Denn die Vorstellung, es gäbe allmächtige Kräfte, die Entwicklung verhindern wollen, kann selbst lähmend wirken und die eigene innere Autorität schwächen. Der entscheidende Punkt ist , dass kein äußeres System verhindern kann, dass ein Mensch innerlich wächst, wenn er bereit ist, Verantwortung für sein Bewusstsein zu übernehmen. Systeme können ablenken, verführen und betäuben, aber sie können kein Bewusstsein unterdrücken, das wach bleiben will. Freiheit beginnt nicht dort, wo äußere Kontrolle endet, sondern dort, wo innere Unterscheidung beginnt. Statt zu fragen: Wer kontrolliert uns? ist die wirksamere Frage: Wo lasse ich mich unbewusst führen? Bewusstseinsentwicklung zeigt sich nicht im Kampf gegen Kräfte, sondern im Entzug der eigenen Aufmerksamkeit von dem, was nicht nährt. Sie wächst durch Wahrnehmung, Stille, Selbstverantwortung und innere Wahrheit. Und genau das ist leise, unspektakulär und für Systeme schwer greifbar.
In diesem Sinn gibt es keine Macht, die stärker wäre als ein Mensch, der gelernt hat, sich selbst wahrzunehmen. Alles andere verliert Einfluss, nicht durch Widerstand, sondern durch Bedeutungslosigkeit. Gelebte Geistigkeit erkennt hier etwas Entscheidendes, denn Unmenschlichkeit entsteht nicht primär durch böse Akteure, sondern durch Bewusstseinsverlust im System. Wo Entscheidungen nicht mehr innerlich rückgekoppelt sind an Mitgefühl, Verantwortung und Wahrhaftigkeit, entsteht Entfremdung. Deshalb liegt die tiefere Frage nicht nur bei der Politik, sondern bei uns allen. Wie viel Menschlichkeit verlangen wir und wie viel geben wir selbst auf, wenn wir Systeme für uns denken, entscheiden und fühlen lassen? Politik wirkt unmenschlich, weil sie oft ein Spiegel dafür ist, wie sehr wir selbst gelernt haben, Funktion über Beziehung zu stellen. Bewusstseinswandel beginnt daher nicht mit der Abschaffung von Systemen, sondern mit der Rückbindung des Menschen an sein inneres Maß, auch dort, wo Macht ausgeübt wird.
Klaus Praschak

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