2016-03-10

Visualisierung der Macht unseres Geistes über die Materie - Lisa Park wandelt Emotionen und Gedanken in audiovisuelle Klanglandschaften


Innovative Künstler haben mit Hirnströmen bereits EEG-Gemälde kreiert oder ganze Musikstücke komponiert. Die Arbeiten von Lisa Park jedoch geben dem Wort Hirnkraft eine ganz neue Bedeutung.


Die südkoreanische Künstlerin visualisiert mit Hilfe von Elektroenzephalografie in Verbindung mit Lautsprechern und Wasserbecken ihre Gedanken und Emotionen.

Ich fing an, mit Biosensoren wie einem EEG-Headset zu arbeiten, weil ich mich fragte: 'Wie kann ich diese unsichtbare Energie und Emotionen sichtbar machen?', so Park gegenüber The Creators Project. „Ich glaube, dass das Innere meines Körpers, der zu mehr als 60 Prozent aus Wasser besteht, Vibrationen und Energie erzeugt, wenn ich bestimmte Emotionen habe, wie Wut, Glück oder Traurigkeit. Ich wollte ein Kunstwerk kreieren, dass mein Innerstes repräsentiert.

In ihren Werken „Eunoia“ und „Eunoia II“ (Videos siehe weiter unten) benutzt sie die Kraft ihres Geistes, um die Bewegungen von Wasser zu manipulieren und sichtbare Schwingungen hervorzurufen. Die Resultate der Wasserformationen sind eine direkte Reflektion ihrer verschiedenen Bewusstseinszustände. Lisa’s Intention ist es, ihre inneren Zustände visuell und auditiv widerzuspiegeln; ihre Darbietungen sind eine Reflektion von unmittelbaren emotionalen Reaktionen.


Eunoia I beinhaltet 5 Schalen, um die 5 Basisemotionen zu repräsentieren (Freude, Wut, Trauer, Hass und Sehnsucht).

Für die Installation hatte sie fünf Metallplatten auf speziell entworfenen Lautsprechern platziert, die die Daten ihrer Hirnströme in Echtzeit wiedergaben. Für das Projekt teilte Park ihre Daten in fünf Emotionen auf–Traurigkeit, Wut, Begehren, Glück und Hass. Je ein Teller entsprach einer Emotion. 


Eunioa II

Mit der neuesten Version ihres Projekts hebt sie das Experiment auf eine ganz neue Ebene:


Eunioa II verfügt über 48 vibrierende Becken, die von den 48 Emotionen im Buch Ethica des niederländischen Philosophen Baruch de Spinoza inspiriert sind, darunter Frustration, Aufregung, Verpflichtung und Meditation. Jeder Lautsprecher vibriert entsprechend dem von Park programmierten Algorithmus, der die vom Emotiv EEG-Headset der Künstlerin gesendeten Hirnwellen auswertet, und versetzt die Wasserbecken in Schwingung. Park stellt so ihre inneren Konflikte dar. Die komplette Show ist von den Gefühlen der Künstlerin abhängig.


Um diese einzigartige Kunstform meistern zu können, trägt Lisa ein Elektroenzelogramm (EEG), welcher die Eigenschaft besitzt Lisa’s Gehirnwellen (Alpha, Beta, Gamma, Theta) zu übertragen, welche verarbeitet werden, um mithilfe des Programms Reaktor Ton zu erzeugen. Die Töne, welche durch Lisa Park generiert werden, werden von Lautsprechern abgespielt auf welchen Wasserschalen sitzen. Der ausgesendete Ton erlaubt dem Wasser im Einklang mit Lisa’s verschieden Bewusstseinszuständen zu fließen, welche ihr Geist übermittelt.


Die Idee hinter der Installation ist, dass unsere Gehirnwellen einen direkten Effekt auf unseren physischen Körper haben, der zu 60% aus Wasser besteht. Park erzeugt mit ihrer Installation eine symbolische Visualisierung der Macht unseres Geistes über die Materie. Die Daten, die sie mit einem Gehirnwellenmessgerät aufzeichnet, wandelt sie in Klänge um und gibt diese über Lautsprecher wieder, welche mit flachen Wasserbecken verbunden sind.



EEG als Medium für den künstlerischen Ausdruck

Die Elektroenzephalografie–besser unter ihrem Kürzel EEG bekannt–ist ein Langzeitverfahren zur Diagnose von Epilepsie, Schlafstörungen oder Hirnerkrankungen. Relativ neu ist es, dass sie nun auch ins Leben von Ottonormalverbrauchern Einzug gehalten hat.

