2015-10-01

Jürgen Todenhöfer: Bomben, Bomben, Bomben - So werdet ihr den IS nicht besiegen...

Liebe Freunde, Obama und Putin haben sich offenbar im Kern geeinigt, Assad in eine Anti-IS-Koalition einzubeziehen. Alles andere wäre auch unverantwortlich. Wir müssen alle Kräfte gegen den IS bündeln. Es reicht, wenn dabei ein vorübergehendes Zweckbündnis gegen den IS entsteht. Eine politische Liebesbeziehung will niemand. Über die zukünftige Führung Syriens hat am Ende nicht Obama zu entscheiden, sondern das syrische Volk. Obama hat noch immer nicht kapiert, dass Arabien den Arabern gehört, nicht den USA.

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2013 habe ich zweimal mehrere Stunden mit Assad über die Frage eines Amtsverzichts gesprochen. Sehr offen. Das Weiße Haus, das ich in Absprache mit der Bundesregierung und Assad danach informierte, weiß, zu welch weitreichenden, auch persönlichen Zugeständnissen er bereit war, wenn es zu einem stabilen Frieden in der Region gekommen wäre.

Die übliche Antwort der US-Regierung lautete damals: ‚Mit dem Mann reden wir nicht.‘ Obwohl Assad schon damals in der Frage der Bekämpfung von Al Qaida zu einer umfassenden nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit mit den USA bereit war. Doch der Terrorismus in Syrien schien die USA nicht zu stören. Sie hatten ihn ja – wie man heute weiß – mit gezüchtet.

Mit zweieinhalb Jahren Verspätung kommen die USA nun auf die damaligen Vorschläge zurück. Verschenkte Zeit, die Hunderttausenden das Leben kostete, zu einer Explosion des Terrorismus und zu einem Flüchtlings-Tsunami führte. Verantwortungsloser kann man Außenpolitik nicht betreiben. Ich würde mit dem Teufel verhandeln, wenn ich den Menschen in Syrien helfen könnte. Und ein einziges Leben retten könnte. Aber Menschen interessieren die US-Politik nicht.

Obama glaubt auch noch immer, man könne die IS-Guerillas mit Bomben besiegen. Er hat aus Afghanistan, Irak und Libyen nichts gelernt. Bombardieren ist kontraproduktiv und feige. Doch es schont die eigenen Soldaten. Und kostet deshalb keine Wählerstimmen.

Dafür nimmt man hin, dass in der Regel rund 90 Prozent der Opfer der Bombardements unschuldige Zivilisten sind. Dem IS haben die Bomben bisher kaum geschadet. Die Erfolgsmeldungen der US-Militärs über ihre Luftangriffe auf den IS waren offensichtlich Märchen. Laut New York Times sind sie zurzeit Gegenstand peinlicher Untersuchungen des US-Verteidigungsministeriums. Im Anti-Terrorkrieg wird wieder mal kräftig gelogen.

Viel wichtiger wäre es,

1.) endlich Saudi-Arabien und die Golfstaaten zu zwingen, ihre Unterstützung des Terrorismus durch Geld und Waffen zu stoppen. Und

2.) sich in Syrien und im Irak für eine echte Aussöhnung der verfeindeten Volksgruppen einzusetzen. So schwer und bitter das ist. Wenn Syrer und Iraker dem IS geschlossen ihre Unterstützung entziehen, ist er erledigt. Wie ein Fisch, dem man das Wasser entzieht.

3.) Um den Zustrom ausländischer Jugendlicher zum IS zu stoppen, müssen wir diesem öffentlich die angeblich islamische Maske vom Gesicht reißen. Der IS verstößt in allen wichtigen Punkten gegen die tragenden Säulen des Islam. Er ist ein Feind des Islam. Und tötet vor allem Muslime.

4.) Wir müssen stärker auf die klassischen Methoden der Terror-Bekämpfung setzen. Das heißt:
-Geld für Informanten.
-Geld für die sunnitischen Stämme im Irak – wie schon mit großem Erfolg 2007. (Gegen den damaligen ‚Islamischen Staat im Irak‘, ISI).
-Geld für Unterwanderung. Aber da haben die meisten in Betracht kommenden Jung-Agenten des Westens offenbar die Hosen voll.

Solange es beim Bombardieren bleibt, wird der IS leider wachsen und gedeihen. Das gilt nicht nur für amerikanische, sondern auch für russische und syrische Luftangriffe. Die bisherige Strategie gegen den IS ist gescheitert. Wird sich das nun ändern? Wirklich optimistisch bin ich nicht. Ich bin nicht einmal sicher, ob die USA den IS wirklich völlig vernichten wollen. Es hatte ja viel Mühe gekostet, ihn so stark werden zu lassen.

Euer JT

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