1. Es gab einmal eine Ansiedlung von Geschöpfen am Grunde eines großen kristallklaren Flusses.
2.Die Strömung des Wassers floss schweigend über alle hinweg - einerlei, ob jung oder alt, reich oder arm, gut oder böse: Die Strömung ging ihren eigenen Weg, denn sie kannte nur ihr eigenes kristallklares Wesen.
3. Jedes Geschöpf klammerte sich in der ihm eigenen Art und Weise fest, an die Zweige und Steine im Flußbett, denn ihre Lebensweise bedeutete sich festhalten; von Geburt an hatte man ihnen beigebracht, der Strömung zu widerstehen.
4. Aber ein Geschöpf unter Ihnen sagte eines Tages: „Ich habe es jetzt satt, mich immer festzuhalten! Ich kann es zwar nicht mit eigenen Augen sehen, aber ich vertraue trotzdem darauf, daß die Strömung weiß, wohin es geht. Ich werde loslassen, damit mich das Wasser forttragen kann, wohin es will, denn , anklammernd, werde ich sterben vor Langeweile.“
5. Die anderen Geschöpfe lachten und sagten: „Du Narr! Laß nur los, und die Strömung, die du verehrst, wird dich ergreifen und an den Felsen zerschmettern, und du wirst sterben, schneller als vor Langeweile!“
6. Aber das Eine Geschöpf hörte nicht auf sie: atmete tief durch, und ließ los. Er wurde sofort herumgewirbelt und von der Strömung gegen die Felsen geschmettert.
7. Aber noch rechtzeitig hob die Strömung das Geschöpf, das sich weigerte sich wieder festzuhalten, hoch, und es wurde nicht länger zerschunden oder verletzt.
8. Und all die Geschöpfe, die sich stromabwärts angesiedelt hatten und die es nicht kannten, riefen: „Seht, ein Wunder! Ein Geschöpf wie wir, und doch fliegt es! Sehet, der Messias ist gekommen, um uns alle zu retten!“
9. Und derjenige,, der vom Strom getragen wurde, sagte: „Ich bin nicht mehr ein Messias als ihr auch. Der Fluß tut nichts lieber, als uns zu befreien, wenn wir es nur wagen, loszulassen. Unsere wahre Arbeit ist diese Reise, dieses Abenteuer.“
10. Aber sie weinten umso mehr „Erlöser!“ und klammerten sich dabei fest an den Felsen, und als sie noch einmal hin schauten, war er weg.
11. Sie wurden allein gelassen mit dem erfinden von Legenden eines Erlösers.“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Bei Kommentaren bitten wir auf Formulierungen mit Absolutheitsanspruch zu verzichten sowie auf abwertende und verletzende Äußerungen zu Inhalten, Autoren und zu anderen Kommentatoren.
Daher bitte nur von Liebe erschaffene Kommentare. Danke von Herzen, mit Respekt für jede EIGENE Meinung.