2017-11-07

US-Waffenlieferungen an Terroristen über Ramstein? Linke spricht von Skandal


Die Linke im Bundestag fordert vehement, den US-amerikanischen Militärflughafen im rheinland-pfälzischen Ramstein zu schließen. Die Abgeordneten verweisen auf mögliche US-Waffenlieferungen an syrische Rebellen. Diese seien illegal und ein neuer "Skandal", so die Linke-Politikerin und Bundestagsabgeordnete Heike Hänsel im SPUTNIK-Interview.

Frau Hänsel, anscheinend gibt es einen aktuellen Fall, bei dem sich die USA erneut ganz konkret auf deutschem Boden strafbar gemacht haben. Was ist Ihnen bekannt?

Der neue Fall ist wirklich ein großer Skandal. Es geht um sehr konkrete Berichte von illegalen Waffenlieferungen aus Osteuropa über die US Air Base Ramstein nach Syrien. Diese Berichte stammen von 2015, sie sind gut recherchiert von verschiedenen journalistischen Netzwerken. Es wird dort der Weg dieser Waffen beschrieben, die von US-Spezialeinheiten bei privaten Militäranbietern in Russland gekauft worden seien. Diese Waffen sollen über verschiedene Wege zu Rebellengruppen nach Syrien geschmuggelt worden sein, unter anderem eben über diese US Air Base Ramstein in Deutschland.

Die Bundesregierung hat sich noch nicht konkret dazu geäußert. Solch eine Handlung der USA wäre aber illegal?

Ja, natürlich. Das verstößt gegen unser Kriegswaffenkontrollgesetz. Grundsätzlich braucht es für Waffentransporte über deutsches Gebiet natürlich eine Genehmigung. Die hätten die USA mindestens beantragen müssen. Und dann ist da natürlich noch die Frage, ob wir nach unserem Kriegswaffenkontrollgesetz und den politischen Leitlinien solche Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet überhaupt hätten genehmigen dürfen. Denn auch das verstößt gegen unsere Grundsätze. Diese illegalen Aktivitäten sind strafbar, außerdem hätte die Bundesregierung nach solchen Informationen natürlich aktiv recherchieren müssen.

Die USA haben aber entsprechende Medienberichte über die Waffenlieferungen bisher zurückgewiesen…

Die US-Amerikaner haben diese Berichte sehr vage zurückgewiesen. Sie antworten auch ausweichend, ob sie solche Waffentransporte über Ramstein grundsätzlich ausschließen könnten, das tun sie nicht. Und es gibt auch Hinweise in Emails, die den Journalisten zugespielt wurden, dass die USA sich darüber äußern, dass es die Bundesregierung sehr heikel mit Waffenlieferungen handhaben würde. Es ist also alles mehr als eine vage Behauptung, es gibt eine konkrete Verdachtslage.

Aber selbst wenn der aktuelle Fall nicht stimmen sollte, warum ist Ihnen die Air Base Ramstein ein Dorn im Auge?

Für uns ist Ramstein schon lange ein Dorn im Auge, denn die US Air Base ist eine Drehscheibe unter anderem auch für die illegalen US-Drohneneinsätze, die in aller Welt durchgeführt werden. Das ist völkerrechtlich illegal, und somit verstoßen sie auch gegen das Grundgesetz. Auch hier müsste die Bundesregierung aktiv dagegen vorgehen und diese Aktivitäten unterbinden. Denn auch damit machen sich die US-Amerikaner in Deutschland strafbar.

Nun gibt es auch seitens der Friedensbewegung immer wieder den Versuch, auf eine Schließung der Militärbasis hinzuarbeiten, zuletzt bei einer großen Menschenkette in Ramstein Anfang September. Das heißt, in der deutschen Bevölkerung ist die Air Base auch nicht gerade beliebt?

Nein, auf keinen Fall. Das betrifft auch generell alle US-Einrichtungen, denn sie sind natürlich eine Drehscheibe für den weltweiten Krieg der NATO. Wir wissen auch, US AFRICOM in Stuttgart-Möhringen und US EUCOM in Stuttgart-Vaihingen sind Zentralen für die Kriegsführung im Mittleren und Nahen Osten sowie in Afrika, und das ist völlig inakzeptabel. Von dort aus werden auch jedes Jahr große Manöver der NATO-Truppen in Osteuropa koordiniert ‒ all das, was wir an der NATO-Politik ja grundsätzlich kritisieren. Also hier gibt es einen breiten Widerstand in der Bevölkerung, es gibt immer wieder Demonstrationen und Aktionen vor diesen US-Luftwaffenstützpunkten und anderen US-Einrichtungen. Es wird höchste Zeit, dass diese geschlossen werden.

Mal angenommen, die Bundesregierung würde sich entscheiden, die US Air Base Ramstein tatsächlich zu schließen. Wäre das überhaupt so einfach umsetzbar?

Das ist natürlich eine politische Auseinandersetzung. Denn es ist Teil dieser NATO-Strategie der US-Amerikaner, sich in vielen Ländern Luftwaffenstützpunkte zu halten. Und hier wäre es natürlich eine außenpolitische Frage, ob es einen Richtungswechsel in der Außenpolitik der Bundesregierung gibt. Aber diese hat im Rahmen der NATO die US-Politik bisher mitgetragen. Wir wollen eine Friedenspolitik entwickeln, und dazu gehört es auch, dass Militärstützpunkte ‒ egal welcher Art ‒ weltweit geschlossen werden. Wir brauchen keine Infrastruktur des Krieges, sondern endlich eine Infrastruktur der friedlichen nachbarschaftlichen Koexistenz.

Man hat den Eindruck, dass die US-Aktivitäten auf deutschem Boden bei den jetzigen Sondierungsgesprächen im Bundestag keine Rolle spielen. Sollten nicht wenigstens die Grünen als einstige Friedenspartei dieses Thema auf den Tisch bringen?

Wir haben bisher sehr wenige Differenzen in der Außenpolitik zwischen den Sondierungspartnern wahrgenommen. Zwischen den dortigen Parteien muss es also weitgehende Übereinstimmung geben. Und das angesichts dieser neuen Aufrüstungspolitik, dass mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Rüstung ausgegeben werden sollen, angesichts der extrem hohen deutschen Rüstungsexporte und angesichts der Militarisierung der EU, die aktuell stattfindet.

Also da erwarte ich vor allen Dingen von den Grünen einen stärkeren Widerstand, aber das findet bisher nicht statt. Und das zeigt auch, dass die Linke nach wie vor als einzige Friedenspartei im Parlament sitzt. Wir werden den Widerstand gegen diese Militarisierung und Aufrüstung weiterhin fortsetzen.

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