Ungewöhnliche Kur nutzt "Hilfeschrei" der Haarfollikel, um neues Wachstum zu provozieren. Klingt paradox: Um den Haarausfall bei Männern aufzuhalten, muss man ihnen erst Haare ausreißen. Denn das löst bei den Haarfollikeln einen biochemischen Hilfeschrei aus, der die umliegenden Haarwurzeln zu neuem Haarwachstum anspornt. Das legen nun Versuche mit Mäusen nahe. 200 ausgerupfte Haare ließen bei ihnen immerhin bis zu 1.200 neue sprießen. Wie die Forscher im Fachmagazin "Cell" berichten, könnte das auch bei Männern klappen.
Das Problem kennen viele Männer: Ab einem bestimmten Alter wird ihr Haar dünner und lichtet sich schließlich an bestimmten Stellen – aus den Geheimratsecken wird langsam eine Glatze. Schuld daran sind die Haarfollikel, die auf Sparflamme schalten: Statt eines gesunden Haares produzieren sie nur noch extrem kleine, dünne Härchen, die meist sofort abbrechen. Als Ursachen für diesen oft erblich bedingten Haarausfall gelten eine Überempfindlichkeit der Follikel gegen Testosteron, aber auch bestimmte Botenstoffe, die das Haarwachstum hemmen.
Deutlicher Wachstumsschub
Chih-Chiang Chen von der University of Southern California und seine Kollegen haben nun eine ungewöhnliche Kur für dieses Problem getestet: Haare ausreißen. Für ihre Studie rupften sie Mäusen am Rücken nacheinander 200 Haare in einem bestimmten Muster aus – in einem Ansatz nur wenige pro Fläche, in einem weiteren aber in einer dichteren Folge, bei der alle gerupften Haare aus einer nur fünf Millimeter großen, runden Fläche stammten.
Neues Haarwachstum im "gerupften" ArealDas Ergebnis war verblüffend: Dort, wo auf engem Raum viele Haare gerupft wurden, wuchsen kurz darauf Haare nach – und das erheblich mehr als zuvor ausgerissen worden waren. Zwischen 450 und 1.300 neue Haare zählten die Forscher auf der winzigen Fläche und in ihrer nahen Umgebung.
Biochemischer "Hilferuf"
Was aber ist der Grund für diesen Wachstumsschub? Wie die Forscher erklären, ist schon länger bekannt, dass Haarfollikel bei Schäden und Verletzungen ein chemisches Stresssignal an ihre Umgebung aussenden. Ähnlich wie Bakterien ihren Zustand an ihre Artgenossen vermitteln, gibt es offenbar auch bei Haarfollikeln ein "Quorum Sensing", wie Biologen dies bezeichnen.
Im Falle der Follikel geschieht diese Kommunikation mittels Entzündungsproteinen. Diese bringen Immunzellen dazu, zur Stelle des Rupfens zu strömen, wie die Forscher in Analysen herausfanden. Dort angekommen, geben diese Abwehrzellen weitere Botenstoffe ab, darunter den Tumor Nekrose Faktor Alpha – und dieser regt die Haarfollikel dazu an, neue Haare zu produzieren.
"Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie Grundlagenforschung zu Ergebnissen führen kann, die sich praktisch anwenden lassen", meint Koautor Cheng-Ming Chuong von der University of Southern California. "Denn diese Arbeit zeigt uns potenzielle Ansatzpunkte für die Behandlung der Alopezie." Inwieweit diese Methode tatsächlich gegen den erblich bedingten männlichen Haarausfall wirkt oder gegen den auch bei Frauen häufigen diffusen Haarausfall, müssen nun weitere Tests erst zeigen. (Cell, 2015; doi: 10.1016/j.cell.2015.02.016)
(University of Southern California - Health Sciences, 10.04.2015 - NPO)
Quelle: http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-18754-2015-04-10.html
© thinkstock
Das Problem kennen viele Männer: Ab einem bestimmten Alter wird ihr Haar dünner und lichtet sich schließlich an bestimmten Stellen – aus den Geheimratsecken wird langsam eine Glatze. Schuld daran sind die Haarfollikel, die auf Sparflamme schalten: Statt eines gesunden Haares produzieren sie nur noch extrem kleine, dünne Härchen, die meist sofort abbrechen. Als Ursachen für diesen oft erblich bedingten Haarausfall gelten eine Überempfindlichkeit der Follikel gegen Testosteron, aber auch bestimmte Botenstoffe, die das Haarwachstum hemmen.
Deutlicher Wachstumsschub
Chih-Chiang Chen von der University of Southern California und seine Kollegen haben nun eine ungewöhnliche Kur für dieses Problem getestet: Haare ausreißen. Für ihre Studie rupften sie Mäusen am Rücken nacheinander 200 Haare in einem bestimmten Muster aus – in einem Ansatz nur wenige pro Fläche, in einem weiteren aber in einer dichteren Folge, bei der alle gerupften Haare aus einer nur fünf Millimeter großen, runden Fläche stammten.
Neues Haarwachstum im "gerupften" ArealDas Ergebnis war verblüffend: Dort, wo auf engem Raum viele Haare gerupft wurden, wuchsen kurz darauf Haare nach – und das erheblich mehr als zuvor ausgerissen worden waren. Zwischen 450 und 1.300 neue Haare zählten die Forscher auf der winzigen Fläche und in ihrer nahen Umgebung.
Biochemischer "Hilferuf"
Was aber ist der Grund für diesen Wachstumsschub? Wie die Forscher erklären, ist schon länger bekannt, dass Haarfollikel bei Schäden und Verletzungen ein chemisches Stresssignal an ihre Umgebung aussenden. Ähnlich wie Bakterien ihren Zustand an ihre Artgenossen vermitteln, gibt es offenbar auch bei Haarfollikeln ein "Quorum Sensing", wie Biologen dies bezeichnen.
Im Falle der Follikel geschieht diese Kommunikation mittels Entzündungsproteinen. Diese bringen Immunzellen dazu, zur Stelle des Rupfens zu strömen, wie die Forscher in Analysen herausfanden. Dort angekommen, geben diese Abwehrzellen weitere Botenstoffe ab, darunter den Tumor Nekrose Faktor Alpha – und dieser regt die Haarfollikel dazu an, neue Haare zu produzieren.
"Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie Grundlagenforschung zu Ergebnissen führen kann, die sich praktisch anwenden lassen", meint Koautor Cheng-Ming Chuong von der University of Southern California. "Denn diese Arbeit zeigt uns potenzielle Ansatzpunkte für die Behandlung der Alopezie." Inwieweit diese Methode tatsächlich gegen den erblich bedingten männlichen Haarausfall wirkt oder gegen den auch bei Frauen häufigen diffusen Haarausfall, müssen nun weitere Tests erst zeigen. (Cell, 2015; doi: 10.1016/j.cell.2015.02.016)
(University of Southern California - Health Sciences, 10.04.2015 - NPO)
Quelle: http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-18754-2015-04-10.html
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