In den letzten Jahren haben Firmen wie Emotiv, Neurosky oder iWinks an der Benutzerfreundlichkeit und Zugänglichkeit entsprechender Technologie gearbeitet und konsumentenfreundliche Geräte wie besonders leichte Kopfbänder oder sogar EEGs in Form von Katzenohren auf den Markt gebracht. Ganz im Trend der sogenannten Wearables (tragbare Technologie) haben die Hirnstrommessgeräte also die medizinische Welt verlassen und finden sich plötzlich auch als neues Medium für künstlerischen Ausdruck wieder. Und die Geräte eignen sich hervorragend für die Umsetzung von kreativen Ideen. Oder auch, um Kreativität live in Aktion zu beobachten.


Die Technologie der EEG-Analyse noch nicht vollständig ausgereift ist: Die aktuell verfügbare Hardware funktioniert gut bei Projekten wie der Erzeugung von Musik, der Visualisierung von Gehirnwellen oder dem telekinetischen Malen. Die EEG-Scanner von Emotiv, die Park benutzt, sind preisgünstig und erfüllen ihren Zweck. Die Wasserschalen gaben meinen geistigen Aerobic-Übungen eine sichtbare Form, aber ich bin mir sicher, dass mit teureren Geräten noch exaktere Abbildungen möglich sind – Geräte, die in den kommenden Jahren auf den Markt kommen könnten.

Kreativität durchläuft generell verschiedene Phasen, bevor sie zu einer Idee oder einem Produkt wird. Einfach gesagt beginnt alles mit einem Gedanken–manche nennen ihn den „Geistesblitz“. Dieser Gedanke wird auf ein festes Medium übertragen. Mit Hilfe der EEG, die die elektrische Aktivität durch an der Kopfhaut befestigte Elektroden misst, können Kreative nun einen kritischen Schritt innerhalb des kreativen Prozesses überbrücken: Sie müssen ihre Idee nur in die Realität „denken“ und noch bevor die erste Saite gezupft oder der erste Strich gemalt ist, kann die Kreativität gemessen oder beobachtet werden.

Diese zehn Musikstücke wurden durch Hirnströme erzeugt


Die folgenden Musiker haben mit EEG-Technologie experimentiert und ihre Hirnströme und Gedankenimpulse in Klanglandschaften umgewandelt. Seht hier die abgefahrenen musikalischen Welten innerhalb des menschlichen Gehirns:

1. Eunoia (I und II) von Lisa Park

Lisa Parks Kunstwerk heißt Eunoia, was auf Griechisch „schöner Gedanke“ bedeutet. Mit einem NeuroSky EEG-Headset auf dem Kopf sitzt sie inmitten von Wasserschalen, von denen jede eine andere Emotion darstellt. Auf dieser Position versucht sie, unendliche Einheit zu symbolisieren und durch die meditative Performance einen erleuchteten Zustand zu erreichen. Ihre Hirnströme werden dabei in Sound und Visuals (das vibrierende Wasser in den Schüsseln) verwandelt.



2. Music For Solo Performer von Alvin Lucier

Alvin Lucier ist ein amerikanischer Komponist. Er hat in der Musikwelt viel Lob für seine Experimente und Installationen bekommen, in denen er die physikalischen Eigenschaften von Klang erkundet. Er hat als einer der ersten Musiker überhaupt mit Hirnströmen gearbeitet. In seinem Stück Music for Solo Performer aus dem Jahr 1965 benutzte er EEG-Elektroden, um Alpha-Wellen im Gehirn während einer Meditation ausfindig zu machen. Die Virbationen der Wellen ließen dann die Percussion-Instrumente im Raum erklingen.


3. Masaki Batohs Brain Pulse Music

Der japanische experimentelle Musiker Masaki Batoh kreierte sein eigenes Instrument namens Brain Pulse Music Machine, ein Hybrid aus einem EEG-Headset, einem Motherboard und einer riesigen Flimmerkiste. Die Hirnströme werden in Radiowellen umgewandelt und als Sound ausgegeben. Batohs Album Brain Pulse Music enthält zwei Aufnahmen mit der Brain Pulse Music Machine. Der Rest der Platte besteht aus Sound-Meditationen, die mit traditionellen japanischen Instrumenten eingespielt wurden, inspiriert durch Nachwirkungen dea verheerenden Erdbebens und Tsunami, die Japan im März 2011 trafen.


