Von: Oliver Petersen
Der Ursprung des gewaltlosen Verhaltens von Körper und Rede liegt im Geist. Deshalb ist Gewaltlosigkeit kein äußeres Verhalten, sondern ein Geistesfaktor, der innerhalb der buddhistischen Psychologie zu den elf heilsamen Faktoren gerechnet wird.
Sein Wesen ist, allgemein gesagt, die Einstellung, keine Genugtuung am Leiden anderer zu empfinden.
Nur wenige Menschen in der Geschichte waren kreativ genug, um diese Tugend zu entwickeln. Diejenigen, denen es gelungen ist, werden zumeist von vielen Menschen verehrt und haben ihre Spuren in der Weltgeschichte hinterlassen. So inspirierte die Lehre der Gewaltlosigkeit Gandhi in seinem Kampf zur Befreiung Indiens vom Joch des britischen Empire. Gandhi wiederum war ein Vorbild für Martin Luther King, der die Bürgerrechte der amerikanischen Farbigen gegenüber den herrschenden Weißen durchsetzen wollte. Er sah in der Gewährung dieser Bürgerrechte auch die Chance für die Weißen, sich von ihrem Dasein als unmenschliche Unterdrücker zu befreien. Martin Luther King, der ein christlicher Prediger war, stützte sich natürlich auch auf die Lehren Jesu. Seine Botschaft von der Feindesliebe forderte Liebe zur gesamten Menschheit, nicht nur zum eigenen Stamm, und umfaßte sogar Schädiger. Heutzutage verkörpert der Dalai Lama die gelebte Lehre von ahimsa in seinem Bemühen um die Freiheit der Tibeter vom Joch der chinesischen Gewaltherrschaft. Obwohl er die Übel dieser Repression deutlich benennt, hört man von ihm nie ein Wort des Hasses gegenüber den Chinesen. Ein weiteres leuchtendes Vorbild in dieser Hinsicht ist Nelson Mandela, der nach dreißigjähriger Haft zum Verzeihen und zum Kompromiß mit der weißen Herrschaft in Südafrika bereit war und eine Eskalation der Gewalt verhinderte. Gewaltloses Engagement brachte auch Ende der 90er Jahre in vielen Regionen der Welt Demokratie und Freiheit, angefangen von den Philippinen über Osteuropa bis hin zur DDR; auch der Studentenprotest in China Ende der 80er Jahre verfolgte dieses Ziel.
Die Verfechter der Gewaltlosigkeit widerstehen der Versuchung der Gewalt, weil sie erkennen, daß diese stets zu einem Kreislauf der Zerstörung führt. Zwar kann Gewalt zeitweilige Lösungen herbeiführen, letztlich aber wird sie immer wie eine zu starke Medizin krasse Nebenwirkungen hervorrufen. Sie stärkt die Böswilligkeit und hält den Kreislauf schädigender Handlungen in Gang. Damit bleibt das Problem also von der Wurzel her erhalten. Echter Frieden kann nach dem Gesetz der Kausalität nur aus der damit übereinstimmenden Quelle friedlicher Geisteszustände folgen. Ohne diesen Ursprung könnte man höchstens die zeitweilige Abwesenheit von Krieg erreichen. Deshalb sprach Gandhi davon, daß der "Weg zum Frieden der Frieden ist". Der Dalai Lama wird nicht müde zu betonen, daß nur Wasser Feuer löschen könnte und nicht weiterer Brennstoff. Der Friedensnobelpreisträger unterscheidet auch dahingehend, daß man zwar das Böse vernichten sollte, nicht aber die "Bösen", da er überzeugt ist, auch diese durch den Einfluß des Guten verändern zu können.
