2025-12-06

Otfried Weise: WIR SIND MEISTER DARIN, WIR SELBST ZU SEIN


Dieses Selbst besteht jedoch aus vielen Schichten, weil jeder Mensch vieles begreifen möchte und dazu die Masken der Persönlichkeit benötigt. Diese gehen im Laufe der Entwicklung ineinander über, wie Wasser und Licht: der unsterblichen Seele mit ihren ewigen Wesenskern-Eigenschaften, und der irdischen Persönlichkeit mit ihren erlernten Mustern, Konditionierungen und Masken. Beide wirken gemeinsam, oft für den oberflächlichen Betrachter fast ununterscheidbar, und doch tragen sie unterschiedliche Stimmen.

Die Seele ist das, was bleibt: ein stiller Brennpunkt von Klarheit, Liebe, Mut, Weisheit, Begeisterung, neues zu erleben oder Sanftheit — Grundtöne, die nicht erlernt, sondern entfaltet werden. Sie ist wie ein ursprünglicher Klang, der uns seit jeher begleitet.

Die Persönlichkeit dagegen ist wie ein Instrument, das im Laufe des Lebens gestimmt, verzerrt, geprägt wird. Gewohnheiten, Ängste, Rollen, Glaubenssätze – sie formen, wie wir klingen, aber nicht wer wir sind. Manche Muster unterstützen den Seelenklang, andere übertönen ihn.
 
ABER IMMER KÖNNENEN WIR DABEI ETWAS ERFAHREN WIE BEGREIFEN UND DADURCH REIFEN.

Das Zusammenspiel dieser beiden Ebenen ist der Kern unserer inneren kreativen Spannung: Wir sehnen uns danach, aus dem Wesentlichen heraus zu handeln, und verheddern uns doch in den künstlichen Schichten, die wir einst aus Notwendigkeit oder Anpassung angelegt haben.

Die Seele ist das Sein, die Persönlichkeit das Werden. Und wir leben im Zwischenraum, wo beide miteinander tanzen. Esoterisch gesehen ist dies der Hinweis, dass nichts verloren geht, was wahr ist, und nichts dauerhaft bleibt, was nur erlernt wurde. Unsere Aufgabe ist nicht, uns neu zu erschaffen, sondern uns zu erinnern — und zugleich die Masken zu würdigen, die uns beim Lernen unterstützen.

Ich gebe euch fünf anschauliche Beispiele

1. Die natürliche Freundlichkeit (Seelenqualität) vs. erlernte Höflichkeit (Persönlichkeit):
Ein Mensch kann freundlich sein, weil sein Kern warmherzig ist — oder weil er gelernt hat, dass man „nett” sein muss, um Anerkennung zu bekommen. Beide können gleich aussehen, aber nur ersteres ist mühelos. Oft schwingt beides mit.

2. Mut als Wesenszug vs. Mut als erlernte Rolle:
Manche Menschen haben eine stille, tiefe Tapferkeit, die unabhängig von Umständen wirkt. Andere haben gelernt, „stark“ aufzutreten, um Kritik zu vermeiden. Die Seele handelt aus Klarheit; die Persönlichkeit aus Strategie.

3. Kreativität als Ausdruck der Seele vs. Perfektionismus als Konditionierung:
Das schöpferische Strahlen kommt aus dem Inneren. Doch wie es sich zeigt — kontrolliert, perfektionistisch, ängstlich, frei — hängt von Kindheit, Prägungen und Erfahrungen ab.

4. Die Hingabe eines Menschen (seelisch) vs. sein Pflichtgefühl (erlernt):
Ein Mensch kann aus innerer Verbundenheit handeln — oder aus dem Gefühl, „es gehört sich so“. In vielen Situationen verweben sich echte Hingabe und alte Pflichtmuster miteinander.

5. Echtes Interesse (Wesenskern) vs. soziale Anpassung (Maske):
Es gibt Menschen, die wahrhaft wissbegierig sind. Und es gibt Neugier, die nur eine Maske ist, weil man gelernt hat, Aufmerksamkeit zu zeigen. Doch das Herz verrät oft, was echt ist: durch Präsenz, Wärme, Tiefe.

In dieser Unterscheidung liegt kein Urteil, sondern ein Schlüssel:

Wir sind schon immer Meister darin, unsere Seele auszudrücken — und zugleich Meister darin, sie dabei zu überdecken.

Wenn wir beide Aspekte erkennen, beginnt die sanfte Kunst, das Erlernte zu würdigen, ohne es mit dem Ewigen zu verwechseln — und den Wesenskern so leuchten zu lassen, dass die Masken sich von selbst lösen.

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