2022-08-10

Andrea Riemer: Gefühl und Verstand. Auf die Dosis und die Mischung kommt es an



Der Beitrag erschien am 10.8.2022 unter https://spirit-online.de/gefuehl-und-verstand-auf-die-dosis-und-die-mischung-kommt-es-an.html

Gefühl und Verstand sind zwei Highlights in der spirituellen Debatte. Doch der absolute Lieblingsplatz der Community ist das Herz. Nichts ist wichtiger als das Herz. Gefühl und Verstand werden dabei regelmäßig auseinanderdividiert. Das Herz wird mit dem Gefühl und den Emotionen verwechselt. Heraus kommt, dass kaum eine*r so richtig weiß, worum es eigentlich geht. Dabei handelt es sich um eines der wichtigsten spirituelle Elemente. Ich halte beide, Gefühl und Verstand, wie ich in meinen Beiträgen immer wieder seit Jahren schreibe, für gleichberechtigt. Auch bei Gefühl und Verstand geht es um eine Begegnung auf Augenhöhe. Nur dann begreifen wir, was zurzeit auf allen gesellschaftlichen Ebenen vor sich geht.

Es sind zwei Komponenten in uns Menschen, die sich im HERZEN TREFFEN.

Bitte genau lesen. Der Herz ist ein Ort, wo sich Gefühl und Verstand treffen, wo sie, wenn es ganz gut läuft, miteinander verschmelzen. Das Herz ist nicht das Gefühl. Der Verstand ist beim Herz genauso wichtig wie das Gefühl.

Wie geschieht es, dass Gefühl und Verstand verschmelzen? Was muss dafür gegeben sein? Warum ist das Herz der wichtigste Kompass für unser Menschsein? Wo sitzt das Herz (nein, keine Anatomiestunde)? Wie spürst du dein Herz? Warum sind andere Herzen für dich unwichtig? Wie kannst du üben, dein Herz mehr und mehr wahrzunehmen?

Darüber kannst du in diesem Beitrag Wichtiges zur Kür am spirituellen Weg nachlesen. Sei dir bewusst: das ist etwas für Fortgeschrittene. Selbst wenn du Anfänger*in bist, lies diesen Beitrag. Er verdeutlicht dir ein großes, wichtiges, lohnendes Ziel, zu dem du dich auf deinen Weg machst. Du kannst nie früh genug anfangen zu lernen, worum es in der Tiefe geht.

Gefühl und Verstand. Eine kleine Wiederholung

Du erinnerst dich, im Beitrag vom April 2022 schrieb ich dir folgendes: Unser Verstand gibt uns die Fähigkeit, etwas zu begreifen und uns eine eigenständige Meinung zu formen. Er gehört nicht zu unseren fünf bekannten Sinnen.

Der Verstand hilft uns, die Vielfalt unserer Eindrücke nach bestimmten Kriterien zu ordnen.

Vieles davon wird dann wissenschaftlich fassbar. Doch allein dafür ist der Verstand nicht gedacht. Er hilft uns, uns im Leben zurecht zu finden, uns zu unterscheiden, zuzuordnen und auch unseren Weg zu erkennen und zu gehen.

In der Fortsetzung vom Mai 2022 habe ich dir zu Gefühlen folgendes angeboten: Gefühle sind Wahrnehmungen über deine Sinne. Es sind Empfindungen. Sie sind etwas sehr Ursprüngliches. Sie sind tief in dir angelegt.

Gefühle sind die vielfältigen sinnlichen Empfindungen und Wahrnehmungen, die uns im Leben begegnen.

Genug der Wiederholungen, weiter zur Verschmelzung. Weiter zur Begegnung auf Augenhöhe von Gefühl und Verstand.

Was bedeutet ‚Gefühl und Verstand verschmelzen‘?

Verschmelzung ist ein symbolischer Begriff dafür, dass Gefühl und Verstand in einer Übereinstimmung sind. Das bedeutet, dass das, was du dir ausgedacht hast, mit deinen sinnlichen, gefühlten Wahrnehmungen übereinstimmt. Im Englischen nennt man es in alignment.

Du kannst dir das so vorstellen, dass Gefühl und Verstand deckungsgleich sind.

