2016-02-19

Physikern gelingt es zum ersten Mal, die fünfte Dimension zu simulieren


Wissenschaftler der University of Cambridge und der Queen Mary University in London haben zum ersten Mal erfolgreich ein Schwarzes Loches simuliert, das Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie komplett aus den Fugen hebt. Das Besondere an diesem neuartigen Schwarzen Loch ist nämlich, dass es nur in einem fünfdimensionalen Raum existiert, was bedeutet: Wir müssten unser Universum mit völlig neuen Augen sehen. Denn wenn es mehr als die bekannten vier Dimensionen gibt, wäre Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie nicht mehr anwendbar, und der Grundstein unserer modernen Physik bräche auseinander.

Das von einem Team aus Mathematikern und Physikern am COSMOS Supercomputer der University of Cambrigde erschaffene ringförmige Schwarze-Loch-Modell existiert in einem fünfdimensionalen Raum und besteht aus dünnen Strings, die sich an einigen Stellen in Ausbeulungen verdicken. Mit der Zeit nimmt die Dicke der Verbindungen zwischen den Wölbungen immer mehr ab, bis sie sich ganz auflösen. Ein Effekt, der sich mit den langsam herunterfallenden Tropfen aus einem Wasserhahn vergleichen lässt.

Bereits im Jahr 2002 hatten Physiker solch ringförmige Schwarze Löcher vorhergesagt, konnten sie jedoch bisher nicht „beweisen“. Die neue Studie liefert nun einen Einblick, wie die Entstehung solch fünfdimensionaler Objekte vonstatten gehen könnte. Dabei würde die Schwerkraft so enorm ansteigen, dass unsere physikalischen Gesetze außer Gefecht gesetzt würden und ein Zustand der „Nackten Singularität“ entsteht.



GIF: Pau Figueras, Markus Kunesch, and Saran Tunyasuvunakool | University of Cambridge

Ein Schwarzes Loch ist klassischerweise von einem Ereignishorizont umgeben und nur in seinem Inneren befinden sich sogenannte Singularitäten. Das sind Regionen, in denen Dichte und Krümmung gegen unendlich laufen, so dass die Gesetze der Physik an diesen Punkten zusammenbrechen. Hier ist die Gravitationsanziehung so stark, dass ein Ort ohne Wiederkehr entsteht, welcher gleichzeitig für den äußeren Beobachter nicht sichtbar ist. Der Zustand dieser im Schwarzen Loch versteckten Singularitäten wird als Kosmische Zensur bezeichnet und wurde von Einstein in die Allgemeine Relativitätstheorie eingebettet.

Was nun passiert, lässt sich leicht erahnen. Indem sich die verbindenden Strings in der Simulation des ringförmigen Dichtephänomens oder „ultragravity ring“ auflösen, dringen die Singularitäten nach außen und sind nicht mehr von einem Ereignishorizont umschlossen: die Nackte Singularität ist entstanden. „So lange die Singularitäten hinter dem Ereignishorizont versteckt bleiben, verursachen sie keinen Ärger und es gilt die Allgemeine Relativität. Die Kosmische Zensur besagt, das sei immer der Fall“, so Markus Kunesch, Co-Autor der Studie bei Phys.org. „So lange die kosmische Zensur gültig ist, können wir die Zukunft außerhalb der Schwarzen Löcher zuverlässig voraussagen. Das was wir in der Physik versuchen ist, die Zukunft mittels physischer Gesetzmäßigkeiten zu formulieren.“

Doch was passiert, wenn es zu einer Nackten Singularität kommt? Das weiß eigentlich keiner so genau, sicher ist nur, dass die Relativitätstheorie nicht mehr greifen würde. Alles, was wir mit Hilfe unseres Wissens um die Schwerkraft erschaffen und erdacht haben, würde auf den Kopf gestellt, da wir unser Leben rund um Einsteins Relativitätstheorie aufgebaut haben. In der klassischen (mechanischen) Physik gab es drei Dimensionen: Länge, Breite und Höhe, welches auch die einzigen sind, die der Mensch wahrzunehmen fähig ist. Mit Einstein kam die zeitliche vierte Dimension dazu, welche die Vereinigung von Raum und Zeit in einer einheitlichen vierdimensionalen Raumzeit beschreibt. Dank Einstein können wir das Alter von Sternen bestimmen oder in einer recht alltagspraktischen Anwendung Ortungen per GPS vornehmen.

„Wenn die Nacke Singularität existiert, bricht die Allgemeine Relativität zusammen“,erklärte Sran Tunyasuvunakool, ein Mitarbeiter der Studie. „Und wenn die Allgemeine Relativität zusammen bricht, würde alles auf den Kopf gestellt, weil wir nichts mehr voraussagen könnten—sie könnte nicht mehr als eine selbständige Theorie existieren, die das Universum erklärt.“

Wenn Einstein also nun doch nicht recht hatte, brauchen wir völlig neue Formeln und Theorien, die unser Universum erklären. Die an der Simulation beteiligten Forscher gaben übrigens an, dass sie mit den Berechnungen sogar den Supercomputer COSMOS, der 38,3 Trillionen Rechenoperationen pro Sekunde ausführen kann, an seine Grenzen gebracht hätten.

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