2015-09-17

Kredite und Sanktionen: Schüsse in die eigenen Knie

Entschuldigung, dass wir auch in diesem Artikel wieder Waffenrhetorik verwenden, doch leider bietet sich angesichts der (selbst)zerstörerischen Umtriebe des Politestablishments nichts passenderes an. Denn Brüssel, Berlin und Washington spielen an allen Fronten mit gefährlichen Geschossen herum und lösen dabei vor allem Querschläger und Fehlzündungen aus. Besonders wild schießen sie mit Krediten und Sanktionen um sich. Treffer landen sie vor allem in den eigenen Reihen.


Der erste Schuss ins Knie: die griechischen Schulden sind jetzt offiziell abgeschrieben, die Steuerzahler der anderen EU-Länder werden also definitiv für Tilgung und Zinsen aufkommen. Die „Neubewertung“ der griechischen Schulden, sprich die de-facto-Abschreibung, wurde vorige Woche heimlich, still und leise verkündet. Auf Anregung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) wird der IWF die Schuldenquote eines Landes künftig nicht mehr als relevantes Kriterium für die Kreditvergabe erachten. Bislang waren hier 120% der Wirtschaftskraft eines Landes die Obergrenze, ab jetzt können die Kredite bei Griechenland trotz Quote von über 200% durchgewunken werden.

Dieser verkappte Offenbarungseid wurde geleistet, um weiterhin Geld nach Griechenland pumpen zu können und das Schuldensystem am Leben zu halten. Zuvor war der IWF daran gescheitert, einen Schuldenschnitt durchzusetzen, der alle anderen Griechenland-Gläubiger betroffen hätte, jedoch nicht den IWF selbst. Die nun gewährten Stundungen, Laufzeitverlängerungen und – besonders trickreich – die „zwischenzeitlichen“ Zinssenkungen erstrecken sich teils bis ins Jahr 2040. Angesichts der nicht gegebenen Planbarkeit solch langer Perioden kommt das einer Abschreibung der Kredite gleich. Ernst Wolff fasst das folgendermaßen zusammen:

Die Zahlenmanipulation des IWF und des ESM zeigt nicht nur, dass der IWF sich über die Hoffnungslosigkeit der Verschuldungssituation Griechenlands im Klaren ist. Sie zeigt auch, dass IWF und ESM noch den letzten Blutstropfen aus dem völlig bankrotten Land und seiner Bevölkerung herauspressen wollen. Sie geht sogar noch einen Schritt weiter, denn die Bewertung von Ländern auf Grund des Schuldendienstes statt auf Grund der Schuldenquote bedeutet: Sowohl der ESM als auch der IWF sind fest entschlossen, die Schuldenlawine, die nicht nur Europa, sondern die gesamte Welt existenziell bedroht, von nun an konsequent zu ignorieren und ein dem Untergang geweihtes System weiterhin ohne Rücksicht auf wirtschaftliche, politische und vor allem soziale Folgen durch billigste Rechentricks am Leben zu erhalten.“

Die Troika zementiert damit auch die Enteignungspolitik gegen die europäischen Kleinanleger und Sparer, denn die Nullzinspolitk der EZB wird damit weiterhin „alternativlos“ gehalten. Eine detaillierte Analyse zu den absehbaren Folgen für die verschiedenen Anlageklassen hat Prof. Markus Kerber am Montag bei DWN veröffentlicht.

Kommen wir zum zweiten Schuss ins Knie, den Sanktionen der westlichen Allianz gegen Russland und andere „Schurkenstaaten“. Die kommen dem EU-Haushalt wohl mindestens genauso teuer zu stehen wie dem bösen Putin-Reich. Denn dieses hat auf die Sanktionen des Westens mit einem Gegenembargo für landwirtschaftliche Produkte reagiert. Russland muss ein wichtiger Absatzmarkt gewesen sein, denn soeben haben die Proteste Tausender Bauern die EU-Kommission veranlasst, Soforthilfen in Höhe von 500 Millionen Euro freigegeben. Außerdem will die Kommission ihre Subventionen leichter zugänglich machen: die Regeln für staatliche Beihilfen sollen flexibler ausgelegt werden und „die EU-Staaten dürfen direkte Zahlungen ab Mitte Oktober bis zu 70 Prozent direkt an Landwirte leisten“. Kurz, die EU stopft die Löcher, die sie in die eigenen Volkswirtschaften reißt, um auf Steuerzahlerkosten Krieg zu spielen, mit weiteren Steuergeldern ihrer Bürger.

Einen ähnlichen Boomerang bekommt Washington mit seinem Öl-Embargo gegen Russland ab. Der von US-Außenminister Kerry durch eine mit den Saudis ausgeheckte Intrige heruntermanipulierte Ölpreis schadet nicht wie vorgesehen Russland, sondern vor allem der US-Schieferölindustrie. Manche sprechen gar schon von „Selbstmord an der eigenen Energieindustrie“.

Man kann natürlich spekulieren, ob diese Schüsse in die eigenen Knie nur aus bodenloser Inkompetenz oder auch aus Absicht abgegeben werden. Für den entstehenden Schaden spielt das jedoch nur eine geringe Rolle. Wichtig ist, wie sie zusammenhängen: die Kreditwirtschaft ist der Schuss ins linke Knie, die Sanktionen der ins Rechte. Beide zusammen lassen die Volkswirtschaften EU und USA über kurz oder lang – nun ja, in die Knie gehen. Mit den Sanktionen schwächen die NATO-Staaten vor allem ihre eigene Wirtschaftskraft und damit den Staatshaushalt sowie die Fähigkeit zur Schuldentilgung. Davon wiederum versucht man mit billigen Zahlentricks abzulenken.

Diese Maßnahmen funktionieren nicht nur nicht, sondern richten sich auch gegen ihre Erfinder – wenn auch erst später als gegen die Steuerzahler. Bei diesem Selbstmord auf Raten ist man fast geneigt zu hoffen, dass den Möchtegernscharfschützen die Munition ausgeht, bevor sie den Laden komplett zu Klump schießen.

Literatur:
Der stille Putsch: Wie eine geheime Elite aus Wirtschaft und Politik sich Europa und unser Land unter den Nagel reißt von Jürgen Roth
Der Crash ist die Lösung: Warum der finale Kollaps kommt und wie Sie Ihr Vermögen retten von Matthias Weik und Marc Friedrich
Weltmacht IWF: Chronik eines Raubzugs von Ernst Wolff
Perfekte Krisenvorsorge: Überleben, wenn Geld wertlos wird und die Geschäfte leer sind von Gerhard Spannbauer
Quellen: PublicDomain/krisenvorsorge.com vom 09.09.2015
Gelesen bei: 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Bei Kommentaren bitten wir auf Formulierungen mit Absolutheitsanspruch zu verzichten sowie auf abwertende und verletzende Äußerungen zu Inhalten, Autoren und zu anderen Kommentatoren.

Daher bitte nur von Liebe erschaffene Kommentare. Danke von Herzen, mit Respekt für jede EIGENE Meinung.