Die Figur des Robin Hood steht für den Kampf um soziale Gerechtigkeit. Seine Methode ist bekannt: Er nimmt den Reichen, um den Armen zu geben. Robin Hood erhob also eine Art Steuer für die Reichen, um seine feudale Gesellschaft etwas gerechter zu machen.
Sahra Wagenknecht hat sich mit dem folgenden auf facebook veröffentlichen Post als würdige Nachfolgerin dieser Figur erwiesen:
Auch sie will den Reichen etwas nehmen, um es den Armen zu geben. Das Ziel unterstützen wir. Man fragt sich nur, warum sie ihre Forderung nach sozialer Gerechtigkeit in einen Zusammenhang mit einem ausgeglichenen Staatshaushalt bringt.
Die Steuerpolitik ist zweifelsohne ein probates Mittel, die für marktwirtschaftlich organisierte Gesellschaften typische ungleiche Einkommensverteilung zu korrigieren. Die Frage aber, wie ein Staat seine Ausgaben für investive und konsumtive Zwecke refinanzieren kann und sollte, ist eine ganz andere Frage.
Warum sollten, wie der Post implizit fordert, die Ausgaben des Staates ausschließlich und vollständig über Steuern finanziert werden? Zumal in einer Gesellschaft wohlgemerkt, in der es (wie Heiner Flassbeck und ich hier dargelegt haben) in jedem Jahr zu einem Sparüberschuss in der Größenordnung von 150 bis 250 Milliarden Euro kommt, der absorbiert werden muss, soll die Wirtschaft nicht großen Schaden nehmen. In einer Gesellschaft zudem, in der es, wie man an den gegenwärtigen Nullzinsen sieht, keinen Marktmechanismus gibt, der zuverlässig dafür sorgen könnte, dass dieser Sparüberschuss von den Märkten in vernünftiger Weise für Investitionen verwandt wird.
Hinzu kommt, dass der Staat (im weitesten Sinne) in einer Geldwirtschaft noch auf ganz andere Weise seine Staatsausgaben finanzieren kann. Der beste Beweis dafür ist das Programm der EZB unter dem Namen der „quantitativen Lockerung“. Im Rahmen dieses Programms kauft die EZB für monatlich 60 Milliarden Schuldverschreibungen am Kapitalmarkt einfach indem sie deren Inhabern eine Gutschrift in Euros zukommen lässt. Das kann eine staatliche Institution offenbar tun, ohne irgendwelche Steuern zu erheben. Ben Bernanke, der frühere amerikanische Notenbankpräsident, hat dieses Verfahren in dem folgenden Zitat kurz und bündig so erklärt:
„Es ist kein Steuergeld. Die Banken führen Konten bei der Fed, ganz ähnlich wie Sie ein Girokonto bei einer Geschäftsbank führen. Um eine Bank zu refinanzieren, benutzen wir einfach den Computer und schreiben ihrem Fed Konto einfach einen höheren Betrag gut. Es ist eher wie Geld drucken als Geld leihen.“
Warum sollte man mit so erzeugtem Geld nicht auch andere Güter kaufen oder Investitionen finanzieren dürfen? Aber wenn es so einfach wäre, Staatsausgaben zu decken, dann könnte man doch gleich darauf verzichten, Steuern zu erheben, werden manche sagen. Wenn jeder beliebigen Zugriff auf alle Ressourcen hätte, dann befänden wir uns tatsächlich entweder im Schlaraffenland oder es gäbe mit Sicherheit früher oder später eine Inflation. Steuern werden erhoben, um, wie oben gesagt, die Ressourcenverteilung zu korrigieren und um sicher zu stellen, dass das Geld, womit der Staat seine Ausgaben bezahlen will, als Zahlungsmittel akzeptiert wird. Das Prinzip habe ich in meinem Buch „Was ist eigentlich eine Marktwirtschaft“ (hier), so beschrieben:
„Ein Staat z.B. kann sich an seine Untertanen wenden und sie auffordern, dass sie so und so viel Gerste, Bier, Ziegen etc. an ihn abzuliefern haben oder für ihn gar in einen Krieg zu ziehen. Er kann aber seine Untertanen auch dazu verdonnern, ihre Steuerschulden mit Papierzettelchen mit Zahlen darauf zu bezahlen, und verfügen, diese als Zahlungsmittel für alle Wirtschaftsgüter anzunehmen. Ein Ziegenhirte kann vom Staat z.B. dazu aufgefordert werden, jedes Jahr fünf Ziegen an ihn abzuliefern. Er kann ihm aber auch eine Steuerschuld von fünfzig Gulden auferlegen – oder wie auch immer der Staat seine Recheneinheit zu nennen beliebt – und ihm dann für eine Ziege 10 Gulden bezahlen.“
So gesehen ist Geld ein Steuerungsmittel, dass es auf der Basis der staatlichen Gewaltenteilung erlaubt, die Ressourcen eines Landes einer bestimmten Verwendung zuzuführen. Da der Staat Geld selbst schaffen kann, unterliegen Staaten nicht dieselben Restriktionen wie Private. Das vom Staat geschaffene Geld begründet zu Recht Budgetbeschränkungen für die Privaten, weil es nicht beliebig viele Ressourcen gibt. Dass der Staat sich selbst aber einer (schwarzen oder roten) Budgetbeschränkung unterwirft, die der Volkswirtschaft unmittelbar schadet, ist absurd.
