Hintergrund
Neutrinos sind Elementarteilchen, die fast ohne Wechselwirkung durch die Materie reisen und existieren als drei verschiedene Typen: als Elektron-, Myon- und Tau-Neutrinos und als deren jeweilige Antiteilchen (den Antineutrinos). Pro Sekunde rasen unbemerkt Billionen von Neutrinos durch unseren Körper, treffen auf die Erdoberfläche und durchdringen alles auf dem und den Planeten selbst nahezu ungehindert. Sie entstehen durch radioaktive Zerfälle in der Sonne und allen anderen Sternen und in Folge anderer kosmischer Ereignisse wie etwa in natürlichen kosmischen Teilchenbeschleunigern wie Sternenexplosionen (Supernovae) und den Materiestrudeln gigantischer Schwarzer Löcher gemeinsam mit den elektrisch geladenen Atomkernen der kosmischen Teilchenstrahlung. Anders als diese Atomkerne werden die elektrisch neutralen Neutrinos auf ihrem Weg durchs All aber nicht von kosmischen Magnetfeldern abgelenkt, so dass ihre Ankunftsrichtung direkt zu ihrer Quelle zurückweist.
GreWi: Herr Dr. Kopp, die Vorstellung von kosmischen Neutrinos als Energiequelle klingt prinzipiell verlockend. Allerdings scheinen gerade die bekannten Eigenschaften der Neutrinos nahe zu legen, dass es ganz so einfach doch nicht ist und man angesichts entsprechender Versprechungen zumindest zunächst eine gesunde Skepsis in die Diskussion einbringen sollte?
Dr. Joachim Kopp: Ganz genau. Das Problem mit Neutrinos sind die sehr kleinen Wechselwirkungsraten. Obwohl also die Neutrinos, die von der Sonne, aus der oberen Atmosphäre, oder aus dem tiefen Universum zu uns kommen im Prinzip eine Menge Energie tragen, ist es schlichtweg unmöglich, diese einzufangen.
Die Wechselwirkungsraten (also die “Einfangswahrscheinlichkeiten”) hängen im Wesentlichen von der Masse der zum Einfang verwendeten Apparatur ab. Und typische Einfangraten liegen bei 0.001 Neutrinos pro Sekunde und pro kt (Kilotonne!) Für Neutrinos mit einer Energie von 10 MeV (typisch für die Sonne) ist das eine Leistung von 10^-15 Watt.
Natürlich kann dieser Zahlenwert in Abhängigkeit vom Detektormaterial, der betrachteten Neutrinoquelle usw. um einige Größenordnungen variieren. Aber man wird nie dahin kommen, dass man eine Leistung im GW-Bereich (wie bei kommerziellen Kraftwerken üblich) herausbekommt. Dies würde einen Detektor erfordern, dessen Masse um ein Vielfaches größer ist als die Masse der Erde.
GreWi: Und im kleineren Maßstab, etwa zur Aufladung von Mobilfunk-Akus oder für den Antrieb kleinerer Fahrzeuge?
Kopp: Auch hier halte die Nutzung der Neutrino-Energie – auch im kleineren Maßstab
(also z.B. zum Betrieb kleinerer elektronischer Geräte) für völlig
unrealistisch und aussichtslos.
GreWi: Wenn nun aber ein Erfinder oder gar Firmen die Nutzung kosmischer Neutrinos zur Energiegewinnung im kommerziellen Maßstab verkünden, dann halten Sie dies für…
Kopp: …Science Fiction, und gegenteilige Behauptungen für unseriös.
GreWi: Herr Dr. Kopp, die Vorstellung von kosmischen Neutrinos als Energiequelle klingt prinzipiell verlockend. Allerdings scheinen gerade die bekannten Eigenschaften der Neutrinos nahe zu legen, dass es ganz so einfach doch nicht ist und man angesichts entsprechender Versprechungen zumindest zunächst eine gesunde Skepsis in die Diskussion einbringen sollte?
Dr. Joachim Kopp: Ganz genau. Das Problem mit Neutrinos sind die sehr kleinen Wechselwirkungsraten. Obwohl also die Neutrinos, die von der Sonne, aus der oberen Atmosphäre, oder aus dem tiefen Universum zu uns kommen im Prinzip eine Menge Energie tragen, ist es schlichtweg unmöglich, diese einzufangen.
Die Wechselwirkungsraten (also die “Einfangswahrscheinlichkeiten”) hängen im Wesentlichen von der Masse der zum Einfang verwendeten Apparatur ab. Und typische Einfangraten liegen bei 0.001 Neutrinos pro Sekunde und pro kt (Kilotonne!) Für Neutrinos mit einer Energie von 10 MeV (typisch für die Sonne) ist das eine Leistung von 10^-15 Watt.