In einer so eng miteinander verflochtenen Welt wie der unsrigen wird das Erlernen neuer gewaltloser Strategien auf der Basis gemeinsamer Werte zu einer Frage des Überlebens und ist die wohl einzige realistische Lösung gegen die Gefahr der Vernichtung in einer immer noch hochgerüsteten Welt. Geistige Werte und Politik müssen dabei natürlicherweise in Beziehung gesetzt werden; ohne allerdings dabei Religion und Staat gleichsetzen zu wollen. Die Wirklichkeit zwingt uns heute nicht nur aus religiösen Gründen, "die Institution des Krieges zu überwinden", wie es der Physiker und Philosoph Carl-Friedrich von Weizsäcker einmal ausdrückte. Eine solche Änderung durch eine neue Perspektive der Menschen ist, wie die Überwindung des Ost-West Konflikts deutlich macht, nicht ausgeschlossen. Das Resultat wäre sicher nicht das Paradies, aber doch ein stabiler Weltfrieden, was der Dalai Lama einmal mit einem "gesellschaftlichen Nirvana" verglich. Eine Haltung der Solidarität und konstruktiven Konfliktlösung ist auch angesichts der ökologischen Zerstörung unbedingt erforderlich.
Damit sich neue Einstellungen und Verhaltensweisen auf der Basis der Gewaltlosigkeit durchsetzen, brauchen wir Vorbilder, die phantasievoll und opferbereit vorangehen und eine Haltung leben, die zumeist einen sehr langen Atem braucht, um zum Erfolg zu führen. Gandhi demonstrierte mit seinen Anhängern, wie man mit Hilfe von Boykotten und Nicht-Kooperation mit den Unterdrückern und mit Öffentlichkeitsarbeit einen solchen Weg gehen kann, der sicherlich mehr Mut erfordert als die Anwendung von Gewalt. Damit es aber in der Weltgesellschaft zu einer solchen Perspektivänderung kommt, ist meines Erachtens auch in der Erziehung der Jugendlichen und im Dialog der Religionen noch viel Arbeit zu leisten. Die Veränderung muß dabei jedes einzelne Individuum einschließen, wenn sie dauerhaft werden soll.
Natürlich stellt sich trotz dieser überzeugenden Theorie der Gewaltlosigkeit bei aktuellen Konflikten immer wieder die Frage, wie ein bereits eskalierter Teufelskreis der Gewalt ohne Verzug unterbrochen werden kann. Dabei haben die politisch Verantwortlichen es teilweise mit Tyrannen zu tun, die keinerlei Moral akzeptieren und nicht bei ihrem Gewissen zu fassen sind. Das Problem in der derzeitigen Weltpolitik scheint mir zu sein, daß Ungerechtigkeiten zu spät entgegengewirkt wird. Viele Anfeindungen und respektlosen Handlungen im Vorfeld eines Konflikts können sich so zu manifesten kriegerischen Akten auswirken. Es scheint dann so, als seien sie nur noch mit Gegengewalt einzudämmen. Die dann folgenden Einsätze zum Schutz der Menschenrechte wirken solange wenig überzeugend, wie sie nur bei Eigeninteressen der beteiligten Nationen unternommen werden und die internationale Abstimmung über den Einsatz nicht demokratisch legitimiert wird. Überhaupt sind internationale Institutionen zum Schutze des Friedens und des Rechts wie die UNO und der Den Haager Gerichtshof weiterhin in ihrer Kompetenz und Effektivität stark eingeschränkt.
Aus meiner Sicht ist es aufgrund der Ethik des Mahayana, die ganz auf das Wohl aller Lebewesen gerichtet ist, nicht undenkbar, zum Schutze anderer physische Gewalt anzuwenden und Schaden einzudämmen, solange die innere Haltung korrekt, das heißt von Mitgefühl durchdrungen ist - was aber naturgemäß sehr schwer einzuhalten ist. Derjenige, der Gewalt in einem gewissen Rahmen und zum Wohle anderer befürwortet, muß nicht zwangsläufig selbst zu den Waffen greifen. Es bleibt wünschenswert, daß es Vorbilder gibt, die eine konsequente Enthaltung von solcher Gewaltanwendung als eine Vision für die Zukunft aufrechterhalten. Man sollte aber eine Entscheidung zu Einsätzen internationaler Armeen meines Erachtens nach auch aus buddhistischer Sicht nicht von vornherein verurteilen. Auch wenn der Dalai Lama die völlige Demilitarisierung der Welt als Idealziel anstrebt und kleinen Nationen empfiehlt, auch heute schon auf Militär zu verzichten, sprach selbst er sich 1991 in seinem Vortrag in Hamburg für den Einsatz "mobiler Streitkräfte unter gemeinsamer Führung vieler Länder" aus, die "in Krisensituationen weltweit operieren könnten", um aggressive Kräfte schon im Ansatz abzuschrecken. Eine solche Streitkraft wäre eine Art internationale Polizei. Leider scheint die Welt noch nicht so weit zu sein, darauf ganz verzichten zu können.