Vielleicht stimmt Sahra Wagenknecht mit mir überein, wird aber entgegnen, dass eine solche Geschichte den Wählern nicht vermittelt werden kann. Sie glauben nun einmal, dass Steuern zur Finanzierung staatlicher Ausgaben benötigt werden und die schwäbische Hausfrau sei halt nun einmal im kollektiven Bewusstsein so tief verankert, dass jeder der versucht, dagegen zu argumentieren, als liederlicher Schuldenmacher abgestempelt wird.
Und es ist richtig, mit der Geschichte von Robin Hood, der den Reichen und Mächtigen die Stirn bot, kann man bei viel mehr Wählern punkten als mit der Beschreibung der Realität. Der Preis aber, auf Aufklärung zu verzichten und mit Heldensagen Wählerstimmen gewinnen zu wollen, ist extrem hoch. Wer einen ausgeglichenen Staatshaushalt als oberstes Ziel der Politik propagiert, der verbaut sich auch dann, wenn er von der roten statt der schwarzen Null spricht, den einzig gangbaren Weg, die vielen Probleme in Europa endlich entschieden anzugehen. Denn diesen Weg kann nur der gehen, der sämtliche Schuldenbremsen in den Mülleimer der Geschichte wirft und den Staat auffordert, endlich die notwendigen Investitionen für Vollbeschäftigung und den Aufbau einer humanen Gesellschaft zu tätigen.
Quelle: http://www.flassbeck-economics.de/robin-hood-reloaded/
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Sahra Wagenknecht hat sich mit dem folgenden auf facebook veröffentlichen Post als würdige Nachfolgerin dieser Figur erwiesen:
Auch sie will den Reichen etwas nehmen, um es den Armen zu geben. Das Ziel unterstützen wir. Man fragt sich nur, warum sie ihre Forderung nach sozialer Gerechtigkeit in einen Zusammenhang mit einem ausgeglichenen Staatshaushalt bringt.
Die Steuerpolitik ist zweifelsohne ein probates Mittel, die für marktwirtschaftlich organisierte Gesellschaften typische ungleiche Einkommensverteilung zu korrigieren. Die Frage aber, wie ein Staat seine Ausgaben für investive und konsumtive Zwecke refinanzieren kann und sollte, ist eine ganz andere Frage.
Warum sollten, wie der Post implizit fordert, die Ausgaben des Staates ausschließlich und vollständig über Steuern finanziert werden? Zumal in einer Gesellschaft wohlgemerkt, in der es (wie Heiner Flassbeck und ich hier dargelegt haben) in jedem Jahr zu einem Sparüberschuss in der Größenordnung von 150 bis 250 Milliarden Euro kommt, der absorbiert werden muss, soll die Wirtschaft nicht großen Schaden nehmen. In einer Gesellschaft zudem, in der es, wie man an den gegenwärtigen Nullzinsen sieht, keinen Marktmechanismus gibt, der zuverlässig dafür sorgen könnte, dass dieser Sparüberschuss von den Märkten in vernünftiger Weise für Investitionen verwandt wird.
