2016-02-12

Sensation der Beweis ist jetzt da: Einsteins Gravitationswellen sind nachgewiesen!


US-Forscher haben ein Signal gemessen, das die Existenz von Gravitationswellen zu 99 Prozent belegt.Einstein sagte die Gravitationswellen vor 100 Jahren voraus. Indirekte Beweise für die Wellen, die den Raum verbiegen können, gibt es bereits. Haben Forscher jetzt den direkten Nachweis gefunden?


Sensation. Ein Wort, das diese Wissenschaftsredaktion gewöhnlich meidet. Was Forscher jetzt aus Washington melden, ist wirklich eine: Physiker haben Gravitationswellen nachgewiesen – jene Krümmungen in der Raumzeit, die Albert Einstein stets vorhergesagt hatte. Nie zuvor hatte jemand sie messen können. Heute wurde der Coup vor der Presse verkündet.

"We have detected gravitational waves", 

sagte der Chef des Experiments David Reitze. Das entscheidende Signal aus dem All fingen die Forscher schon am 14. September 2015 mit ihren Messgeräten in Louisiana ein. Seither wurden die Daten ausgewertet. "Es entstand in einer Zeit, als sich auf der Erde gerade die ersten mehrzelligen Lebewesen entwickelten", sagte Gabriela González vom Ligo – der Detektoranlage in den USA, die es empfangen hatte.


Die Neuigkeit kam mit Ansage. Schon vorher gingen Gerüchte um, eine geleakte E-Mail ließ Großes vermuten. Trotz aller Euphorie ein paar Einschränkungen: Ist die Entdeckung hundertprozentig sicher? Nein. Kann sich das, was die Detektoren in Washington und Louisiana als winzige Verschiebung registriert haben, noch als Messfehler herausstellen? Theoretisch schon.

X-mal schon wurde der Beweis von Einsteins Vorhersage angekündigt, doch immer endete das enttäuschend. So sicher wie diesmal waren sich die Gravitationswellen-Jäger noch nie. Ihren Messdaten verliehen sie die Note 5,1 auf der Sigma-Skala. Das heißt: Die Wahrscheinlichkeit, dass die Detektoren durch statistisches Rauschen und nicht durch eine echte Gravitationswelle verursacht wurden, liegt bei unter 1 zu 3,5 Millionen. In der Physik gelten neue Phänomene oder Elementarteilchen ab diesem Wert als echt. Es ist also extrem unwahrscheinlich, dass das, was die Detektoren der Forschungskooperation Ligo in den USA erfasst haben, durch etwas anderes zustande kam als durch Gravitationswellen.

Was hatte Einstein vorhergesagt?

Als Albert Einstein 1915 seine Allgemeine Relativitätstheorie vorstellte, zeichnete er ein komplett neues Bild der Gravitation. Bis dahin hatte gegolten, dass die Anziehungskraft ohne jeglichen Zeitverzug zwischen zwei Massen wirkt – egal, wie weit diese voneinander entfernt sind. Einstein glaubte hingegen, Schwerkraft entstehe, weil Masse den Raum und die Zeit krümme. Das Entscheidende: Die Raumzeit lasse sich nicht unendlich schnell verbiegen, sondern nur mit Lichtgeschwindigkeit.

Geraten irgendwo im Weltall mächtige Massen in Wallung sollte das regelrechte Dellen in die Raumzeit schlagen, die lichtschnell durch den Kosmos rasen und dabei die Bahn der Erde kreuzen könnten. Dass sie das wirklich tun, steht seit heute fest.

Wie wurden sie nachgewiesen?

Grob vereinfacht funktionieren die Detektoren so: Sie haben zwei "Arme", deren Länge exakt bekannt ist und die kontinuierlich mithilfe eines Laserstrahls vermessen wird. Geht eine Gravitationswelle durch den Apparat, werden die Arme unterschiedlich gestaucht oder gestreckt, die resultierende Längenänderung wird gemessen.


Warum war der Beweis so schwierig?

Vor allem, weil es so viele andere Erschütterungen gibt, auf die die sensiblen Detektoren anspringen. Seit 1960 bauen Physiker solche Messanlagen. Die große Herausforderung ist es, die Gravitationswellen aus dem Grundrauschen herauszufiltern und sicherzustellen, dass die Auffälligkeiten nicht von umhertrampelnden Doktoranden, der Meeresbrandung oder einem Erdbeben stammen. Zu Testzwecken wurde auch immer mal Fehlalarm ausgelöst – nur wenige führende Forscher waren eingeweiht, der Rest des Teams jubelte, bis die Chefs für Ernüchterung sorgten: "Sorry, nur ein Testlauf."

