sind kontemplatives Gebet, tiefe Meditation, ekstatische Erfahrung, Visionen, Bewusstseinserweiterung. Mit dem Ziel die Einheit mit allem Sein zu erfahren – das Verschmelzen mit dem Göttlichen. Sie ist wie das gleißende Licht hinter dem Schleier, das den Menschen in seiner Tiefe verwandelt. Der Unterschied in einfachen Worten. Alltagsspiritualität ist der gelebte Weg im Hier und Jetzt. Mystik ist das Einswerden mit dem Urgrund, das tiefe Erkennen hinter allen Formen.
Oder anders: Spiritualität macht den Alltag leichter und erfüllter, während Mystik die Schleier hebt und dich direkt ins Herz des Geheimnisses führt. Alltagsspiritualität ist der Fluss – Mystik ist die Quelle.
Jesus war Lehrer der alltagstauglichen Spiritualität, damit die Menschen eine Grundlage im Leben haben – und zugleich Mystiker, der den Weg zur Einheit mit Gott offenbarte.
Er wusste, dass nicht jeder sofort die Mystik begreifen konnte. Darum sprach er zu den Vielen in Bildern und praktischen Regeln – und zu den Wenigen, die vorbereitet waren, über das göttliche Geheimnis direkt. Er war sozusagen Brücke und Tor zugleich.
Stell dir Jesus als einen Gärtner vor.
Am Rand des Gartens stehen viele Menschen, hungrig, müde, erschöpft vom Alltag. Für sie pflückt er einfache Früchte – süße Feigen, Oliven, Brot aus dem Kornfeld. Er sagt: „Nehmt und esst – das Reich Gottes gleicht einem Samen, den ihr heute schon in euren Herzen tragen könnt.“
Doch im Inneren des Gartens, verborgen zwischen duftenden Lilien, gibt es eine Quelle. Zu dieser Quelle führt er nur jene, die nach mehr dürsten – jene, die nicht nur essen, sondern trinken wollen von dem Wasser, das nie versiegt. Dort, in der Stille, sagt er: „Ich und der Vater sind eins. Auch ihr seid eins mit mir – in euch sprudelt derselbe Strom des Lebens.“
So wirkt er gleichzeitig als Gärtner der Seelen – der im Alltag nährt – und als Hüter des Geheimnisses – der zum Ursprung zurückführt.
Für die Vielen: Brot, Liebe, Vergebung, Gemeinschaft.
Für die Bereiten: das Licht der Einheit, das Schweigen Gottes, die Mystik.
Und doch – es ist derselbe Garten. Nur die Tiefe des Weges ist verschieden.
Klaus Praschak
Bild: printerest.de danke

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