2015-12-16

Vorbildlich- 94,5% von Uruguays Strom werden mittels erneuerbarer Energien gewonnen

Uruguay reißt das Ruder herum – nahezu 95% des Stroms werden aus umweltfreundlicher Energie gewonnen In weniger als 10 Jahren hat das Land seine Co2-Bilanz drastisch vermindert und seine Stromkosten verringert, und das ohne Fördermittel der Regierung.


Das hätten sich die Delegierten des Klimagipfels in Paris als Vorbild nehmen können.

Während laut der EU-Kommission europaweit neue Kernkraftwerke gebaut werden sollen, (Siehe: Atomkurs statt Energiewende? EU-Kommission will 69 neue Atomkraftwerke für Europa- Nicht mit uns!) hatte ein kleines Land zwischen Argentinien und Brasilien ein ehrgeiziges Ziel und zwar bis 2015 die Hälfte des Primärenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energiequellen abzudecken. Mit dieser Zielsetzung nahm das Land bereits 2014 eine Vorreiterrolle in Lateinamerika ein.

Während Porsche Millionen-Subventionen für die Entwicklung von Elektroautos erhält (siehe: Elektroautos: Milliarden-Subventionen für Grosskonzerne und in Brüssel fahren Elektrotaxis aus China) wird in dem kleinen Land Uruguay seit 2013 der Einsatz von Elektrobussen für den öffentlichen Verkehr getestet, und zwar mit Erfolg.

94,5% von Uruguays Strom werden mittels erneuerbarer Energien gewonnen

Während die Welt sich in Paris trifft, um die schwierige Aufgabe von fossilen auf erneuerbare Energien umzusteigen, hat ein kleines Land auf der anderen Seite des Altantik die Umstellung kindisch einfach und erschwinglich gemacht.

In weniger als 10 Jahren hat Uruguay seine Co2-Bilanz ohne staatliche Unterstützung oder höheren Stromkosten für die Verbraucher verringert, wie der Leiter des Klimaschutzes, Ramón Méndez berichtet.
Mittlerweile werden 94,5% des Stroms aus erneuerbaren Energien gewonnen und die Preise, sind – inflationsbereinigt – niedriger als in der Vergangenheit. Auch gäbe es weniger Stromausfälle, denn der Mix aus verschiedenen Quellen garantiere eine größere Flexibilität bei Stromspitzen.

Vor 15 Jahren hörte sich die Geschichte noch ganz anders an. Vor der Umstellung machte Öl insgesamt 27% der Importe des Landes aus und eine neue Pipeline stand kurz davor, Uruguay mit Gas aus Argentinien versorgen.

Heute sind es Windturbinen, die in den Häfen Uruguays ankommen und auf den Weg zu ihrem Standort gebracht werden.

Auch Solarenergie- und Biomasse-Anlagen wurden verstärkt errichtet. Das alles zu der schon bestehenden Hydroenergie hinzugefügt, hob den Anteil erneuerbarer Energie im Gesamtmix auf 55% (wobei das Benzin für den Transport schon mit berücksichtigt wurde). Verglichen dazu macht der 12%ige Anteil erneuerbarer Energien weltweit keine gute Figur.

Trotz seiner relativ geringen Bevölkerung von gerade einmal 3,4 Millionen, hat Uruguay in den vergangenen Jahren weltweit großes Ansehen gewonnen. Sie haben die bahnbrechende Legalisierung von Marihuana verfügt, den Weg zu einer stringenten Tabakkontrolle bereitet und verfolgen die liberalste Politik Südamerikas in Bezug auf Abtreibung und gleichgeschlechtliche Ehe.

Nun wird diese fortschrittliche, kohlenstoffarme Wirtschaft anerkannt. Von der Weltbank und der Economic commission for Latin America and the Caribbean hochgelobt, und vom WWF in der Liste der “Green Energy Leaders” mit den Worten, „das Land definiert neue Trends für Investitionen in erneuerbare Energien“ aufgenommen.