Seit September 2015 steht ein Observatorium zur Verfügung, das leistungsfähiger und weniger fehleranfällig ist als alle bisherigen: die frisch aufgerüstete aLigo-Anlage. An den beiden Detektoren in den US-Bundesstaaten Louisiana und Washington sind auch Deutschland und Großbritannien beteiligt. Unter anderem kommt Laser-Know-how vom Gravitationswellen-Experiment Geo600 in Hannover.


The Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory (LIGO)facility in Livingston, Louisiana. The other facility is located in Hanford, Washington. Image: LIGO

Ist der Nobelpreis sicher?

Ob die Entdeckung schon in diesem Jahr mit dem Nobelpreis belohnt wird, ist ungewiss. Das Komitee wird weitere Messungen abwarten wollen. Von den drei möglichen Quellen für Gravitationswellen, die man im Prinzip messen kann – kollidierende Schwarze Löcher, zusammenstoßende Neutronensterne und Sternexplosionen – ist die erste Möglichkeit nach Ansicht einiger Forscher die undankbarste. Denn dieses Ereignis könne nur schwer durch unabhängige Beobachtungen von Astronomen überprüft werden.

Außerdem werden mit dem Nobelpreis maximal drei Einzelpersonen ausgezeichnet, was die Auswahl schwierig macht, wenn eine Teamarbeit wie diese geehrt werden soll. An der Entdeckung der Gravitationswellen waren nämlich mehr als 1.000 Forscher beteiligt. Gefeiert wird trotzdem, denn das empfangene Signal entspricht den Erwartungen der Theoretiker.

Und wozu brauchen wir die Wellen?

Zugegeben, der Allgemeinheit wird die heutige Entdeckung zunächst wenig Praktisches bringen. Physiker können dagegen endlich grundsätzliche Fragen erforschen; welche das sind, hat spektrum.de zusammengefasst. Nicht nur belegen die Wellen endgültig die Existenz Schwarzer Löcher. Sie erlauben es auch, weitere Teile der Allgemeinen Relativitätstheorie zu überprüfen: Bewegen sich Gravitationswellen wirklich mit Lichtgeschwindigkeit durchs All, wie Einstein glaubte? Besteht die Raumzeit aus kosmischen Strings? Wie sehen Neutronensterne aus, warum explodieren Sterne und wie schnell expandiert unser Universum?

Alles große Fragen, deren Beantwortung jetzt beginnen kann. Und das nur, weil hier auf der Erde ein unvorstellbar schwaches Signal aus dem All ein paar Spiegel minimal hat vibrieren lassen.

Im Internet häufen sich Gerüchte über eine astronomische Sensation. US-Forscher könnten die vor 100 Jahren von Albert Einstein vorhergesagten Gravitationswellen direkt nachgewiesen haben. Die Entdeckung wäre mit großer Sicherheit einen Nobelpreis wert: Denn sie würde nicht nur Einsteins Vorhersage bestätigen, sondern auch ein neues Beobachtungsfenster ins Universum öffnen.

Gravitationswellen entstehen, wenn Massen beschleunigt werden - zum Beispiel bei der Explosion von Sternen am Ende ihrer Lebenszeit. Die Gravitationswellen stauchen und strecken den Raum, ähnlich wie die Wellen eines ins Wasser geworfenen Steins eine Seeoberfläche kräuseln.

Gravitationswellen gehören zu den spektakulärsten Vorhersagen von Albert Einstein. Jeder beschleunigte Körper sendet der Theorie zufolge diese Gravitationswellen aus, die umso stärker sind, je mehr Masse der Körper hat.

Allerdings sind sie in der Regel so winzig, dass Einstein selbst nicht daran glaubte, dass man sie jemals messen könnte. Seit über 50 Jahren versuchen sich Physiker dennoch an einem direkten Nachweis. Alle vermeintlichen Erfolgsmeldungen entpuppten sich bislang allerdings als nicht haltbar. 1974 hatten die beiden US-Astronomen Russell Alan Hulse und Joseph Taylor ein Doppelsystem aus zwei besonderen Neutronensternen entdeckt, die sich eng umkreisen.

