2017-08-11

Nanotransfektion: Organe und Haut in einem Bruchteil einer Sekunde regenerieren, ohne Eingriff und Medikamente, durch bloße Berührung


Wissenschaftler haben einen Nanochip entwickelt, der Körperzellen in beliebiges Zellmaterial umwandelt. Ohne Eingriff und durch bloße Berührung sollen so zukünftig schwere Verletzungen und Krankheiten geheilt werden. Ein Meilenstein für die Medizin der Zukunft?

Ein offener Bruch, zerstörtes Gewebe, beschädigte Blutgefäße – nach einem schweren Unfall helfen oft nur aufwendige Operationen, um verletzte Körperteile eines Patienten zu retten. Im schlimmsten Fall versagt die Durchblutung und Extremitäten wie Arme und Beine müssen amputiert werden. Geht es nach einer Gruppe von Wissenschaftlern an der Ohio State University, lassen sich solche Szenarien künftig ohne invasive Eingriffe und schwere Folgeschäden regeln. Ihre Lösung: Ein kleiner Chip, der für wenige Sekunden auf die Haut gelegt wird.

Die Forscher haben einen Nanochip entwickelt, der in der Lage ist, menschliche Körperzellen durch bloße Berührung umzuprogrammieren und in jede beliebige Art von Zellmaterial umzuwandeln. Sie nennen das Prinzip Tissue Nanotransfection

Dabei wird der Chip mit genetischem Material ausgestattet, das dem der benötigten Zellart entspricht. Anschließend wird er auf gesundes Zellmaterial wie etwa menschliche Haut gelegt. Durch einen einmaligen elektrischen Impuls werden die Zellinformationen übertragen und die Umprogrammierung beginnt.

"Es dauert nur einen Bruchteil einer Sekunde. Sie berühren einfach mit dem Chip den verwundeten Bereich, und entfernen ihn wieder", sagte Chandan Sen, Direktor des Zentrums für Regenerative Medizin und zellbasierte Therapien. "An diesem Punkt beginnt dann die Zell Neuprogrammierung"

Die behandelten Zellen verwandeln sich eigenständig und dauerhaft in das für die Heilung der jeweiligen Verletzung benötigte Zellmaterial. „Mit dieser Technologie können wir Hautzellen durch bloße Berührung in Elemente eines jeden Körperorgans verwandeln“, sagt L. James Lee, Co-Autor der Studie, die jüngst veröffentlicht wurde. „Der Prozess dauert weniger als eine Sekunde und erfordert keinen invasiven Eingriff.“

Im Experiment mit einer Maus wendeten die Wissenschaftler den Chip auf ein verletztes Bein an, dessen Blutversorgung nicht mehr funktionierte. Sie verwandelten Hautzellen in neue Blutgefäße. Bereits nach einer Woche waren frische, aktive Blutgefäße gewachsen. Nach zwei weiteren Wochen war die Blutversorgung wiederhergestellt und das Bein gerettet. 

In anderen Experimenten konvertierten die Wissenschaftler Hautzellen zu Nervenzellen und injizierten sie Mäusen mit einem Hirnschaden, der mit einem menschlichen Schlaganfall vergleichbar ist. Die Tiere konnten geheilt werden.


"Wir haben ihre Hautzellen neu programmiert, damit diese zu Gefässzellen zu werden", sagte Sen. "Innerhalb einer Woche konnten wir die Umwandlung bemerken."

In der zweiten Woche hatten sich bereits aktive Blutgefäße gebildet, und in der dritten Woche wurden die Beine der Mäuse vollständig wiederhergestellt - ohne eine zusätzliche andere Behandlungsform.

"Es erweitert das Konzept der Gentherapie, die schon seit einiger Zeit bekannt ist", sagte Studienkollaborator James Lee. "Der Unterschied zu unserer Technologie ist, wie wir die DNA in die Zellen umprogrammieren."

Der Chip, der mit einem spezifischem genetischem Code oder bestimmten Proteinen geladen ist, wird auf die Haut gelegt, und ein kleiner elektrischer Strom erzeugt die Kanäle im Gewebe. Die DNA oder RNA wird in die Kanäle injiziert, wo sie beginnen, die Zellen neu zu programmieren.

In einer neuen Studie, die in der Nature Nanotechnology veröffentlicht wurde, zeigte der Autor Daniel Gallego-Perez der Ohio State University, dass die Technik mit bis zu 98% effizient funktionierte.



"Was noch spannender ist, dass es nicht nur mit der Haut funktioniert, sondern auf jede Art von Gewebe angewendet werden kann", sagte Sen. In der Tat waren die Forscher in der Lage, Gehirnzellen auf der Hautoberfläche einer Maus zu wachsen zu lassen, sie zu ernten und dann in das verletzte Gehirn der Maus zu injizieren. Nur ein paar Wochen nach einem Schlaganfall wurde die Gehirnfunktion der Maus wiederhergestellt, und vollständig geheilt.

Die Methode hat laut der Forscher eine Erfolgsquote von 98 Prozent und soll im nächsten Jahr auch an Menschen getestet werden. „Tatsächlich sind wir selbst überrascht davon, wie gut das Prinzip funktioniert“, sagt Lee in einer Stellungnahme. „In meinem Labor forschen wir weiter, um den Mechanismus zu verstehen und ihn noch besser einsetzen zu können. 

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