Méndez – der früher nationaler Leiter des Energiesektors war – ging zu den Anfang Dezember 2015 zu UN-Gesprächen, um diese Reputation wie folgt zu zementieren: weitere 88% der Co2-Emmissionen sollen bis 2017 abgebaut werden, und zwar verglichen mit den durchschnittlichen Werten von 2009-2013.



Ramón Mondes, Leiter der Klimapolitik Uruguays: „Was wir gelernt haben, ist , dass auch erneuerbare Energien ein Geschäft sind.“ Fotograf: Jeon Heon-Kyun/EPA

Es sind keine technischen Wunderwerke im Spiel, Nuklearenergie glänzt durch Abwesenheit und keine neue hydroelektrische Anlage wurde in den letzten 20 Jahren gebaut. Stattdessen, so sagt er, wäre der Weg zum Erfolg eher langweilig, aber ermutigend wiederholbar: klare Entscheidungen, ein umweltfreundliches, rechtliches Umfeld und starke Partnerschaften zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor.

Im Zuge dessen, erreichte das Investitionsvolumen in – meist erneuerbare – Energien stolze 7 Milliarden Dollar, oder 15% des jährlichen BIP. Das ist 5 mal mehr, als der Durchschnitt in Lateinamerika und 3 mal der weltweite Anteil, der vom Klimaökonom Nicholas Stern empfohlen wird.

„Was wir gelernt haben, ist , dass auch erneuerbare Energien ein Geschäft sind,“ sagt Méndez. „Die Konstruktions- und Unterhaltskosten sind niedrig, und solange sie den Investoren ein sicheres Umfeld bieten, ist das alles sehr attraktiv.“

Die Auswirkungen kann man auf der Route 5 von Montevideo nach Norden sehen. Auf weniger als 200 Meilen (ca. 320 km) passieren Sie 3 agroindustrielle Anlagen, die mit Biodiesel und 3 Windfarmen betrieben werden. Die größte unter ihnen ist die 115 MW-Anlage Peralta, die von der deutschen Firma Enercon gebaut und betrieben wird.

Die riesigen Turbinen, jede 108 Meter hoch, überragen das Weideland voller Rinder und Nandus.

Neben dem zuverlässigen Wind – der meist mit 12 – 13 km/h weht, ist die Hauptattraktion für ausländische Investoren wie Enercon der für 20 Jahre festgelegte Preis, der von den staatlichen Stellen garantiert wird. Die niedrigen (nur 10 Angestellte) und stabilen Unterhaltskosten garantieren einen attraktiven Gewinn.

Im Ergebnis stehen ausländische Firmen Schlange, um sich Windfarm-Verträge zu sichern. Der Wettbewerb drückt die Preise und dadurch konnten in den letzten 3 Jahren die Kosten um 30% gesenkt werden.

Christian Schaefer, technischer Leiter bei Enercon, sagt, dass seine Firma zu expandieren hoffe und eine weiteres deutsches Unternehmen, Norden, baut auch schon an einer noch größeren Anlage an der Route 5. Turbinentransporte, Türme und Propeller sind heute ein gewohnter Anblick entlang der Straßen.

Verglichen mit den meisten anderen kleinen Ländern mit hohem Anteil erneuerbarer Energien, ist der Mix hier anders zusammengestellt. Während Paraguay, Bhutan und Lesotho fast ausschließlich von Hydroenergie abhängen und Island von der geothermischen Variante, hat Uruguay die Erzeugung vielfältig gestaltet, was es gegenüber dem Klimawechsel anpassungsfähiger macht.

Windfarmen wie Peralta wollen nun auch in Hydroenergien investieren, damit Dämme ihr Wasserreservoir nach Regenperioden länger halten können. Laut Méndez hat dieser Mix die Anfälligkeit für Stromknappheit um 70% gesenkt – kein kleiner Gewinn, wenn man bedenkt, dass ein trockenes Jahr das Land nahezu 2% des BIP kosten kann.

Doch das ist nicht der einzige Gewinn für die Wirtschaft. „Seit 3 Jahren haben wir keine einzige Kilowattstunde importieren müssen,“ sagt Méndez. „Üblicherweise warten wir von Stromimporten aus Argentinien abhängig, aber jetzt beliefern wir sie. Letzten Sommer haben wir ein Drittel unserer Stromerzeugung an Argentinien verkauft.“

Und es gibt noch eine Menge zu tun. Noch ist der Transportsektor von Öl abhängig (was 45% des totalen Energiemix ausmacht). Die Industrie jedoch – meist die Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte – wird jetzt vorwiegend von Biomasse-Kraftwerken mit Energie versorgt.