Ihre Umlaufzeit nimmt langsam ab, was sich exakt mit dem Energieverlust durch Gravitationswellen erklären lässt. Für diesen - indirekten - Nachweis bekamen die beiden Wissenschaftler 1993 den Physik-Nobelpreis.

Bereits im Januar verbreitete ein US-amerikanischer Physiker Gerüchte darüber, dass eines der empfindlichsten Instrumente der Welt tatsächlich Gravitationswellen nachgewiesen haben könnte.

Lawrence Krauss von der Arizona State University in Tempe schrieb schon im vergangenen September im Kurznachrichtendienst Twitter von „Gerüchten über einen Gravitationswellen-Nachweis am Ligo-Detektor“, dem „Laser-Interferometer-Gravitationswellen-Observatorium“ in den USA.

Im Januar legte Krauss nach: „Mein früheres Gerücht über Ligo ist von unabhängigen Quellen bestätigt worden. Bleiben Sie dran! Gravitationswellen sind möglicherweise entdeckt worden!! Aufregend.“ Krauss ist jedoch nicht an Ligo beteiligt und hat nach eigenen Worten auch mit keinem der etwa 900 Ligo-Forscher selbst gesprochen, wie er dem US-Fachjournal „Science“ verriet.

Doch nicht nur die Ligo-Forscher, sondern zahlreiche andere Physiker suchen nach Beweisen für Gravitationswellen. Im Dezember startete die Europäische Weltraumorganisation Esa ein Mega-Projekt zum Erforschen der Gravitationswellen im All.

Der Satellit „Lisa Pathfinder“ soll neue Technik für ein in etwa 20 Jahren geplantes großes Weltraumobservatorium testen, mit der diese Wellen künftig aufgespürt werden könnten. „Die Grundlagenforschung dient dem besseren Verständnis der Welt, in der wir leben“, meinte Esa-Generaldirektor Johann-Dietrich Wörner damals.


Diese Simulation zeigt Gravitationswelllen, die durch die Verschmelzung von Schwarzen Löchern erzeugt werden. © NASA/Henze

Albert Einstein postulierte die Gravitationswellen bereits in seiner vor gut 100 Jahren veröffentlichten Allgemeinen Relativitätstheorie: Er postulierte, dass die Raumzeit erschüttert wird, wenn große Massen plötzlich beschleunigt werden, beispielsweise bei einer Verschmelzung Schwarzer Löcher oder bei der Explosion eines Sterns in einer Supernova.


Zwei Probleme

Doch der Nachweis der von solchen Ereignissen erzeugten Gravitationswellen ist extrem schwierig. Das Problem: Zum einen sind sie in dem von unseren Detektoren erfassbaren Weltraumbereich eher selten. In der Milchstraße ereignet sich beispielsweise nur alle rund 50 Jahre eine Supernova – und sie ist noch die häufigste unter den Verursachern von Gravitationswellen.

Zum anderen ist die von den Raumzeit-Rippeln transportierte Energie zwar riesig, ihr messbarer Effekt auf die Erde aber winzig: Auf einer Messstrecke von einem Kilometer würden die Wellen den Untergrund um nur Bruchteile eines Protonendurchmessers stauchen und dehnen.



Das Prinzip eines Gravitationswellen-Detektors: Die Interferenz der beiden Teilstrahlen verrät, ob sich die Detektorstrecken durch die Wellen verändern. © scinexx

Wie funktioniert der Nachweis?

Gravitationswellen-Detektoren wie LIGO in den USA oder Geo600 bei Hannover registrieren diese winzigen Verschiebungen mit Hilfe von Laser-Interferometrie: Ein Laserstrahl wird geteilt und auf zwei senkrecht zueinander stehende, mehrere Kilometer lange Messstrecken geschickt. Am Ende werden die Teilstrahlen durch einen Spiegel reflektiert und zum Detektor zurückgeworfen.

Normalerweise ist das System so eingestellt, dass sich die Laserstrahlen dabei gegenseitig auslöschen. Trifft nun jedoch eine Gravitationswelle die Erde, verändern sich Längen der Messstrecken. Als Folge verschiebt sich die Phase der beiden Laserstrahlen gegeneinander und der Detektor empfängt ein Signal.


