2015-03-31

Mitmachen - Selbstmachen - „Die Waffen nieder“: Ostermärsche gehen los!


Mit dem Ende des Kalten Krieges ist die Tradition der Ostermärsche zwar zurückgegangen, aber gerade durch die Ukraine-Krise und NATO-Aktivitäten scheint der Ostermarsch wieder an Bedeutung zu gewinnen.


„Die wirklich steigende Kriegshetze, die beängstigenden Entwicklungen hinsichtlich eventueller Waffenlieferungen an die Ukraine oder dieser USA-Panzerzug durch Osteuropa sind so beunruhigend, dass wir diesmal das Motto von Bertha von Suttner gewählt haben,Die Waffen nieder‘,“ sagte Laura von Wimmersperg von der Berliner Friedenskoordination, die seit 40 Jahren Ostermärsche veranstaltet.

„Die Worte der österreichischen Pazifistin:,Keinem vernünftigen Menschen wird es einfallen, Tintenflecken mit Tinte, Ölflecken mit Öl wegwaschen zu wollen. Und nur Blut soll immer wieder mit Blut abgewaschen werden‘ haben wir nochmal problematisiert“, erklärte sie im Interview mit Nikolaj Jolkin. „Jetzt gerade 70 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, wo wir uns auch auf den Tag der Befreiung vorbereiten, sind die Zuspitzungen wirklich beängstigend. Am 4. April treffen wir uns am S-Bahnhof Friedrichstrasse. Am Dorothea-Schlegel-Platz gibt es ein Denkmal in Erinnerung an die deportierten jüdischen Kinder. An dieser Stelle hat die Bundeswehr einen Informationsshop vor kurzem aufgemacht. Eben dort veranstalten wir die Auftaktkundgebung. Dann gehen wir zum Lustgarten und zum Teil durch die Friedrichstraße.“

Auch zum Tag der Befreiung plant Laura von Wimmersperg mehrere Veranstaltungen: „Wir bereiten eine Demonstration vor, die erst am 10. Mai der Abschluss der ganzen Feierlichkeiten sein wird. Am 8. und 9. Mai werden in Berlin große Veranstaltungen vom Verein der Verfolgten des Naziregimes veranstaltet, und wir wollen uns gegenseitig keine Konkurrenz machen. Diese Feierlichkeiten sind ehrendes Gedenken und Dank an die Sowjetarmee. Unsere Demonstration am 10. Mai weist in die Zukunft, weil wir gegen Kriegshetze, gegen Kriegsplanung und Propaganda auftreten.

Es gibt noch Veranstaltungen am 9. Mai, die die Berliner Friedenskoordination unterstützt. „Ein Historiker, der selber mit der Friedensbewegung nicht viel zu tun hat“, so Laura von Wimmersperg weiter, „hat aufgerufen, dass es dringend notwendig wäre, den Sowjetsoldaten für die Befreiung zu danken,,dass wir nicht so glücklich leben könnten, wie wir das jetzt tun‘, so hat er das formuliert. Er hat die Berliner aufgerufen, zum Ehrenmal für gefallene sowjetische Soldaten in Westberlin beim Brandenburger Tor zu kommen. Und wir haben die Vermutung, dass da schon einige hinkommen, die das sonst gar nicht tun. Am Abend des 09. Mai gibt es eine satirische Veranstaltung. Denn die Bundeswehr feiert einen Bundeswehr-Ball wegen der 60 Jahre seit der Gründung der Nato. Und das am Tag des Sieges über den Faschismus! Das ist eine unglaubliche Instinktlosigkeit. Und wir machen einen,blutigen Ball am Rande des Vulkans‘. Das ist noch nicht ganz fertig ausgedacht. Wir sitzen noch in der Arbeitsgruppe daran. Das werden wir machen, wo die reingehen zum Bundeswehr-Ball.“

Seit November 1945 erinnert das sowjetische Ehrenmal in Berlins Mitte an die gefallenen Sowjetsoldaten des Zweiten Weltkriegs. Zwei T-34-Panzer der sowjetischen Armee flankieren die Statue eines Rotarmisten am Ensemble an der Straße des 17. Juni. Vor einem Jahr scheiterten die Forderungen der Boulevardpresse, diese Panzer vor dem Hintergrund des angeblichen russischen Vorgehens in der Ukraine zu entfernen. Die Bundesregierung hat beschlossen, dass die Panzer Teil des Sowjetischen Ehrenmals bleiben. Auf dem Gelände des Ehrenmals liegen die Gräber von rund 2500 Soldaten.