Natürlich kann dieser Zahlenwert in Abhängigkeit vom Detektormaterial, der betrachteten Neutrinoquelle usw. um einige Größenordnungen variieren. Aber man wird nie dahin kommen, dass man eine Leistung im GW-Bereich (wie bei kommerziellen Kraftwerken üblich) herausbekommt. Dies würde einen Detektor erfordern, dessen Masse um ein Vielfaches größer ist als die Masse der Erde.
GreWi: Und im kleineren Maßstab, etwa zur Aufladung von Mobilfunk-Akus oder für den Antrieb kleinerer Fahrzeuge?
Kopp: Auch hier halte die Nutzung der Neutrino-Energie – auch im kleineren Maßstab
(also z.B. zum Betrieb kleinerer elektronischer Geräte) für völlig
unrealistisch und aussichtslos.
GreWi: Wenn nun aber ein Erfinder oder gar Firmen die Nutzung kosmischer Neutrinos zur Energiegewinnung im kommerziellen Maßstab verkünden, dann halten Sie dies für…
Kopp: …Science Fiction, und gegenteilige Behauptungen für unseriös.
GreWi: Aber dennoch nur mal angenommen, ein Anbieter würde ein entsprechendes Produkt vorlegen, das angeblich dennoch „Neutrino-Energie“ produzieren bzw. nutzbar machen soll, wären Sie dann bereit, ein solches Gerät trotz Ihren derzeitigen Vorbehalten auf Herz und Nieren zu testen, so der entsprechende Anbieter die notwendigen Grundlagen, Informationen und Daten vorlegen würde?
Kopp: Ich für mich selbst kann sagen, dass ich mir das Gerät, die zugehörigen Daten und
Informationen sicher gerne ansehen würde. Tatsächlich kann man sich hierzu einige einfache Tests vorstellen: Beispielsweise ist der Fluss atmosphärischer Neutrinos jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen – die Leistung des Gerätes müsste dann ebensolche Schwankungen zeigen. Auch der Fluss an (Elektron-)Neutrinos von der Sonne unterliegt zeitlichen Schwankungen.
GreWi: Welche Voraussetzungen müsste ein Erfinder bzw. Anbieter für einen solchen Test durch Sie erfüllen?
Kopp: Nun, ich wäre sehr skeptisch, wenn mir jemand einfach nur sozusagen eine „Black Box“ hinstellt und behauptet, dass diese aus Neutrinos Energie gewinnt. Wenn dies wirklich gelingen sollte, würde ich erwarten, dass die Erfinder die Idee zum Patent anmelden. Dazu bedarf es dann einer ausführlichen technischen Dokumentation, die die Funktionsweise nachvollziehbar erklärt, nicht einfach nur Dinge behauptet und die somit von unabhängigen Fachleuten kritisch begutachtet werden kann. Nur eine solche Dokumentation könnte dann die Grundlage für eine kritische Bewertung der Idee sein.
GreWi: Herr Kopp, besten Dank für ihre Ausführungen und Informationen!
Kopp: Ich für mich selbst kann sagen, dass ich mir das Gerät, die zugehörigen Daten und
Informationen sicher gerne ansehen würde. Tatsächlich kann man sich hierzu einige einfache Tests vorstellen: Beispielsweise ist der Fluss atmosphärischer Neutrinos jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen – die Leistung des Gerätes müsste dann ebensolche Schwankungen zeigen. Auch der Fluss an (Elektron-)Neutrinos von der Sonne unterliegt zeitlichen Schwankungen.
GreWi: Welche Voraussetzungen müsste ein Erfinder bzw. Anbieter für einen solchen Test durch Sie erfüllen?
Kopp: Nun, ich wäre sehr skeptisch, wenn mir jemand einfach nur sozusagen eine „Black Box“ hinstellt und behauptet, dass diese aus Neutrinos Energie gewinnt. Wenn dies wirklich gelingen sollte, würde ich erwarten, dass die Erfinder die Idee zum Patent anmelden. Dazu bedarf es dann einer ausführlichen technischen Dokumentation, die die Funktionsweise nachvollziehbar erklärt, nicht einfach nur Dinge behauptet und die somit von unabhängigen Fachleuten kritisch begutachtet werden kann. Nur eine solche Dokumentation könnte dann die Grundlage für eine kritische Bewertung der Idee sein.
GreWi: Herr Kopp, besten Dank für ihre Ausführungen und Informationen!
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