Entdeckung schon erwartet

Dass der Nachweis von Gravitationswellen unmittelbar bevorsteht, darüber spekulierte die Wissenschaftlergemeinde bereits Anfang des Jahres. Denn der Detektor LIGO wurde umgebaut und ist seit seinem Neustart im September 2015 zehnfach sensibler als zuvor. Dadurch kann er Wellen aus einem tausendfach größeres Raumbereich erfassen als zuvor.

Auch der Gravitationswellen-Detektor VIRGO in Italien wurde aufgerüstet und geht mit verbesserter Empfindlichkeit in Betrieb. Physiker waren sich daher relativ sicher, Einsteins Raumzeit-Wellen noch innerhalb dieses Jahres nachweisen zu können – und genau dies könnte jetzt bereits geglückt sein.

Tatsächlich kursierten schon seit Herbst 2015 immer wieder Gerüchte darüber, dass das LIGO-Team Signale von Gravitationswellen gemessen haben könnte. Weil jedoch auch andere Erschütterungen Störsignale verursachen können, blieb man vorsichtig und zog es vor, die Daten genau zu überprüfen. Jetzt scheinen die Tests offenbar abgeschlossen und die Forscher treten um 16:30 Uhr unserer Zeit an die Öffentlichkeit – man darf gespannt sein.

(LIGO, nature, 11.02.2016 - NPO)

6 Fragen, die uns Gravitationswellen beantworten könnten
Dieser Beitrag erschien unter dem Titel "Gravitational waves: 6 cosmic questions they can tackle" bei "Nature".

Existieren Schwarze Löcher wirklich?

Das Signal, das LIGO am kommenden Donnerstag den Gerüchten zufolge verkünden wird, soll angeblich von zwei verschmelzenden Schwarzen Löchern stammen. Ein solcher Vorgang gehört zu den energiereichsten, die man kennt – die dabei freigesetzten Gravitationswellen dürften kurzzeitig mehr Energie enthalten als das Licht aller Sterne im beobachtbaren Universum zusammengenommen. Fusionen Schwarzer Löcher liefern darum Gravitationswellensignale, die zu den eindeutigsten und am besten interpretierbaren gehören.

Die Verschmelzung beginnt damit, dass sich zwei einander umkreisende Schwarze Löcher in einer Spiralbewegung näher kommen und so Energie in Form von Gravitationswellen abstrahlen. Dabei entstehen Wellen mit einem charakteristischen Klang, den man auch als Chirp (Zwitschern) bezeichnet. An ihm lässt sich die Masse der beiden Objekte ablesen. Im darauf folgenden Schritt kommt es zur eigentlichen Verschmelzung. "Es erinnert an zwei Seifenblasen, die sich so weit aneinander annähern, bis sie irgendwann zu einer einzigen Blase werden", sagt Thibault Damour, ein Gravitationsphysiker am Institut des Hautes Études bei Paris. Dabei werde zunächst die größere Blase verformt. Wenn das resultierende Loch sich schließlich wieder in seine perfekte Kugelform begibt, sendet es den Vorhersagen zufolge Gravitationswellen in einem Muster aus, das die Experten als Ringdown bezeichnen.

Die größte wissenschaftliche Bedeutung einer solchen Entdeckung läge darin, dass sie endgültig die Existenz Schwarzer Löcher nachweisen würde – zumindest in Form jener vollkommen runden Objekte aus reiner, leerer und verbogener Raumzeit, als die sie die allgemeine Relativitätstheorie beschreibt – und dass die Fusion solcher Löcher genau so vonstatten geht, wie sie von der Theorie vorhergesagt wird. Zwar haben Astronomen bereits eine Vielzahl von indirekten Belegen für solche Phänomene gesammelt, doch stammen diese sämtlich von Beobachtungen der Sterne und ultraheißen Gaswolken, die um Schwarze Löcher kreisen – und nicht von diesen selbst.

"Die wissenschaftliche Gemeinschaft hat in letzter Zeit – ich bin da keine Ausnahme – eine ziemlich überhebliche Haltung zu Schwarzen Löchern eingenommen. Wir nehmen sie als gegeben hin", sagt Frans Pretorius, Experte für Simulationen der allgemeinen Relativitätstheorie an der Princeton University in New Jersey. "Aber wenn man bedenkt, was das für eine außergewöhnliche Vorhersage ist, dann braucht man eben auch außergewöhnliche Beweise."