Hinzu kommt, dass der Staat (im weitesten Sinne) in einer Geldwirtschaft noch auf ganz andere Weise seine Staatsausgaben finanzieren kann. Der beste Beweis dafür ist das Programm der EZB unter dem Namen der „quantitativen Lockerung“. Im Rahmen dieses Programms kauft die EZB für monatlich 60 Milliarden Schuldverschreibungen am Kapitalmarkt einfach indem sie deren Inhabern eine Gutschrift in Euros zukommen lässt. Das kann eine staatliche Institution offenbar tun, ohne irgendwelche Steuern zu erheben. Ben Bernanke, der frühere amerikanische Notenbankpräsident, hat dieses Verfahren in dem folgenden Zitat kurz und bündig so erklärt:
„Es ist kein Steuergeld. Die Banken führen Konten bei der Fed, ganz ähnlich wie Sie ein Girokonto bei einer Geschäftsbank führen. Um eine Bank zu refinanzieren, benutzen wir einfach den Computer und schreiben ihrem Fed Konto einfach einen höheren Betrag gut. Es ist eher wie Geld drucken als Geld leihen.“
Warum sollte man mit so erzeugtem Geld nicht auch andere Güter kaufen oder Investitionen finanzieren dürfen? Aber wenn es so einfach wäre, Staatsausgaben zu decken, dann könnte man doch gleich darauf verzichten, Steuern zu erheben, werden manche sagen. Wenn jeder beliebigen Zugriff auf alle Ressourcen hätte, dann befänden wir uns tatsächlich entweder im Schlaraffenland oder es gäbe mit Sicherheit früher oder später eine Inflation. Steuern werden erhoben, um, wie oben gesagt, die Ressourcenverteilung zu korrigieren und um sicher zu stellen, dass das Geld, womit der Staat seine Ausgaben bezahlen will, als Zahlungsmittel akzeptiert wird. Das Prinzip habe ich in meinem Buch „Was ist eigentlich eine Marktwirtschaft“ (hier), so beschrieben:
„Ein Staat z.B. kann sich an seine Untertanen wenden und sie auffordern, dass sie so und so viel Gerste, Bier, Ziegen etc. an ihn abzuliefern haben oder für ihn gar in einen Krieg zu ziehen. Er kann aber seine Untertanen auch dazu verdonnern, ihre Steuerschulden mit Papierzettelchen mit Zahlen darauf zu bezahlen, und verfügen, diese als Zahlungsmittel für alle Wirtschaftsgüter anzunehmen. Ein Ziegenhirte kann vom Staat z.B. dazu aufgefordert werden, jedes Jahr fünf Ziegen an ihn abzuliefern. Er kann ihm aber auch eine Steuerschuld von fünfzig Gulden auferlegen – oder wie auch immer der Staat seine Recheneinheit zu nennen beliebt – und ihm dann für eine Ziege 10 Gulden bezahlen.“
So gesehen ist Geld ein Steuerungsmittel, dass es auf der Basis der staatlichen Gewaltenteilung erlaubt, die Ressourcen eines Landes einer bestimmten Verwendung zuzuführen. Da der Staat Geld selbst schaffen kann, unterliegen Staaten nicht dieselben Restriktionen wie Private. Das vom Staat geschaffene Geld begründet zu Recht Budgetbeschränkungen für die Privaten, weil es nicht beliebig viele Ressourcen gibt. Dass der Staat sich selbst aber einer (schwarzen oder roten) Budgetbeschränkung unterwirft, die der Volkswirtschaft unmittelbar schadet, ist absurd.
Vielleicht stimmt Sahra Wagenknecht mit mir überein, wird aber entgegnen, dass eine solche Geschichte den Wählern nicht vermittelt werden kann. Sie glauben nun einmal, dass Steuern zur Finanzierung staatlicher Ausgaben benötigt werden und die schwäbische Hausfrau sei halt nun einmal im kollektiven Bewusstsein so tief verankert, dass jeder der versucht, dagegen zu argumentieren, als liederlicher Schuldenmacher abgestempelt wird.
Und es ist richtig, mit der Geschichte von Robin Hood, der den Reichen und Mächtigen die Stirn bot, kann man bei viel mehr Wählern punkten als mit der Beschreibung der Realität. Der Preis aber, auf Aufklärung zu verzichten und mit Heldensagen Wählerstimmen gewinnen zu wollen, ist extrem hoch. Wer einen ausgeglichenen Staatshaushalt als oberstes Ziel der Politik propagiert, der verbaut sich auch dann, wenn er von der roten statt der schwarzen Null spricht, den einzig gangbaren Weg, die vielen Probleme in Europa endlich entschieden anzugehen. Denn diesen Weg kann nur der gehen, der sämtliche Schuldenbremsen in den Mülleimer der Geschichte wirft und den Staat auffordert, endlich die notwendigen Investitionen für Vollbeschäftigung und den Aufbau einer humanen Gesellschaft zu tätigen.
Quelle: http://www.flassbeck-economics.de/robin-hood-reloaded/
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