2015-09-19

Geheime Dokumente belegen: Westliche Regierungen planen Verleumdungskampagnen

Der bekannte investigative Journalist Glenn Greenwald, der eng mit dem früheren NSA-Vertragsmitarbeiter und Whistleblower Edward Snowden zusammenarbeitet, veröffentlicht immer wieder schockierende Enthüllungsartikel über die Machenschaften amerikanischer und westlicher Geheimdienste.


Mit seinen jüngsten Veröffentlichungen lässt er nun eine Bombe platzen, die die Ansichten und die Einstellung der Menschen zur Regierung und zum Internet grundsätzlich verändern könnte. Auf der von ihm mitbegründeten Internet-Enthüllungsseite The Intercept erklärte er, aus den Archiven der Dokumente, die Snowden bei seinem Weggang von der National Security Agency (NSA) mitnahm, verdiene besonders eine Story besondere Beachtung.

Darin gehe es um die Frage, »wie die westlichen Geheimdienste versuchen, Diskussionen im Internet mit extremen Mitteln wie Täuschung und Zerstörung des Ansehens zu manipulieren und zu kontrollieren«.

Seit langer Zeit, so Greenwald weiter, habe er zusammen mit dem amerikanischen Fernsehsender NBC News an einer ganzen Reihe von Sendungen über die »schmutzigen Tricks« des britischen Gegenstücks zur NSA, des britischen Geheimdienstes Government Communications Headquarters (GCHQ) und dessen Abteilung Joint Threat Research Intelligence Group (JTRIG, deutsch etwa: Gemeinsame Geheimdienstabteilung zur Bedrohungsanalyse) gearbeitet.

»Verdeckte Internet-Operationen«

Die Berichte gründen sich auf vier als geheim eingestufte GCHQ-Dokumente, die nur innerhalb der NSA und den anderen Diensten der sogenannten »Five Eyes« (eine Geheimdienst-Koalition aus den USA, Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland) verbreitet wurden. Im Zentrum des jüngsten Artikels von Greenwald zu diesem Thema steht ein weiteres Dokument mit dem Titel »Die Kunst der Täuschung: Ausbildung für verdeckte Internet-Operationen«.

In früheren Artikeln hatten Greenwald und NBC jeweils einen besonderen Aspekt hervorgehoben: z.B. die nachrichtendienstliche Überwachung von YouTube und Blogger, gezielte Angriffe gegen die Hackergruppe Anonymous mit den gleichen Methoden (etwa sogenannte »Distributed Denial of Service«-Angriffe, DDoS), die die Regierung sonst immer den »Hacktivisten« vorwirft, den Einsatz so genannter »Honigfallen«, bei denen Personen in sexuell verfängliche Situationen gebracht werden, sowie zerstörerische Computerviren. In seinem jüngsten Artikel wolle er, so Greenwald weiter,

»auf den übergeordneten Aspekt zu sprechen kommen, den alle Dokumente gleichermaßen enthüllen: Diese Geheimdienste versuchen, Internetdiskussionen zu kontrollieren, zu infiltrieren, zu manipulieren und zu verzerren, um auf diese Weise die Integrität des Internets selbst infrage zu stellen…

Zu den zentralen, von JTRIG selbst beschriebenen Zielen gehören zwei Vorgehensweisen: (1) die Verbreitung aller erdenklichen Arten von Falschinformationen im Internet, um so das Ansehen der Zielpersonen zu ruinieren, und (2) der Einsatz ursprünglich sozialwissenschaftlicher und anderer Methoden, um Internet-Diskussionen und Aktivitäten zu manipulieren, die der Dienst für wünschenswert hält.«

»Diskreditieren von Zielpersonen und auch Unternehmen mit Operationen unter falscher Flagge«
Um diese Ziele zu erreichen, setzen die Dienste (wie aus den von Snowden enthüllten Power-Point-Präsentationen hervorgeht) zahlreiche Methoden ein: »Operationen unter falscher Flagge«, die darauf abzielen, »ein Ziel zu diskreditieren« (in einem solchen Fall würde etwa Material ins Internet gestellt, das einem Ziel oder einer Zielperson untergeschoben werden soll); gefälschte Blog-Einträge (in denen man bspw. vorgibt, Opfer eines Ziels oder einer Zielperson zu sein, um so Falschinformationen zu verbreiten) sowie das Posten »negativer Informationen« im Internet, wo immer es zweckdienlich erscheint.

In einer Folie mit der Überschrift »Diskreditieren einer Zielperson« werden die Geheimdienstmitarbeiter angespornt:

»Honigfallen« zu arrangieren, die Fotos von Zielpersonen in sozialen Netzen zu ändern, einen »Opfer«-Blog zu schreiben und E-Mails oder andere Textnachrichten an Kollegen, Nachbarn, Freunde usw. der Zielperson zu versenden.

Und an einer anderen Stelle heißt es: »Um ein Unternehmen zu diskreditieren, könnte man Unternehmen oder Medien über Internetblogs vertrauliche Informationen zuspielen, … negative Informationen in dafür geeigneten Foren verbreiten oder die geschäftlichen Beziehungen zwischen Unternehmen schädigen und/oder Geschäfte verhindern.«

»Unabhängig davon, wie man zu Anonymous, ›Hacktivisten‹ oder gewöhnlichen Kriminellen steht«, schreibt Greenwald, »kann man unschwer erkennen, wie gefährlich es ist, wenn eine geheime Regierungsbehörde in der Lage ist, jede beliebige Person mit diesen internetbasierten, verdeckten und auf Täuschung beruhenden Methoden der Diskreditierung und der Belästigung ins Visier zu nehmen – Menschen denen niemals eine Straftat vorgeworfen wurde oder die noch nie wegen einer Straftat verurteilt wurden.«

Er betont, die Überwachungsbehörden hätten sich selbst die Macht verliehen, möglicherweise unter Anleitung politischer Interessen, bewusst das Ansehen von Personen zerstören und ihre Internetaktivitäten stoppen zu können, ohne dass diesen eine Straftat vorgeworfen wurde oder ihre Aktivitäten in einer nachvollziehbaren Verbindung zu Terrorismus oder sogar einer Bedrohung der nationalen Sicherheit stünden.

Die Regierung Obama trägt in dieser Hinsicht eine Mitschuld. Greenwald weist darauf hin, dass der Harvard-Rechtsprofessor Cass Sunstein, ein Berater Obamas und früherer Leiter des Office of Information and Regulatory Affairs des Weißen Hauses, 2008 ein höchst umstrittenes Papier verfasste. Dort schlug er vor, die Regierung solle regierungskritische Gruppen und Internetseiten »erkenntnisbezogen infiltrieren«. Und tatsächlich setzte Obama die Bundessteuerbehörde IRS dazu ein, Tea-Party-Organisationen einzudämmen und zu verunglimpfen.

Viele Amerikaner – aber auch Bürger anderer westlicher Länder – hängen der Illusion an, dass ihre Regierung immer auf der Grundlage der Verfassung und aus ehrenwerten Motiven heraus handele und nur das Beste wolle. Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass die eigene Regierung ihre Bürger ausforscht oder sogar gegen sie vorgehen will, nur weil diese Personen mit den erklärten Zielen und der Politik der Regierung oder des Parlaments nicht übereinstimmen.

Aber die vorgelegten Dokumente beweisen eindeutig, dass genau das der Fall ist.

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Bildnachweis: Gage Skidmore / Flickr (CC BY-SA 2.0)

Gelesen bei: http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/enthuellungen/j-d-heyes/geheime-dokumente-belegen-westliche-regierungen-planen-verleumdungskampagnen.html

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