Wie kannst du das beweisen? Nicht mit herkömmlichen Instrumenten. Doch wenn du ein bisschen geübt bist, nimmst du eine innere Gewissheit wahr.

Es ist zwingend und harmonisch in dir zugleich.

Kannst du das produzieren? Ja, auch mit ein wenig Übung. Doch du kannst es nicht erzwingen. Dann bleibst du im Verstand und machst dir dein Gefühl dazu passend. Gleiches gilt auch umgekehrt.

Es ist dieses finetuning, diese innere Abstimmung, die dich an einen wahrgenommenen Punkt bringt, an du aus dir heraus sagst: so ist es und nicht anders.

Warum ist das Herz der wichtigste Kompass für unser Menschsein?

Das Herz hat in vielen spirituellen Praktiken und Richtungen einen zentralen Platz. Du kannst das in zahlreichen Bildern erkennen. Der Herzbereich ist immer besonders dargestellt. Oft wird das Herz nicht erklärt. Noch öfter erfährt man es auf Umwegen. Ich habe mich viele Jahre mit dem Herz als wichtigsten Kompass für mein Leben auseinandergesetzt.

Wenn Gefühl und Verstand in Übereinstimmung sind, unerzwungen, friedlich, harmonisch, dann nehme ich ein warmes Empfinden in meinem Herzen wahr. Dieser innere Raum wird auch ganz weit.

So umschreibe ich mein Herz als Kompass und wie ich es empfinde, wenn ich ins Schwarze mit etwas getroffen habe. Warum bringe ich dir das näher? Weil ich dir damit einen empfundenen Anhalt geben will, damit du in dir nachempfinden kannst, was ich meine.

Alle Entscheidungen, bei denen ich meinem Herz als Kompass folgte, waren und sind erfolgreiche, bereichernde und nachhaltig wirksame Entscheidungen. Es sind Entscheidungen für mich, für mein Wohlergehen, für mein geglücktes Leben. Es sind ausdrücklich NIE Entscheidungen GEGEN jemand und etwas.

Wo sitzt das Herz?

Diese Frage ist absolut berechtigt. Bei mir ist es der Bereich am Brustbein. Doch es ist kein ganz klar abgezirkelter Bereich. Auch der Anatomieatlas oder ein Gespräch mit einem Kardiologen helfen dir nur wenig weiter.

Das Herz ist ein innerer Raum, der auch in meiner Empfindung variiert.

Manches Mal empfinde ich den gesamten Oberkörper als Herzraum. Dann wieder ist es ein klar begrenzter Bereich, den ich überdeutlich empfinde – meistens im Brustbeinbereich.

Doch das ist bloß der anatomische Bereich. In spirituellen Praktiken findest du den Begriff des Herzchakra. Chakren sind Energiewirbel. Davon gibt es, je nach Praxis, unterschiedlich viele Wirbel. Dazu kannst du recherchieren, wenn dich das interessiert.

Die meisten spirituellen Praktiken definieren das Herz nicht exakt, sondern deuten auf einen ungefähren physischen Bereich hin. Der Körper ist nur ein Ausdruck, eine Manifestation. Es geht um einen energetischen Bereich. Und der kann von Mal zu Mal ein bisschen variieren.

Unbestritten ist in allen spirituellen Praktiken, dass das Herz das wahre Zentrum ist.

Unbestritten ist auch, dass, wenn dein physisches Herz, deine Pumpe, aussetzt, dann wird es kritisch. Dann ist Code Red angezeigt.

Du liest – dem Herz kommt eine Sonderrolle zu. Gleich wo du hinguckst.

Wie spürst du dein Herz?

Wenn du magst, lege eine deiner Hände auf den Bereich des Brustbeins. Das ist genau zwischen deinen Brüsten. Schließe deine Augen und empfinde, ob etwas kommt. Forciere nichts. Erwarte nichts. Atme still und regelmäßig. Wenn anfänglich nix kommt, ist das nicht weiter schlimm. Atme weiter ruhig. Genieße ein bisschen die Stille, die sich einstellt. Das ist übrigens eine gute Übung, um runterzukommen, wenn es mal brennt. Du siehst – das ist eine multifunktionale Übung. Klein, jedoch fein.

