2025-12-26

Otfried Weise: SIEH, WAS IST


SIEH, WAS IST
Nicht als Richter, nicht als Jemand,
der etwas in Ordnung bringen will.
Sieh mit den Augen eines Zeugen,
der nichts gewinnen und nichts verlieren kann.
Was ist, zeigt sich von selbst, wenn du aufhörst,
es weghaben zu wollen.
Im Schmerz liegt bereits das Spüren des Schmerzes,
im Zweifel die Intelligenz des Fragens,
im Chaos eine Ordnung, die nicht nach deinem Maßstab fragt.

UND SIEH, WAS NICHT IST
Die Geschichten, die sich wie Nebel um das Wirkliche legen.
Das „Ich sollte anders sein“,
das „Ich müsste schon weiter sein“,
das „Wenn nur … dann …“.
Was nicht ist, lebt nur von deiner Aufmerksamkeit.
Es verschwindet, wenn du es nicht mehr nährst.

ALL ES IST GUT, SO WIE ES IST
Nicht, weil alles angenehm wäre,
sondern weil nichts außerhalb des Ganzen steht.
Auch der Widerstand gehört dazu,
auch die Müdigkeit, die Unvollkommenheit.
Auch das Gefühl, noch nicht angekommen zu sein.
Das Ganze irrt sich nicht. Es schließt nichts aus.

DU MUSST NICHTS ÄNDERN
Nicht, weil Veränderung unmöglich wäre,
sondern weil sie von selbst geschieht,
wenn der Kampf endet.
Ein Baum wächst nicht, weil er sich anstrengt,
sondern weil er Baum ist.
So ist es auch mit dir.

DU BIST ES IMMER SELBST
Nicht als Person, nicht als Rolle,
sondern als das, was vor jeder Beschreibung da ist.
Du bist der Raum, in dem Gedanken kommen und gehen.
Der Grund, auf dem sich Zweifel zeigen.
Die Stille, die auch dann da ist, wenn es laut wird.
Du bist nie verloren – nur beschäftigt, nur abgelenkt.

Dieser Text lädt zu bedingungsloser Selbstannahme ein.
Nicht zur Passivität,
sondern zur Auflösung des ständigen inneren Dialogs.
Viele Leiden entstehen nicht aus dem Erleben selbst,
sondern aus der ständigen Bewertung des Erlebens.
„So darf ich nicht sein“ erzeugt mehr Spannung als DAS, WAS IST.

Indem du siehst, was ist, aktivierst du PRÄSENZ.
Indem du erkennst, was nicht ist, entlarvst du PROJEKTIONEN, Erwartungen, innere Forderungen.
Das Nervensystem darf sich entspannen,
weil nichts mehr repariert werden muss, um okay zu sein.

Dieser Text berührt die WEISHEIT der NONDUALITÄT:
Es gibt kein getrenntes Selbst, das der Welt gegenübersteht.
Keinen Beobachter außerhalb des Geschehens.
DAS SEIN IST VOLLSTÄNDIG – und du bist kein Sonderfall darin.

Die Aussage „Du musst nichts ändern“ widerspricht dem Leistungsdenken, aber nicht der Bewegung des Lebens,
des LebendigSeins.
Sie verweist auf eine Ethik des Seins statt des Machens.
Handlungen dürfen entstehen – aber sie entspringen der Klarheit,
nicht Mangel.

Der Text spricht aus der Tiefe des Bewusstseins selbst.
„Du bist es immer selbst“ meint nicht das kleine Ego,
sondern das, was sich durch alle Formen hindurch ständig wahrnimmt.
Das Selbst, das nie verletzt werden kann,
nie verbessert werden muss,
nie auf dem Weg ist, weil es immer schon angekommen ist.
Erkenntnis geschieht nicht durch Hinzufügen von Wissen,
sondern durch Wegfallen von Illusion.
Was bleibt, ist schlichtes SEIN.

Dieser Text ist kein Befehl und kein Dogma.
Er ist eine Einladung. Eine Erinnerung.
Er kann trösten, aber auch irritieren –
denn er nimmt dem inneren Antreiber seine Aufgabe.
Wenn du ihn liest und etwas in dir still wird,
dann nicht, weil du etwas verstanden hast,
sondern weil etwas in DIR aufgehört hat, sich zu wehren.

Bild: Chanakya Lama

Quelle: Otfried Weise

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