Ein militärischer Einsatz sollte immer auf der Basis internationaler demokratischer Entscheidungsprozesse erfolgen; die praktische Umsetzung muß sich auf das absolute Minimum an Gewalteinsatz beschränken - ähnlich wie eine Polizei in einem Land zwar zur Anwendung von Gewalt legitimiert ist, aber es ihr verwehrt ist, sinnlos oder unangemessen davon Gebrauch zu machen. Wenn internationale Armeen Einsätze zum Schutz von Bevölkerungsgruppen und Minderheiten in diktatorischen Systemen unternehmen, ist die geistige Haltung sicherlich eine andere als bei einem Eroberungskrieg; das Kriterium der Gewaltlosigkeit, daß man keine Genugtuung am Leiden anderer erlebt, wäre gegeben. Gerade auch im Hinblick auf das Tibet-Problem muß man sogar darauf bestehen, daß die "Einmischung in innere Angelegenheiten eines Landes" im Falle der Verletzung von Menschenrechten geradezu zur Pflicht wird. Das internationale Recht hat sich auch bereits in diese Richtung bewegt.
Die Folgen physischer Gewalt sind aber in jedem Fall unabsehbar, und die Verstrickung in Schuld ist stets gegeben. Dieser moralische Konflikt gebietet es, daß sich alle gesellschaftlichen Kräfte zusammenfinden und die ethischen, wissenschaftlichen, politischen und militärischen Implikationen der Fragen der Anwendung von Gewalt intensiv diskutieren. Vielleicht kann auch der Buddhismus daran mitwirken. Gerade die Deutschen haben aufgrund ihrer Geschichte und ihrer geografischen Lage im Herzen Europas meiner Meinung nach eine besondere Pflicht und Möglichkeit, sich dem Thema der Gewaltlosigkeit zuzuwenden.
Erschienen in "Tibet und Buddhismus", Heft 53, 2000
Gelesen bei: www.tibet.de/zeitschrift
Der Ursprung des gewaltlosen Verhaltens von Körper und Rede liegt im Geist. Deshalb ist Gewaltlosigkeit kein äußeres Verhalten, sondern ein Geistesfaktor, der innerhalb der buddhistischen Psychologie zu den elf heilsamen Faktoren gerechnet wird.
Sein Wesen ist, allgemein gesagt, die Einstellung, keine Genugtuung am Leiden anderer zu empfinden.
Die Gewaltlosigkeit wird in der öffentlichen Diskussion oft als Passivität mißinterpretiert. Tatsächlich entsteht ahimsa aber nicht durch das bloße Vermeiden jeglicher Aktivität, sondern durch eine aktive Schulung des Geistes. Ihr Ziel ist, daß selbst dann, wenn einem Schaden zugefügt wird, kein Impuls mehr aufsteigt, diesen Schaden mit gleichen Mitteln zu vergelten und sich zu rächen. Der so Geschulte ist damit in der Lage, der Verlockung einer schnellen "Lösung? durch Gewalt unter dem Einfluß der Feindseligkeit, die für den eigenen "Vorteil" die menschlichen Interessen des Schädigers ignoriert, nicht nachzugeben. Er bleibt angesichts einer äußeren Streßsituation fähig, intelligent, gefaßt und ohne Feindschaft zu reagieren. Dabei behält er seine Würde und Menschlichkeit bei und kann die Dinge langfristig aktiv zum Besseren aller Beteiligten wenden.
