2025-12-13

Klaus Praschak: Wo der Sinn zerbricht, beginnt die Wahrheit



Was wir derzeit erleben, ist tatsächlich ein kollektiver Sinnverlust. Der alte Lebenssinn, der sich über Leistung, Sicherheit, Zugehörigkeit über Systeme, Rollen und äußere Anerkennung definierte, trägt nicht mehr. Viele Menschen spüren das sehr deutlich, auch wenn sie es nicht benennen können. Wenn Sinn wegbricht, schaltet der Mensch automatisch in den Überlebensmodus, das bedeutet funktionieren, absichern und durchhalten. Dieser Zustand ist energetisch eng, angstgetrieben und zehrt langfristig aus. Wichtig ist zuerst zu verstehen, dass der Überlebensmodus eine Übergangsreaktion ist.

Der Ausstieg beginnt nicht damit, sofort neuen Sinn zu finden, sondern damit, den alten bewusst zu verabschieden. Solange innerlich noch versucht wird, das frühere Leben, frühere Sicherheiten oder alte Identitäten zu retten, bleibt man gefangen. Sinn entsteht nicht aus Festhalten, sondern aus dem Mut, den leeren Raum auszuhalten. Diese Leere ist kein Nichts, sondern ein heiliger Zwischenraum, in dem sich das Wesentliche neu ordnet.

In der Übergangsphase geht es weniger um große Ziele und mehr um Sinn im Kleinen. Sinn wird wieder erfahrbar, wenn das Leben nicht mehr als abstraktes Ganzes bewältigt werden muss, sondern in überschaubare, echte Handlungen zurückkehrt, durch ehrliche Begegnung, ein klarer Tagesrhythmus, etwas mit den Händen tun, Verantwortung für einen kleinen Bereich übernehmen, der real und greifbar ist. Sinn entsteht dort, wo wir wieder wirksam sind und es muss nichts bedeutendes sein, sondern es muss sich stimmig anfühlen.

Ein entscheidender Schritt aus dem Überlebensmodus ist die Rückverbindung mit dem inneren Maß. Viele Menschen sind müde, weil sie gegen ihren eigenen Rhythmus leben. Dem Leben wieder Sinn zu geben heißt, die eigene Wahrheit höher zu achten als Erwartungen von außen. Das kann bedeuten, weniger zu wollen, langsamer zu werden, Vereinfachung zuzulassen und das nicht als Rückzug, sondern als Neuordnung.

Spirituell betrachtet verschiebt sich der Sinn in dieser Zeit von „etwas erreichen“ zu „etwas verkörpern“. Der neue Sinn liegt nicht in der Zukunft, sondern in der Qualität der Gegenwart. Wie begegne ich dem Leben, wenn keine Sicherheiten mehr greifen? Mit Angst oder mit Aufrichtigkeit? Mit Anpassung oder mit innerer Klarheit? Jede Entscheidung, die aus Wahrhaftigkeit getroffen wird, stiftet Sinn, auch wenn sie äußerlich klein wirkt.

Wichtig ist auch zu verstehen, dass Sinn in Übergangszeiten oft kein Gefühl ist, sondern eine Entscheidung. Man fühlt ihn nicht sofort, man lebt ihn vor. Wer auf den großen inneren Ruf wartet, bleibt oft stecken. Der Sinn offenbart sich im Gehen, nicht im Grübeln. Ein Schritt, der aus innerer Stimmigkeit kommt, zieht den nächsten nach sich. Letztlich führt der Weg aus dem Überlebensmodus zurück in Beziehung und nicht zuerst zu einem System oder einer Idee, sondern zum Leben selbst. Wer wieder lauscht, statt nur zu reagieren, wer dem eigenen Gewissen folgt statt kollektiver Angst, wer bereit ist, Verantwortung für sein inneres Klima zu übernehmen, der entdeckt, dass der Sinn nicht verschwunden ist. Er hat nur seine Form gewechselt. Und er wird dort wieder spürbar, wo der Mensch aufhört zu funktionieren und beginnt, anwesend zu sein.

Klaus Praschak

Bild: Netzfund....danke

Quelle: Klaus Praschak

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