Bewegen sich Gravitationswellen mit Lichtgeschwindigkeit fort?

Sobald Astronomen die Ergebnisse von LIGO mit den Daten anderer Teleskope vergleichen können, werden sie überprüfen, ob die einen Signale vielleicht minimal später bei der Erde ankommen als die anderen. Der klassischen allgemeinen Relativitätstheorie zufolge sollten sich Gravitationswellen mit Lichtgeschwindigkeit durchs All bewegen (von minimalen Effekten auf Grund der Expansion des Universums einmal abgesehen, die sich allerdings nur auf Distanzen bemerkbar machen, die den Suchradius von LIGO bei Weitem übertreffen).

Aber einmal angenommen, LIGO und Virgo würden Gravitationswellen einer Verschmelzung zweier Neutronensterne auffangen und ein klassisches Teleskop den damit einhergehenden Gammastrahlenausbruch, und es ergäbe sich eine minimale zeitliche Diskrepanz zwischen beiden – dann hätte dies enorme Konsequenzen für die Grundlagenphysik. Man nimmt an, dass die Schwerkraft durch ein Teilchen vermittelt wird, das man als Graviton bezeichnet – analog zum Photon der elektromagnetischen Wechselwirkung. Wenn dieses Teilchen genau wie das Photon keine Masse hat, sollten sich Gravitationswellen mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Nichts anderes erwarten die allermeisten Physiker. Aber möglich wäre es dennoch, dass Gravitonen eine winzige Masse haben – in diesem Fall sollte LIGO "langsame" Gravitationswellen sehen.


© Matt Heintze/Caltech/MIT/LIGO Lab 

Hochpräzse Lasertechnik

Bild oben: Ein Mitarbeiter von LIGO inspiziert das Herzstück des Lasermesssystems, einen der Spiegel, auf Verunreinigungen. Die Suche nach Gravitationswellen verlangt nach einer unvorstellbar hohen Präzision.

Besteht die Raumzeit aus "kosmischen Strings"?

Eine noch merkwürdigere Entdeckung könnte es geben, wenn Gravitationswellendetektoren bestimmte "Ausbrüche" der Gravitationswellen feststellen würden, die von so genannten kosmischen Strings herrühren (die wiederum mit den Strings der Stringtheorie in Verbindung stehen könnten – oder auch nicht). Diese hypothetischen Störungen der Raumzeit wären unendlich dünn, aber sie würden sich über kosmische Entfernungen ausdehnen. Forscher haben vorhergesagt, dass – falls diese kosmischen Strings existieren – sie gelegentlich knicken würden; beim Knicken entstünden dann die Gravitationswellenausbrüche. Und diese müssten Detektoren wie LIGO oder Virgo im Prinzip aufspüren. Diese Strings zu entdecken, wäre jedoch noch kein Beweis für die Stringtheorie, da es auch noch andere Mechanismen gibt, die potenziell kosmische Strings erzeugen könnten.

Sind Neutronensterne schroff?

Neutronensterne sind Überbleibsel von Sternen, die unter ihrer eigenen Masse eingestürzt sind und sich dabei so verdichtet haben, dass die Elektronen und Protonen, aus denen sie bestanden, zu Neutronen verschmolzen. Ihre extreme Physik ist bisher kaum verstanden, aber Gravitationswellen könnten einen einzigartigen Einblick in diese Objekte ermöglichen. Die starke Gravitation an ihrer Oberfläche beispielsweise macht Neutronensterne fast perfekt rund. Aber einige Forscher haben Theorien entwickelt, nach denen es trotzdem "Berge" geben könnte – wenn auch nur von wenigen Millimetern Höhe –, die diese dichten Objekte mit ihrem Durchmesser von etwa zehn Kilometern einen Deut asymmetrisch machen würden. Weil Neutronensterne für gewöhnlich schnell rotieren, würde diese asymmetrische Masseverteilung die Raumzeit verformen und ein permanentes Gravitationswellensignal in Form einer Sinuswelle erzeugen, das Energie abstrahlen und die Rotation des Sterns kontinuierlich verlangsamen würde.

