Es ist leicht, jemanden zu lieben, der dich auch liebt! Zu lieben, wo dir Hass entgegenschlägt, das ist die Ebene von Erleuchtung und von wahrem Mitgefühl.
MITGEFÜHL FÜR DIE GANZE WELT
Buddha pflegte zu seinen Schülern zu sagen: „Nach jeder Meditation solltet ihr in euer Mitgefühl gehen – unmittelbar danach – denn wenn man meditiert, nimmt die Liebe zu, wird das Herz voll. Nach jeder Meditation solltet ihr Mitgefühl für die ganze Welt empfinden, sodass ihr eure Liebe mit anderen teilen könnt und die Energie in die Atmosphäre entlasst, sodass sie von anderen genutzt werden kann.“ (OSHO, Empathie, S. 221ff, Innenwelt Verlag)
JJK: Dieses „Mitgefühl“ für die ganze Welt empfinden sehr viele Menschen, doch je näher einem ein Mensch ist und je mehr man die Eigenschaften eines Menschen kennt, desto schwieriger ist dies oft. Warum?
JOHANNES DER TÄUFER: Je näher sich Menschen sind, desto intensiver sind die Spiegelungen. Wer sich selbst noch nicht wirklich liebt, der wird auch die Spiegelungen als unangenehm empfinden. Dabei entlädt sich der Unmut auf den, der dir den Spiegel vorhält – und so ist echtes Mitgefühl kaum möglich. Das heißt, zuerst ist die Selbstliebe vonnöten, erst danach bist du bereit, dich so anzunehmen, wie du bist. Dann ist dir jede Spiegelung willkommen und ist dir diese keine Belastung mehr – dann werden Nächstenliebe und wahres Mitgefühl möglich.
JJK: Im selben Buch ein paar Absätze weiter: Es geschah einmal in China:
Als Bodhidharma nach China ging, kam ein Mann zu ihm und sagte: „Ich habe immer deine Lehren befolgt: Ich meditiere und empfinde anschließend Mitgefühl für das gesamte Universum, nicht nur für die Menschen, sondern auch für die Tiere, die Felsen und die Flüsse. Doch es gibt da ein Problem: Für meinen Nachbarn kann ich kein Mitgefühl empfinden, es ist mir einfach nicht möglich. Sag mir also bitte: Kann ich meinen Nachbarn von meinem Mitgefühl ausschließen? Wenn ich die gesamte Existenz, bekannt und unbekannt, darin einschließe, kann ich dann meinen Nachbarn ausschließen? Bei ihm fällt es mir sehr schwer, bei ihm ist es praktisch unmöglich. Ich kann für ihn kein Mitgefühl empfinden.“ Bodhidharma antwortete ihm: „Vergiss dein Mitgefühl, denn wenn dein Mitgefühl irgendjemanden ausschließt, ist es nicht wirklich vorhanden.“ (OSHO, Empathie, S. 222ff, Innenwelt Verlag)
MITGEFÜHL FÜR UNSERE FEINDE
JJK: Ich denke jetzt an unsere Feinde – Menschen, die andere Menschen quälen, missbrauchen oder umbringen. Wenn jemand solche Erfahrungen gemacht hat oder einer solchen beigewohnt hat, wie ist es dann möglich, diesem „Feind“ Mitgefühl entgegenzubringen?
JOHANNES DER TÄUFER: Indem allmählich die größere Dimension dieser Begegnung erfasst wird und indem einem bewusst wird, dass dies eine Aufgabe ist, die gemeistert werden soll.
Erleuchtung beinhaltet das bedingungslose Mitgefühl – ohne diese Qualität gibt es keine Erleuchtung.
„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“ Das hat Jesus den Menschen mitgegeben – und der Nächste kann auch dein Feind sein.
Deshalb sprach Jesus auch von der Feindesliebe – und Feinde machen dich immer auf karmische Verflechtungen aufmerksam. Es liegt an jedem Einzelnen, diese zu lösen oder – durch Vergeltung – für weitere Verstrickungen zu sorgen.
Hat ein Mensch am eigenen Leibe, an der Seele oder an der Psyche eine Misshandlung erfahren, dann führt der Weg zur Heilung zuerst über das Anerkennen dessen, was ist. Daraufhin geht es um die Vergebung und schließlich ist es das Mitgefühl, das alles auflöst.
Wer nicht mehr auf Vergeltung oder Rache sinnt, der durchbricht den destruktiven Kreislauf dieser Illusion und für den enden Geburt und Wiedergeburt.
Ist dein Nachbar dein Feind, dann versuche die Hintergründe zu begreifen. Was wird dir gespiegelt und was lehnst du an dir selbst ab?
DER NÄCHSTE IST DEIN SPIEGEL
JJK: Interessant ist ja auch, dass manche Eltern zu den eigenen Kindern sehr streng – manchmal an der Grenze zur Lieblosigkeit – sind und sich zu den Kindern in der Nachbarschaft oder in der Verwandtschaft ganz anders verhalten. Ich habe das in meiner Kindheit so erlebt und auch bei den Nachbarsfamilien und Nachbarskindern so beobachtet.
JOHANNES DER TÄUFER: Eigene Kinder sind der direkteste Spiegel für Eltern. Kinder spiegeln immer die noch unerlösten Themen von Mama und Papa.
Je stärker ein Vater oder eine Mutter darauf anspringen, umso deutlicher ist, dass es etwas zu erlösen und zu erkennen gibt. Deshalb ist die Eigenliebe so wertvoll.
Denn je vollkommener die Selbstliebe ist, desto selbstverständlicher geht ein Mensch mit entlarvenden Spiegelungen um.
Nächstenliebe und Feindesliebe sind Zwillinge, die einander gleichen.
JJK: Wenn nun ein Opfer dem Täter die Tat nicht vergeben kann und für den Täter kein Mitgefühl empfinden kann, dann ist also das ganze Mitgefühl, zu dem ein Mensch fähig ist, nichts wert?
JOHANNES DER TÄUFER: Es ist nichts wert, da es sich dort – wo es am meisten benötigt wird, um tief greifende Heilungen und Erkenntnisprozesse in Gang zu bringen – fehlt.
Es ist leicht, jemanden zu lieben, der dich auch liebt! Zu lieben, wo dir Hass entgegenschlägt, das ist die Ebene von Erleuchtung und von wahrem Mitgefühl.
Dies ist der einzige Weg, um Karma augenblicklich aufzulösen, und es ist der einzige Weg, um den Kreislauf von Schuld und Sühne zu durchbrechen.
Diese Stufe erreichst du, sobald du wirkliche Freiheit und wahren Frieden anstrebst. Dann hast du die Kraft, um das Rad des Karmas anzuhalten, dann verlässt du dieses Spiel.
Liebe deinen Nächsten, auch wenn es dein Feind ist! Dies zu erfassen, bringt dich dem Himmelreich nahe und lässt dich verstehen, worum es in einem Erdenleben wirklich geht.
JOHANNES DER TÄUFER
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