Nur wenige Menschen in der Geschichte waren kreativ genug, um diese Tugend zu entwickeln. Diejenigen, denen es gelungen ist, werden zumeist von vielen Menschen verehrt und haben ihre Spuren in der Weltgeschichte hinterlassen. So inspirierte die Lehre der Gewaltlosigkeit Gandhi in seinem Kampf zur Befreiung Indiens vom Joch des britischen Empire. Gandhi wiederum war ein Vorbild für Martin Luther King, der die Bürgerrechte der amerikanischen Farbigen gegenüber den herrschenden Weißen durchsetzen wollte. Er sah in der Gewährung dieser Bürgerrechte auch die Chance für die Weißen, sich von ihrem Dasein als unmenschliche Unterdrücker zu befreien. Martin Luther King, der ein christlicher Prediger war, stützte sich natürlich auch auf die Lehren Jesu. Seine Botschaft von der Feindesliebe forderte Liebe zur gesamten Menschheit, nicht nur zum eigenen Stamm, und umfaßte sogar Schädiger. Heutzutage verkörpert der Dalai Lama die gelebte Lehre von ahimsa in seinem Bemühen um die Freiheit der Tibeter vom Joch der chinesischen Gewaltherrschaft. Obwohl er die Übel dieser Repression deutlich benennt, hört man von ihm nie ein Wort des Hasses gegenüber den Chinesen. Ein weiteres leuchtendes Vorbild in dieser Hinsicht ist Nelson Mandela, der nach dreißigjähriger Haft zum Verzeihen und zum Kompromiß mit der weißen Herrschaft in Südafrika bereit war und eine Eskalation der Gewalt verhinderte. Gewaltloses Engagement brachte auch Ende der 90er Jahre in vielen Regionen der Welt Demokratie und Freiheit, angefangen von den Philippinen über Osteuropa bis hin zur DDR; auch der Studentenprotest in China Ende der 80er Jahre verfolgte dieses Ziel.
Die Verfechter der Gewaltlosigkeit widerstehen der Versuchung der Gewalt, weil sie erkennen, daß diese stets zu einem Kreislauf der Zerstörung führt. Zwar kann Gewalt zeitweilige Lösungen herbeiführen, letztlich aber wird sie immer wie eine zu starke Medizin krasse Nebenwirkungen hervorrufen. Sie stärkt die Böswilligkeit und hält den Kreislauf schädigender Handlungen in Gang. Damit bleibt das Problem also von der Wurzel her erhalten. Echter Frieden kann nach dem Gesetz der Kausalität nur aus der damit übereinstimmenden Quelle friedlicher Geisteszustände folgen. Ohne diesen Ursprung könnte man höchstens die zeitweilige Abwesenheit von Krieg erreichen. Deshalb sprach Gandhi davon, daß der "Weg zum Frieden der Frieden ist". Der Dalai Lama wird nicht müde zu betonen, daß nur Wasser Feuer löschen könnte und nicht weiterer Brennstoff. Der Friedensnobelpreisträger unterscheidet auch dahingehend, daß man zwar das Böse vernichten sollte, nicht aber die "Bösen", da er überzeugt ist, auch diese durch den Einfluß des Guten verändern zu können.
Damit sich neue Einstellungen und Verhaltensweisen auf der Basis der Gewaltlosigkeit durchsetzen, brauchen wir Vorbilder, die phantasievoll und opferbereit vorangehen und eine Haltung leben, die zumeist einen sehr langen Atem braucht, um zum Erfolg zu führen. Gandhi demonstrierte mit seinen Anhängern, wie man mit Hilfe von Boykotten und Nicht-Kooperation mit den Unterdrückern und mit Öffentlichkeitsarbeit einen solchen Weg gehen kann, der sicherlich mehr Mut erfordert als die Anwendung von Gewalt. Damit es aber in der Weltgesellschaft zu einer solchen Perspektivänderung kommt, ist meines Erachtens auch in der Erziehung der Jugendlichen und im Dialog der Religionen noch viel Arbeit zu leisten. Die Veränderung muß dabei jedes einzelne Individuum einschließen, wenn sie dauerhaft werden soll.
