2020-05-05

Warum wohl traut sich der Teufel nicht mit Gott zu wetten? - FAUST und der GOTT-Begriff


FAUST und der GOTT-Begriff

Religion und Kirche spielen im Faust eine ganz essentielle Rolle, da das Stück auf der Wette zwischen Gott und dem Teufel aufbaut. Die Kirche wird aber im Faust nicht im konventionellen Sinne behandelt, sondern wird vor allem durch die Figur des Faust in Frage gestellt.

Goethe bedient sich der Figuren Gott und Teufel als Verkörperung von Gut und Böse, um den ständigen Zwiespalt, in dem sich Faust befindet, aufzuzeigen.

"Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust, die eine will sich von der anderen trennen."

Es ist sehr schwierig, Fausts Einstellung gegenüber der Religion darzustellen, da er in seinen Ansichten nie eindeutig ist. Hierbei lassen sich Parallelen zu seinen Gefühlsregungen ziehen. Seine Euphorie weicht in kurzen Abständen dem Gefühl der Begrenztheit. Er spürt die Zerrissenheit zwischen Allsehnsucht und seinem Hang nach irdischem, sinnlichen Leben.

Faust ist sich klar darüber, dass er nicht gläubig ist:

"Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube"

(745) Seine Kindheit war jedoch von Religion geprägt und er würde sich gerne zurückbesinnen und daran glauben, weil das seinen ständigen Zwiespalt auflösen würde, aber er kann es nicht, weil das ihm sein Verstand und sein Selbstbewusstsein als Wissenschaftler verbieten. (765-780).

Dass eine Verbindung zur Religion besteht, kann anhand der Textstelle aufgezeigt werden, wo er vom Selbstmord abgehalten wird, weil der "Chor der Engel" eingreift. Man kann diese Stelle somit als göttlichen Gnadenakt bezeichnen.

Faust besitzt keine eindeutige Vorstellung von Gott, allerdings ist er von der Existenz von überirdischen Geschöpfen überzeugt. Er nähert sich der Geisterwelt an, um sich Kenntnis davon zu verschaffen, "was sie Welt im Innersten zusammenhält" (377-385). Er konnte durch alles menschliche Bemühen seine Frage

"Wo fass ich Dich, unendliche Natur" 

(455) nicht beantworten. Deshalb flieht er in die magische Welt. Dieses Vorhaben scheitert allerdings, weil er von den Geistern abgewiesen wir und erfahren muss, dass er kein Gott ist und keinen Zugang zur Allharmonie hat.

" Du gleichst dem Geist, den Du begreifst, nicht mir!"

Faust sucht jedoch immer wieder die absolute Erkenntnis im Überirdischen, weil er seine Fragen mit irdischen Mitteln nicht beantworten kann. Aus diesem Grund entscheidet er sich, das Johannesevangelium zu übersetzen, was wieder eindeutig eine Annäherung an die Religion bedeutet.
Als der Teufel in sein Leben tritt, entscheidet sich Faust durch den Pakt mit ihm, für die böse Seite, womit er seine zwiegespaltene Seele ruhigstellen möchte. Doch auch dieser Schritt ist nicht von Erfolg gekrönt, weil auch der Teufel ein Teil Gottes ist.

"Von allen Geistern, die verneinen, ist mir der Schalk am wenigsten zur Last. Des Menschen Tätigkeit kann allzu leicht erschlaffen. Er liebt sich bald die unbedingte Ruh: Drum geb ich gern ihm den Gesellen zu, der reizt und wirkt und muss als Teufel schaffen."

Das Negative ist im Positiven aufgehoben und umgekehrt, aus diesem Grund kann Faust der Spannung zwischen den beiden Polen, wo er existieren muss, nicht entkommen.

Die Spannung zwischen Gott und Welt, bzw. Geist und Stoff ist für Faust nicht ertragbar, deshalb zerreißt ihn der Gegensatz innerlich. Er muss sich für einen Pol entscheiden, was durch den Pakt mit dem Teufel geschehen ist.

Ich möchte darauf zurückkommen, warum ihm die Zuwendung zu einem Pol nicht gelingen kann. Durch seine Liebe zu Gretchen, sieht er sich wieder zwischen zwei Fronten, die völlig unvereinbar sind. Auf der einen Seite Mephisto, dem er durch den Akt verpflichtet ist, auf der anderen Seite Gretchen, welche die Rolle Gottes einnimmt.

Anhand der Gretchenfrage wird deutlich, welch vage Vorstellung Faust von Gott, bzw. allem Überirdischen hat. Er bezeichnet Religion als Sache des Gefühls und umgeht eine Festlegung durch rhetorische Fragen und der alten theologischen Diskussion über "die Namen Gottes". Fausts Gottesgedanke verflüchtigt sich zu einem unbestimmten Gefühl, in dem alles, du und ich, Himmel und Erde, Herz und Gefühl, Glück und Liebe, Gott heißen kann.

Daraus entwickelt sich die These, dass Faust am ehesten als Pantheist zu bezeichnen ist. Als Gegenspieler, also in Momenten, in denen der andere Teil seiner gespaltenen Persönlichkeit dominant ist, könnte man ihn als Nihilisten bezeichnen. Nihilismus und Pantheismus sind bei ihm die Antagonisten.

Die Unvereinbarkeit der beiden Seelen spiegelt sich auch in der Unvereinbarkeit von Gretchens Wesen mit dem Pakt mit dem Bösen wider.

Quellen: 

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