2015-06-03

Deutschland: das Land der sozialen Kälte

Ungerechte Vermögensverteilung: Wenige haben viel, Viele haben wenig. Bei der Ungleichheit der Einkommen und Vermögen liegt Deutschland an der Spitze, so der neue OECD-Sozialbericht. Können höhere Löhne und eine gerechte Steuerpolitik das ändern, denn die steigende Ungleichheit gefährdet den sozialen Zusammenhalt und schadet der ökonomischen Entwicklung.

Erneut gibt es für die unsoziale Politik in Deutschland massive Kritik. Der von der OECD aktuell veröffentlichte Sozialbericht zeigt, wie groß die Kluft hierzulande zwischen Arm und Reich ist und liefert ein eindringliches Plädoyer für mehr Verteilungsgerechtigkeit. Die wachsende Ungleichheit der Einkommen und Vermögen in Deutschland ist größer als in vielen anderen Industriestaaten – für eines der reichsten Länder der Welt ein Armutszeugnis.

Superreiche in die Verantwortung nehmen

Die Europäische Zentralbank hat erstmals Superreiche bei der Berechnung der gesellschaftlichen Ungleichheit berücksichtigt. Das Ergebnis: Die Vermögen sind noch viel ungleicher verteilt, als bisher angenommen – auch in Deutschland.

Weltweit sind die Vermögen extrem ungleich verteilt - Deutschland liegt dabei im Vergleich an der Spitze. So besitzt die Mehrheit der Deutschen gerade einmal 6,5 Prozent des Gesamtnettovermögens. Das reichste Zehntel dagegen hat rund 60 Prozent des Nettovermögens. Quelle: OECD

Hierzulande verdienen die einkommensstärksten 10 Prozent das 6,6-Fache der einkommens-schwächsten 10 Prozent. Insgesamt ist die Einkommensungleichheit in Deutschland seit der Jahrtausendwende gestiegen. In vielen anderen Industriestaaten sind die Einkommen nicht so ungerecht verteilt. Besonders betrifft es die Vermögensverteilung. So besitzen die vermögendsten 10 Prozent rund 60 Prozent des gesamten Nettovermögens, aber 60 Prozent der Bevölkerung besitzt lediglich 6 Prozent des Gesamtnettovermögens. Wenige haben viel, Viele haben wenig. Dies gilt im besonderen Maße für Deutschland.

Die Umverteilung von unten nach oben nimmt zu

Die Gründe für die ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen liegen auf der Hand. Ungleichheit ist kein Naturgesetz, sondern Folge jahrelanger Politik der Umverteilung von unten nach oben. Der Ausbau des Niedriglohnsektors wurde in der Vergangenheit politisch forciert. Seit Jahren sind atypische Arbeitsverhältnisse auf dem Vormarsch. Dies führt zu erheblichen Lohneinbußen der Betroffenen. Lohnarmut greift vielerorts um sich. Ein wichtiger Schritt wäre der Abbau der kalten Progression in der Einkommenssteuer. Hohe Einkünfte vor allem aus Kapital müssten wieder stärker zur Finanzierung des Gemeinwesens herangezogen werden. Nötig ist zudem eine steuerliche Entlastung, die vor allem niedrige und mittlere Einkommen entlastet.

Vermögende werden steuerlich bevorzugt
Wer mit seinem Lohn kaum über die Runden kommt, kann schwerlich etwas ansparen. Vermögende werden dagegen durch zahlreiche Steuergeschenke privilegiert. So hat die Absenkung des Spitzensteuersatzes unter Gerhard Schröder bis heute die Einnahmen der öffentlichen Hand ruiniert. Zulasten der Normalverdiener; zulasten der öffentlichen Hand, die in der Folge der Steuermindereinnahmen entweder mehr Schulden machen oder ihre Ausgaben für Zukunftsinvestitionen oder Beschäftigung zurückfahren musste, lassen die Reichen, die Banker und Börsianer die Champagnerkorken knallen. Das Ergebnis: Marode öffentliche Infrastruktur, steigende Arbeitsbelastung und schlechte Bezahlung für Beschäftigte im öffentlichen Dienst mit Abbau von Stellen und Aufstiegsmöglichkeiten..

Die stetig zunehmende Ungleichheit gefährdet den sozialen Zusammenhalt und schadet auch der ökonomischen Entwicklung. Die heimische Wirtschaft ist zwischen 1990 und 2010, also in der Zeit der steigenden Ungleichheit, um 6 Prozentpunkte weniger gewachsen. Keine gute Perspektive auf lange Sicht.

Reiche müssen zur Finanzierung des Gemeinwohls beitragen

Die Politik muss nun umsteuern und die Missstände endlich beheben. Neben hohen Lohnzuwächsen muss endlich unser Steuersystem gerechter werden. Reiche und Vermögende müssen sich stärker an der Finanzierung des Gemeinwohls beteiligen. Dann wären höhere Investitionen in Bildung und Qualifizierung, in Infrastruktur, in Innovation und Forschung finanzierbar. Dann hätte unser Land und Millionen Menschen eine bessere Zukunft. Die Verteilungsfrage ist keine Frage des Sozialneides, sondern die einer gerechten Zukunft.

Quelle:  http://www.scharf-links.de/41.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=51683&cHash=a0a8be2c78
Autor: Lothar Schnitzler

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