Natürlich stellt sich trotz dieser überzeugenden Theorie der Gewaltlosigkeit bei aktuellen Konflikten immer wieder die Frage, wie ein bereits eskalierter Teufelskreis der Gewalt ohne Verzug unterbrochen werden kann. Dabei haben die politisch Verantwortlichen es teilweise mit Tyrannen zu tun, die keinerlei Moral akzeptieren und nicht bei ihrem Gewissen zu fassen sind. Das Problem in der derzeitigen Weltpolitik scheint mir zu sein, daß Ungerechtigkeiten zu spät entgegengewirkt wird. Viele Anfeindungen und respektlosen Handlungen im Vorfeld eines Konflikts können sich so zu manifesten kriegerischen Akten auswirken. Es scheint dann so, als seien sie nur noch mit Gegengewalt einzudämmen. Die dann folgenden Einsätze zum Schutz der Menschenrechte wirken solange wenig überzeugend, wie sie nur bei Eigeninteressen der beteiligten Nationen unternommen werden und die internationale Abstimmung über den Einsatz nicht demokratisch legitimiert wird. Überhaupt sind internationale Institutionen zum Schutze des Friedens und des Rechts wie die UNO und der Den Haager Gerichtshof weiterhin in ihrer Kompetenz und Effektivität stark eingeschränkt.
Aus meiner Sicht ist es aufgrund der Ethik des Mahayana, die ganz auf das Wohl aller Lebewesen gerichtet ist, nicht undenkbar, zum Schutze anderer physische Gewalt anzuwenden und Schaden einzudämmen, solange die innere Haltung korrekt, das heißt von Mitgefühl durchdrungen ist - was aber naturgemäß sehr schwer einzuhalten ist. Derjenige, der Gewalt in einem gewissen Rahmen und zum Wohle anderer befürwortet, muß nicht zwangsläufig selbst zu den Waffen greifen. Es bleibt wünschenswert, daß es Vorbilder gibt, die eine konsequente Enthaltung von solcher Gewaltanwendung als eine Vision für die Zukunft aufrechterhalten. Man sollte aber eine Entscheidung zu Einsätzen internationaler Armeen meines Erachtens nach auch aus buddhistischer Sicht nicht von vornherein verurteilen. Auch wenn der Dalai Lama die völlige Demilitarisierung der Welt als Idealziel anstrebt und kleinen Nationen empfiehlt, auch heute schon auf Militär zu verzichten, sprach selbst er sich 1991 in seinem Vortrag in Hamburg für den Einsatz "mobiler Streitkräfte unter gemeinsamer Führung vieler Länder" aus, die "in Krisensituationen weltweit operieren könnten", um aggressive Kräfte schon im Ansatz abzuschrecken. Eine solche Streitkraft wäre eine Art internationale Polizei. Leider scheint die Welt noch nicht so weit zu sein, darauf ganz verzichten zu können.
Ein militärischer Einsatz sollte immer auf der Basis internationaler demokratischer Entscheidungsprozesse erfolgen; die praktische Umsetzung muß sich auf das absolute Minimum an Gewalteinsatz beschränken - ähnlich wie eine Polizei in einem Land zwar zur Anwendung von Gewalt legitimiert ist, aber es ihr verwehrt ist, sinnlos oder unangemessen davon Gebrauch zu machen. Wenn internationale Armeen Einsätze zum Schutz von Bevölkerungsgruppen und Minderheiten in diktatorischen Systemen unternehmen, ist die geistige Haltung sicherlich eine andere als bei einem Eroberungskrieg; das Kriterium der Gewaltlosigkeit, daß man keine Genugtuung am Leiden anderer erlebt, wäre gegeben. Gerade auch im Hinblick auf das Tibet-Problem muß man sogar darauf bestehen, daß die "Einmischung in innere Angelegenheiten eines Landes" im Falle der Verletzung von Menschenrechten geradezu zur Pflicht wird. Das internationale Recht hat sich auch bereits in diese Richtung bewegt.
Die Folgen physischer Gewalt sind aber in jedem Fall unabsehbar, und die Verstrickung in Schuld ist stets gegeben. Dieser moralische Konflikt gebietet es, daß sich alle gesellschaftlichen Kräfte zusammenfinden und die ethischen, wissenschaftlichen, politischen und militärischen Implikationen der Fragen der Anwendung von Gewalt intensiv diskutieren. Vielleicht kann auch der Buddhismus daran mitwirken. Gerade die Deutschen haben aufgrund ihrer Geschichte und ihrer geografischen Lage im Herzen Europas meiner Meinung nach eine besondere Pflicht und Möglichkeit, sich dem Thema der Gewaltlosigkeit zuzuwenden.
Erschienen in "Tibet und Buddhismus", Heft 53, 2000
Gelesen bei: www.tibet.de/zeitschrift
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