Zwei Neutronensterne, die sich umkreisen, würden ebenfalls ständig ein Signal abgeben. Genau wie zwei Schwarze Löcher würden sie in einer Spirale aufeinander zudriften und schließlich verschmelzen, wobei gelegentlich ein wahrnehmbares Zwitschern entstünde. Ihre letzten Augenblicke aber würden sich dramatisch von denen Schwarzer Löcher unterscheiden. "Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten, abhängig von den Massen und davon, wie viel Druck eine neutronenverdichtete Masse ausüben kann", sagt Pretorius. So könnte der entstandene fusionierte Stern zum Beispiel ein Neutronenstern höherer Masse sein oder sofort weiter in sich zusammenstürzen und sich in ein Schwarzes Loch verwandeln.

Der Livingstone-Detektor

Um Gravitationswellen aufzuspüren, setzt man auf Laserlicht-Interferometrie: Ein Laserstrahl wird gesplittet und in zwei lange Röhren geleitet (hier im Luftbild erkennbar); am Ende der Röhren werden die Lichtwellen von einem Spiegel zurückgeworfen, so dass sie sich am Ausgangspunkt wieder treffen. Im Normalfall heben sie sich dort gegenseitig auf. Verzerrt jedoch eine Gravitationswelle die Raumzeit, variiert die Länge der beiden Röhren minimal – die Laserstrahlen löschen einander nicht länger aus und treffen stattdessen auf einen Detektor.

Warum explodieren Sterne?

Während manche einstürzenden Sterne zu Neutronensternen werden, verwandeln sich andere direkt in Schwarze Löcher. Astrophysiker sind davon überzeugt, dass dieser Vorgang der Antrieb für die verbreitete Sorte einer Supernovaexplosion vom Typ II ist. Simulationen dieser Supernovae konnten zwar bisher noch nicht eindeutig zeigen, was sie entzündet. 

Aber auf den "Knall" der Gravitationswellen zu achten, den man von echten Supernovae erwartet, könnte eine Antwort darauf geben. Welche Form haben die Gravitationswellen? Wie stark und häufig sind sie? Wie hängen sie mit der Supernova zusammen, wenn man diese auch mit anderen, elektromagnetischen Teleskopen betrachtet hat? All das könnte dabei helfen, die verschiedenen vorhandenen Modelle zu stützen oder zu verwerfen.

Wie schnell dehnt sich das Universum aus?

Die Expansion des Universums bedeutet für uns, dass entlegene, sich von uns entfernende Objekte von unserer Galaxie aus gesehen röter erscheinen, weil diese Bewegung ihre Lichtwellen unterwegs in die Länge zieht. Kosmologen schätzen die Ausdehnungsrate des Universums ab, indem sie dieRotverschiebung der Galaxien mit ihrer Entfernung von uns ins Verhältnis setzen. Diese Rotverschiebung wird aber für gewöhnlich mit der Helligkeit von Supernovaexplosionen eines bestimmten Typs, nämlich Ia, geeicht. Diese Methode lässt Raum für große Unsicherheiten.

Falls mehrere Gravitationswellendetektoren an verschiedenen Orten auf der Welt Signale vom selben Verschmelzen zweier Neutronensterne aufzeichnen würden, könnten sie eine gemeinsame Abschätzung der Gesamtstärke des Signals ermöglichen. Diese würde es erlauben, die Entfernung und Richtung des Ereignisses zu erschließen. Astronomen könnten dann bestimmen, in welcher Galaxie die Verschmelzung stattfand. Ein Abgleich der Rotverschiebung aus den Messungen anderer Teleskope mit der Entfernung des Verschmelzens aus der Stärke der Gravitationswellen könnte, verglichen mit den gegenwärtigen Methoden, eine unabhängige und womöglich genauere Abschätzung der kosmischen Ausdehnungsrate ermöglichen.

Quellen:
Handelsblatt Online
http://www.zeit.de/wissen/2016-02/albert-einstein-gravitationswellen-physik-relativitaetstheorie-beweis-astronomie
http://www.wiwo.de/astronomie-gravitationswellen-endlich-bewiesen/12949570.html
http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-19834-2016-02-11.html
http://www.spektrum.de/news/6-fragen-die-uns-gravitationswellen-beantworten-koennten/1398802
http://www.universetoday.com/127351/gravitational-waves-discovered-a-new-window-on-the-universe/
http://projectavalon.net/forum4/showthread.php?88802-We-have-detected-gravitational-waves--Einstein-s-gravitational-waves-seen-from-black-holes
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