4. Eduardo Mirandas Activating Memory

Eduardo Miranda bezeichnet sich selbst als „Komponist, der an der Grenze zwischen Musik und Wissenschaft arbeitet“. Er experimentiert mit der Rolle, die Computer und Hirnstromtechnologie bei der Kreation wunderschöner Musik spielen können. Sein jüngstes Experiment Activating Memory bestand aus der gemeinsamen Performance eines BCMI (Brain Computer Music Interface)-Quartetts und einem Streichquartett. Das BCMI-Quartett trug Mützen mit Elektroden, die ihre Neuronenimpulse maßen. Diese Impulse schrieben dann in Echtzeit die Partitur für das Streichquartett.


5. Mats Sivertsens subConch

subConch war eine interaktive Kunstinstallation von Mats Sivertsen, bei der Leute vor einem weißen, muschelförmigen Lautsprecher sitzen und sich den Klang ihrer Wünsche anhören. Eine Frauenstimme sagte: „Entspann dich. Schließ deine Augen. Denk an etwas, das du wirklich gerne willst. Was du tief im Inneren begehrst. Wonach du dich sehnst. Liebe, Ruhm, Anerkennnung“. Und das EEG-Headset nahm die die elektrischen Impulse der Leute auf und verstärkte Klang und Intensität.


6. The MiND Ensemble

Das MiND Ensemble ist eine Performance-Gruppe, die mit Neuen Medien die Verbindungen zwischen Geist, Maschine und Musik erforscht. Sie glauben, dass Neuro-Feedback das Muster kreativer Prozesse auf fundamentaler Ebene verschieben kann–indem die Notwendigkeit eines festen Mediums, um den gedanklichen Prozess zu reflektieren, übersprungen wird. In ihrer Debüt-Performance gingen sie der Frage nach: „Wie können wir die Interaktion innerhalb eines nicht greifbaren Instruments optimieren?“


7. Odd Divisions Conductar

In Asheville (North Carolina) konnten die Besucher des Moogfest im April die „Musik“ der Straßen schreiben, indem sie einen NeuroSky Hirnstromsensor trugen und mit der App Conductar verbanden. Die gewaltige Installation wurde von Odd Division entworfen. Die Daten der elektrischen Hirnaktivität, die die Träger der Sensoren erzeugten, ermöglichten es, eine animierte Alternativwelt mit persönlichen Landschaften aus Audio und Visuals zu erzeugen.


8. Music + Mind vonArtlab

Artlab spielten mit „Music + Mind“ ein besonderes neurowissenschaftliches Showcase, bei dem Sängerin Lora Faye und Drummer William Hooker demonstrierten, wie der Sound von Neuronen eine verschachtelte Ebene auf ein Stück Musik legen kann.


9. Turbo-Guslivon :vtol:

Dmitry Morozov, alias::vtol::, nimmt ein traditionelles russisches Saiteninstrument, einen Vorfahren der Leier, und versetzt es in den Turbo-Status. Das robotisierte Instrument spielt sich selbst. Er kann es sogar so programmieren, dass es in Übereinstimmung mit seinen Hirnströmen spielt, die von seinem EEG-Headset gemessen werden.


10. Turning Seizures Into Music von Chris Chafe und Josef Prvizi

Musikwissenschaftler und Soundkünstler Chris Chafe hat mit dem Neurologen Josef Parvizi die Hirnaktivitäten von Patienten mit Anfällen in eine musikalische Komposition umgewandelt. Sie waren erstaunt, nicht nur ein faszinierendes Musikstück gefunden zu haben, sondern auch die deutlich skizzierten Übergänge zwischen den drei Phasen eines Anfalls: von einem ruhigen Ruhezustand in eine chaotische Abfolge von Krämpfen und schließlich die Linderung und der Eintritt in die Erholungsphase. Derzeit ist ein sogenanntes „Hirn-Stethoskop“ in Arbeit. Es soll Pflegekräften die Arbeit mit Epileptikern erleichtern.


Quellen:
http://thelisapark.com/
http://www.wachaufmenschheit.de/kuenstlerin-lisa-park-manipuliert-wasser-mit-ihrem-geist/
http://thecreatorsproject.vice.com/de/blog/zehn-musikstcke-die-durch-hirnstrme-erzeugt-wruden
http://www.synthtopia.com/content/2014/11/22/the-brain-controlled-art-of-lisa-park/
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