Arbeiter verbinden eine Windturbine mit dem Stromnetz. Fotograf: Joerg Boethling/Alamy

Mondes schreibt Uruguays Erfolg drei Schlüsselfaktoren zu: Glaubwürdigkeit (eine stabile Demokratie, die noch nie in Zahlungsverzug kam und daher für Langzeit-Investments attraktiv ist); hilfreiche Umweltbedingungen (gute Windverhältnisse, ordentliche Sonneneinstrahlung und Mengen von Biomasse aus der Landwirtschaft); zudem starke öffentliche Unternehmen (die zuverlässige Partner für Privatfirmen darstellen und gemeinsam mit dem Staat eine attraktive Betriebsumgebung schaffen können).

Da nicht jedes Land der Welt dieses Modell übernehmen kann, sagt er, so hat Uruguay doch bewiesen, dass erneuerbare Energien die Kosten senken, gut über 90% des Strombedarfs ohne die Unterstützung von Kohle oder Atomenergie decken kann und dass der öffentliche und private Sektor auf diesem Gebiet effektiv kooperieren kann.

Aber vielleicht ist die wichtigste Lektion, die Uruguay den Delegierten in Paris mitgeben kann, die Wichtigkeit der Entscheidungsfindung. Bei zahllosen UN Klimakonferenzen war Uruguay regelrecht paralysiert durch die scheinbar endlosen und erbitterten Debatten über Energiepolitik.

All das änderte sich, als die Regierung endlich einem Langzeitvorhaben zustimmte, das von allen Parteien unterstützt wurde.

„Wir hatten einen schweren Weg, um an diesen Punkt zu gelangen. !5 Jahre lang waren wir in einer schlechten Position,“ sagt Méndez. „2008 packten wir endlich eine langfristige Energiepolitik an, die alles abdecken sollte…..Endlich hatten wir Klarheit.“

Die neue Richtung machte diese rasche Umstellung, die nun so viel Lob erntet, erst möglich.
Kleine Nationen – die Giganten erneuerbarer Energien

Uruguay erzeugt 94,5% seines Stroms aus erneuerbaren Energien. Zu alten Wasserkraftwerken hat in den letzten Jahren das starke Investment in Wind, Biomasse und Sonnenenergie den Anteil dieser Energiequellen im totalen Energiemix auf 55% angehoben.

Im Vergleich dazu:

Global – 12%
Europa – 20%

Costa Rica konnte in diesem Jahr von 94 Tagen in Folge berichten, in denen sie dank des Mixes aus 78% Hydroenergie, 12% Geothermie und 10% Windenergie ohne fossile Brennstoffe auskamen.

Die Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, das Land bis 2021 zu 100% auf erneuerbare Energien umgestellt zu haben. Auch hier bleibt nur der Transportsektor „ölig“.

Island hat den Vorteil, die Nation der Vulkane zu sein, was ihnen erlaubt, den Anteil der geothermalen Energieerzeugung für die Behebung auf 85% zu heben – und mit Unterstützung der Hydroenergie – den Strombedarf zu 100% abdeckt.

So wurde Island zum weltweit größten Energieproduzenten/pro Kopf.

Paraguays Staudamm in Itaipu liefert 90% des Strombedarfs.

Lesotho erzeugt 100% seines Energiebedarf mit ihren Kaskadendämmen und haben noch genug ungenutzte Kapazitäten, um Strom an Südafrika liefern zu können.

Bhutan überreichlich vorhandene Wasserkraftressourcen erzeugen einen Überschuss an Strom, der mehr als 40% der Exportgewinne des Landes einspielt. Aber Abhängigkeit von nur einer Quelle kann Probleme bereiten. In der Trockenzeit muss Bhutan Strom aus Indien zukaufen.

Quelle: https://netzfrauen.org/2015/12/16/34748/

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