2017-04-19

Frosch-Schleim tötet Grippeviren



Peptid von der Haut eines südindischen Frosches kann im Tierversuch effektiv Influenza A-Viren zerstören.

Atlanta (USA)/Thiruvananthapuram (Indien) - Haut und Schleimhäute von Mensch und Tier wehren Krankheitserreger ab, indem die Hautzellen spezielle Peptide freisetzen. Diese bestehen aus kurzen Ketten von Aminosäuren, aus denen auch Proteine aufgebaut sind. Im Hautschleim einer südindischen Froschart haben amerikanische und indische Forscher jetzt ein Peptid identifiziert, das menschliche Grippeviren zerstört. Durch die Nase verabreicht, hemmte der Wirkstoff bei Mäusen die Vermehrung der Viren und senkte die Sterberate nach einer Infektion deutlich, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt „Immunity“. Das Peptid könnte aufgrund seines völlig neuartigen Wirkmechanismus eingesetzt werden, wenn Influenzaviren gegen andere Mittel resistent geworden sind oder wenn bei einer drohenden Pandemie nicht rechtzeitig ein passender Impfstoff zur Verfügung steht.

„Verschiedene Frösche produzieren verschiedene Peptide – abhängig vom jeweiligen Lebensraum“, sagt Joshy Jacob von der Emory University in Atlanta. Zusammen mit Kollegen des Rajiv Gandhi Center for Biotechnology in Thiruvananthapuram suchte sein Forscherteam nach neuen antiviralen Substanzen im Hautschleim des Frosches Hydrophylax bahuvistara, der im südindischen Bundesstaat Kerala heimisch ist. Von besonderem Interesse war dabei die Frage, ob es darunter Peptide gibt, die gegen Grippeerreger wirksam sind. Durch leichte Elektrostimulation regten die Forscher zunächst die Haut zur verstärkten Produktion von Abwehrstoffen an. Dann sammelten sie den Schleim von der Haut der Tiere und ließen die Frösche wieder frei.

Überraschenderweise waren im Labortest von 32 identifizierten Peptiden vier in der Lage, nicht nur die Vermehrung menschlicher Grippeviren zu hemmen, sondern die Erreger dauerhaft zu inaktivieren. Allerdings erwiesen sich drei davon als toxisch für rote Blutkörperchen, so dass sie für eine Behandlung von Menschen nicht in Frage kamen. Das vierte Peptid dagegen – von den Entdeckern nach einem indischen Schwert „Urumi“ genannt – schädigte menschliche Blutzellen nicht und zerstörte zahlreiche Stämme von Grippeviren. Diese Wirkung beschränkte sich aber auf Serotypen mit dem Oberflächenprotein H1.

Die Influenza A-Viren werden nach den unterschiedlichen Varianten der beiden Proteine Hämagglutinin (H) und Neuraminidase (N) in verschiedene Serotypen eingeteilt. So waren die Erreger der Spanischen Grippe (1918) und der Schweinegrippe (2009) vom Typ H1N1, der Erreger der Vogelgrippe (2003) vom Typ H5N1. Bei den bekannten antiviralen Grippemitteln Tamiflu und Relenza handelt es sich um Neuraminidase-Hemmer, die nur die Vermehrung der Viren blockieren, diese aber nicht völlig zerstören. Dagegen greift Urumi an einem kaum variablen Teil des Hämagglutinins H1 an, was zum Zerfall des ganzen Viruspartikels führt. Da die indischen Frösche nicht von Influenza A-Viren infiziert werden, müsse sich dieser Bestandteil ihrer Immunabwehr normalerweise gegen andere noch nicht bekannte Erreger richten, sagt Jacob.

Mit veränderten, für Mäuse infektiösen Influenza A-Viren vom H1-Typ prüften die Forscher schließlich die Wirksamkeit von Urumi in Tierversuchen. Sie infizierten Mäuse mit einer tödlichen Dosis der Viren und verabreichten einem Teil der Tiere das Peptid über die Nase. Bei den behandelten Mäusen verringerte sich die Sterberate und die Zahl der Viren in der Lunge sank um 80 bis 90 Prozent im Vergleich zu den Kontrollen. Gegen Influenzaviren vom Typ H3N2 blieb die Behandlung unwirksam.

Wenn mit Grippeviren infizierte Menschen nicht rechtzeitig geimpft worden sind oder der passende Impfstoff nicht schnell genug verfügbar ist, dienen antivirale Medikamente dazu, den Krankheitsverlauf wenigstens abzumildern. Gegen die bereits vorhandenen Mittel können schnell resistente Virusformen entstehen, während diese Gefahr bei dem neu entdeckten Peptid gering ist. Um auch andere häufige Serotypen des Influenza A-Virus bekämpfen zu können, wäre der kombinierte Einsatz mehrerer Peptide nötig. Außerdem müsste man die labilen Wirkstoffe vor der Anwendung noch in eine stabilere Form bringen, damit sie im Körper weniger schnell abgebaut werden.



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