Historie in Deutschland


In der Bundesrepublik Deutschland wurden die ersten Ostermärsche aus dem pazifistischen Aktionskreis für Gewaltlosigkeit heraus angeregt, nachdem Pressemeldungen den Beginn der Erprobung von Honest-John-Atomraketen in der Nähe des ehemaligen KZ Bergen-Belsen gemeldet hatten. Konrad Tempel, wie seine spätere Frau Helga Stolle Korrespondent von PEACE NEWS, befreundet mit Mitgliedern des Direct Action Committees und Quäker, konnte pazifistische Gruppen in Hamburg (siehe Foto), Bremen, Hannover und Braunschweig für einen norddeutschen mehrtägigen Sternmarsch gewinnen. Die Demonstration endete am Ostermontag 1960 mit rund 1.200 Teilnehmern beim Truppenübungsplatz Bergen-Hohne.

Der Protest richtete sich anfänglich ausschließlich „gegen atomare Kampfmittel jeder Art und jeder Nation“ in Ost und West. Aufgrund der Erfahrungen mit der Kampf-dem-Atomtod-Bewegung, und um eine Vereinnahmung durch Aktivisten von linken Organisationen zu verhindern, wurde in einem gemeinsamen Flugblatt das nötige „Vertrauen in die Macht des Einzelnen“ betont, damit „aus einer entschiedenen Minderheit eine kraftvolle Mehrheit“ werden könne.

In den folgenden Jahren gingen an den Osterfeiertagen immer mehr Menschen an immer mehr Orten auf die Straße, um für ein Ende der atomaren Bewaffnung und des nuklearen Wettrüstens in beiden Lagern des Kalten Krieges zu demonstrieren. Bedeutende Persönlichkeiten wie Erich Kuby, Robert Jungk, der Bundestagsabgeordnete Arno Behrisch und Martin Niemöller erklärten ihre Zustimmung, später kamen u.a. Ernst Rowohlt, Stefan Andres, Erich Kästner, Heinz Hilpert, Robert Scholl, Helmut Gollwitzer und Bertrand Russell dazu. Sprecher der Ostermarsch-Bewegung waren Konrad Tempel (bis 1964) und dann Andreas Buro, Organisationsleiter war Klaus Vack. Buro und Vack schieden 1969 aus der Ostermarschkampagne aus, um das Sozialistische Büro zu gründen.

Bereits von den ersten Osteraktionen an beteiligten sich an den Märschen neben Pazifisten Rüstungsgegner aus der Arbeiterbewegung und religiös motivierte Einzelne. Auch durch die folgende Kooperation verschiedener Strömungen und die lebhaften internen Diskussionen wurden die politischen Forderungen immer konkreter (Beispiel: Forderung nach atomwaffenfreien Zonen, entsprechend dem Rapacki-Plan). Dadurch wurde sie zu einer außerparlamentarischen Sammlungsbewegung, deren jährliche Teilnehmerzahl bis 1968 auf 300.000 stieg. Dies ist auch ablesbar an der Namensänderung: „Kampagne für Abrüstung“ (1963) → „Kampagne für Demokratie und Abrüstung“ (1968). Typisch waren die Friedenslieder von Gerd Semmer und Fasia Jansen. Buro schätzte das später wie folgt ein:
„Die Grundstruktur der Ostermarsch-Bewegung vermied … eine entscheidende Blockade für Massenlernprozesse: Es gab keine avantgardistischen Kader, die wie Lehrer in der Schule das richtige Lernergebnis schon kannten und die Massenbewegungen im Sinne eines Vorfelds dieser 'Avantgarde' nur mehr oder weniger offen zu diesem Ergebnis steuerten. Beim Ostermarsch waren die Organisatoren selbst in den gemeinsamen Lernprozess eingebunden. Das Lernen aus eigenen Erfahrungen erzeugte überhaupt erst die Bereitschaft zu selbsttätigem Lernen auf breiter Basis.“
Die Ostermarschbewegung, als Kampagne für Demokratie und Abrüstung, gilt bei einigen Historikern als erste unabhängige neue soziale Bewegung und breite außerparlamentarische Opposition in der Bundesrepublik. Unter dem Eindruck der Notstandsgesetzgebung (1968), der Militärintervention des Warschauer Pakts in der CSSR (1968), der Bildung einer sozialliberalen Bundesregierung (1969) spaltete sie sich 1969 auf und beendete 1970 ihre Aktionen.



Quellen: http://de.sputniknews.com/politik/20150331/301722996.html#ixzz3VzKiZVRH

Historie und Bilder: http://de.wikipedia.org/wiki/Ostermarsch 



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