Wenn du ein bisschen übst, dann wirst du zum Beispiel Wärme fühlen, dein Herz schlagen hören und auch in deiner Handfläche fühlen.

Mit der Zeit werden sich weitere Empfindungen einstellen. Auch hier gilt – nichts forcieren. Nichts erwarten. Auch wenn es ein bisschen dauert. Es tut sich etwas mit der Zeit in dir.

Warum kann es ein wenig dauern? Du kannst nicht jahrelang dein Herz unbewusst außen vor lassen und dann erwarten, dass es sich sofort und umgehend fröhlich bei dir meldet. So ist das auch nicht mit dem Herz. Es braucht Eingewöhnungszeit in dir und mit dir. Es ist nie böse oder sauer auf dich. Nein. Doch braucht ein wenig, um voll präsent in dir zu sein.

Du kannst auch folgendes versuchen: wenn du vor einer Entscheidung stehst, und sei sie noch so klein, dann lege auch eine Hand auf den Bereich, den ich dir genannt habe und lausche, was kommt. Meistens äußerst sich das Herz mit Wärme, mit Freude, mit einem Lächeln.

Wisse, dass das Herz eine deutlich größere energetische Ausdehnung hat als dein Gehirn. Herz-Wissen ist eigentlich Herz-Weisheit.

Dein Herz weiß oft schon lange vor deinen Gefühlen und deinem Verstand, was für dich gut ist. Es ist geduldig und wartet, bis du die beiden übereingestimmt hast und bereit bist.

Wisse auch, dass du, um dein Herz wahrzunehmen, keine komplizierten Übungen brauchst. Die einfache Handübung reicht für den Beginn völlig aus. Selbst ich, die seit 25 Jahren auf ihrem Weg ist, verwendet diese Übung nach wie vor regelmäßig und mittlerweile fast schon automatisch.

Warum sind andere Herzen für dich unwichtig?

Am spirituellen Weg und als spiritueller Rebell bist du primär dir selbst verpflichtet, deinen Aufgaben, deinen Fähigkeiten, Begabungen und Talenten. Ja, natürlich kannst du dir die Meinung anderer einholen. Doch es sind deren Erfahrungen und der Erkenntnisse, deren Normen und der Glaubenssätze.

Sei dir bewusst, dass andere Menschen ihre persönlichen Standpunkte haben. Sie können, müssen jedoch nie mit deinen Standpunkten übereinstimmen.

Wenn du auf deinem persönlichen Weg weiter bist, hast du ein entwickeltes Unterscheidungsvermögen. Das bedeutet, wenn du dir Meinungen von anderen einholst, dann machst du das bewusst. Was der oder die gesagt hat, hilft dir im Formen deines Standpunkts – oder auch nicht.

Für mich sind Meinungen und Herzen anderer nicht mehr von Bedeutung. Ich nehme sie wahr, doch lasse sie nicht in mich herein. Mein inneres Fundament ist kraftvoll und stabil genug. Wenn ich daher von außen etwas erfahre, dann weiß ich es sehr schnell zu verorten. Mein Herz ist mittlerweile auch zu meinem besten Navi geworden. Das ist am Beginn des Weges nicht so einfach. Dessen bin ich mir bewusst.

Doch es ist wichtig, so früh wie möglich seinem Verstand, seinen Gefühlen und seinem Herz zu vertrauen. Das macht kraftvoll. Das macht stabil.

Sei dir immer gewahr – es ist dein Leben – du hältst alle Fäden dafür in deinen Händen. Mach was draus.

PS1: Lass dich durch meinen akademische Titel-, Grade- und Auszeichnungsgalerie nicht abschrecken. Auch ich stolpere noch immer hin und wieder über spiritual pitfalls. Wir sind alle Meister*innen, die üben – auch DU!

PS2: Du hast sicherlich entdeckt, dass manche Begriffe unterlegt sind. Wenn du da draufklickst, kommst du zu Beiträgen, die das Themen ein bisschen tiefer beleuchten. Wenn du Lust hast, probiere es einmal aus und sieh, was du bekommst.

10.08.2022
Außerordentl. Honorarprofessorin Dr.habil. Dr. Andrea Riemer, Ph.D.
Zur Autorin finden Sie alles Wissenswerte unter:
www.andrea-riemer.de

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